Kurz in Form von Kommentaren („CM“) zwischen den Fragekomplexen.
Eines vorweg: das ist alles seiten den vierziger Jahren theoretisch untersucht worden und es gibt umgangreiche Literatur dazu, ABER: waehrend man weiss, was passiert, wenn jemand in kaltem Ozeanwasser ueber Bord geht und dann versucht, sich zu retten, weil man weiss, wie schnell der Ertrinkende auskuehlt und letztlich erstarrend untergeht, weil dieses Schicksal schon hunderttausende Menschen ereilt hat, weiss man weder bei Kernkraftwerken noch bei Kernwaffen, WIE ein grosser Atom-Unfall bzw. grosser Atomkrieg GENAU ausgeht.
Waehrend im Jahr tausende Autos crashgetestet werden, und man daher schon vor Produktionsbeginn einer neuen Serie ueber deren Fahreigenschaften Bescheid weiss, kann man weder bei einem Gross-Kernkraftwerk noch bei einem Atomkrieg einen solchen „Crashtest“ unter realen Bedingungen riskieren, ohne grosse Landstriche, evtl. ganze Kontinente, unbewohnbar zu machen. Dies zu den Unsicherheiten vorausgeschickt, nun zu dem, was man ungefaehr abschaetzen kann:
Hallo,
beschäftige mich derzeit ein wenig mit der Thematik „Atomkrieg/ -unfall“ etc. Einen solchen Angriff selbst könnte man im Bunker ja überleben
CM: Wenn man ihn rechtzeitig erreicht …
- vorausgesetzt nat. Luftfilter und entsprechende Vorräte. Das Problem (zum. im ländlichen Raum) bei einem solchen Szenario scheint ja meistens nicht die Explosion/Primärstrahlung
CM: Es sei denn, man wird von ihr getroffen.
selber zu sein, sondern die darauffolgende Zeit (Fallout, nukl. Winter, Zusammenbruch gesellschaftlicher Strukturen etc.). Dazu stellen sich einige Fragen („Fallout“-Szenario):
- Wie lange kann man maximal th. im Bunker überleben ?
CM: Das haengt von der Leistungsfaeghigkeit der Belueftungsanlagen ab. Vorab gespeicherte Druckluft haelt nicht lange vor, bzw. die Mengen, um mit vielen Menschen z.B. ein Jahr lang zu ueberleben, kann man sicher kaum vorfinanzieren, wenn man nicht „Bill Gates“ heisst.
CM: Daher setzt man Aussenluft und Filteranlagen ein. Diese muessen mit Strom oder Dieselaggregaten betrieben werden, wer das laenger von Hand versucht (den Widerstand durch die Filter nicht vergessen!), der wird bald erschoepft aufgeben und einsehen, dass er kaum schafft, den Sauerstoffmehrbedarf (fuer 24 Stunden!) hereinzupumpen, den er in den acht (!) Stunden schweisstreibender Arbeit zusaetzlich durch die Anstrengung verursacht.
CM: Irgendwann sind auch die Filter erschoepft und muessten ausgetauscht werden, also das ein Jahr lang zu betreiben, erfordert wiederum einen Aufwand, den Privatleute sich kaum leisten koennen duerften. Ausserdem, s.o. zu Crashtests: will man sich darauf verlassen, ohne das vorher ein paar Jahr lang probelaufen zu lassen? Und alle vier Wochen erneut zu testen, so wie Notstromaggregate im Krankenhaus und Kernkraftwerk? Man sieht: die orbereitung auf einen Atomkrieg verwuestet mehr Kapital und Umwelt, als evtl. der Atomkrieg …
CM: In einer „Biosphere“ koennte man hoechstens versuchen, eine abgeschlossene Oekosphare zu schaffen. Die bisherigen solchen „Reservate“ sind aber ziemlich gescheitert, aber selbst wenn es funktionieren wuerde:
a) muesste man diese dann, ohne sie zu brauchen, jahrelang warten/gaertnern/giessen, mit Energie versorgen usw. (und man kann da nicht eben mal nach Feierabend „reinlatschen“, man muss sich erst dekontaminieren, um keine unerwuenschten Keime, Schaedlinge, Samen etc., einzuschleppen!).
b) Die bisherigen solchen, bereits ueberirdisch gescheiterten Projekte waren nicht im Bunker – das oben gesagte ueber kuenstliche Belueftung, Bewaesserung und Energie (Kunstsonne) gilt vermehrt natuerlich fuer eine solche Kunsterde. Und es muss in einigen zehn Metern Tiefe sein, wenn es direkt im Angriffsgebiet ueberleben soll …
>> kann man Abwasser intern und praktikabel zu Trinkwasser wiederaufbereiten (zB. Osmose/Destillation etc.) ?!?
CM: Nun, s.o., unterirdisch mit vertretbarem Aufwand kaum, wenn es um Monate geht. (Energiebevorratung!).
>> Wäre es (zumindest in der Theorie) möglich, sich von im Bunker gezüchteten Pilzen(ca. 35kcal/100g) und speziellen Eiweiß-Hefekulturen +entsprechende Vitaminproduktion durch Bakterien (bereits heute Industrie-Standard) zu ernähren?
CM: In der Theorie ja, so, wie die Fusion seit ueber fuenfzig Jahren in der Theorie funktioniert und m.E. in weiteren fuenfzig Jahren immer noch keinen Strom produzieren wird. Wie schon beim „Gewaechshaus“ oben genannt – es ist eine Sache, so etwas in einer Fabrikhalle zu machen und, wenn mal was schiefgeht, alles auf den Muell zu kippen und zu desinfizieren und mit neuen Kulturen neu anzufangen, und eine andere Sache, davon in mehreren Metern Tiefe abhaengig (!) zu sein, ohne sich einen Fehler leisten zu koennen. Und das Zeug muss ebenfalls schon vor dem Tag X dauernd in Betrieb sein, eine Trockenhefe, die man dann erst anruehrt, gibt es m.E. noch nicht.
CM: Und ohne (jahrelange?) Tests ist das ein Hasardeurstueck.
- Ab wann kann man tats. wieder gefahrlos den Bunker verlassen, ohne langfristige Folgen (Krebs, Gendefekte etc.) fürchten zu müssen ?
CM: Auch Hiroshima konnte man „am Tag danach“ wieder betreten. Anders als bei Unfaellen mit Kernkraftwerken wird ein Grossteil der Radioaktivitaet in die Stratosphaere geschleudert und kommt weltweit, ggf. sogar beim Angreifer, wieder herunter und daher ist die Verstrahlung vor Ort geringer. Auch wenn man nicht weiss, wieviele Bomben wo abgeworfen werden wuerden: nimmt man Hiroshima als Beispiel, dann konnte man wahrscheinlich sicherer dort spazieren gehen, als Leute, die sich laufend roentgen und mit dem Computertomographen „zwecks Gesundbleiben“ bestrahlen lassen.
CM: Ueberhaupt ist die Strahlenlast EINER Atombombe weitaus geringer und wird weiter verteilt als bei einem Kernkraftwerk (ein typischerv 1300-MW-Atom-Kraftwerk enthaelt das Aequivalent von VIERTAUSEND Hiroshima-Bomben an Radionukliden!).
Ist die Befürchtung eines nukl. Winters infolge der Verdunkelung durch aufgew. Staub tatsächlich berechtigt?
CM: Ja, wenn man davon ausgeht, dass nicht nur eine vereinzelte Bombe wie in Hiroshima/Nagasaki oder den frueheren Oberflaechen-Tests verwendet, sondern hunderte grosse Bomben eingesetzt werden, dann wird wohl mehr und grossflaechiger Staub aufgewirbelt als bei den Vulkanausbruechen der letzten Jahrzehnte und schon die hatten merkliche Auswirkungen auf die Vegetation. Eine Art Eiszeit ist moeglich, ebenso, wie alle paar Jahrzehnte in Island, eine Beeintraechtigung der Pflanzen durch herabregnenden Staub, der die Assimilation beeintraechtigt.
CM: Werden dagegen tausende Atombomben grossflaechig eingesetzt, dann kann man hinterher schwer entscheiden, ob die Vegetation durch Brandschaeden, Radioaktivitaet oder durch die jahrelange Verdunkelung erstarb, aber es wird sich auch kaum jemand noch finden, den das dann interessiert. Also: wenn schon, dann richtig, alles andere waere „inhuman“.
- Könnte man wirklich schon nach einem Jahr wieder Nahrungsmittel anpflanzen, indem man die oberen (vom rad. Fallout betroffenen) 10cm Erdschicht abträgt ?
CM: Ja, nur in welcher Humusschicht sollen die Pflanzen dann eigentlich Wurzeln und woraus Naehrstoffe beziehen? Wohin mit dem Abraum?
CM: Das ist alles hypothetisch und wird nur breitgetreten, um zivile Hirne zu vernebeln. Wer weiss, welche Riesenflaechen derzeit fuer die Welternaehrung verwendet werden, der kann sich ausrechnen, dass das nie stattfinden wird, Und wer es bei sich im kleinen Rahmen versucht, wir sich wundern, wieviele Erntehelfer er damit anzieht unter denen, die nichts haben und denen vor Hunder eh alles egal ist.
- Gäbe es in diesem Falle noch bewohnbare Flecken auf der Erde (Inseln, Südhalbkugel etc.) ?
CM: Je nach regionaler „Begrenzung“ des Konflikts denkbar, da zwischen Nord- und Suedhalbkugel njr geringer Luftaustausch stattfindet. Aber: fliegen dann noch Flugzeuge, gibt es noch Transportkapazitaet zur See?
- Würde sich die Gesellschaft wieder erholen ?!?
CM: Wie, is’ sie denn derzeit: „gesund“? Nun, je komplexer und „moderner“ eine Gesellschaft, desto anfaelliger. Wer sich Somalia anschaut, weiss wohin die Reise geht – insbes. wenn dann vor der Kueste auch keine lohnenden Frachter mehr vorbeiziehen, die man pluendern koennte. Es wird, aber auf „hohem“ Niveau, schlimmer aussehen als zu Zeiten der Voelkerwanderung nach Zusammenbruch des roemischen Reiches.
–> Gibt es seriöse Webseiten im WWW mit weiterführende Informationen zu dieser Thematik?
CM: Ja, hier nur ein paar:
http://www.ippnw.de/
http://www.ucsusa.org/
http://www.focus.de/wissen/natur/katastrophen/atomkr…
http://de.wikipedia.org/wiki/Atomkrieg
http://de.wikipedia.org/wiki/Atomkrieg
„Welche Folgen für das Weltklima hätte ein Atomkrieg zwischen Israel und Iran, zwischen Pakistan und Indien? Forscher haben erstmals einen solchen Konflikt am Computer simuliert. Die Ergebnisse überraschten selbst die Experten.“
http://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/0,1518,5460…
Regionaler Atomkrieg würde Riesen-Ozonloch reißen
http://www.michael-schoefer.de/artikel/ms0007.html
Die Folgen eines Atomkrieges
http://www.michael-schoefer.de/artikel/ms0899.html
Nuklearer Winter durch lokale Atomkriege
CM: Und in meinem Beitrag zu den Risiken der „zivilen“ Kernenergie immerhin einiges zur voruebergehenden Sicherstellung der Trinkwasserversorgung, zum Bodenschutz vor radioaktivem Fallout und allgemein zu den Gefahren der Raduioaktivitaet bzw. zu der Frage, wann eigentlich die Folgen sichtbar werden (Stichwort „Ahnenschwund“):
CM: Weiterhin dort auch weitere Verweise zu den Folgen langfristigen Zusammenbruchs der Energieversorgung und zu den elektromagnetischen Folgen der Atomexplosionen (Stichwort „elektromagnetischer Puls“, EMP). Anders als noch in den fuenfziger Jahren waere vermutlich das Internet, alle Fernseher, Computer und die „modernen“ Autos, Lastkraftwagen, Eisenbahnen usw. „tot“.
Gruß,
AllNature!