Hallo, meine Frau und ich leben getrennt. Es gibt einen Konflikt zwischen uns und ich vermute, dass sie unsere Tochter gegen mich manipuliert und sie psychisch terrorisiert. Deshalb habe ich eine Spy-App auf dem Tablet meiner Tochter installiert und Audio aufgenommen, während sie bei ihrer Mutter war. Und was ich herausfand, bestätigte natürlich meine Befürchtung. Wenn ich das vor Gericht verwende, kann ich bestraft werden? Und wenn ja, in welcher Form? Es ging um das Wohl des Kindes. Danke
§ 201 StGB, " Verletzung der Vertraulichkeit des Wortes", ist Dir schon mal über den Weg gelaufen?
"(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer unbefugt
- das nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen auf einen Tonträger aufnimmt …"
Dazu kommt, dass illegal erlangte Beweismittel einem Beweisverwertungsverbot unterliegen können. D.h. dann ohnehin nichts nützen.
Es gibt allerdings eine gewisse Grauzone, in der die Erhebung eines solchen Beweises und dessen Verwendung zur Wahrheitsfindung im Zivilprozess ausnahmsweise einmal rechtmäßig sein, „wenn unter den besonderen Umständen des konkreten Falls bei Abwägung der widerstreitenden Interessen sowie mit Rücksicht auf die generelle Bedeutung der betroffenen Schutzgüter die Rechtsverwirklichung, der dieses Beweismittel dienen soll, Vorrang vor dem Schutz des gesprochenen Worts haben muss.“
Das klingt nicht nur kompliziert, sondern ist es auch. Denn wann ist das Interesse an der Wahrheitsfindung so hoch, dass es den Schutz des gesprochenen Worts „deutlich übersteigen“? Zumindest wird man hier extrem hohe Anforderungen stellen müssen. D.h. wenn wir von „ein wenig Stimmung gegen den Ex“, sprechen, wird dieses Maß nicht erreicht. Reden wir von massiver Gefährdung des Kindeswohls, sieht die Sache anders aus.
Bevor man so eine Aufnahme vor Gericht verwendet, sollte man daher mit dem Anwalt, der einen familienrechtlich betreut sehr intensiv besprechen, was konkret sich aus dieser Aufnahme für Dinge ergeben, inwieweit die überhaupt von rechtlicher Relevanz sind, und ob es daher überhaupt Sinn ergibt, die Aufnahme zu verwenden, sowie welche nachteiligen rechtlichen Folgen dies hätte.
Angenommen, es gäbe eine Software, die gesprochene Worte als Text abspeichert … das ist zulässig?
Auch im Rahmen einer Texterkennung braucht es - zumindest im Arbeitsspeicher - die Speicherung des gesprochenen Wortes als Audiosequenzen.
§ 201 (1) 1. deutet ja schon darauf hin, dass in dem Paragraphen noch mehr steht:
(2) Ebenso wird bestraft, wer unbefugt
- das nicht zu seiner Kenntnis bestimmte nichtöffentlich gesprochene Wort eines anderen mit einem Abhörgerät abhört
OKay. Was war nochmal die Konsequenz, als „Freunde“ nichtöffentliche Worte unserer Bundeskanzlerin abhorchten?
Die unterliegen nicht unserer Gerichtsbarkeit…
Genauso wirbt Microsoft, dass all unsere Daten auf deutschen Servern nach deutschen Datenschutzgesetzen gespeichert werden. Allerdings, wenn die Schlapphüte bei MS in den USA anklingeln, dann werden die ganz sicher auch die Daten von unseren tollen Servern rausrücken.
Das wiederum ist eine sehr juristische Auslegung, die an der Wirklichkeit vorbei geht. So ne Siri lauscht auch permanent, ob sie gerufen wird, und zeichnet dazu Audiosequenzen im Arbeitsspeicher auf, um diese dann weiter „zu gebrauchen“.
Es sollte aber auf der Hand liegen, wie das Gesetz zu verstehen ist, und dass es das eingangs erwähne Szenario eindeutig verbietet.
So ne Siri steht aber auf meinen Wunsch im Wohnzimmer, oder eben nicht. Das heisst ich weiss daß das teil da steht und was es macht. Daher Juristisch kein Problem. Nur wenn man die heimlich in einen Raum schmuggelt, ohne Erlaubnis, und ohne daß die Anwesenden davon wissen, wird es Eng.
Nein, geht sie überhaupt nicht.
Erfüllt grundsätzlich diesen Tatbestand, ist aber nicht strafbar, solange das Gerät im Rahmen der Kenntnisnahme/Zustimmung all derjenigen betrieben wird, die so abgehört werden. Nur weil Du Oma nichts von Siri und Co. erzählst, Oma bei einem Besuch nichts davon mitbekommt, dass sie über den Einsatz eines solchen Geräts abgehört und aufgezeichnet wird, heißt das aber nicht, dass dies dann auch straffrei wäre.
Man kann jetzt noch sehr technisch werden, und da weiter differenzieren in Bezug auf lokal erkannte und verarbeitete „Aufwach-Kommandos“, ohne die keine weitere Verarbeitung/Weitergabe an Dienstleister in der Cloud möglich sein sollte. Aber es gibt dummerweise mehrere Belege dafür, dass dies nicht so perfekt funktioniert und unbemerkt auch weitergehende Aufnahmen stattfinden und auch weiter geleitet und teilweise sogar von Mitarbeitern live oder nachträglich abgehört werden. Spätestens seit solche Mitschnitte auch in Strafverfahren eine Rolle spielen, ist das ein durchaus heißes Thema. Da spielt dann natürlich auch die Frage des Vorsatzes eine Rolle.
Wird das zum juristischen Problem, wenn du Gäste darüber nicht informierst und deren nicht öffentlich gesprochene Worte in die Welt gesendet werden?
Ich habe ein gezügeltes technisches Interesse, aber wenn ich in die freiwillig verwanzte Wohnung eines Bekannten komme, ist mir unbehaglich. Und im Gespräch denke ich dann nicht an die Lauscher.
Ein anderer Bekannter ist sehr vorsichtig. Wenn das Gespräch intim wird, heißt es: Smartphones raus aus dem Raum. Bei verkabelten Geräten eher schwierig.
Vielen Dank an allen für Eure Antworten. Wenn ich in Norwegen gelebt hätte, hätte das dortige Jugendamt die Mutter sicher festgenommen und vielleicht verstanden, dass dies DER EINZIGE Beweis dafür war, dass meine Tochter von ihr terrorisiert wird. Aber wir leben in Deutschland, wo das einzige Interesse des Jugendamts darin besteht, Fälle so schnell wie möglich abzuschließen und so wenig Fälle wie möglich zu bearbeiten.
Sorry, aber bei allem Verständnis für eine schwierige Situation: Das ist einfach nur Blödsinn! Es gibt aus gutem Grund Gesetze und an die muss man sich halten. Sowohl Du als auch ein Jugendamt oder ein Gericht, das in so einer Situation zu entscheiden hat! Die Vertraulichkeit des gesprochenen Wortes ist aus sehr guten Gründen ein hohes Gut das man nicht leichtfertig sanktionslos missachten darf. Das mag einem in einer bestimmten Situation nicht in den Kram passen, mag man als ungerecht, … empfinden. Aber das hat nun mal so gar nichts damit zu tun, dass Jugendämter sich angeblich alle das Leben zu einfach machen würden.