Sind sich im Lauf der Jahrmilliarden die Erde und die Sonne näher gekommen, oder driften sie auseinander? Oder von welcher anderen Dynamik des Erde-Sonne-Abstands ist auf lange Sicht auszugehen?
Sind sich im Lauf der Jahrmilliarden die Erde und die Sonne
näher gekommen, oder driften sie auseinander?
Sie driften auseinander. Dafür gibts verschiedene Ursachen:
Die Gezeitenreibung im System Erde/Sonne verursacht einen Verlust von Rotationsenergie und damit einen größeren Bahnabstand. Der Effekt liegt (afair) bei etwa 0,5cm pro Jahr.
Da die Sonne durch Abstrahlung, Sonnenwind, etc ständig Masse verliert, nimmt logischerweise auch ihre Gravitationskraft ständig ab, was ebenfalls zu einer Erhöhung des Bahnradius der Erde führt. Der Effekt liegt (ebenfalls afair) etwa bei 1cm pro Jahr.
Allerdings misst man jedoch eine Zunahme des Abstands um 7cm pro Jahr, wobei man nur einen Teil dieser Zunahme durch obige Effekte erklären kann. Woher der Rest kommt, ist derzeit noch unbekannt.
Oder von welcher
anderen Dynamik des Erde-Sonne-Abstands ist auf lange Sicht
auszugehen?
Es ist von überhaupt keiner nennenswerten „Dynamik“ auszugehen. Selbst wenn du 10cm pro Jahr an Abstandsvergrößerung nimmst, dann macht das auf die nächsten 10 Mrd Jahre gerade mal 1 Mio km aus. Das hört sich zwar viel an, ist aber gerade mal eine Änderung um 0,7%. Wie gesagt: Auf 10 Mrd. Jahre! Und da haben wir ganz andere Probleme, denn dann ist die Sonne ohnehin erloschen.
Hi,
Allerdings misst man jedoch eine Zunahme des Abstands um 7cm
pro Jahr, wobei man nur einen Teil dieser Zunahme durch obige
Effekte erklären kann. Woher der Rest kommt, ist derzeit noch
unbekannt.
So wie die Fly-by-Anomalie und Pioneer-Anomalie unbekannten Ursprungs und möglicherweise doch gleichem Unverständnis entspringen?
Gibt es noch mehr unverstandene Gravitationseffekte? Sehr interessantes Thema das ist.
Gruss
Joey
Vielen Dank für die präzise Auskunft!
Für welche Zeitspanne gilt denn dieses (bescheidene) Maß des Auseinanderdriftens? Wann hat sich diese „ruhige Fahrt“ stabilisiert und wann wird sie instabil werden? Beträgt die Spanne etwa mehr als 99% der Lebenszeit des Sonnensystems oder ist sie (wesentlich) geringer?
Der Sonnen-„Ofen“ hat ja wohl ebenfalls einige Zeit gebraucht, um seine volle Leistung zu bringen, und diese Leistung dürfte gegen Ende nur allmählich abnehmen. Wie lange dauert also der „Normalbetrieb“?
Oder können die Planeten auch zwischenzeitlich gravierende Änderungen erfahren und ganz aus der Bahn geraten?
Für welche Zeitspanne gilt denn dieses (bescheidene) Maß des
Auseinanderdriftens? Wann hat sich diese „ruhige Fahrt“
stabilisiert und wann wird sie instabil werden?
Beträgt die Spanne etwa mehr als 99% der Lebenszeit des
Sonnensystems oder ist sie (wesentlich) geringer?
Sie beträgt viel mehr, als die Lebenszeit des Sonnensystems. Die Bahnänderungen in den Planetenbahnen sind so gering, dass sie innerhalb der Lebenszeit des Sonnensystems keine Auswirkungen haben. Die Planetenbahnen sind so gesehen absolut stabil für den Zeithorizont, der relevant ist.
Der Sonnen-„Ofen“ hat ja wohl ebenfalls einige Zeit gebraucht,
um seine volle Leistung zu bringen, und diese Leistung dürfte
gegen Ende nur allmählich abnehmen.
Im Gegenteil: Die Sonne wird zum Ende hin erst richtig Gas geben. „Schon“ in einer Mrd. Jahre wird die Temperatur auf der Erde deswegen sehr stark gestiegen sein. Allerdings sind ja 1 Mrd. Jahre auch eine halbe Ewigkeit, solange gibt es nicht mal Säugetiere, vom Zeitrahmen der Menschheitsgeschichte ganz zu schweigen. Bis in 1 Mrd Jahre wird die Evolution daher schon einen Weg finden, mit den höheren Temperaturen zurecht zu kommen.
Wie lange dauert also der
„Normalbetrieb“?
Der „Normalbetrieb“ ist bereits im Ausklang. Allerdings vollziehen sich diese Veränderungen extrem langsam. Allein in einer Zeitspanne wie seit dem Aussterben der Dinosaurier verändert sich da nicht viel. Allein in dieser Zeit wird sich das Leben durch die Evolution so weit verändern, dass es sich den Bedingungen fließend anpassen wird.
Oder können die Planeten auch zwischenzeitlich gravierende
Änderungen erfahren und ganz aus der Bahn geraten?
Praktisch nein. Also aus Prozessen innerhalb des Sonnensystems ist das nicht möglich, wenn dann müsste eine massive Störung von außen kommen, also z.B. ein Stern oder eine Sternleiche, die das Sonnensystem quert. Allerdings ist das sehr unwahrscheinlich, die Entfernungen im All sind so groß, dass das etwas so wahrscheinlich wie ein 6er im Lotto ist.
So wie die Fly-by-Anomalie und Pioneer-Anomalie unbekannten
Ursprungs und möglicherweise doch gleichem Unverständnis
entspringen?
Es zeigt zumindest, dass die Gravitationsprozesse innerhalb des Sonnensystems noch nicht 100%ig verstanden sind. Auch wenn man natürlich sagen muss, dass die Abweichungen verdammt gering sind. Bei der Fly-by Anomalie sind das ja nur ein paar mm/s um die es da abweicht.
Von daher ist unser Verständnis schon ziemlich gut, wenn auch noch nicht perfekt.
Aber oft sind es ja die winzigen Abweichungen die riesige Tore öffnen.
Es bleibt spannend.
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