Aufklärungsphilosophie und Nazideutschland

Angenommen, es hätte die Aufklärungsphilosophie, beginnend mit der greichischen Antike, explizit im kritischen Denken von Kant und Nietzsche, kulminierend, niemals gegeben.

Dann hätte es, nach Ansicht einiger Historiker, auch Nazideutschland niemals geben können. Warum? Weil die Religion, wie sie einst vor der Aufklärung für eine Gesellschaft verbindlich war, keine totalitären Regime zugelassen hätte, wie zum Beispiel das Nazideutschland, den italienischen und spanischen Faschismus oder eine Diktatur, wie zum Beispiel die ehemalige Sowjetunion oder den Kommunismus unter Mao Tse-tung.

Eine interessante These?

Wie haben es hier weider einmal mit einer klassischen Wenn-Philosophie zu tun, nach dem, bekannten Spruch: „Wenn das Wörtchen wenn nicht wär, wäre mein Vater Millionär!“ Oder wie der Komiker Rolf Miller in einer seiner Parodien meint: „Wenn die Katze ein Pferd wäre, könnte man mit ihr die Bäume hinaufreiten!“

Was witzig klingt, hat aber einen ernsthaften Grund, bezogen auf die Philosophie der Aufklärung, z. B. auf ein Buch mit dem Titel:

Hitler und die Aufklärung: Der philosophische Ort des Dritten Reiches, Autor ist der Philosoph und Hisotiker Dr. Markus von Hänsel-Hohenhausen, herausgegeben wurde das Buch von der Brentano-Geslellschaft (vgl. Franz Brentano als Philosoph!) im Frankfurter -Literaturverlag, Tachenbuch 2015 (also ganz neu und bestens geeignet zur Diskussion!).

Damit User, die dieses Buch nicht gelesen haben, trotzdem eine qualifizierte Meinung abgeben können, will ich den Text, wie Amazon über das Buch informiert, nachfolgend wiedergeben:

„Der Erfolg des Nationalsozialismus läßt sich nicht aus seiner Primitivität und angeblichen Dummheit erklären, sondern nur aus seiner unbeschränkten Rationalität und dem totalen Materialismus, die sogar den Menschen zum Ding gemacht haben – und aus seiner „Ethik“, die rationalen Gründen keinen Einhalt gebieten kann, weil sie von ihnen selbst angeleitet ist. Wenn richtig und ethisch ist, was vernünftig bzw. rational und zweckmäßig ist, lassen sich auch Verbrechen als richtig und ethisch rechtfertigen. Die Rationalität der nationalsozialistischen Anschauung der Welt beansprucht eine Vernünftigkeit, die so unwiderlegbar ist, wie der Diebstahl für den Dieb unwiderlegbar vernünftig ist. Der kategorische Imperativ Immanuel Kants schützt die Menschen nicht vor den Verbrechen, wenn diese mit Vernunftgründen selbst zur Kategorie und rationale Notwendigkeit werden (also die Verbesserung des Genoms durch Rassegesetze, um in einem “Kampf der Völker” zu bestehen). Genauer betrachtet ist der Nationalsozialismus sogar „vernünftiger“ als gewöhnliche Verbrechen, da diese niemand, die Diebe selbst nicht, zur Kategorie erheben würde. Der kategorische Imperativ, der die kleinen Schandtaten verbietet, fördert die großen. Daraus folgt, daß das Dritte Reich, anders als angenommen, kein Unfall der Geschichte war, sondern Folge der Entspiritualisierung der Gesellschaft, Möglichkeit der Aufklärung, wie sie das 19. Jahrhundert formte. Der nationalsozialistische Mythos vom „Kampf der Völker“ erweist sich in der Analyse als ein Scheinmythos, der allerdings der „rationalen Humanität“ des Systems, die sich in der Realität inhuman ausgewirkt hat, emotionale Höhe gibt. Aus dem Vergleich der Programmschriften Immanuel Kants und Adolf Hitlers tritt die derzeit populäre These vom Nationalsozialismus als einer „politischen Religion“ als Popanz hervor, der der Lehre Jesu Christi den Holocaust zur Last legt und damit dem Subjektivismus in der Wissenschaft dient. Die Untersuchung verfolgt keine Kritik der Aufklärung, sondern eine Kritik der Religionsdiskriminierung der Aufklärung, die das durch göttliches Gebot unabänderliche Tötenicht durch eine verhandelbare Ethik ersetzt und den Menschen, bis heute, nach Maßgabe von Vernunftgründen zur Tötung freigegeben hat. Das Lektorat der Frankfurter Verlagsgruppe bittet um Einsendung von Manuskripten zu kontroversen Themen aus der Geschichte, Philosophie, Religion usw.“
existo

Ja. 

Danke für Antwort, an der es keinen Zweifel gibt, das wollte ich wissen. :sunglasses:

darüber kann man eigentlich nur lachen:

Wenn meine Vermutung richtig ist, dass Religion ohne Aufklärung auch ein grausamer TOTALITARISMUS war und immer noch in weiten Teilen der Welt ist, entgegen der Argumentation, wie sie in dem erwähnten Buch vertreten wird, wäre es nicht bloß zum Lachen, sondern vielmehr wert zu diskutieren.

Lachen allein bringt in der Philosophie sowenig, wie im Lauf der Geschichte.

Trotzdem Danke für deine klare Gefühlslage.
existo

Sorry, wollte schreiben: Danke für die klare Mitteilung deiner Gefühlslage.

Das Lachen ist nicht mit lächerlich machen gleichzusezten.

Vielleicht, so ist es bei mir, eher ein Zeichen der Hilflosigkeit. Die von dir vorgestellte Konstruktion erscheint mir sehr weit hergeholt, zu weit, als dass mir spontan vernünftige Gegenargumente einfallen.

Diese Hilflosigkeit kann sich auch in Lachen ausdrücken, und wenn einem danach ist, sollte man ihm keine bösen Absichten unterstellen.

Im Übrigens grenzt das an Geschichtsfälschung, den Nationalsozialismus als „vernünftig“ zu bezeichnen. Vieles zeigt religiöse Merkmale, die Existenz eines „arischen“ Volkes z.B.

„Den“ Nationalsozialismus kann man nicht ohne die gesamte Vorgeschichte verstehen, und jede Änderung der Geschichte hätte ihn verändert oder verhindert. Totalitäre Regime gab es aber schon vorher und nachher, mit oder ohne Aufklärung. Dann hätte sie halt anders ausgesehen, aber nicht weniger schlimm. Ist mein Verdacht.

ist nur eine Kopie des geistigen Dünnschisses, den dieser Schwachmaat

alias von Hohenzollern Emmenthaler (oder wie sich dieser Idiot sonst noch so nennt) auf seiner Homepage verbreitet

->

Deine „Psychoanalyse“ überzeugt. Ich habe das Lachen ja nicht als falsch bezeichnet, sondern nur kritisiert, dass es kein konstruktiver Beitrag ist, und darin stimme ich dir ja auch zu, dass es eine Form der Hilflosigkeit ist, über unsere geschichtliche Unfassbarkeit und Nietzsches Mega-Satz: „Unerforscht ist immer noch der Mensch“, im Gegensatz zum lieben Gott, von dem wir ja bekanntlich alles zu wissen glauben.

Das erzählen uns die Religionsgläubigen ja liebend gerne, weil sie selber die ABSOLUTE Macht beanspruchen mit ihren unrealistischen Heilslehren. Wenn die Geschichte sich trotz heftigem Widerstand der Religion durch die Aufklärung zu mehr Vernunft von der ABSOLUTEN Macht der Religion zur Verlagerung der Macht auf den säkularen Staat verlagerte, ist das entgegen deiner Darstellung mit Sicherheit keine „Geschichtsfälschung“, sondern vielmehr eine Frage, welche Ideen und politischen Kräfte sich im ewigen Machtspiel behaupten.

Die Fortsetzung der Aufklärung und Säkularisierung, unter anderem durch Philosophie und Wissenschaft, erachten die Religionen als einen schmählichen Verlust ihrer ABSOLUTEN Machtansprüche. Dagegen kämpfen ja gerade alle religiösen Fundamentalisten.
existo

Danke für 1. Aufklärung!

Ebenso danke für 2. Aufklärung. Ich habe recherchiert, aber leider die Homepage dieses Herrn nicht gefunden (hatte nicht ausreichend Geduld bei der Suche). Habe aber zwei andere Websites gefunden, und die sind, noch sehr liberal formuliert, „dubios“.

Ich wusste nicht, dass der Autor auch gleichzeitig Gründer des Verlages ist, und im Grunde als Eigenverlag in der von ihm benannten Brentano-Gesellschaft auftritt sowie mit anderen zahlreicher Namen eine Korrelation unterhält. Leider hast du keinen Link eingefügt von der Website, auf die du dich beziehst.

Meine (reduzierten!) Recherchen haben folgende zwei Websites identifiziert (und die darin enthaltenen Infos sind schon der „Hammer“, um mehr über den „dubiosen“ Autor Hänsel-Hohenhausen und sein Firmen-Imperium zu erfahren, insbesondere über die vielen Namen, zu diesen Infos BILDLAUFLEISTE GANZ NACH UNTEN FAHREN):

http://www.autoren-magazin.de/212.0.0.1.0.0.phtml

http://www.haensel-hohenhausen.com/philosophie.html

Die Tochter des Autor als Top-Modell in New York:

http://oliviahallman.com/index2.aspx

Der familiäre Stammbaum des Autors zeigt die Verknüpfung von Glaube, Wissenschaft und Politik, was den Mythos einer angeblich wertfreien Wissenschaft konterkariert. Glauben kann man an rein alles, auch an eine (sich selbst gegenüber unredlichen) Methode einer angeblich wertneutralen Wissenschaft (vgl. den Skeptizismus des US-Philosophen Paul Feierabend):

http://www.hohenzollern-home.com/abisg.htm

Korrektur: Paul Feyerabend

Zu meiner Zeit herrschte der vom Hilfsarbeiter bis zum Oberstudienrat verbreitete „Glaube“ dass uns „Bildung nicht vor den Nazis geschützt hat“. Was jedoch nicht bedeutet dass es ohne „Bildungsstreben“ (dieses als das gesehen was von der Aufklärung hervorgebracht wurde) keine Nazis gegeben hätte.

Die Diktaturen auf der iberischen Halbinsel waren klerikal geprägte Kopien des deutschen Vorbilds, dito Kroatien. Warum also sollte eine religiös geprägte Gesellschaft keine totalitären Regime zulassen. Von aktuellen Beispielen anderer Glaubensrichtungen mal ganz abgesehen.

Und die philosophischen Orte des dritten Reiches kannst du heute noch in fast ganz Europa besichtigen.

Aufklärung ist kein abgeschlossenes physikalisch 100% determiniertes Projekt, sondern eine ewige Weiterentwicklung. Wenn uns „Bildung nicht vor den Nazis geschützt hat“, dann nicht etwa deshalb, weil Bildung nutzlos wäre, sondern weil viel zu wenig Aufklärung über humanistische Bildung als GEGENMACHT (!) vorhanden war und immer noch viel zu wenig ist.

Der naturalistisch begründete Determinismus ist von seiner Philosophie ursprünglich ein religös-politisches Projekt zur Funktionalität, er ist das genaue Gegenteil zur humanistischen Bildung.

Das Projekt der humanistischen Bild ist grenzenlos offen für die Zukunft, und zwar solange Menschen auf diesem Planeten existieren.