Aufrechnung 387 BGB bei Factoring?

Servus,

gegeben sei ein Mischfutterhersteller aus dem Südwesten, der seine Lieferungen nach Thüringen und in den sonstigen Nordosten von einem Thüringer Frachtführer besorgen lässt, der per Factoring abrechnet. Mit diesem Frachtführer wird für den Tausch von Europaletten ein Palettenkonto geführt, auf dem nach und nach ein ziemlich gut sichtbarer Saldo zu Gunsten des Mischfutterherstellers aufgelaufen ist. Die nicht getauschten Paletten werden dabei von ihm mit dem Frachtführer zu einem vereinbarten Preis per Lieferschein/Rechnung abgerechnet,

Der Mischfutterhersteller fragt sich nun, ob er für den aufgelaufenen Saldo wirksam Aufrechnung gem. § 387 BGB erklären kann. Gleichartigkeit der Geschäfte ist insofern gegeben, als der Mischfutterhersteller und der Frachtführer nie Geschäfte betreffend An- und Verkauf von Europaletten vereinbart oder getätigt haben, sondern der Palettentausch nur als unselbständige Nebenleistung zu den Frachtleistungen aufgetreten ist. Wenn der Factorer ab und zu Saldenbestätigungen abgefragt hat, wurde ihm gegenüber auf die regelmäßige, formularhaft formulierte Frage nach Gegenforderungen immer geantwortet „Aufrechnung unserer Forderungen wegen nicht getauschter Europaletten gem. § 387 BGB behalten wir uns vor.“

Jetzt, wo der Frachtführer möglicherweise ins Trudeln gerät, ist es für den Mischfutterhersteller ein paar tausend Euro wert, ob er Aufrechnung erklären kann, obwohl die Forderungen des Frachtführers an ihn im Moment ihres Entstehens an den Factorer abgetreten werden / worden sind.

Was lässt sich aus rechtskundiger Sicht dazu sagen?

Schöne Grüße

MM

Wenn dich Dich richtig verstehe, ist das zwar einerseits ein auf Tausch von Paletten eingerichtetes Konto. Andererseits werden die Paletten auch sofort in einen Geldwert umgerechnet und haben sich beide Seiten vorbehalten, das Konto auch durch Zahlungen in Geld glatt zu ziehen. Dann hätte man hier letztendlich eine Geldforderung, die man grundsätzlich dann auch gegen eine andere Geldforderung aufrechnen könnte.

Stellt sich nur die Frage der Fälligkeit dieser Forderung, wenn hierzu nichts vereinbart ist. Aber wenn es dazu nicht mal irgendwann eine Vereinbarung, z.B. in den AGB einer der Seiten gab, dann spricht natürlich nichts dagegen, die Forderung mit angemessenem Zahlungsziel fällig zu stellen. Und wenn sie dann nicht zum Fälligkeitstermin ausgeglichen wird, erklärt man die Aufrechnung mit der nächsten Gegenrechnung, wenn sich nicht dummerweise in irgendwelchen AGB ein Aufrechnungsverbot findet.

Aber selbst dann, würde man sich als praktischer Jurist nicht davon abhalten lassen, es zumindest einmal zu versuchen, und es darauf ankommen zu lassen, ob die andere Seite das Aufrechnungsverbot erkennt, und ob sie nach entsprechendem Einbehalt irgendwelche weiteren Schritte unternimmt, oder die Geschichte letztendlich zähneknirschend akzeptiert.

Ich frage mich, ob die Aufrechnung nicht nach § 406 BGB ausgeschlossen ist:

„Der Schuldner kann eine ihm gegen den bisherigen Gläubiger zustehende Forderung auch dem neuen Gläubiger gegenüber aufrechnen, es sei denn, dass er bei dem Erwerb der Forderung von der Abtretung Kenntnis hatte oder dass die Forderung erst nach der Erlangung der Kenntnis und später als die abgetretene Forderung fällig geworden ist.“

Was bekannt sein muss, ist sicherlich die konkrete Abtretung im Einzelfall. Aber ergibt sich diese Kenntnis nicht aus dem allgemeinen Wissen, dass hier immer ein Factoring stattfindet?

Gern würde ich noch ein Wort hierzu verlieren:

Entscheidend ist die Gleichartigkeit der geschuldeten Leistungen: Geld gegen Geld, nicht aber Geld gegen Paletten.

Danke Dir - den Begriff der Gleichartigkeit hatte ich vollkommen anders verstanden.

Schöne Grüße

MM

Sie ergibt sich in diesem Fall daraus, dass auf den Rechnungen des Fuhrunternehmers steht „Wir weisen darauf hin, dass unsere Forderunge an NN abgetreten sind. Zahlungen sind mit schuldbefreiener Wirkung nur an NN zu leisten“.

Das ist der Punkt, an dem ich hänge: Bereits zum Zeitpunkt der Fakturierung besteht keine Forderung des Fuhrunternehmers an seinen Kunden mehr, sondern diese selbe Forderung des Factorers an den Kunden des Fuhrunternehmers - während umgekehrt die Forderungen des Kunden aus nicht getauschten Paletten den Factorer überhaupt nicht betreffen: Fuhrunternehmer schuldet Paletten bzw. deren Geldeswert dem Mischfutterhersteller, dieser schuldet das Entgelt für Transportleistungen aber nicht dem Fuhrunternehmer, sondern dem Factorer.

Schöne Grüße

MM