Auftriebsberechnung an Tragfläche

Hey Leute,
ich hoffe ihr könnt mir helfen.

Ich mache grad mein Abitur und mache in meiner 5. Prüfungskomponente etwas mit Aerodynamik. Ich will ein Experiment machen, das ungefähr wie dieses hier aussieht (rein vom aufbau her) :

http://www.youtube.com/watch?v=qwt3g6LDlZA&NR=1
(Ich poste das Video, weil ich es noch nicht aufgebaut habe :smile: )
Meine Lehrerin meinte, dass es gut wäre, wenn wir den Auftrieb berechnen würden, anstatt ihn nur mit nem Federkraftmesser abzulesen.
Allerdings weiß ich nicht genau, ob man das ohne weitere spezielle Gerätschaften hinkriegen kann.

Ich habe in einem Buch über Strömungslehre die Formel:
FA = m * delta w ,
wobei m als „vom Flügel abgelenkter Fluidmassenstrom“ und delta w als „Zunahme der vertikalen Luftgeschwindigkeitskomponente nach unten“ definiert sind.
Dieses Buch ist allerdings schon relativ alt und auch eher für Studenten gedacht.
Auf jeden Fall weiß ich nicht wirklich, wie ich das berechnen kann.

Hoffe mir kann jemand helfen und vielen dank dafür schonmal im vorraus.

Viele Grüße
Matthias

Ich habe in einem Buch über Strömungslehre die Formel:
FA = m * delta w ,
wobei m als „vom Flügel abgelenkter Fluidmassenstrom“ und
delta w als „Zunahme der vertikalen
Luftgeschwindigkeitskomponente nach unten“ definiert sind.

Das ist zwar korrekt (2. Newtonsches Axiom) aber nicht sonderlich hilfreich. Etwas besser ist schon

F_Q = {\textstyle{1 \over 2}}c_Q \cdot \rho \cdot A \cdot v^2

Dabei ist FQ die Querkraft (bzw. der Auftrieb, wenn das Profil horizontal angeströmt wird), cQ der Querkraftbeiwert, ρ die Dichte der Luft, A die Fläche der Tragfläche (Projektion senkrecht zur Luftströmung) und v die Strömungsgeschwindigkeit (im Unendlichen).

Aber auch hier gibt es ein Problem, weil der Querkraftbeiwert von Flügelprofil und vom Anstellwinken abhängt. Man kann diesen Wert zwar für bestimte Klassen von Profilen berechnen (z.B. für Kutta-Joukowski-Profile), aber bis auf Spezialfälle ist das ziemlich kompliziert. Zu diesen Spezialfällen gehört beispielsweise ein flaches Brett:

c_Q = 2 \cdot \pi \cdot \sin \alpha

und eine kreisbogenförmige Platte:

c_Q = 2 \cdot \pi \cdot \sin \left( {\alpha + \frac{\beta }{4}} \right)

Dabei ist α der Anstellwinkel und β der Winkel des Kreisbogens.

Ich würde vorschlagen, dass Du Dich bei der Berechnung auf solche Spezialfälle beschränkst. Zusätzlich könntest Du die Messwerte auch noch mit denen von echten Flügelprofilen vergleichen um beispielsweise zu zeigen, um wie viel effektiver ein richtiger Flugzeugflügel gegenüber einem umgehobelten Brett ist.

Wenn Du schon dabei bist, kannst Du neben der Querkraft auch gleich den Strömungswiderstand messen. Das ist auch ein wichtiger Parameter für einen Flugzeugflügel. Der Auftrieb soll möglichst groß und der Strömungswiderstand möglichst klein sein. Auch hier bietet sich ein Vergleich zwischen verschiedenen Profilen an.

Hey,
Vielen dank erstmal für deine Hilfe.

Solch eine ähnliche Formel hatte ich auch schon gefunden
FA = p * V * g, dachte bloß, dass die nur für Flüssigkeiten bestimmt wäre.

Die Formel für das Flache Brett ist schonmal sehr gut, da ich den Auftrieb von einem Brett und einem Flügelprofil vergleichen will.

Ist mit der „kreisbogenförmigen Platte“ ein solches Flügelprofil gemeint?
Und natürlich müsste ich das alles mit Quellen belegen, hast du da vllt auch etwas für mich in Petto?

Grüße

Matthias

Solch eine ähnliche Formel hatte ich auch schon gefunden
FA = p * V * g, dachte bloß, dass die nur für Flüssigkeiten
bestimmt wäre.

Wenn da kein p, sondern ein ρ stehen würde, dann wäre das die Formel für den statischen Auftrieb. Beim Flugzeugflügel geht es aber um den dynamischen Auftrieb. Das ist etwas völlig anderes.

Ist mit der „kreisbogenförmigen Platte“ ein solches
Flügelprofil gemeint?

Damit ist ein dünnes kreisbogenförmiges Profil gemeint - also z.B. das, was dabei rauskommt, wenn man ein Ofenrohr der Länge nach durchsägt.

Und natürlich müsste ich das alles mit Quellen belegen, hast
du da vllt auch etwas für mich in Petto?

Die Formeln in meinem letzten Beitrag stammen aus
Becker E. Technische Strömungslehre. 6. Aufl. B.G. Teubner Stuttgart 1986

Wenn da kein p, sondern ein ρ stehen würde, dann wäre das
die Formel für den statischen Auftrieb.

Ja, ich weiß nicht, wie man die Formeln hier „richtig“ schreiben kann und an die Zeichentabelle hatte ich nicht gedacht.

Die Formeln in meinem letzten Beitrag stammen aus
Becker E. Technische Strömungslehre. 6. Aufl. B.G. Teubner
Stuttgart 1986

Ist dort auch erklärt, wie man den Auftrieb an einem der heutigen Tragflächenprofile ( weiß den Fachbegriff dafür leider nicht) berechnen kann bzw den Auftriebsbeiwert ?

Danke nochmals für die Hilfe

Grüße

Matthias

Hallo Matthias,

hab noch ein paar Tipps für Dich:

  • Den Auftrieb & Widerstand aus elementaren physikalischen Prinzipien zu berechnen ist praktisch nicht möglich. Mit Vereinfachungen geht’s und ist dann aber immer noch schwer:
    Physik für reibungsbehaftete inkompressible Strömung => Navier-Stokes-Geichungen -> ohne Reibung & drehungsfrei => Potentialtheorie
    Damit kann man den Auftrieb dünner gewölbter Profile berechnen, das ist die Skeletttheorie und da kommen auch die 2Pi (= Auftriebsanstieg dca / dalpha in [1/rad]) her.

  • XFoil (Freeware -> Google) nutzt die Potentialtheorie und eine gekoppelte Grenzschichtrechnung um Auftrieb und Widerstand von Profilen zu bestimmen. Das stimmt sehr gut mit der Realität überein und würde sich für dich als Referenz eignen.

  • Dein Versuchsaufbau liefert Dir garantiert nicht das ca & cw des untersuchten Profils: Du wirst massive 3D-Effekte haben durch die kurze Spannweite, die fehlenden Seitenwände und den (wahrscheinlich) nicht gleichmäßigen Luftstrahl. Da Dein Prop vor dem Profil sitzt, wirst Du auch kürzere laminare Laufstrecken bekommen und Dein Profil wird mehr cw liefern als XFOIL. Dir muss also bewusst sein, dass der Versuch nur qualitative Ergebnisse liefern kann.

Interessant ist das allemal
Gruß & viel Erfolg
Krokodi

Da Dein Prop
vor dem Profil sitzt, wirst Du auch kürzere laminare
Laufstrecken bekommen und Dein Profil wird mehr cw liefern als
XFOIL.

Dafür haben die Mythbusters eine sehr einfache Lösung gefunden. Die haben die Luft einfach durch eine Wand aus Trinkhalmen geblasen. Wenn man dann noch einen Kasten um das Modell setzt, dann sollte man damit eine hinreichend laminare Strömung hinbekommen.

Hey, vielen dank für die Informationen.

  • Den Auftrieb & Widerstand aus elementaren physikalischen
    Prinzipien zu berechnen ist praktisch nicht möglich. Mit
    Vereinfachungen geht’s und ist dann aber immer noch schwer:
    Physik für reibungsbehaftete inkompressible Strömung =>
    Navier-Stokes-Geichungen -> ohne Reibung & drehungsfrei =>
    Potentialtheorie
    Damit kann man den Auftrieb dünner gewölbter Profile
    berechnen, das ist die Skeletttheorie und da kommen auch die
    2Pi (= Auftriebsanstieg dca / dalpha in [1/rad]) her.

Ich habe mir diese Gleichungen bis jetzt noch nicht angeguckt, wiel ich deinen post eben erst gesehen habe, aber sind die auch für einen laien leicht versteh-, nachvollzieh- und vorallem rechenbar?

  • XFoil (Freeware -> Google) nutzt die Potentialtheorie und
    eine gekoppelte Grenzschichtrechnung um Auftrieb und
    Widerstand von Profilen zu bestimmen. Das stimmt sehr gut mit
    der Realität überein und würde sich für dich als Referenz
    eignen.

Danke für den Tipp, werde mir das mal angucken.

  • Dein Versuchsaufbau liefert Dir garantiert nicht das ca & cw
    des untersuchten Profils: Du wirst massive 3D-Effekte haben
    durch die kurze Spannweite, die fehlenden Seitenwände und den
    (wahrscheinlich) nicht gleichmäßigen Luftstrahl. Da Dein Prop
    vor dem Profil sitzt, wirst Du auch kürzere laminare
    Laufstrecken bekommen und Dein Profil wird mehr cw liefern als
    XFOIL. Dir muss also bewusst sein, dass der Versuch nur
    qualitative Ergebnisse liefern kann.

Ja, das weiß ich. Aber es ist halt immer gut nen Experiment in soner Präsentation drin zu haben :wink:
Außerdem soll es halt auch wirklich nur die Unterschiede zw. Brett und Tragflächenprofil veranschaulichen.

Interessant ist das allemal

Jap, das stimmt !

Danke für deine Hilfe!

Grüße
Matthias

Ich habe mir diese Gleichungen bis jetzt noch nicht angeguckt,
wiel ich deinen post eben erst gesehen habe, aber sind die
auch für einen laien leicht versteh-, nachvollzieh- und
vorallem rechenbar?

Kurz: Nö.
Etwas länger:
Die inkompressiblen Navier-Stokes-Gleichungen werden um den Reibungsterm erleichtert.
http://de.wikipedia.org/wiki/Navier-Stokes-Gleichung…
Ein anfänglich drehungsfreies Geschwindigkeitsfeld (=ruhende Atmosphäre) wird dann auch bis in alle Ewigkeit drehungsfrei bleiben. Damit kann man ein Potential einführen, dessen räumliche Ableitungen die Geschwindigkeitskomponenten ergeben.

s. hier:
http://www.google.de/url?sa=t&source=web&cd=2&sqi=2&…

Bestimmte Lösungen der Potentialgleichung sind die Singularitäten (Quelle, Senke, Wirbel, Dipol) mit denen man sich beliebige Strömungsfelder durch Überlagerung „zusammenbasteln“ kann.
s. hier ab S. 44:
http://www.google.de/url?sa=t&source=web&cd=5&ved=0C…

Möchte man die Reibung doch wieder reinnehmen, so löst man die Grenzschichtgleichungen mit den oben bestimmten Druckverteilungen und kann dann den Reibungswiderstand bestimmen.

Das einzige, was für Dich in Frage kommt, sind „Handbuchmethoden“. Sprich nimm die 2Pi als gegeben hin und besorg Dir XFOIL & experimentelle Ergebnisse.

Gruß
Krokodi