Lieber Bernd,
Lieber Oliver,
ohne mich jetzt in die Diskussion um die Größe des Universums
groß einmischen zu wollen (ich selbst halte es nicht für
unendlich aber endlos) empfehle ich zum Thema „Entstehung von
Leben“ das zwar bereits dreißig Jahre alte aber immer noch
erstklassige Buch „Im Anfang war der Wasserstoff“ von H.v.
Ditfurt.
Auch wenn sicher einiges inzwischen nicht mehr Stand des
heutigen Wissens ist rückt er doch in unübertroffener Weise
den Menschan dahin, wo er zu stehen hat: Weit weg vom
Mittelpunkt.
Hoimar v. Ditfurth habe ich selbst nicht gelesen, aber er sagt mir was. Daher kann ich ihn jetzt leider nicht einschätzen.
http://www.amazon.de/exec/obidos/ASIN/3423330155/qid…
Daß Kosmologie die Öffentlichkeit nicht interessiert, zeigt
sich daran, daß kein Mensch PM kauft, daß es im
wer-weiss-was-Forum keine Threads zu diesem Thema gibt, die
nur zur Genüge von interessierten Laien breitgetreten werden
wie Kuhfladen, und daß es praktisch keine
populärwissenschaftlichen Sachbücher zum Thema im Buchladen
gibt. Kein Mensch kennt Hawking oder hat seine „Kurze
Geschichte der Zeit“ gelesen, Begriffe wie „expandierendes
Universum“ sind in der Öffentlichkeit völlig unbekannt und
außerdem liest auch kein Außenstehender was zu den
Beobachtungsergebnissen von COBE und BOOMERANG in der
Tageszeitung.
Einspruch, Euer Ehren…
Mal davon abgesehen, daß ich persönlich „PM“ nicht so sehr
mag, weil es zu bunt und reißerisch ist (mir ist Spektrum der
WIssenschaft lieber) muß man hier doch ein wenig
differenzieren.
Zum einen sind Kosmologie und die anderen hier diskutierten
Punkte für die meisten Menschen viel zu weit weg vom täglichen
(Er-)leben.
Zum anderen: Auch wenn es unbestritten ein interessantes
Gebiet ist, so ist es doch eins, was nur schwer vermittelbar
bleibt. Von „vorstellbar“ mal gar nicht reden.
Da dürfen wir nicht erwarten, daß es zum Renner in der breiten
Öffentlichkeit reicht. Ich beschwere mich ja auch nicht, daß
„Küster-Thiel“, „Hollemann-Wiberg“, „Bayer-Walter“ oder
„Morrison-Boyd“ außerhalb der Chemie nicht gelesen werden.
Aber ich bemühe mich doch immer wieder dem Laien seine Fragen
so einfach und gleichzeitig richtig wie möglich zu erklären.
Auch wenn er dann nicht gleich anfängt Chemie zu studieren.
„Hawking“ ist doch schon recht bekannt, ich kann es dem
naturwissenschaftlich völlig unbedarften allerdings nicht
verübeln wenn er ihn nicht liest.
Es gibt schon sehr gute populärwissenschaftliche Bücher,
genannt sei vor allem Brian Green: Der Stoff aus dem der
Kosmos ist. Und gedankt sei Kubi für den Buchtip!
Allein: Es kann nicht von Lieschen Müller und Otto Normal
verlangt werden sich damit zu befassen. Nicht solange der
Unterricht an unseren Schulen nicht mehr zum Denken anregt.
Und nicht von Leuten, die knapp „Bravo“, „Bild“ und ihre
Fernsehzeitung schaffen.
Naja: es geht ja auch nicht darum, ob Lieschen Mueller hinterm Waschbrett davon zu überzeugen ist, ob es nun WIMPS gibt oder nicht oder das Universum offen oder nicht.
Natürlich ist, gemessen an der Weltbevölkerung, der Anteil der an Kosmologie interessierten Menschen verschwindend. Aber das ist ja auch nicht die relevante Grundmenge: relevant ist, ob der Anteil der grundsätzlich wissenschaftlichen Dingen zugänglichen Laien, die sich Gedanken über diesen Sachverhalt machen, signifikant ist. Denn hier bildet sich der Grundstock heraus, der später einmal über die Geldervergabe in den verantwortlichen Gremien leistet.
Es ist ja wohl auch nicht so, daß beispielsweise die Bundesregierung deswegen so auf OpenSource abfährt, weil Schily ein so begnmdeter Geek war, oder? Lobbybildung fängt ganz unten an.
Und das ist hier ja wohl gegeben: wieviele Threads in der Summe der „Astronomie“- und „Mathe&:stuck_out_tongue_winking_eye:hysik“-Foren hier beschäftigen sich mit Kosmologie, und wieviele mit „out“-Dingen wie QFT oder Vielteilchenphysik? Wieviele Sachbücher gibt es zu Universum & Co. und wieviele zur Taxonomie der Nachtschattengewächse?
Aber das ist ja gar nicht der Punkt, und hier brauchen wir uns nicht von MRStupid auf einen Nebenkriegsschauplatz leiten lassen, der einen Spaghettithread aus einem im Prinzip interessanten Thema zu machen versucht, indem er aus einem Nebensatz einen Hauptstreitpunkt macht. [MOD: Ausdrucksweise entschärft]
Der Punkt ist, daß man prinzipiell verstehen muß, wie der Wissenschaftsbetrieb funktioniert, und das hat nichts mit Verschwörung oder dergleiche zu tun: Forschergruppen brauchen Geld, einige mehr, andere weniger. Astrophysiker, vor allem die, die Satelliten in den Himmel schießen, brauchen viel Geld, sehr viel Geld. Bei letzteren geht es um Hunderte von Millionen Euro, das ist mehr als der Gesamtetat der meisten Universitäten.
In diesem Sinne ist wissenschaftliche Berichterstattung (ich sage bewußt nicht: Veröffentlichungen) grundsätzlich kritisch zu bewerten. Eine Äußerung von Ulli Walter, um die es hier initial ging, ist zunächst einmal keine verläßliche Quelle. Selbstverständlich ist es jeder einzelne Forscher für sich genommen auch nicht, denn jeder bewertet sein Forschungsgebiet und seine Ergebnisse subjektiv in bezug auf den Stellenwert.
Ein einigermaßen objektives Bild ergibt sich durch die Lektüre von Papers und der Reaktionen auf diese, wie ich hier bereits vorgeschlagen habe. Die mit Zeitverzug erscheinenden Fachbücher zum Thema bieten oft auch schon ein relativiertes Bild. Da dies aber selbstverständlich nicht von jedem abverlangt werden kann, heißt es einfach bis auf weiteres: wenn ein Wissenschaftler, ohne daß es in der breiten Community auf einhellige Zustimmung gestoßen ist und entsprechend kolportiert worden ist, von sensationellen Ergebnissen spricht, die „consistent with“ irgendeiner Theorie sind, muß man einfach für sich zwei drei Schuhnummern kleiner denken. Dann heißt das: „Es spricht nichts gegen die neue Theorie, aber es gibt auch keinen schlagkräftigen Grund, vom alten Bild abzuweichen.“
In diesem Sinne halte ich die absoluten Statements von Walter einfach für unseriös.
Viele Grüße
Oliver