Ausserordentliches Kündigungsrecht aufgr.Krankheit

Hallo zusammen,

nehmen wir mal an es besteht ein Mietverhältniss. Die Mieter ein älteres Ehepaar sind knapp seit einem Jahr in einem Mietverhältnis. Beide sind nicht verheiratet; Sie bezieht Harz IV; er bekommt eine kleine Rente; die Mietzahlungen sind regelmässig;

Im April wurde die Wohnung mündlich gekündigt; der Vermieter hat Kündigung schriftlich zum 31.07. bestätigt.

Das Ehepaar ist aber bereits am 14.05. ausgezogen, eine weitere Mietzahlung ist nicht zu erwarten. Der vorzeitige Auszug wurde damit begründet, das die Frau aus gesundheitlichen Gründen keine Treppen mehr steigen kann; der Mann ist gesundheitlich fitt.Beide haben die Wohnung per Mietvertrag gemietet.

Lt. Kündigungsfrist muss bis 31.07. die Mietzahlung erfolgen, somit stehen noch 2 Mietzahlungen aus.

Macht es Sinn die ausstehenden Mietzahlungen einzufordern. Ist der Aufwand zu gross ? Wie kann man da vorgehen ?

Danke

C.R.

Hallo,

eine schwere Erkrankung KANN einen Grund für eine fristlose, also ausserordentliche Kündigung darstellen. Es hängt immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Wenn der Mieter die Treppen zu der Wohnung nicht mehr hochkommt, dürfte ein solcher Fall vorliegen, der zur fristlosen Kündigung berechtigt.

Wenn kein Geld bei den Mietern vorhanden sein sollte, macht es keinen Sinn, gegen den frühzeitigen Abgang und die 2 entgangenen Monatsmieten zu prozessieren. Zumal die Erfolgsaussichten fraglich sind.

Gruss
BM

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Hallo BM,

eine schwere Erkrankung KANN einen Grund für eine fristlose,
also ausserordentliche Kündigung darstellen. Es hängt immer
von den Umständen des Einzelfalls ab. Wenn der Mieter die
Treppen zu der Wohnung nicht mehr hochkommt, dürfte ein
solcher Fall vorliegen, der zur fristlosen Kündigung
berechtigt.

sehe ich genauso - allerdings müsste der Mieter in diesem Falle die fristlose Kündigung überhaupt erst mal aussprechen.

Wenn kein Geld bei den Mietern vorhanden sein sollte, macht es
keinen Sinn, gegen den frühzeitigen Abgang und die 2
entgangenen Monatsmieten zu prozessieren. Zumal die
Erfolgsaussichten fraglich sind.

Wenn kein Geld vorhanden ist, dann verursacht so ein Verfahren nur Kosten die Möglicherwiese trotz erfolgreicher Klage am Kläger hängen bleiben.

Gruss Ivo

eine schwere Erkrankung KANN einen Grund für eine fristlose,
also ausserordentliche Kündigung darstellen

Das sehe ich anders - vgl. § 543, § 569 BGB.
I.d.R. sieht das Gesetz eine fristlose Kündigung nur bei Verschulden des anderen Vertragspartners vor

I.Ü. wird der Mieter gerade NICHT durch „persönliche Verhinderung“ von der Mietzahlungspflicht befreigt - vgl. § 537 BGB.

Die geschilderten Gründe könnten m.E. allenfalls zu einer vorzeitigen Kündigung (z.B. bei einem längerfristigen Mietverhältnis) - ggfs. unter Stellung eines geeigneten Nachmieters - berechtigen.

I.d.R. sieht das Gesetz eine fristlose Kündigung nur bei
Verschulden des anderen Vertragspartners vor

Eben diese Interpretation des 543 ist falsch. Den Fehler „insbesondere“ durch ein geistiges „nur“ zu ersetzen machen viele.

Allerdings muss das Interesse dem M das Interesse des V übersteigen.

Ich möchte hierbei das OLG Karlsruhe AZ: 3 Re-Miet 2/81 ins Feld führen, dass eben schwere Krankheit als Grund gesehen hat.

Gruss Ivo

Hi Ivo

Wie so oft bei Versuchen der Rechtsdeutung - lässt sich hier m.E. nicht voraussagen, in welche Richtung die Waage der Justitia sich letztendlich senken würde.
Allerdings sollte man schon unterscheiden zwischen außerordentlicher fristgerechter Kündigung (bei längerfristiger Vertragsbindung) und der hier vom Mieter einfach ausgeübten außerordentlichen FRISTLOSEN Kündigung.

Das Urteil des OLG Karlsruhe ist 25 Jahre alt und in dieser Zeit haben sich viele Richter darauf bezogen, z.B.

LG Hildesheim 31.5.2000 - 1 S 176/99
Kein Recht Sonderkündigungsrecht des Mieters wegen notwendiger Heimunterbringung (wegen Demenzerkrankung)

Die Erkrankung eines Mieters an seniler Demenz vom Alzheimer-Typ berechtigt diesen weder zu einer außerordentlichen fristgemäßen Kündigung in entsprechender Anwendung der §§ 541 b Abs. 2, 549 Abs. 1 Satz 2, 567, 569 a Abs. 6, 569 b Satz 3, 570 BGB noch zu einer fristlosen Kündigung unter Berufung auf die Grundsätze über den Wegfall der Geschäftsgrundlage.

Der Vermieter ist in einem solchen Falle jedoch bei Stellung eines geeigneten Nachmieters durch den Mieter bzw. dessen Betreuer nach § 242 BGB verpflichtet, den Mieter vorzeitig aus dem Vertrag zu entlassen. Darüber hinaus hat der Mieter gemäß § 549 Abs. 1 BGB die Möglichkeit, vom Vermieter die Erlaubnis zur Untervermietung zu verlangen und bei deren Verweigerung das Mietverhältnis nunmehr unter Einhaltung der gesetzlichen Frist (§ 565 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 BGB) zu kündigen.

Die hier vorliegende Fallgestaltung, dass der Mieter für eine vorzeitige Vertragsauflösung derart erhebliche, das Interesse des Vermieters am Fortbestand des Vertrages deutlich überwiegende Gründe hat, dass ihm die ordnungsgemäße Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann, wird von der ganz überwiegenden Rechtsprechung und Literatur im Anschluss an den Rechtsentscheid des OLG Karlsruhe vom 25.3.1981 dahin gelöst, dass der Vermieter bei Stellung eines geeigneten Nachmieters durch den Mieter nach § 242 BGB verpflichtet ist, letzteren vorzeitig aus dem Vertrag zu entlassen. Das OLG Karlsruhe hat in seinem Beschluss ausdrücklich ausgeführt, dass es gerade die Abhängigkeit des Anspruchs auf Aufhebung des Mietvertrages von der Stellung eines geeigneten Nachmieters ist, die es rechtfertigt, in diesen Härtefällen trotz der anderweitigen vertraglichen Risikoverteilung den Vermieter zur vorzeitigen Vertragsauflösung zu verpflichten.

Klar, dass jeder so seine persönlichen Ansichten hat - ich folge eher der hier zitierten - und denke daher mein „i.d.R.“ reicht zur Abschwächung meines „nur“ für den Normalgebrauch durchaus aus.

Ich will dir gar nicht widersprechen, dass dies letztenlich nur ein Prozess klären könnte. Darum sagen ich nur „möglicherweise“ besteht dieses Recht. Tut mir leidm dass ich dein i.d.R. falsch gedeutet habe.

Ich sehe im blossen Auszug noch nicht mal die Erklärung einer entsprechenden Kündigung…

Allerdings um auf die Ausgangslage zurück zu kommen:
Wenn es nichts zu holen gibt, lohnt sich auch kein Prozessieren um des reinen rechthabens willen.
Recht gehabt und auf den Kosten sitzen ist nämlich ein ziemlich bitterer Erfolg.

Gruss Ivo

Hi Ivo … dann sind wir ja doch der gleichen Meinung :wink:

Ich hoffe, du verzeihst, dass ich da nochmal eingehakt habe.