Ausziehen ohne elterliche Unterstützung?

Hallo,
ich schreibe hier weil ich rausfinden möchte, was für welche oder ob ich überhaupt Möglichkeiten in meiner Situation habe. Undzwar geht es darum, dass ich eigentlich bald studieren möchte. Ich habe keine Abi aber kriege an einer privaten Uni sehr wahrscheinlich trotzdem die Möglichkeit zu studieren. Was ja eigentlich sehr erfreulich ist. Mein Problem ist, dass meine Eltern trotzdem möchten, dass ich fürs erste wieder zuhause wohne (im moment halte ich mich 3 std von zuhause weg, bei meiner Oma auf, um einen Mappenkurs für mein Designstudium zu machen). Dazu muss ich noch einiges erklären. Undzwar verdient mein Vater ziemlich gut. Ich sollte mich eigentlich glücklich schätzen, trotzdem habe ich einige Probleme mit meinen Eltern. Sie setzen mich sehr unter Druck und lassen meistens ihre Probleme vollkommen an mir aus. Ich muss häufig ihren Psychologen spielen, mich belastet das oft sehr. Es ist in den vergangenen Jahren, als ich noch nicht volljährig war, sehr oft dazu gekommen, dass ich, weil ich es nicht mehr aushalten konnte von zuhause abgehauen bin. Ich bin jetzt fast 20 Jahre alt und kann nun nicht mehr einfach flüchten. Meine Eltern wollen wie gesagt, dass ich zuhause wohnen bleibe. Mein Bruder hingegen ist in der Zeit wo ich weg bin nun ausgezogen und wenn ich nun wieder Heim gehe, werde ich wohlmöglich noch mehr von meinen Eltern belastet. In Verbindung von einen Studium kann ich mir das einfach nicht vorstellen.
Ich habe bereits eine Ausbildung zur Kosmetikerin gemacht, nachdem ich nach der 10. Klasse vom Gymnasium abgegangen bin. Jetzt würde ich gerne mein Leben selbst in die Hand nehmen, da ich mir nicht vorstellen kann die nächsten Jahre noch weiter unter dem Stress meiner Eltern zu leiden. Deswegen möchte ich gerne arbeiten und mir selbst eine Wohnung suchen. Ich werde aber wahrscheinlich nicht sehr schnell was finden und als Kosmetikerin sind im Moment wenige Vollzeitstellen zu finden. Vorallem sind sie meistens auch noch sehr sehr schlecht bezahlt (oftmals muss man trotz Ausbildung noch ein halbjähriges Praktikum machen, ohne bezahlt zu werden). Ich würde gern arbeiten auch wenn es nicht im Kosmetischen bereich sein sollte. Ich würde mich sehr darum bemühen. Nur habe ich irgendwelche Rechte, was Unterstützung angeht? Wenn ich wüsste, dass ich das alles alleine meistern kann, würde ich direkt loslegen und mir arbeit suchen, eine Wohnung und losgehts. Leider ist das heutzutage ja nicht mehr so einfach. Da ich aber reiche Eltern habe, werde ich doch vom Staat nicht unterstützt? Es mag sich für einige vielleicht komisch anhören, aber ich kann und will nicht mehr abhängig von meinen Eltern sein. Ich möchte nicht mehr dem ständigen Streit augesetzt sein. Vor einiger Zeit haben meine Eltern mal beide unglaublich auf mich eingeschlagen, weil ich mich gegen diesen Druck und diese Abhängigkeit wehren wollte. Ich weiß ich habe es wegen diesem ganzen Geld eigentlich sehr gut bei meinen Eltern, aber Geld ist eben nicht alles. Manchmal würde ich gern einfacher leben und dafür nicht so einem Stress unterliegen… ich hoffe es gibt jemanden, der mich verstehen kann. Ich weiß, viele würden sich glücklich schätzen solche Möglichkeiten wie ich zu bekommen. Aber auch in Familien die nach außen so reich und glücklich scheinen, gibt es Dinge, die gewaltig falsch laufen. Oft habe ich versucht mit ihnen zu reden, aber sie scheinen wie blind zu sein und mittlerweile nur noch die Dollarzeichen in den Augen zu haben… Ich kann auch in meiner ganzen Familie wie Großeltern oder Tante/Onkel nicht auf Unterstützung hoffen, da es sich in meiner Familie quasi nicht „schickt“ nicht das zu machen, was die Eltern von einem wollen. Die würden mich alle nur für bekloppt halten. Das schlimme ist, das meine Eltern mich eben immer mit ihrem Geld erpressen wollen, mich abhängig machen wollen… aber das will ich nciht mehr. Ich möchte in meinem Leben was erreichen, ich bin kein fauler Mensch, aber unter den Umständen halte ich das nicht mehr aus. Auch wenn ich ganz unten anfangen muss. Es ist mir klar, dass das nicht einfach ist.

Hat jemand Informationen für mich, wie ich das am besten schaffen könnte? Weiß jemand, ob ich von irgendjemandem überhaupt Unterstützung verlangen kann?

Es ist schon interessant, dass Du gerade mich auswählst, um Dir einen Rat zu geben - also will ich das mal ernst nehmen: Ich bin 60 Jahre alt, und mit 21 Jahren selbst von daheim ausgezogen: „wenn Du daheim studierst bekommst Du ein Auto und hast keine Ausgaben - wenn Du allerdings meinst, ausziehen zu müssen, dann mußt Du eben für Dich selbst sorgen“
Leicht war es nicht, und ich habe mir mein Studium weitgehend selbst finanziert, in allen Semesterferien gearbeitet und (gottseidank) noch Bafög bekommen - (allerdings, weil meine Eltern zu viel Geld hatten - rein auf Kreditbasis, so dass ich alles wieder zurückzahlen mußte. Und das habe ich gemacht, und das hat sich auch gut angefühlt.) - Soweit meine Vorgeschichte.
Wenn ich heute darüber nachdenke, war das vielleicht die wichtigste Zeit in meinem Leben: Denn ich habe gelernt, dass ich mein Leben in die eigenen Hände nehmen kann, dass ich mir vertrauen kann, und ich habe gelernt nach meinen Wertvorstellungen zu handeln anstatt nach Versorgungsgesichtspunkten. Ich würde es also jederzeit wieder so machen. (das sage ich so klar dass Du merkst dass ich an der Stelle NICHT objektiv bin.)

Nun zu Dir, und jetzt versuche ich doch objektiv zu sein: Wenn Du Dich seelisch so sehr unter Druck gesetzt fühlst, wie Du schreibst, dann MUSST Du Dir selbst helfen und ein Leben wählen wo Du das Gefühl entwickeln kannst, dass Du selbst für die Schwierigkeiten, die Du hast, verantwortlich bist und sie selbst angehen und lösen musst. (Denn sonst wirst Du irgendwann anfangen die Probleme Deiner Eltern zu lösen und das kann Dir nicht gelingen; Es gibt viele Menschen die genau bei diesem Versuch gescheitert sind)

Also: verlass Dich einfach auf Dein Gefühl: Du spürst es ja selbst, dass Du etwas ändern mußt, also tue es. Eine staatliche Unterstützung wirst Du wohl nicht bekommen, also mußt Du Dir Deinen Lebensunterhalt selbst verdienen. Das ist höchstens unbequem - und dieses Schicksal teilst Du mit 99% aller Menschen. Verlier dabei nur nicht aus den Augen was Du beruflich und als Mensch erreichen willst und bleibe am Ball: mach auf der Abendschule Abitur wenn Du meinst dass das füpr Deinen weiteren Lebensweg wichtig ist und gib NIE Deinen Eltern die Schuld wenn dabei irgenmdwas nich klappt. Denn es war DEINE Entscheidung.
So wie Du schreibst, habe ich das Gefühl dass Du es schon packen wirst; hab das Vertrauen, dass Du alles erreichen kannst, was Dir wirklich wichtig ist (und ich glaube immer, dass Geld nicht wirklich wichtig sein kann - es kann höchstens helfen, ein gutes Leben zu führen - und mit „gut“ meine ich nicht Luxus, sondern ein Leben in dem man die Werte die einem selbst wichtig sind, auch lebt. )

  • Ich hoffe ich habe Dir Mut gemacht, denn das wollte ich: Dein Selbstvertrauen stärken.

Noch ein Tipp: Regle alles zu Deinem Auszug, BEVOR Du mit Deinen Eltern sprichst, so dass Du nicht erst eine Stelle und ein Zimmer in Untermiete suchen mußt, nachdem Du mit ihnen gesprochen hast. Dann schreibe ihnen einen Brief, indem Du alles nochmal so erklärst dass sie Dich verstehen können wenn sie wollen - und behalte diesen Brief bei Dir. Dann erst sprich mit ihnen, und teile ihnen, möglichst im Guten, mit was Du ihnen sagen möchtest, und wenn das Gespräch - was man befürchten könnte - nicht im Guten verläuft, dann handle wie Du es Dir vorgenommen hast und schicke ihnen den Brief im Nachhinein. (Ohne ihn umzuschreiben, oder nochmals auf das Gespräch einzugehen, denn sonst wirds nur ein ärgerlicher Briefwechsel)
Alle klar?

Dir viel Glück, Kraft und gute Erfahrungen.

Thomas Reinhold

Hallo Faydez,

Deine Situation kann ich sehr gut verstehen, denn Du hast viele Altersgenossinnen, denen es nicht anders geht.
Einerseits befindet man sich unter dem „Schutz“ der Familie, andererseits muss man mit Anfang 20 auch den Weg in die Selbständigkeit gehen. Selbst dann, wenn der religiöse und kulturelle Hintergrund die eigenen Entscheidungen von jungen Frauen stark einschränken, darf man nicht vergessen, dass man sich in Deutschland aufhält und man ruhig selbstbewusst sein Leben in die Hand nehmen sollte.
Deshalb muss man sich nicht gleich mit Eltern und Verwandten bis aufs Blut streiten. Es gibt meistens einen Lösungsweg, wenn man nicht selbst so blöd ist und sich völlig daneben benimmt.
Um aus der elterlichen Wohnung ausziehen zu können, muss man natürlich für den eigenen Unterhalt sorgen können und seine Miete regelmäßig zahlen.
Theoretisch würden natürlich auch von staatlicher Seite Kosten übernommen, aber dann bis Du Hartz IV-Bezieherin. Übrigens bezahlt Dir das Amt keine eigene Wohnung, sondern nur Kosten für ein Zimmer in einer Wohngemeinschaft. Das gilt für alle Personen, die zuvor noch keine eigene Wohnung hatten.
Hast Du eine feste Arbeitsstelle, nimmst Dir dann eine kleine günstige Wohnung und wirst dann arbeitslos, muss die Behörde die Kosten für Miete und Heizung bezahlen.

Da ich nicht weiß, ob Du mir die ganze Wahrheit geschrieben hast, möchte ich Dir dazu raten, Deine Entscheidung gut zu überlegen. Allein für sich zu sorgen und auch vom Einkommen der Eltern unabhängig zu sein, ist nicht leicht. Wenn Du schlau bist, bleibst Du erst einmal ruhig und planst das ganze genau. Etwas „Startkapital“ solltest Du schon haben, sonst hast Du keine Chance (Wohnungseinrichtung, einige Monatsmieten als Sicherheit etc.).
Noch ein Tipp:
Viele junge Leute machen den Fehler und stürzen sich in eine Partnerbeziehung, weil sie dadurch meinen dem Elternhaus entfliehen u können. Das bingt leider nichts und kann evtl. auch einen Bruch mit der Familie bedeuten. Alsi sei klug und beweise Deiner Familie, dass Du verantwortungsvoll handeln kannst.

Auf eigenen Beinen stehen, seinen Unterhalt selbst verdienen, Miete etc. pünktlich bezahlen und … keinen Mist bauen.

Für Blödsinn hast Du später noch Zeit genug.

Natürlich kannst Du auch dumm sein und hast dann sofort die Chance zum Auszug:
Du erzählst Deinen Freunden und Bekannten von Deinem Plan, dann melden sich spontan alle Idioten und sagen:
Du kannst bei mir einziehen!
Was dabei herauskommt, kannst Du dir denken, oder?

Am Ende noch meine persönliche Meinung:

So übel scheint Deine Familie nicht zu sein und auch erscheint es mir normal, dass Kinder die kleinen Sorgen und Auseinandersetzungen ihrer Eltern mitbekommen. Mit fast 20 Jahren hast Du auch ein Wörtchen mitzureden und Deine Eltern sollten Dich mehr als Erwachsene respektieren. Sprich im ruhigen Ton mit ihnen darüber. Auch als Mädchen kann man das. Manchmal muss man mehrere Versuche machen. Wenn Du dich nicht kindisch benimmst, werden sie schließlich begreifen, dass Du erwachsen geworden bist.
Natürlich gibt es ein Riesentheater, wenn Du ausziehen solltest (ohne zu Heiraten !!!), denn das ist auch in modern denken Familien Deines Kulturkreises immer noch so. Es wird sich auch in 50 Jahren kaum ändern. Nur, so lange kannst Du nicht warten, weil Du dann 70 Jahre alt bis.
Irgendwann musst Du die freie Entscheidung treffen, es kommt nur darauf an, wie gut Du dich vorbereitest und wie verlässlich Du bist.

Nacvh meiner Erfahrung beruhigt sich die Situation meisten sehr schnell wieder und die Familie kapiert es dann. Du kennst ds doch, es gibt immer viel Geschrei, auch wenn es eine Kleinigkeit ist. Danach ist wieder Ruhe im Karton, oder?

Wenn Du möchtest, können wir auch direkt kommunizieren.
Alles Gute und viel Glück!

Gruß aus Hamburg

[email protected]

Hallo und erstmal vielen Dank.
Eine Sache hab ich nicht verstanden, ich kann nicht ausziehen ohne verheiratet zu sein wegen meines Kulturkreises? Ich bin in Deutschland geboren, meine Eltern auch… oder hab ich irgendwo was angedeutet, was darauf hingewiesen hat? Dann tut es mir natürlich leid…

Es ist leider nicht so, dass meine Eltern mich nur davon in Kenntniss setzen, dass sie sich trennen wollen, sondern sie haben zeitweise immer wieder psychologische Hilfe bei mir gesucht. Sie haben nicht miteinander gesprochen, sondern mit mir. Es gab Situationen, wo ich nichtmal sagen konnte ich gehe jetzt und hör mir das nicht mehr an, zb eine 3 stündige Autofahrt mit meinem Vater… Ich versuche so vernünftig zu handeln wie nur möglich, aber im Moment möchte ich einfach nur noch fort. Ich werde nochmals ein Gespräch mit meinen Eltern suchen und wenn es mir wieder nicht weiterhilft, weil sie mich nicht verstehen, obwohl ich ruhig mit ihnen spreche, dann bleibt mir keine andere Möglichkeit als das alles selbst in die Hand zu nehmen. Mein Leben.

Oder sehe ich das falsch?

Lg und nochmals Danke.

Ps: ich stürze mich in keine Beziehung um meine Probleme zu lösen, noch habe ich Unsinn im Kopf :smile:

Hallo, vielen Dank für diese Antwort, sie hat mir sehr weitergeholfen. Ungefähr so hatte ich mir das auch gedacht, mit Brief vorher und dann nochmal schauen ob sie anständig mit sich reden lassen. Ich wurde gestern an der Uni angenommen und muss mir halt jetzt überlegen wie ich das anstelle und vorallem was ich anstelle. Deinen Text werde ich mir sicherlich noch ein par mal durchlesen. Da hab ich doch trotzdem den richtigen gefragt :smile:

Danke, danke!

Das ist gerne geschehen.
Mach es gut.
Thomas.

Hallo,

aus Deiner Anfrage waren die genauen Umstände nicht so deutlich herauszulesen, deshalb hatte ich kleine Anmerkungen gemacht.

Wenn es also für Dich keine Gründe für Rücksichtnahme auf Kultur, Religion etc. gibt, stelle ich mir die Frage, wieso es für Dich noch ein Problem gibt.

Zieh doch einfach aus und starte durch in Dein eigenes Leben. Du solltest eben nur bedenken, dass die Trennung vom Elternhaus nur dann sinnvoll ist, wenn man sich das materiell leisten kann. Auch sollte man sicher sein, dass man allein durchhalten kann, wenn es doch zu Schwierigkeiten kommt.

Kleine Notiz zum Schluss:
Ich halte es für völlig normal, wenn sich die Eltern mit einem fast erwachsenen Kind über ihre „Probleme“ unterhalten und manchmal sogar Rat suchen. Das ist nach meiner Einschätzung ein sehr großes Kompliment für Dich, weil es beweist, wie sehr Dir deine Eltern vertrauen. Eigentlich sollte Dich das nicht nerven, auch wenn es Dir lästig erscheint. Wenn Deine Eltern Probleme haben, betrifft es doch am Ende auch Dich, oder?
Zeige vorsichtig die Grenzen der Belastung auf und gib Deinen Eltern den Tipp, dass man sich bei ernsteren Fragen auch an Profis (z.B. Paarberatung) wenden kann.
Schließlich kannst Du etwas moralische Unterstützung als „Blitzableiter“ leisten, nicht jedoch die Lösung.

Du scheinst ja nicht auf den Kopf gefallen zu sein; weshalb lässt sich das nicht diplomatisch und locker lösen?
Warum ziehst Du nicht mit der Unterstützung Deiner Eltern aus und stehst Ihnen gelegentlich mit Rat und Tat zur Seite? Das wäre doch machbar, wenn ihr nicht total zerstritten seid.

Wenn es Gründe gibt, die dagegen sprechen, liegt der Grund wohl an Deinem Verhalten, könnte das sein?

Ich wünsche Dir viel Erfolg.

Schönes Wochenende

Steve