Hallo,
Ist hier eigentlich jemand verheiratet oder lebt zumindest in einer auf Dauer angelegten Beziehung?
In einer Beziehung lebt man i. d. R. in häuslicher Gemeinschaft, jedenfalls nicht auf Dauer Tausende km voneinander entfernt. Bei großer Entfernung hätten die Partner unterschiedliche Nachbarn, mit denen sie zurecht kommen müssen, über kurz oder lang entwickelt man sich auseinander, ergeben sich verschiedene Werte und Interessen.
Es war ein Beispiel. So wie in einer Regierungskoalition kann auch in einer zwischenmenschlichen Beziehung nicht jeder 100% seine Maximalinteressen vertreten, sondern muss Kompromisse eingehen, ganz egal ob die Beziehung Ehe oder Familie heißt oder ob man einfach nur mit anderen Menschen in einem Haus, einer Stadt oder einem Staat lebt.
Auf die Politik übertragen: Die Interessen Europas/Deutschlands können schon aufgrund der geografischen Lage nicht identisch mit denen der USA sein. Wenn griechischen oder mecklenburger Bauern der russische Absatzmarkt für Obst und Gemüse abhanden kommt, interessiert es in den USA keinen.
Die hatten damit aber auch wenig zu tun? Das war eine Entscheidung der EU. Die musste sich doch von dem Vorgehen Russlands deutlich mehr bedroht fühlen als die USA.
Wenn Europäer gerne weitere Gaspipelines nach Russland hätten, hat Russland das gleiche Interesse, aber nicht USA. Die würden gerne selber Gas liefern und haben eher ein überlebt-traditionelles Interesse, es den Russen nicht zu gut gehen zu lassen.
Gibt es dafür einen Beleg? Vielleicht unterscheiden die mehr zwischen Regierung und Volk als wir uns das hier vorstellen können? Einfach weil wir hier jahrhundertelang in solchen Schablonen gedacht haben und vielleicht auch weil ausgerechnet Putin gerade wieder auf dieser Klaviatur spielt?
Unser Interesse sieht dabei ganz anders aus.
Wollen wir wirklich in dieser Hinsicht von Russland so abhängig sein? Ich behaupte mal, dass das nicht unser Interesse ist. Das Problem ist doch jetzt, dass Russland gerade gezeigt hat, was es von Verträgen hält. Warum sollten die bei einer noch größeren Abhängigkeit Europas von russischem Gas und weiter wachsenden innenpolitischen Schwierigkeiten nicht auch da mal wieder am Gashahn drehen, nur um „dem Volk“ wieder zu zeigen, dass sie wieder wer sind?
Immerhin könnte es uns nicht schaden, die Handelsbeziehungen zu vertiefen. So etwas dient nicht nur der Kasse und dem wirtschaftlichen Wohlergehen der Beteiligten, es schafft auch Vertrauen und sichert letztlich Frieden.
Das kannst Du sicher nochmal am Beispiel Ukraine verdeutlichen, wie so ein Land, das sich in hoher wirtschaftlicher Abhängigkeit von Russland gehalten wurde, auf irgendwas vertrauen und so seinen Frieden sichern konnte.
Zur Überraschung mancher Zeitgenossen kann man nämlich Frieden nicht nur mit Raketen und mit lamettabehängten Leuten sichern, sondern mindestens so wirkungsvoll durch gemeinsame Interessen durch wirtschaftliche Verflechtung.
Ja, das beweist der Fall EU im positiven wie der Fall Russland-Ukraine im negativen Fall ganz anschaulich.
Um auf die Ursprungsfrage zur Abhängigkeit von den USA einzugehen: Bei zahllosen Produkten gibt es wechselseitige Interessen, wie es in arbeitsteiliger Wirtschaft mit intensivem Handel unausweichlich ist. Abhängigkeit wäre aber ein zu starker Ausdruck. Davon abgesehen sehe ich keine, zumindest keine aufgezwungene Einschränkung der Autonomie. Amerikaner dürfen vertragsgemäß militärische Stützpunkte nutzen, aber diese Verträge können auch gekündigt werden, nötigenfalls einschl. Natomitgliedschaft.
Sehe ich auch so. Ist ja nicht wie in den ehemaligen Ostblock-Staaten, wo der große Bruder einrückt, falls man sich dort in dieser Richtung bewegt.
Nichts würde passieren, nur Bürgermeister der betroffenen Orte würden wegen entfallender Kaufkraft herumnöhlen.
Ja, die haben es dann wirklich immer ganz schwer. Da werden plötzlich riesige Flächen zur Entwicklung von Gewerbe oder sonstwas und Tausende Wohnungen frei. Und die wenigsten Standorte befinden sich in strukturschwachen Gegenden. Manch anderer Bürgermeister würde sich solche Probleme wünschen.
Grüße