Bäume halten oft bei Autounfällen

hallo!

Häufig stoßen PKW ja mit Bäumen zusammen. Oft erleiden die Insassen dabei schwere Verletzungen und auch die Fahrzeuge werden oft stark zerstört. Hier sind vier Bilder, die ich spontan dazu gefunden habe:

http://www.ruhrnachrichten.de/storage/pic/mdhl/artik…

http://www.rundschau-online.de/image/view/2010/10/2/…http://www.hna.de/lokales/goettingen/schrecklicher-u…

http://www.merkur-online.de/bilder/2010/06/02/789363…

Die Bäume durchtrennen sogar manchmal Autos und werden dabei nur leicht beschädigt. Wieso halten die Bäume so gut?

Kommt es nicht nur auf die Aufprallfläche an, sondern spielt der Baum als ganzes zB durch seine träge Masse hinein?
Ist die zylindrische Form des Baums entscheidend?

Ich würde größere Beschädigungen der Bäume bei solchen Unfällen erwarten.

Was sind eure Gedanken dazu?

Gruß
Paul

Hallo,

Ich würde größere Beschädigungen der Bäume bei solchen
Unfällen erwarten.

ich würde sagen, daß da die Ursache des „Problems“ liegt. Hättest Du die gleiche Frage gestellt, wenn dort Säulen aus Beton oder Stahl gestanden hätten? Bäume sind durch Aufbau und Verankerung sehr stabile und ortsfeste Strukturen, so daß sich die Beschädigungen häufig auf Borke und Bast beschränken und nur selten das Kernholz erreichen.

Gruß
C.

Bei Bäumen ist nur der äussere Bereich, also die Borke und die ersten paar Zentimeter darunter wirklich am Leben. Der Rest verhärtet so nach und nach. Es gibt Bäume, wie beispielsweise Eichen, die richtiggehend mineralisiert werden. Das ist dann praktisch so, als wäre das Auto gegen einen Betonpfeiler gekracht.

Deswegen gibt es auch so viele hohle Bäume, die sich bester Gesundheit erfreuen. Das Innere des Baumstammes ist im Grunde tot und wird nur noch aus Stabilitätsgründen gebraucht.

Hohlstange und Vollstab
Hi!
Die Erklärung hinkt ein wenig.
Das Innere eines Baumes ist gar nicht so wichtig für die Stabilität. Ein hohler Baum nicht zwangsweise instabiler als der selbe Baum mit vollem Kern.

Google mal nach „Stabilität Rohr und Vollstab“

Grüße
kernig

Kräfte am Baum
Hi!
Die anderen haben es ja schon angedeutet: So ein Baum ist ja für massive Belastungen konstruiert und in der Erde entsprechend verankert.

So eine Krone mit Laub und Früchten kann eine ganze Menge wiegen und z.b. bei Sturm und starkem Regen wird das Ganze ja vom Stamm gehalten. Man bekommt immer dann eine Vorstellung von den Kräften, wenn man sieht, wie ein Baum nachgibt, z.B. eine Fichte unter nassem Schnee, bei der im Wind einfach mal die Krone „abdreht“.

Dabei ist auch die faserige Struktur des Holzes sehr wichtig: Nicht jedes Holz ist gleich biegsam und bruchfest. Eschenholz z.B. wird wegen seiner Eigenschaften z.B. für die Holme von Barren verwendet.

Eine große Rolle spielt meines Erachtens dabei die Elastizität des Stammes: Er kann einen Teil der Kraft durch Bewegung aufnehmen und wieder abgeben.

Und die Form ist sicher auch dienlich. Wenn ein flaches Blech auf einen vergleichsweise schmalen runden Stamm trifft, ist das dem Blech wenig förderlich. Wobei die Kraft sich da ja auch nur auf einen kleinen Bereich am Stamm konzentriert…

Grüße
kernig

Hallo,

denke auch daran, dass größere Kfz inzwischen alle so gebaut sind, dass sie Knautschzonen haben, die ganz bewusst so ausgelegt sind, die Kräfte eines solchen Aufpralls aufzunehmen, und sich dabei zu verformen. D.h. die starke Verformung des Kfz ist bei einem solchen Aufprall sogar zumindest in dem Maße gewollt, die Knautschzone für die Sicherheit der Passagiere „zu opfern“.

Ansonsten schau Dir mal an, welche Lasten im Vergleich zu einer ordentlichen Eiche am Straßenrand deutlich schwächer dimensionierte Leimbinder aus Weichholz im Baugewerbe aufnehmen. Holz ist schon extrem belastbar. Google z.B. mal nach dem Holzdach der Expo 2000 in Hannover. Oder ebenfalls hier gerade vor einigen Monaten vor der Haustür in Betrieb genommen, dem Timbertower, einer großen Windkraftanlage auf einem Turm komplett aus Holz. Überlege mal, was da an dynamischen Belastungen entsteht, wenn der Rotor bei ordentlicher Windstärke arbeitet.

Gruß vom Wiz

Klar. Aber google du mal Kernholz und Splintholz :smiley:

Ich wollte auf die Schnelle keine Abschätzung geben, welcher der beiden Effekte überwiegt.

Hi!

Mit Kern- und Splintholz kenne ich mich bestens aus, danke. Als Schreiner und Landespfleger und mit weiterem Fachwissen in Richtung Ökologie und Baustoffen, Holz und Baum gesegnet :smile:

Also im Studium habe ich gelernt, dass das Kernholz keine (oder so gut wie keine) statische Funktion hat. Es ist totes Füllmaterial und für den Baum durchaus auch Lagerplatz für Reststoffe. Aber der Kern ist im Prinzip totes Material und da geht u.a. als Erstes die Elastizität verloren, die aktive Wehrhaftigkeit gegen Pilze und Schadorganismen sowieso (außer es ist z.B. viel Gerbsäure eingelagert).

Und dass das Herausfaulen des Kernholzes so gut wie keine Auswirkung auf die Standfestigkeit eines Baumes hat (und der Baum mitnichten unbedingt gefällt werden muss um die Verkehrssicherheit zu gewährleisten, nur weil er hohl ist). Das „Hohlwerden“ im Alter ist übrigens durchaus arttypisch - am bekanntesten bei Linden.

Für die Standsicherheit wesentlich sind die großen Haltewurzeln, besonders gefährdet hierbei der Wurzelanlauf, der gern durch Überfahren oder Bauarbeiten beschädigt wird, ein paar Jahre unbemerkt vor sich hinfault und dann (wenn sich keiner mehr an die Bauarbeiten erinnert) zum Haltverlust führt.

Und die Tatsache, dass ein Rohr gegenüber einem Vollstab gleichen Durchmessers in Sachen Stabilität (je nach Länge und Material) kaum nachsteht, bleibt auch bestehen.

Grüße
kernig

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Das mit dem Stab und dem Rohr war mir schon klar. Nur welchen Einfluss die Eigenschaften der unterschiedlichen Holzarten hatten, davon hatte ich keine Vorstellung.

Ich finde deine Ausführungen auch nicht intuitiv logisch, weil ich das so verstanden hatte, dass das Kernholz sehr viel widerstandsfähiger (auch in physischer Hinsicht) ist, aber wenn das so sagst glaube ich einfach mal deiner Fachkompetenz.

Zumal das in diesem konkreten Fall - also Auto fährt gegen Rohr vs. Auto fährt gegen Stab vielleicht doch anders ist.

Holz ist nicht gleich Holz
Hi!
Da müsste man mal die Widerstandskraft verschiedener Baumarten gegen Autokollisionen untersuchen :smile: (Viel Spaß dabei)
Das Splintholz ist ja auch durchaus unterschiedlich dick im Verhältnis zum Kern (und die Verkernung setzt mal früher und mal später ein, abhängig von Holzart und Wuchsbedingungen). Jahresringe sind außerdem alles andere als immer gleichstark.

Schönstes Beispiel für widerstandsfähiges Kernholz ist die Eiche: Jede Menge Gerbsäure, hart und durchaus auch sehr zäh. Da kann ich mir auch vorstellen, dass der Kern durchaus zur Stabilität des Baumes beiträgt (was vielleicht auch einfach mal nötig ist, da Eichen ja riesengroß werden)

Anderes Beispiel z.B. eine Fichte: Da fault der Kern gern mal einfach weg oder eben besagte Linden.
Also da wird’s dann auch unübersichtlich und alles andere als allgemeingültig, wollte ich noch ergänzen.

Ich habe im Übrigen dies und das selber nochmal nachgelesen und fand diese Seite zur

Grüße
kernig

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Härte vs. Zähingkeit
Moin,

abgesehen davon, dass Autos mit Absicht so konstruiert werden, dass sie bei einem Unfall möglichst stark kaputt gehen (denn kaputt gehen = verformungsarbeit auf einem möglichst großen Weg = Verringerung der maximalen Verzögerung/Kräfte auf den Menschen) und schon deshalb immer ziemlich ramponiert aussehen, scheint mir das

Eine große Rolle spielt meines Erachtens dabei die Elastizität
des Stammes:

der entscheidende Faktor zu sein. Nehmen wir nämlich zB mal an, der Baum wäre aus einem total harten Material, Keramik vielleicht oder auch Beton ohne Stahl-Armierung welches ihn „zäh“ macht, dann würde er IMHO nämlich keineswegs so unbeschadet davon kommen sondern einfach zerbrechen.
Wäre er aber sehr weich, zB aus Gummi, könnte man leicht nachvollziehen, dass er relativ unbeschadet davon käme.

VG
J~

Ich würde größere Beschädigungen der Bäume bei solchen
Unfällen erwarten.

Was sind eure Gedanken dazu?

Die Energie des Autos wird in Verformungsenergie des Bleches umgewandelt. Gäbe des die nicht, wäre der Baum kaputt.

Zusätzlich gibt ein Baum nach und biegt sich kurz reversibel. Gleichzeitig sorgt die Krone durch ihr Trägheit für Stabilisierung beim Einschlag.

Super Link, danke :smiley:

Freue mich über jede Gelegenheit, Neues zu lernen^^

Hallo J~,
die Zähigkeit würde ich nicht überbewerten, denn sie spielt nur dann eine Rolle, wenn eine plastische ( = bleibende ) Verformung stattfindet. Das ist aber bei angefahrenen Bäumen meist nur oberflächlich der Fall. Im Extremfall eines Glas- oder Porzellanbaums würden sich diese kleinen Kratzer in der Rinde wohl als Risse durch den ganzen Baum fortsetzen und diesen zu Fall bringen.
Neben Härte, Elastizität und Abmessungen ( Widerstandsmoment ) des Stammes würde ich eher noch die Masse der Krone einbeziehen, die den Stamm auch oben quasi festhält und so ein Umbrechen verhindert ( Der Baum ist kein Kragträger ).
Freundliche Grüße Thomas