Bakterienschnelltest

Hi

Bin mir nicht sicher, ob es hier im Forum richtig aufgehoben ist, da es irgendwo zwischen Medizin, Biologie und Chemie hinpasst.

Ich würde gerne wissen, was das für ein Schnelltest war, den ein „Hygiene-Experte“ neulich bei NDR Markt benutzt hat um die Bakterienzahl in Kaffee von Kantinen nachzuweisen.

Er nahm eine Wischprobe mit einem kleinen Stäbchen, steckte es in ein Hand-Gerät und dieses zeigt dann digital eine Zahl an. Je höher der Wert, desto höher die Bakterienkontamination.

Aussage war dann, bei sauberem Wasser ergibt sich ein Wert von maximal 30, dort war der Kaffee mit mehreren Tausend dieser ominösen Einheiten „kontaminiert“

Was ist das für ein Schnelltest?  Was genau zeigt er an und wie ist das Messprinzip?

Danke und Grüße

Karana

P.S.: Ich sehe die Berichterstattung des NDR diesbezüglich durchaus kritisch. Einfach irgendwelche „drohenden“ Zahlen ohne Sinn und Verstand um den Zuschauer zu werfen und dann zu sagen wie ekelig die Kantine ja ist… naja. Aber das steht hier ja nicht zur Debatte.

Hallo!

ich nicht.

Denn in dem Beitrag wo man in Restaurants von Kaufhaus oder Möbelhaus Wischproben mit dem „Wundergerät“ auf Keimzahl (nicht Keimart) durchführte, nahm man doch auch klassische Wischproben und gab die ins Labor.
Und die dortigen Ergebnisse stützen den Vor-Ort-Schnelltest, zusätzlich wurde die Keimart, also ob Haut-und Nasenkeime oder gar Darmkeime vorkamen, ermittelt.
Kamen vor.

Das Gerät ist das hier :http://www.foodtech.ch/product/596/3m-clean-trace-ng

MfG
duck313

ATP

Was ist das für ein Schnelltest?

HyLite, CleanTrace etc.
Mit ATP-Schnelltest spuckt Google dir Dutzende entsprechender Handelsnamen aus.

Was genau zeigt er an

AdenosinTriPhosphat („Energiespeicher“ in sämtlichen lebenden Zellen).

an und wie ist das Messprinzip?

Über eine Biolumineszenzreaktion.

kuckst du: http://de.wikipedia.org/wiki/ATP-Test

Als Mikrobiologe bin ich auch immer skeptisch gegen solche Schnellmethoden - die ATP-Methode korrelliert allerdings ausgesprochen gut gegen die üblicherweise bestimmte Gesamtkeimzahl. Als Übersichtsparameter damit durchaus in Anbetracht der Geschwindigkeit brauchbar - allerdings muss man halt im Hinterkopf behalten, das sich mangels Informationen über die Art der MOs damit keine Bedrohungsabschätzung druchführen lässt.

Aber als schnelle Kontrolle eines Reinigungserfolges durchaus anwendbar und in der Lebensmittelindustrie auch weit verbreitet.

lg, mabuse

an und wie ist das Messprinzip?

Über eine Biolumineszenzreaktion.

ATP also, es klingt für mich plausibel, dass man so in Wasser ziemlich genau abschätzen kann, von wie vielen Bakterien dort das ATP herumschwimmt - und man so abschätzen kann wie viele Bakterien im Wasser sind/waren.

Weißt du zufällig, wie genau diese Biolumineszenz erzeugt wird?

Weißt du zufällig, wie genau diese Biolumineszenz erzeugt wird?

ATP reagiert unter enzymatischer Katalyse (Luciferase) mit Luciferin. Das Reaktionsprodukt zerfällt, dabei wird Licht abgegeben. So arbeitet auch der Ar*** von Glühwürmchen ;D

Kuckst du:
http://de.wikipedia.org/wiki/Luciferasen
und
http://www.sigmaaldrich.com/life-science/metabolomic…
(unten ist eine schöne Reaktionsgleichung)

Schönes WE!
mabuse

1 Like

Hi,

kuckst du: http://de.wikipedia.org/wiki/ATP-Test

die ATP-Methode korrelliert allerdings
ausgesprochen gut gegen die üblicherweise bestimmte
Gesamtkeimzahl.

das wäre dann die Anzahl koloniebildender Einheiten, wie man sie durch Ausplattieren auf geeigneten nichtselektiven Nährböden ermittelt. Ich frage mich gerade, ob die ATP-Menge nicht eher mit der Gesamtzellzahl korrelieren sollte, die neben vermehrungsfähigen auch tote Bakterienzellen umfasst und z.B. mikroskopisch ermittelt werden kann, und zwar im Hinblick auf Karanas Frage, in der ja von Kaffee die Rede war.

Kaffee wird üblicherweise gekocht, und wenn Tasse, Kanne und Löffel sauber waren, würde ich darin vielleicht noch bakterielle Sporen und abgetötete Bakterien vermuten, aber nur wenige vermehrungsfähige Bakterienzellen.

Bei durch Kochen abgetöteten Zellen dürften die Enzyme denaturiert und damit sowohl die ATP-Erzeugung als auch der biochemische ATP-Verbrauch zum Erliegen gekommen sein. Die Verlässlichkeit der Methode hängt wahrscheinlich davon ab, wie lange ATP in abgetöteten Zellen stabil und nachweisbar bleibt bzw. wie schnell es z.B. durch spontane Hydrolyse zerfällt.

Jedenfalls interessant, hier mal wieder mikrobiologisch zu diskutieren!

Schönes Wochenende

myrtillus

Ahoi!

das wäre dann die Anzahl koloniebildender Einheiten, wie man sie durch Ausplattieren auf geeigneten nichtselektiven Nährböden ermittelt. Ich frage mich gerade, ob die ATP-Menge nicht eher mit der Gesamtzellzahl korrelieren sollte, die neben vermehrungsfähigen auch tote Bakterienzellen umfasst

Nein.

{Adenosintriphosphat ist nur in intakten Zellen enthalten und baut sich nach Beschädigung der Zelle bzw. nach Austreten schnell ab. Daher empfiehlt sich die gleichzeitige Messung seines Abbauproduktes AMP (Adenosinmonophosphat).}
Q: http://www.microconservation.de/fileadmin/data/Downl…

Effektiv erwischt man mit der reinen ATP-Bestimmung nahezu ausschließlich lebende Zellen.

Kaffee wird üblicherweise gekocht, und wenn Tasse, Kanne und Löffel sauber waren, würde ich darin vielleicht noch bakterielle Sporen und abgetötete Bakterien vermuten, aber nur wenige vermehrungsfähige Bakterienzellen.

Sollte man glauben, oder?
Wenn du die Gelegenheit hast, nimm mal eine Abklatschprobe oder einen Abstrich von einem öffentlichen Kaffeeautomaten (also, son Münzding, wie es auf manchen Ämtern und in fast allen Unis rumsteht).
Obwohl das Zeug aus dem Auslauf heiß rausläuft, wächst dort alles - die Platten sind dermaßen kunterbunt, dagegen ist eine Klobrille hygienisch rein…

Die Kaffee-Geschichte dürfte von der Art der Automaten/Zubereitung abhängen:

Frisch gebrühter Kaffee dürfte in erster Näherung steril sein - natürlich ein paar Sporen enthalten und ggf. Rekontaminationen durch Auslauf, Tassen, Löffel, ggf. Zucker- und Milchpulver etc. Wenn man das jetzt warmhält, dann tickt die Uhr…

Und kritisch sehe ich halt speziell oben genannte Kaffee-Vollautomaten (also, Automaten in dem Sinne, das da kein Mensch dran arbeitet, sondern die mit Münzeinwurf). Denn die arbeiten mit löslichen Kaffee, der wird nicht aufgebrüht, sondern nur in erwärmten Wasser (so ~70°C, damit sich keiner den Mund verbrüht) gelöst - da ist der mikrobiologische Status aufgrund der niedrigeren Temperaturen i.A. mehr als fragwürdig.
Hinzukommt dann noch, das hier nicht täglich gereinigt wird, sondern nur, wenn der Automat nachgefüllt wird bzw. der Geldschacht geleert wird, also je nach Frequenz zweimal pro Woche oder sogar nur alle zwei Wochen mal… und der Typ, der das macht, dürfte auch nicht gerade als Reinigungsfachkraft durchgehen…

Naja, was uns nicht umbringt…

Die ATP-Schnellmethode wird in der Praxis in erster Line als Kontrolle des Reinigungserfolges benutzt. Man macht einfach eine Bestimmung vorher und eine nachher, und wenn sich durch die Reinigung die Anzeige nicht um einen Faktor (10? 50? 100?) reduziert hat, muss halt nochmal geputzt werden. Was die Anzeige dann genau (in KBE/cm2) bedeutet, ist dann ja herzhaft wurscht - welche Reduktion durch eine ordentliche Reinigung erzielbar ist, hat man nach ein paar Wochen auch ohne konkrete Zahlen raus.

;D mabuse

1 Like

Cool danke :wink:

Deine Ausführungen über Kaffeeautomaten ekeln mich :wink: Es klingt für mich als interessierten Laien plausibel, dass der Kaffee nicht (lange genug) heiß genug ist, damit die Bakterien kaputt gehen.

Aber wie sieht es mit dem Bratenfett aus, das auch in der Sendung analysiert wurde? Dort wurden laut Labor Hefen gefunden.

Sind die Hefen so abgebrüht (sic!) dass sie 180°C heißes Frittierfett überleben? Oder nur die Sporen?

Hi,

Aber wie sieht es mit dem Bratenfett aus, das auch in der
Sendung analysiert wurde? Dort wurden laut Labor Hefen
gefunden.

Sind die Hefen so abgebrüht (sic!) dass sie 180°C heißes
Frittierfett überleben? Oder nur die Sporen?

Wohl weder die Hefen noch ihre Sporen, soweit diese überhaupt gebildet werden. Die Ascosporen der Hefen sind bei weitem nicht so hitzeresistent wie die bakteriellen Endosporen.

Erinnerst Du Dich, wann die Sendung genau gelaufen ist? Ich bin im Netz nicht eindeutig fündig geworden.

Freundliche Grüße

myrtillus

Hi,

{Adenosintriphosphat ist nur in intakten Zellen enthalten und
baut sich nach Beschädigung der Zelle bzw. nach Austreten
schnell ab. Daher empfiehlt sich die gleichzeitige Messung
seines Abbauproduktes AMP (Adenosinmonophosphat).}

Q:
http://www.microconservation.de/fileadmin/data/Downl…

Effektiv erwischt man mit der reinen ATP-Bestimmung nahezu
ausschließlich lebende Zellen.

danke. Das war die Information, die ich gesucht hatte.

So, jetzt muss ich hier noch weiteren eigenen Text eingeben, sonst ist das Zitat zu lang bzw. mein eigener Text zu kurz …

Schönes Wochenende

myrtillus

Erinnerst Du Dich, wann die Sendung genau gelaufen ist? Ich
bin im Netz nicht eindeutig fündig geworden.

http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/markt/Hygienem…

hei!

Sind die Hefen so abgebrüht (sic!) dass sie 180°C heißes Frittierfett überleben? Oder nur die Sporen?

Nein, definitiv nicht.
Grob gesagt gibt nur ganz, ganz wenige Viecher, die die 121°C, mit der in der Lebensmittelindustrie üblicherweise sterilisiert wird, überleben - und die spielen kaum eine Rolle bei Lebensmitteln. Und Hefen stehn das schon garnicht.

180°C heisses Frittierfett ist absolut steril - wenn da was drin gefunden wurde, ist es hinterher (nach dem Abkühlen) reingefallen. Oder das Labor hat geschlampt.

lg, mabuse