Ballade von J. W. v. Goethe

Es gibt eine Ballade von Goethe, „Ballade“ heißt sie. Diese handelt von einem fahrenden Sänger, der 2 Kindern ein Märchen erzählt, wobei zum Schluß heraus kommt, das er ihnen seine eigene Geschichte erzählt hat und sie beide seine Enkelkinder sind.

Ich möchte mehr über die Hintergründe dieser Ballade wissen:
zum Beispiel:
Hatte Goethe dazu eine historische Vorlage?
Gibt es Hinweise, welcher König da gemeint ist?
Schreibt er in irgendwelchen Briefen dazu Komentare?

Hallo!
Da würde ich empfehlen, mal einen Blick in den entsprechenden Band einer der großen Goethe-Ausgaben zu werfen (Münchner Ausgabe, Deutscher Klassiker-Verlag-Ausgabe). Im Kommentar ist da zu allen Werken ausführliches Material zu finden.


Einen schönen guten Abend erst einmal.

Ich möchte mehr über die Hintergründe dieser Ballade wissen:
zum Beispiel:
Hatte Goethe dazu eine historische Vorlage?

Er übernahm Motive - z.B. aus dem Decamerone und aus einer alten englischen Ballade (die er durch Thomas Percys Anthologie kennengelernt hatte).

Gibt es Hinweise, welcher König da gemeint ist?

Es handelt sich nicht um eine historische Gestalt. Der „rechtmäßige König“, der wiederkehrt um die Dinge wieder ins Lot zu bringen, ist ein Topos.

Schreibt er in irgendwelchen Briefen dazu Komentare?

Nicht „in irgendwelchen Briefen“, sondern 1821 in der von ihm selbst herausgegebenen Zeitschrift „Über Kunst und Altertum“, Band III.

Besorge Dir Band 1 der Hamburger Ausgabe (ISBN 978-3-406-08481-2 Buch anschauen) - z.B. in einer Bibliothek, notfalls über Fernleihe. Die ‚Ballade‘ mit Kommentar findest Du auf S. 290 ff.; Goethes eigene Erläuterungen dazu auf S. 400 ff.


Freundliche Grüße,
Ralf

Nur ergänzend noch die Bemerkung: Gegenüber Eckermann äußert Goethe am 16.12.1828, er habe den Stoff jahrzehntelang mit sich herum getragen.
Namentlich die (alt)schottische Ballade „The beggar’s daughter of Bednall Green“ sowie das Gedicht „Der Sänger und die Kinder“ lagen seiner Fassung zugrunde.
Siehe auch: Kommerell, Goethes Ballade vom vertriebenen und zurückkehrenden Grafen. Neue Rundschau 1936.
Freundlichen Gruß
KJ

Hallo KJ,
danke und * für den Titel der Ballade bei Percy (ich habe sie im Internet gefunden und konnte sie nun selbst lesen) und auch den Hinweis auf die Fundstelle bei Eckermann. Sehr ergiebig ist sie leider nicht - ich zitiere mal:

_Ein kurzer Besuch unterbrach unsere Unterhaltung; bald aber wieder allein gelassen, lenkte sich das Gespräch auf die Poesie, und ich erzählte Goethen, daß ich dieser Tage seine kleinen Gedichte wieder betrachtet und besonders bei zweien verweilet habe, bei der Ballade nämlich von den Kindern und dem Alten, und bei den ›Glücklichen Gatten‹.

»Ich halte auf diese beiden Gedichte selber etwas,« sagte Goethe, »wiewohl das deutsche Publikum bis jetzt nicht viel daraus hat machen können.«

»In der Ballade«, sagte ich, »ist ein sehr reicher Gegenstand in große Enge zusammengebracht, mittels aller poetischen Formen und Künste und Kunstgriffe, worunter ich besonders den hochschätze, daß das Vergangene der Geschichte den Kindern von dem Alten bis zu dem Punkt erzählt wird, wo die Gegenwart eintritt und das übrige sich vor unsern Augen entwickelte

»Ich habe die Ballade lange mit mir herumgetragen,« sagte Goethe, »ehe ich sie niederschrieb; es stecken Jahre von Nachdenken darin, und ich habe sie drei- bis viermal versucht, ehe sie mir so gelingen wollte, wie sie jetzt ist.«_

Die Abfassung selbst erstreckte sich auch über einige Jahre; der größte Teil stammt aus dem Jahr 1813, die letzten beiden Strophen von 1816. „Der Sänger und die Kinder“ ist allerdings keine Vorlage, sondern nur der ursprünglich von Goethe vorgesehene und dann verworfene Titel der ‚Ballade‘.

Um noch die genaue Fundstelle der Vorlage bei Boccaccio nachzutragen: es handelt sich um die achte Novelle des zweiten Tages, ‚Il conte d’Anguersa‘.

Freundliche Grüße,
Ralf