Barmbeker Britten

Hi,

als wir gestern den 85. Geburtstag eines Freundes gefeiert haben, tauchten zwei Ausdrücke auf, von denen ich gerne gewusst hätte, wo sie wohl herkommen.

Das eine ist der Ausdruck „Britten“ für Jugendliche, die ziemlich frech sind und viel Unfug machen. Ein Freund kannte den Ausdruck im Zusammenhang mit dem Hamburger Stadtteil Barmbek „Barmbeker Britten“. Der Ausdruck scheint synonym zu sein mit dem Ausdruck „Bagaluten“.

Der andere Ausdruck scheint nach Aussage des alten Freundes ausschließlich den Barmbeker vorbehalten gewesen zu sein „Barmbeker Basch“. Das sind Leute, die eher der Unterschicht angehören, viel auf die Beine stellen, teilweise auch kleinkriminell sind.

Weiß darüber jemand näheres?
Schöne Grüße
Burkhard

Lieber Burkhard,

schön, dass es mir vorbehalten bleibt, eine deiner Fragen zuerst beantworten zu dürfen. Zu beiden Anfragen habe ich in „An der Eck steiht’n Jung Mit’n Tüdelband - Hamburger Liederbuch Bd. 2 - Lexikon“ Hrsg. Jochen Wiegandt, Dölling und Galitz Verlag, 1. Aufl. 1993 Informationen gefunden, die ich hier gern weitergeben will:

  1. es heißt Barmbek-Basch

basch ist niederdeutsch und steht für grob und ungehobelt, derb und scharf. s.a. hier http://www.abendblatt.de/daten/2002/06/25/39645.html

Es gibt auch ein Lied, in dem es heißt:

Wi danzt Basch Barmbek
denn dat is dootschick

Leider kenne ich den Titel und kompletten Text nicht. Ich werde da bei Gelegenheit noch mal nachforschen.

  1. „Barmbeker Brieten“ heißt ein Lied mit folgendem Text:

In Barmbek hab’n wir’s geklaut
In Wandsbek hab’n wir’s verstaut
An der Alster blüht der Flieder
und in Fuhlsbüttel sehen wir uns wieder!

Refrain:
O welch eine Last für den Beamtenstand
sind wir Brieten aus dem Barmbeker Land.

Un de Schudel spricht
Schon wieder ein bekanntes Gesicht
Schon wieder einer von den alten
Von den Barmbeker Brieten Gestalten.

Refrain

Un de Everfohrer von den Schut
Sin Olsch hett allwedder negen Hot
Un he schall de Reknung betolen
For son Everfohrer is doch nix to holen.

Refrain

In Uhlenhorst het he stolen
In Barmbek hab se em versohlen
Am Dammtor blüht der Flieder
In Fuhlsbüttel sehen wir uns wieder.

Refrain

Briet kommt wohl nicht von british sondern aus dem Französischen von brute = roh, brutal, deswegen auch das lange i.

Der Begriff Briet ist nicht nur den Barmbekern vorbehalten sondern bezeichnet auch Rüpel, Frechdachse, Flegel, Rowdys, Halbstarke, Grobiane, Rohlinge, Lumpen, Arbeitsscheue, Eckensteher etc. (alles aus obiger Quelle) aus anderen Stadtteilen z.B. Hammerbrook.

Viele liebe Grüße

Fritz Muetz

Sehr schön, lieber Fritz,

bin ich froh, dass du das geschrieben hast. Ich bin mit meinen Wörterbüchern nicht weiter gekommen.

Nun aber noch ein paar Verständnisfragen, damit ich das auch richtig verstehe.

Un de Schudel spricht

Der Schudel ist wohl der Schupo, also der Schutzpolizist?!?

Un de Everfohrer von den Schut

Was ist eine „Everfohrer“? Überfahrer? Schiffsmann? Binnenschiffer?

Und was ist „Schut“? Eine Schute? Also ein Lastkahn ohne eigenen Antrieb?

In Fuhlsbüttel sehen wir uns wieder.

Das ist wohl ein bekannter Gefängnisort; so wie heute Stammheim oder Bruchsal.

Ich freue mich stets, wenn ich solche spezifischen Wörter kennen lerne.

Gruß Fritz

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Lieber Fritz,

Der Schudel ist wohl der Schupo, also der Schutzpolizist?!?

Da kann ich auch nur vermuten, dass „Schudel“ eine Zusammenziehung von Schutz und Udel ist. Udel oder Uhdel wurden wohl ursprünglich die Hamburger Nachtwächter (von Uhl = Eule) genannt, später dann uniformierte Respektspersonen allgemen und bis heute speziell noch vereinzelt von Älteren Hamburgern die Streifenpolizisten und die sogenannten Bünabes = die bürgernahen Beamten.

Un de Everfohrer von den Schut

Sorry, Tippfehler, muss heißen „von de Schut“, also weiblich

Was ist eine „Everfohrer“? Überfahrer? Schiffsmann?
Binnenschiffer?

Hat tatsächlich was mit Schiffen zu tun. Hochdeutsch Ewerfahrer, heißen eigentlich Ewerführer s. http://de.wikipedia.org/wiki/Ewerf%C3%BChrer, da findest du auch einen Hyperlink zu Schute.

Und was ist „Schut“? Eine Schute? Also ein Lastkahn ohne
eigenen Antrieb?

genau

In Fuhlsbüttel sehen wir uns wieder.

Das ist wohl ein bekannter Gefängnisort; so wie heute
Stammheim oder Bruchsal.

Stimmt auch. Fuhlsbüttel ist ein Hamburger Stadtteil, bekannt durch den Flughafen und das auch heute noch bestehende Gefängnis, das im Volksmund auch Santa Fu genannt wird.

Ich freue mich stets, wenn ich solche spezifischen Wörter
kennen lerne.

Gruß Fritz

Ebenfalls viele Grüße

Fritz

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Lieber Fritz,

Da kann ich auch nur vermuten, dass „Schudel“ eine Zusammenziehung von Schutz und Udel ist. Udel oder Uhdel wurden wohl ursprünglich die Hamburger Nachtwächter (von Uhl = Eule) genannt

Wieder was gelernt! :wink:

Hat tatsächlich was mit Schiffen zu tun. Hochdeutsch Ewerfahrer, heißen eigentlich Ewerführer

Oh, das wusste ich sogar schonmal. Der Ewer, ein eher nicht sehr hoch geschätztes Schiff. Ich kam aber nicht drauf, weil ich bei ever = über assoziierte, und bei Fohrer Fahrer und nicht Führer.

Gruß Fritz

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Lieber Herr Muetz,

eine solch formidable Recherchetätigkeit gehört mit einem satten Sternchen ordentlich belohnt!
Ich danke ganz ausgesprochen! Wer hätte das gedacht, dass man so schnell eine Antwort auf diese doch sehr spezielle Frage erhält.

Vielen Dank und Gruß an die Familie,
Burkhard

‚Da nicht für!‘,…
… wie wir in Hamburg sagen. :smile:

Buchtipp
Hallo Burkhard,

ich möchte dir noch folgendes Buch ans Herz legen:
ISBN 3831901902 Buch anschauen

Darin hättest du die Begriffe auch gefunden. Natürlich hat Fritz auch so alles richtig beantwortet.

Viele Grüße
Ultra