Batteriedauer Elektromagnet

Ob sich iwas bewegt ist erstmal komplett unrelevant. Der Grundaufbau zwischen Permanentmagnet und Elektromagnet soll identisch sein. Was dann durch die Bewegung passiert, möchte ja praktisch herausfinden.

Ich sehe an der Gleichung zur Berechnung der magnetischen Flussdichte eines Elektromagneten, dass es sich um einen Spezialfall handelt? Wenn ich das bei Google eingebe, bekomme ich immer die gleiche Formel ausgespuckt. Ist das nicht die Standard Formel für die Berechnung einer Spule? Wo genau ist das jetzt ein Spezialfall?
Elektromagnete und Permanentmagnete verhalten sich im Grunde exakt gleich, korrekt?
Wenn also die magnetische Flussdichte bei beiden identisch ist, dann sollten beide Magnete gleich stark sein, korrekt? Warum sollte das über die Formel nicht möglich sein?

„Experimente und theoretische Überlegungen zeigen, dass im Innenraum einer stromdurchflossenen langen, luftgefüllten Zylinderspule ein fast homogenes magnetisches Feld herrscht. Die magnetische Flussdichte im Innenraum dieser Zylinderspule lässt sich aus leicht messbaren Größen berechnen.“

„An den Enden der Zylinderspule ist die magnetische Flussdichte ungefähr halb so groß wie im Innenraum.“

https://www.leifiphysik.de/elektrizitaetslehre/stroeme-magnetisches-feld/grundwissen/magnetfeld-von-langen-zylinderspulen

Okay, eine neue Erkenntnis für mich. Wenn ich an den Polflächen, genau wie bei dem Permanentmagnet eine Flussdichte von 0,6 Tesla haben möchte, muss im Innenraum der Spule die doppelte Flussdichte sein.

Betrachten wir es mal so. Ich habe eine Zylinderspule mit einem Weicheisenkern mit folgenden Größen:

B = µo* µr* I * n/L

µo = 0,000001256
µr Eisen = 300
Stromstärke I = 0,2 A
Windungsanzahl n = 100
Spulenlänge L = 0,006 m

Ergebnis im Innenraum der Spule = 1,25 Tesla

Was genau bedeutet nun dieser Wert für euch? Was für eine Aussagekraft hat dieser Wert?

Nein. Das ist die Formel für einen speziellen Fall. Googeln ersetzt halt keine Grundausbildung.

Nein.
Übrigens ist „im Grunde“ und „exakt“ ein Widerspruch in sich.

Hast du denn eine lange, luftgefüllte Zylinderspule? Weißt du überhaupt, was darunter zu verstehen ist? Hast du eine Vorstellung davon, was ein magnetisches Feld ist und was mit diesem Feld passiert, wenn sich ein Objekt in diesem Feld befindet?

In dem Punkt muss ich mich korrigieren: Jeder mit elementaren Grundkentnissen über Magnetfelder sieht es.

Hallo @Muellermilch,
mit der Formel B = µo* µr* I * n/L rechnest du aus, wie groß die magnetische Flußdichte im Inneren einer Spule ist. Dabei gehen folgende Näherungen ein:

  • Die Spule ist dicht gewickelt, alle Drähte liegen dicht an dicht und sind kreisförmig (nicht spiralförmig auseinandergezogen).
  • Die Spule ist dünn, d.h., die Länge ist groß im Verhältnis zum Durchmesser. Dadurch spielen die offenen Enden im Innenraum keine Rolle.
  • Du betrachtest einen Punkt im Inneren, ziemlich in der Mitte, sodass der Einfluss der Enden keine Rolle spielt.
  • Die Spule ist komplett gefüllt mit einem Material mit Permeabilitätszahl µr.

Wenn das alles gegeben ist, dann befindet sich im Innenraum der Spule ein homogenes Magnetfeld mit der Flußdichte B, die du über diese Formel ausrechnen kannst.

Wenn alle diese Voraussetzungen weiterhin gelten, aber du den betrachteten Punkt genau auf die Stirnfläche der Spule verschiebst, dann bekommst du eine halb so große Flußdichte.

In deinem Fall gelten die genannten Näherungen aber alle nur teilweise. Der Innenraum ist nicht komplett mit Eisen gefüllt, du hast ja auch noch den Plastikzylinder, auf den du den Draht gewickelt hast. Die Wicklungen sind nicht gänzlich dicht, da du den Draht „so gut es geht“ von Hand gewickelt hast. Die Spule ist sicherlich nicht dünn, dem Bild nach sind Länge und Durchmesser ungefähr gleich groß. Das Magnetfeld ist also sicherlich nicht besonders homogen.

Zunächst teile ich deinen Wert durch 2, da du ja das Magnetfeld an der Stirnfläche benötigst, also 0.6T. Dann betrachte ich den berechneten Wert als eine Obergrenze. Wenn alle Idealisierungen der Formel erfüllt wären, dann betrüge die Flußdichte 0.6T. Tatsächlich gelten die Näherungen aber nicht oder nur eingeschränkt, sodass die Flußdichte kleiner ist.

Ich kann spontan nun auch nicht sagen, wie viel kleiner die Flußdichte tatsächlich ist. Am einfachsten wäre es, wenn du dir eine Hallsonde oder ein Telameter organisierst und nachmisst.

Für eine theoretische Betrachtung könntest du nach weiteren Formeln suchen. Es gibt z.B. eine Formel für das Magnetfeld einer kurzen, dicken Spule. Oder du verwendest die Formel für das Magnetfeld eines einzelnen Kreisstromes und addierst dann deine 100 Kreise. Dabei kannst du dann recht genau zu jedem Kreis den Abstand von der Stirnfläche einsetzen (läuft in gleichmäßigen Schritten von 0mm bis 6mm) und die verschiedenen Radien einsetzen. Du hast ja in der untersten Lage immer den gleichen Radius, in der zweiten Lage aber einen Drahtdurchmesser mehr, usw. Dann kannst du die so berechneten Werte vergleichen mit der einfachen Formel. Dadurch siehst du, welche Näherungen bei dir hinreichend gut erfüllt sind.

Liebe Grüße
vom Namenlosen

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Hallo @Der_Namenlose,

vielen Dank für deine kompetente und ausführliche Erklärung! Das hilft mir sehr!

Hallo @Muellermilch,
woher kommt die Formel, die du da oben in deiner Tabellenkalkulation verwendest? Und wozu benutzt du die eigentlich?
fragt
der Namenlose

Hallo @Der_Namenlose,

siehe hier: https://www.supermagnete.de/faq/Wie-berechnet-man-die-magnetische-Flussdichte

oder hier: https://www.ibsmagnet.de/knowledge/flussdichte.php

Ich wollte wissen wie die magnetische Flussdichte bei Magneten aussieht und wie sie sich bei bestimmten Abständen verändert. Überlicherweise werden Magnete ja nur in Newton angegeben.
Bei einer Polfläche von 50 mm² und eine magnetische Flussdichte von 0,634 Tesla kann der Magnet ca. 24,5 N halten.
So verstehe ich das jedenfalls.

Nun habe ich mir wirklich viel Mühe gegeben einen Elektromagneten so gut es ging mit den entsprechenden Bedingungen zu bauen. Es ist zwar nicht perfekt geworden, aber ich bin erstmal zufrieden.

  • Spule ist länger als Durchmesser (Durchmesser 8 - 10mm, Länge 12mm)
  • so dicht und kreisförmig gewickelt wie möglich
  • Spule direkt auf Kern gewickelt

Der Drahtdurchmesser beträgt nun 0,5 mm. Auf dem Kern sind 3 Lagen und insgesamt ca. 60 Windungen.

Ich bin nun wirklich gespannt was das Teil kann und wie nah ich an die Formel komme. Wie ich das allerdings mache, weiß ich selber noch nicht, da ich weder ein Labornetzteil noch ein Teslameter besitze und beides ziemlich teuer ist. Ich lasse mir aber was einfallen.

ist nicht mal ähnlich zu

Nicht? Also meines Erachtens ist 12 größer als 8 - 10. Wieviel größer die Länge als der Durchmesser sein sollte, ist nicht gegeben. Wieviel größer sollte sie denn mindestens sein, gibts da eine Faustformel für?

Ich habe mich nun doch entschieden, in ein Teslameter und Labornetzteil zu investieren.
Der Teslameter kostete ca. 85€ und das Labornetzteil ca. 55€.
Beides scheint super zu funktionieren.

Meine Magnete mit unterschiedlichen Größen haben eine Flussdichte von ca. 0,4 - 0,5 Tesla.
Laut den Herstellerangaben sollten die Magnete an den Polen eine Flussdichte von 0,6 Tesla haben. Ich denke die Abweichung entsteht aufgrund der Sonde. Laut der Berechnung (siehe hier: https://www.supermagnete.de/faq/Wie-berechnet-man-die-magnetische-Flussdichte)
komme ich auf die 0,4 - 0,5 Tesla bei einem Abstand von 0,5 mm. Das könnte also plausibel sein mit der Abweichung durch die Sonde. Falls ihr andere Erfahrungen habt, berichtet sie bitte.

Kommen wir nun zu meinem Elektromagnet. Ich bin ziemlich verblüfft und tatsächlich auch enttäuscht. Ich hätte wirklich nicht gedacht, dass es so schwer ist, einen Elektromagneten mit bestimmter Flussdichte zu bauen, der ansatzweise an die Formel kommt.
Ich würde gerne mal vergleichbare Elektromagnete sehen, die der Formel entsprechen.

Ich habe den Elektromagneten an das Netzteil mit 12V und 0,5A angeschlossen. Der Teslameter zeigte mir eine Flussdichte von 3 mT an! Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass mein Elektromagnet so unglaublich schwach sein soll. Es ist mir einfach ein Rätsel oder halt die Realität…

Hallo @Muellermilch,
vielleicht liefert dein Kern nicht die erwartete magnetische Verstärkung. Ich habe dir jetzt eine Formel herausgesucht: Eine Spule hat die Länge L, den Radius R und die Windungsdichte n (Windungen pro Meter) und den Stromfluss I. Dann tritt genau in der Mitte (also auf der Rotationsachse) aus der Stirnfläche der magnetische Fluss
B = mu_0 mu_r n I L / 2 / sqrt( L^2 + R^2 )
aus. In deinem Fall berechne ich alle drei Lagen einzeln. Dann ist
L = 12mm
n = 20/12mm
R_1 = 4mm
R_2 = 4.5mm
R_3 = 5mm
I = 0.5A
nL = 20
Für die drei Wurzeln schreibe ich
W_1 = sqrt( L^2 + R_1^2 )
W_2 = sqrt( L^2 + R_2^2 )
W_3 = sqrt( L^2 + R_3^2 )
Dann ist nL/2W_1 + nL/2W_2 + nL/2W_3 = 2.34/mm und
B = mu_0 mu_r I 2.34/mm = 1.5 mT mu_r.

Demnach würde dein Kern das Magnetfeld bloß verdoppeln, während du dir ja eine Verstärkung um Faktor 2000 erhofft hattest. Vielleicht kannst du einen Weg finden, dein Eisen zu testen?

PS. Weiter oben hatte der @anon76087543 geschimpft, dass deine Spule nicht dünn genug sei im Verhältnis zur Länge. Die Kritik lässt sich mit meiner Rechnung quantifizieren. Ich habe mit deinen Werten 2.34/mm ausgerechnet. Bei einer idealerweise „langen und dünnen“ Spule wäre der Faktor exakt 3 (nämlich Eins für jede Lage). Die Näherungsformel für lange dünne Spulen müsste also etwa 20% zu große Werte liefern.

Du hattest mal nach einer Faustformel gefragt, wann man diese Näherung B = mu n I/2 (mit n = N/L) und mu = mu_0 mu_r) verwenden darf. Die Antwort ist: rechne es selber aus! :slight_smile: In der Formel für kurze dicke Spulen steht nämlich der Faktor
L / sqrt(L^2+R^2). Wenn L sehr viel größer als R ist, dann steht unter der Wurzel fast nur noch L^2, die Wurzel hat also den Wert L und das kürzt sich gegen den Zähler weg, sodass der ganze Bruch den Wert 1 hat. Du setzt für deine Spule deine Werte für L und R ein und schaust, wie nahe du an 1 bist. Dann weißt du, wie gut die Näherung ist.

Liebe Grüße
vom Namenlosen

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Hallo @Der_Namenlose,

vielen Dank für deine Hilfe.

Die Formel verwirrt mich etwas. Wenn n die Windungsdichte ist, warum steht dann trotzdem noch mal ein L beim Zähler, das beißt sich doch. L und L kürzt sich weg und ich kann gleich N = Windungsanzahl:

B = mu_0 mu_r I N / 2 / sqrt( L^2 + R^2 )

schreiben. Warum ist das so?

Hmm, wie teste dich das? Also durch meine Magnete weiß ich, dass das Eisen stark anziehend ist. Das Eisen lässt sich auch nur schwer vom Magnet lösen.

Ich bin gerade dabei die Kritik anzunehmen und wirklich eine lange Spule zu bauen bzw. habe ich alles schon vorbereitet, muss halt „nur“ noch wickeln.
Geplant habe ich eine Länge von 3 cm und nur 1 Lage. Das sollten dann auch knapp 60 Windungen sein. Die Näherung liegt dann bei 0,99.

Hallo @Muellermilch,
du hast Recht, man kann das L herauskürzen. Die Verwendung von Länge L und Windungsdichte n komt aus der Herleitung der Näherung. Man berechnet zuerst das Mgnetfeld einer einzelnen Windung. Dann addiert man für die gesamte Spule die Beiträge aller N Windungen. Dabei muss man berücksichtigen, dass jede Windung ein bisschen (einen Drahtdurchmesser D) weiter vom Aufpunkt entfernt ist. Man hat also eine Summe über N Beiträge da stehen.

Darauf wendet man wieder eine Näherung an. Man lässt die Anzahl N der Windungen gegen unendlich gehen und den Durchmesser D des Drahtes gegen Null. Das ist ein kombinierter Grenzübergang, denn beide Größen gehen „gleich schnell“ gegen die genannten Grenzwerte, nämlich so, dass im Grenzübergang das Produkt DN konstant auf dem Wert L bleibt. Das heißt aber gerade, dass eine Spule mit unendlich vielen Windungen eines unendlich dünnen Drahtes mit konstanter Windungsdichte n betrachtet wird. Bei diesem Grenzübergang wird die endliche Summe zu einem Integral. Dieses wiederum kann man dann gut ausrechnen und erhält das Ergebnis, dass ich dir oben aufgeschrieben habe. Darin kann aber naturgemäß die Anzahl der Windungen nicht enthalten sein, weil sie bei der Herleitung ja als unendlich genähert wurde.

Im Nachhinein hofft man, dass bei einer endlichen Anzahl von Windungen eines dünnen Drahtes die Näherung von der Summe zum Integral gerechtfertigt ist. Wenn jemand daran Zweifel hat, dann rechnet er zum Vergleich halt auch einmal die Summe aus.

Liebe Grüße
vom Namenlosen

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In eine Summe hinein kürzen? Schon mal was von Klammerrechnung gehört?

Es wundert mich wirklich nicht, dass bei deinen Berechnungen nur Unsinn rauskommt.

Er meint den Teilterm n*I*L mit n=N/L. Der kürzt sich zu N*I.

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Ich habe nun die „lange“ Spule fertig gewickelt und gemessen:

Länge der Spule: 29mm
Wicklungen: 58
Drahtdurchmesser: 0,5mm

Mit der Formel für die lange Spule (B = µo* µr* I * N/L) komme ich auf etwa 1,25 mT ohne Betrachtung der Permeabilität des Eisens.

Mit der Formel von @Der_Namenlose (B = mu_0 mu_r n I L / 2 / sqrt( L^2 + R^2 )) komme ich auf etwa 0,6 mT ohne Betrachtung der Permeabilität des Eisens. Bitte mal prüfen, ob meine Rechnung stimmt.

Das Messergebnis liegt bei ca. 2,1 mT. Der Faktor der Permeabilität des Eisens liegt bei der 1. Formel bei knapp 2 und bei der 2. Formel bei 3 - 4. Das kann doch nicht sein oder? Liegt das Problem wirklich am Eisen?


Ich gehe eine bestimmte Strecke zu Fuß in 5 Min.
Mit dem Fahrrad brauche ich weniger als eine Minute.
Liegt das wirklich am Fahrrad?

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Lieber Bernd, ich mag zwar Sarkasmus, aber das ist eine ernst gemeinte Frage.
Falls du aufgepasst hast, benutze ich Reineisen/Weicheisen mit einer Qualität von 99,9%.
Wie kann es sein, dass dieses Eisen mir nicht die entsprechende Permeabilität bietet? Erkläre es mir bitte.