Hallo,
wir bauen aktuell mit einem Bauträger ein Haus und nachdem der Rohbau abgeschlossen war und wir die erste Rate bezahlt haben, sind nun die ersten Mängel beim Dach und bei den Fenstern aufgetreten. Da nun die nächste Rate gezahlt werden muss, stellt sich uns die Frage, wie wir nun reagieren. Ich habe eine Baumängelanzeige gemacht und nach zwei Wochen keine Rückmeldung.
Soll ich nun die zweite Rate trotzdem voll bezahlen oder einen Teil abziehen?
Darf ich jetzt schon Mängel anzeigen, obwohl der Bauträger seine Arbeit noch nicht abgeschlossen hat? Soll ich mit der gesamten Rate noch warten bis ich eine Rückmeldung bekomme oder habe ich dann ein Problem?
Vielen Dank, VG Thomas
Zunächst einmal müsste man den Vertrag kennen, der hierzu sicherlich Regelungen enthält. Du hast den Vertrag hoffentlich vor Unterschrift gelesen und verstanden, oder Dir von einem juristischen Fachmenschen entsprechend erklären lassen. D.h. eigentlich müsstest Du wissen, was jetzt zu tun ist. OK, soviel zur Theorie. Also bitte wenigstens jetzt den Vertrag lesen, verstehen/erklären lassen.
Häufig sind die dann im Vertrag gefundenen Regelungen allerdings rechtlich zumindest grenzwertig. Bei Bauträgern darf davon ausgegangen werden, dass die Verträge für eine Vielzahl von vergleichbaren Geschäften vorformuliert sind, und insoweit die recht strengen Regeln des AGB-Rechts für die Zulässigkeit gewisser Klauseln gelten. Insoweit sollte man sich zunächst durch die ein oder andere Klausel nicht abschrecken lassen, und die mal auf Zulässigkeit im Rahmen einer AGB-Prüfung abklopfen (lassen).
Abgesehen davon gibt es natürlich die pragmatische Lösung für den Fall drängender Zahlungsmeilensteine, zumal auch die Bauträger ihre eigenen Verträge oft nicht so genau kennen und durchsetzen, wenn man ihnen eindeutig gegenüber tritt. Daher Mängel immer sofort rügen, eine angemessene Frist zur Behebung setzen (dies zu bewerten ist nicht ganz einfach, starre 14 Tage sind je nach Mangel nicht ausreichend), und gleich ankündigen, dass man für den Fall fruchtlosen Fristablaufs einen Einbehalt auf die Rechnung vornehmen wird. Bei fruchtlosem Fristablauf dann Nachfrist setzen, und erneut auf den Zahlungseinbehalt hinweisen, und gleich auch schon mal eine Ersatzvornahme ankündigen. Dann den Zahlungseinbehalt durchziehen, und wenn spätestens das dann nicht zu geeigneten Reaktionen führt, die Ersatzvornahme durch einen Dritten beauftragen, was in der Theorie immer einfacher klingt, als es in der Praxis machbar ist. Insoweit spätestens bei einer solchen Zuspitzung dann die Geschichte an einen Anwalt übergeben.
Beim Zahlungseinbehalt muss man natürlich einen realistischen Einbehalt vornehmen, der jedoch nicht auf den Wert der Leistung nach Leistungsverzeichnis beschränkt ist. Es ist durchaus zulässig hier deutlich höher zu greifen, um die Mehrkosten einer Ersatzvornahme abzudecken, und entsprechenden Druck auszuüben. „In der Regel“ spricht das BGB hier vom Doppelten. D.h. im begründeten Fall kann es auch mal mehr werden.
Auf Grund meiner Erfahrungen „am Bau“ darf ich hinzufügen:
Wer es mit Bauträgern zu tun hat, der redet mit Leuten, die VOR dem Abschluss den Bau in den schillerndsten Farben loben, von Rundum-Sorglos-Paketen sprechen, vom Vorteil „alles aus einer Hand“ zu haben - und so weiter. Nach dem Vertragsschluss haben die selben Leute dann nur noch im Sinn:
- so viel wie möglich „Extras“ verkaufen
- die vereinbarten Inklusivleistungen hinsichtlich Umfang und Qualität kleinreden
- das alles so billig wie möglich durchführen zu lassen
Als Laie ist man da hilflos. Ich rate dazu, einen Bausachverständigen die Ausführung der Arbeiten kontrollieren zu lassen. Denn da, wo sonst ein von dir bezahlter Architekt die Ausführung in DEINEM Sinne überwacht, hast du nun einen Bauleiter, der vom Bauträger bezahlt wird und gerne mal beide Augen zudrückt.
Mängel bei der Gründung (Baugrundvorbereitung, Fundamente) kann man jetzt vielleicht noch sehen - die sind leider recht häufig, führen aber erst zu Undichtigkeiten, Setzrissen usw., wenn die Gewährleistungsfrist abgelaufen ist.
Ebenso stelle ich fest, dass immer noch mehr als die Hälfte aller Neubauten im Wohnungsbau grob fehlerhafte Erdungsanlagen haben - teilweise Erder, die gar nicht funktionieren oder nur auf dem Papier existieren.