Beamter um 1900 - 1910 in Bayern

Hallo zusammen,
kürzlich bekam ich einen „Zweispitz eines bayerischen Beamten“ der um 1900-1910 datiert wurde.
Trotz googeln, fand ich keine großen Infos zu meinen Fragen:

  • ab wann war man Beamter in der Zeit? Welchen Status hatte man inne?
  • welche Art „Uniform“ wurde zu solchen Stücken getragen?
  • war man nur Beamter nebenher und übte sonst einen normalen Beruf aus oder hatte man als Beamter einen bestimmte „Aufgabe“, z.B. Stadtverwaltung, Lehrer o.ä.

Danke für Eure Hilfe.
Unten ein Link zu einem solchen Beamtenzweispitz. Wenn er nicht funktioniert, nur bei Googlebilder-Suche „Zweispitz Beamter Bayern“ eingeben, dann kommen gleich Treffer zu einem solchen Stück.

https://www.google.de/search?q=zweispitz+beamter+bayern&source=lnms&tbm=isch&sa=X&ved=0CAkQ_AUoA2oVChMImsKm7vOoyAIVar1yCh3fxwLD&biw=1366&bih=606

Servus,

dieser Zweispitz gehört zur Uniform eines Kammerherrn (in Bayern auch: Kämmerer) am königlichen Hof. Andere Beamtenuniformen (Post, Zoll, Eisenbahn usw.) hatten um diese Zeit bereits die runde, flache Mütze mit oder ohne Schirm je nach Dienstrang.

Kammerherren waren Adlige, die wohl auch dienstliche Funktionen im Sinn von Sekretären und dergleichen hatten, aber im wesentlichen dafür da waren, um den König herumzuscharwenzeln, die notwendigen Formen und Formeln protokollgerecht zu beherrschen und durch den Glanz ihrer Namen denjenigen des Königs umso heller erscheinen zu lassen. So eine ähnliche Funktion (allerdings eines bürgerlichen Habenichts, der bei einem niedrigen Adligen angestellt ist) beschreibt Karl Valentin im „Spritzbrunnenaufdreher“.

Schöne Grüße

MM

Grüß Dich.
Danke für deine Info.
Kämmerer also. Aus dem gleichen Haushalt kam noch eine Pickelhaube.
Der Sohn des Besitzers war dann Apotheker.
Kämmerer war aber kein so angesehener Beruf, wenn ich mich nicht irre?

Servus,

Kammerherr zu sein, war kein Beruf, sondern ein Ehrentitel für Adlige.

Berufe auszuüben war eine Angelegenheit für Bürgerliche. Adlige hatten keinen Beruf, sondern Besitz.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

Einspruch, so einfach war das nun auch wieder nicht.

Kammerherren waren recht hoch angesiedelte Beamte ,teilweise standen sie an einigen Fürstenhöfen den Generalmajoren sogar im Rang vor.

Kammerherren gab es bei jedem Landesfürsten und natürlich beim Königs-bzw. Kaiserhof.

An den Königs-oder dem Kaiserhof hatten auch sie noch einen Vorgesetzten,nämlich den
Hofmarschall.
Ihnen selber unterstanden die Pagen und Junker zum Dienste für das jeweilige Fürstenpaar.

Ursprünglich war die Arbeit der Kammerherren tatsächlich mehr ein Zwischending von Leibwache und Diener, zu denen natürlich Fürsten nur ihre engsten Vertrauten (also andere Adlige) machten. Der Name Kammer leitet sich nämich von kamer(e) = Schlafgemach her.

Auch ihr Amtsabzeichen ,ein großer Stilisierter Schlüssel an einer Schärpe zur Uniform getragen nimmt auf die ursprüngliche Bedeutung rücksicht,nämlich der Schlüsselgewalt für den Fürstenhof.

In den deutschsprachigen Landen verkam dieses Amt jedoch ab dem 17.Jahrhundert zu einem rein representativem Amt.

Hallo,

da solltets du noch einmal in die Geschichte schauen

Berufe auszuüben war eine Angelegenheit für Bürgerliche. Adlige hatten keinen Beruf, sondern Besitz.

Adlige haben schon immer Berufe ausgeübt,meistens Kriegerische (Offiziere) aber später auch
normale. Der Arier- Nachweis ist ja nicht auf Adolf`s Mist gewachsen, sondern den haben die
Deutsche Adelsgenossenschaft (heute http://www.adelsrecht.de ) schon 1918 erfunden.

Servus,

umgekehrt: Außer Offizier und seiner unbewaffneten Form, Diplomat, gab es keine nennenswerte Berufstätigkeit im Adel. Wenn sich Adlige mit Kunst, Musik, Wissenschaft, Technik beschäftigten, diente das nicht dem Broterwerb und Lebensunterhalt. Selbst die persönliche Verwaltung der Grundbesitztümer kam erst im Lauf des 19. Jahrhunderts und auch dann ganz und gar nicht flächendeckend in Mode.

Schöne Grüße

MM

Servus,

auch vor dem 17. Jahrhundert wäre es einem König möglich gewesen, sich selbst einzuschenken und dafür keinen Mundschenk zu beschäftigen.

Dass sich nicht weit von 100 % der Bevölkerung selber anziehen konnten, spricht nicht dafür, dass ausgerechnet ihr qua Geburt angeblich bester Teil dazu nicht in der Lage gewesen wäre.

Schleppenträger, Perückenbewahrer, königliche Sockensortierer, Spritzbrunnenaufdreher, Aktentruhenschlüssellinksrumdreher, Steigbügelpolierer, Aktentruheschlüsselrechtsrumdrehassistenten usw. usw. sind allesamt Tätigkeiten, die erfunden wurden, um den offenbar Mehrfachbehinderten, der sich in ihrem Zentrum befand, umso wichtiger erscheinen zu lassen.

Schöne Grüße

MM