Bearer bonds - Inhaberobligationen

Hallo!
Es handelt sich - so steht es in meinem zu übersetzenden Text - um Wertpapiere, für die es genügt, sie im Besitz zu haben, um Geld dafür zu bekommen. Es scheint sich um einzelne Blätter zu handeln, jeweils im Wert von 500 000€

Ich habe mich gewundert, dass heutzutage so etwas noch in Papierform kursiert und natürlich habe ich gegoogelt:" Effektive Stücke. Wenn der Anleger die Anleihe in Papierform erhält, sind das effektive Stücke. Die Anleihe besteht aus Mantel und Bogen. Der Mantel ist die ­Urkunde, der Bogen enthält die Kupons." Wie es scheint, legen manche Leute Wert auf etwas Greifbares.

Es sind also keinesfalls einzelne Papierbögen? Und wie sieht der Druck aus? Auch heute noch so verschnörkelt, wie auf früheren Aktien? Bei der Bildersuche habe ich so schnell nicht feststellen können, ob auch moderne Papiere dabei sind.

Freue mich über Informationen.
Gruß,
Eva

Inhaberpapiere ist nichts Exotisches. Aktien sind auch meist Inhaberpapiere, ein typisches Inhaberpapier, das auch Hinz und Kunz kennt, ist ein (nicht Order-) Scheck, eine Banknote ist eigentlich auch ein Inhaberpapier. Heute schnippelt man allerdings nicht mehr mit der Kuponschere, sondern überlässt einer Depotbank , die Dividende zu kassieren und weiterzuleiten. Früher gab es in der Tresorräumen der Banken immer so Kabinen, in die man seine Kassette aus dem Schließfach trug, darin waren lediglich ein Tisch, ein Stuhl und eine Schere, zum Kuponschneiden. Ich weiß gar nicht, wann die Scheren irgendwann nicht mehr standardmäßig da waren, ich denke, das war so um die Jahrtausendwende. As times go by.

Na ja, in meinem Text werden solche im Wert von 50 Millionen Dollar in einem Aktenkoffer herumgeschleppt, von jemandem, der dafür erschossen wird :smile:
Ich muss nun die staunenden Augen der mehr oder weniger ehrlichen Finder beschreiben, die in den geöffneten Koffer starren, deshalb hätte ich gern gewusst, wie so was in Papierform aussieht. Es handelt sich anscheinend um Anteile an einer nicht ganz hasenreinen Firma mit Sitz in der Schweiz, und wer sie hat - die Papiere - ist quasi Besitzer dieser gesamten Firma.
Gruß,
Eva

Ich habe so etwas seit Jahren nicht mehr gesehen, inzwischen gibt es die Papierform ja auch nicht mehr (außer natürlich Altaktien usw.). Aussehen werden sie aber wie die die historischen, nur etwas weniger schnörkelig von der Optik.

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Anteile an einer Firma sind keine Inhaberbonds, sondern Aktien.

Und der auf der Aktie gedruckte Nennwert ist idR weit vom Börsenkurs oder Marktwert entfernt, nach oben oder unten.

Sofern man noch gültige gedruckte Aktien findet. Oder überhaupt solche mit einem Nennwert.

Ich kann nur wiedergeben, was im Roman beschrieben ist. Der (bestohlene) Besitzer der Papiere sag zu den Dieben: „Wenn Sie diese Papiere haben, sind Sie quasi Besitzer meiner Firma.“ Grob übersetzt: „Jedes dieser Papiere entspricht einem Besitzanteil (share of ownership) einer numbered company mit Sitz in der Schweiz. Im Grunde genommen sind Sie, solange sie diese Papiere haben, Besitzer einer meiner Firmen.“ Sie dienen, wird angedeutet, der Geldwäsche.

Aus Wikipedia:
„Eigentum an Inhaberschuldverschreibungen wird formlos durch Einigung und Übergabe nach den Regeln des sachenrechtlichen Erwerbs übertragen (§§ 929 ff. BGB). Die Legaldefinition des § 793 Abs. 1 Satz 1 BGB spricht davon, dass jeder Inhaber – sofern er zur Urkundenverfügung berechtigt ist – vom Schuldner die versprochene Leistung verlangen darf. Es besteht mithin eine gesetzliche Vermutung, dass der Besitzer einer Inhaberschuldverschreibung auch deren Eigentümer ist. Der Besitz des Papiers und die darin verbrieften Rechte sind so eng miteinander verbunden, dass der jeweilige Inhaber der Urkunde auch der Gläubiger des Ausstellers ist.“

Dann können es keine normalen „Bonds“ sein aber evtl. „Convertible Bonds“ („Wandelanleihen“) mit dem Recht in Aktien umzuwandeln.

In welcher Zeit spielt die Handlung und kannst Du bitte mal mehr Originaltext liefern?

Da ist nicht mehr Originaltext, die Papiere sind nur das Objekt, um das sich eine Krimihandlung entspinnt. Anscheinend sind die Dinger so gut wie Bargeld (siehe Wikipedia). Der Dieb will sie - natürlich mit Verlust, ist ja klar - an jemanden verscherbeln, der sie dann einlöst. Die Zeit ist heute.

Sorry, ich kann den Beitrag nicht mehr editieren :imp:

Originaltext, geht nicht, aus verschiedenen Gründen.
Die „bearer bonds“ (werden ausdrücklich so genannt) gehören der Yakuza. Sie steckt Gelder aus diversen kriminellen Unternehmungen in Anteilscheine (stock certificates) einer anonymen Firma mit nominellem Sitz in der Schweiz. „Nichts anderes als Geldwäsche.“ Nun hat ein Angestellter das Bündel Papiere in einem Koffer und flieht damit, um sie zu verkaufen und fünfzig Millionen Dollar reicher zu werden.
Mehr gibt der Text nicht her. Der Koffer ist nur Objekt der Begierde, um das sich eine Krimihandlung spinnt.

Kann es sein, daß es sich dabei nicht um eine anonyme Firma handelt, sondern schlicht und ergreifend um eine Aktiengesellschaft (franz.: Société Anonyme)? Auch wenn richtigerweise gesagt wurden, daß die meisten Aktien heute nicht mehr papierhaft kursieren, ist es natürlich jedem Emittenten freigestellt, die Nachteile in Kauf zu nehmen und Papieraktien zu emittieren. Im übrigen sollte man daran denken, daß mehr als reichlich Aktiengesellschaften gibt, deren Aktien nicht an einer Börse gehandelt werden. Da fallen die Nachteile dann mehr oder weniger weg.

So oder so sind bearer bonds definitiv keine Aktien und verkörpern damit auch keine Anteilsrechte. Bearer bonds sind Inhaberschuldverschreibungen. Da steht man dann als Übersetzer vor dem Problem, entweder Unsinn zu übersetzen oder die Geschichte zu verfremden. Leider hat man es immer wieder mit Autoren zu tun (gerade als Leser), die für eine Geschichte Halbwissen zusammenklauben, so daß die ganze Geschichte am Ende nicht mehr stimmig ist (und wenn es nur um Details geht; neulich las ich mal einen Krimi einer sehr erfolgreichen deutschen Autorin, bei der die ermittelnde Beamtin einen Revolver (und keine Pistole) mit sich herumtrug. Das kann man natürlich ignorieren oder sich darüber ärgern, daß die Autorin nicht mal so sehr in der Materie drin ist, daß sie nicht weiß, daß in Deutschland bei der Polizei keine Revolver eingesetzt werden).

Gruß
C.

Was mir gerade noch einfällt: kannst Du nicht über den Verlag oder direkt Kontakt mit dem Autor aufnehmen und ihn fragen, was er meint bzw. ob Du den Text an die Realität anpassen darfst?

„anonymous corporation“ und weiter hinten „numbered company“ (Antwort auf meine Frage bei dict.cc: „In a quick search, I couldn’t find a German-language term for ‚numbered company.‘ You can register a numbered company in Australia and Canada. But I didn’t come across a German term for such an Australian or Canadian company either.“)
Deshalb stehe ich bissl auf dem Schlauch. Ich werde wahrscheinlich ganz einfach vage bleiben und einfach „Wertpapiere“ schreiben, da kann sich jeder drunter vorstellen, was er mag. Werden vielleicht nicht ausgerechnet Finanzexperten das Buch lesen :smile: Ich brauche eben, damit die Handlung funktioniert, ein Bündel Papiere, die man ohne große Umstände versilbern kann.

Danke Dir und Gruß,
Eva

„numbered company“ (also z. B. „HRB 345 AG“): Dieses Firmierungsmodell gibt es so nicht in D. Allerdings findet man gelegentlich Firmen mit ähnlicher Bezeichnung, z. B. „Walsroder Platz Alpha GmbH“, wobei der Nachbar dann „Walsroder Platz Beta GmbH“ heißt. Aber bei diesen GmbHs gibt es natürlich keine Aktienanteile;-).

Vielleicht schreibst Du statt „Wertpapiere“ einfach „Anteilsscheine“.

Aber die kann man nicht einfach so zu Geld machen …? Bei Inhaberschuldverschreibungen muss man ja keinen Nachweis erbringen, dass sie einem rechtmäßig gehören. Du hast sie und kriegst Geld. Deshalb kann man sie - natürlich mit Verlust - unter der Hand verscherbeln und der neue Besitzer kann sie einwechseln. Bei Wertpapiere denkt der Leser vielleicht nur Wertpapier und macht sich, weil’s ihm mehr um die Krimihandlung geht, keine Gedanken über die Details.
Mal sehen. Ich muss eh noch einmal Korrektur lesen und bin dann mehr im Fluss, dann fällt einem besser auf, wo’s hakt.
Gruß,
Eva

Idee: Könnte der Autor gemeint haben, dass diese Inhaberschuldverschreibungen quasi das gesamte Firmenvermögen repräsentieren und man „nominell“ Inhaber der Firma ist? Der Roman spielt in USA, der Drahtzieher sitzt in Japan, die numbered company ist in der Schweiz. Könnte doch sein, dass das ein Weg wäre, große Vermögenswerte aus der Schweiz hinaus ins Ausland zu transportieren.
Sorry, wenn das albern klingt, bin völliger Laie auf dem Gebiet …
Gruß,
Eva

Per PN beantwortet. Danke für deine Hilfe!

Ich habe es so verstanden: Die Schweizer Firma, die „numbered company“, hat die „Wertpapiere“ (es sind keine Aktien) herausgegeben. Diese Wertpapiere zu bedienen (z. B. mit Zinsen zu bedienen und schlussendlich wieder zurückzunehmen) ist eine Zahlungsverpflichtung dieser Firma. Die Wertpapiere stehen also der Schweizer Firma als Fremdkapital (vulgo „Schulden“) zur Verfügung. Diese Betrachtung zeigt uns die Passivseite der Firmenbilanz (also „rechte Seite“), nicht die Aktivseite („linke Seite“), wo das Firmenvermögen abgebildet wird.

Der Inhaber der Wertpapiere könnte eine Person oder eine Firma sein. Als Firma würde man den Besitz dieser Wertpapiere als Vermögen in der Bilanz ausweisen. Die (nicht bilanzierungspflichtige) Privatperson hält einfach eine verbriefte Forderung an der Schweizer Firma, die zur irgendwann definierten Rückzahlung verpflichtet ist. Die Inhaberwertpapiere sind physisch übertragbar und transportabel. Sie können vorher also bei einem Schweizer Käufer gelegen haben, dann sind sie im Koffer durch die Welt gereist worden.

Nun zurück zur Macht dieser Wertpapiere: Aufgrund der Wertpapierbedingungen (das Kleingedruckte) oder aufgrund der aufgedruckten Fälligkeit können die Papiere fällig sein und die Schweizer Firma ist zur Rücknahme und Rückzahlung verpflichtet. Diese akute Zahlungsverpflichtung könnte die Liquiditätslage der Firma überfordern und damit einen Konkurs der Firma herbeiführen. Alternativ können die Wertpapiere durch Firmenvermögen besichert worden sein, also sog. „secured bonds“ oder „collateral bonds“. In diesem Fall könnte der Wertpapierinhaber anstelle der Rückzahlung bei Fälligkeit Zugriff auf die für die Besicherung bestimmten Vermögensgegenstände des Unternehmens haben. Sollten die für die Besicherung vorgesehenen Vermögensgegenstände nicht werthaltig genug sein, besteht eine „normale“ Schuld des Unternehmens. In beiden Fällen hat der Wertpapierinhaber also ganz schön viel Macht, auf die Unternehmensleitung einzuwirken oder man könnte auch fast sagen, die Macht der Firmenübernahme.

Nach diesem Ausflug in die Firmenbilanz bist Du nicht mehr Laie, sondern kannst Deine Übersetzung hoffentlich vorlagegerecht durchführen. Oder frage einfach nochmal nach.

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Großartig. Vielen Dank!
Gruß,
Eva