Beeren und Glyphosat

Mein Garten-Vorgänger hat bis vor drei Jahren an der Grundstücksgrenze Round Up benutzt, um Wildkraut zu ermorden.

Mir ist Glyphosat im Obstbau nicht bekannt. Wären Him- und andere Beeren auf diesen Flächen gesundheitlich bedenklich?

Jetzt habe ich erstmal Senf eingesät, Phacelia war nicht verfügbar. Steht das Mittel auch im Verdacht, Insekten zu töten, die Blüten besuchen (bzw. sie so zu schädigen, dass sie nicht zurück finden)?

BASF wird in USA zu hohen Strafen verurteilt wegen Gesundheitsschaden durch Glyphosat. Bezieht sich das nur auf eingeatmete Nebel oder auch auf vergiftete Pflanzen?

Die Geschichte rund um die Bewertung von Gesundheitsrisiken für die Verwender von Glyphosat liest sich wie ein Krimi, in dem sämtliche Klischees von Einflussnahmen interessierter Gruppen bedient werden.

Bei den Schadenersatzklagen ging es m.W. bislang nie um den Konsum von Lebensmitteln mit Glyphosat-Rückständen, sondern um die teils exzessiven und jahrelange Verwendung dieser Chemikalie.

Je nach Bodenart, Temperatur, Art der Bewirtschaftung, … wurde für Glyphosat eine Halbwertszeit von 1,2 bis 197 Tagen ermittelt - auf Ackerland betrug der Mittelwert 14 Tage, im Wald 30 - 60 Tage.

Was heißt das?
Nach drei Jahren ist bei einer Halbwertszeit von 30 Tagen zu erwarten, dass noch 0,01455 Milligramm Glyphosat in einem Boden vorhanden sind, in welchem zuvor 1 Tonne (1000 kg!) Glyphosat aufgebracht wurde. Bei einer Halbwertszeit von 60 Tagen wären es dagegen noch 3,8 Gramm.

Eine Garantie für die Unbedenklichkeit der vor drei Jahren zuletzt ausgebrachten Mengen wird dir keiner geben - ganz realistisch sollte man aber sagen:
Du hast dort Glyphosat in einer sehr geringen Menge - vielleicht sogar schon unter der Nachweisgrenze.
Dieses Mittel steht nach den Ergebnissen einiger Studien im Verdacht, bei langjähriger Aufnahme während des Versprühens Krebs zu verursachen. Andere Studien behaupten, dass diese Gefahr nicht nachgewiesen ist.

Ich würde deine Himbeeren essen, auch in großen Mengen.

6 Like

Geklagt haben Krebspatienten in den USA und auch Südamerika, die langjährig beruflich mit Pestiziden in der Landwirtschaft umgegangen sind. Sie haben mit Hilfe von Anwälten, die sie selbst nie hätten bezahlen können, Gerichte von einem Zusammenhang ihrer Erkrankung und dem Umgang mit Glyphosat überzeugen können. Interessant ist auch, dass Monsanto seit 30 Jahren Glyphosat verkauft hat, aber die Klagen erst angenommen wurden als die Firma Bayer Monsanto gekauft hatte.
Udo Becker

2 Like

Da habe ich mich vertan, Bayer war’s, nicht BASF.

Heißt das, gegen eine einheimische Firma (Monsanto) war die Klage nicht zulässig?

Nein.

Neonicotinoide sind eine völlig andere Wirkstoffgruppe als Glyphosat. Sie haben lediglich die Gemeinsamkeit, dass beide gespritzt oder gesprüht werden.

Schöne Grüße

MM

Was ist denn der Wirkstoff in der Umhüllung von Saatkörnern und was bedeutet das für Insekten?

Wenn Saatkörner umhüllt werden, heißt das Pillieren.

Wenn sie vor der Aussaat mit Pflanzenschutzmitteln behandelt werden (sichtbar an der Signalrot-Färbung), heißt das Beizen.

Pilliert wird je nach Saatgut unterschiedlich - mit Startdüngung, mit Fungiziden, teils (bei Zuckerrüben) auch mit Insektiziden.

Beizmittel gibt es bei den „klassischen“ Getreidearten mit verschiedenen Fungiziden, bei Mais und Raps auch mit Insektiziden. Die ersten Getreidebeizmittel, mit Quecksilbervebindungen, sind in Deutschland seit 1981 verboten.

Sowohl bei Beizmitteln als auch beim Pillieren werden teils Neonicotinoide eingesetzt. Daraus darf aber umgekehrt nicht geschlossen werden, dass pilliertes oder gebeiztes Saatgut mit Neonicotinoiden behandelt ist - es gibt noch viele andere Beizmittel, und pilliert wird auch ohne irgendwelche Pflanzenschutzmittel.

Schöne Grüße

MM

Nein, Udo äußert indirekt eine Vermutung. Er vermutet, dass Gerichte in den USA bei inländischen Firmen mehr Augen zudrücken als bei ausländischen . Ich könnte mir das auch vorstellen.
Achtung, dies wöre, sollte es stimmen, keinesfalls in Ordnung, hieße aber nicht, dass in den USA ein willkürliches juristisches Chaos herrscht.

Natürlich nicht. Wenn in den verschiedenen Instanzen oder zu verschiedenen Zeiten mal so, mal so vorgegangen wird, ist das kein Chaos, sondern eine Frage des Staates (USA) und finanziellen Einsatzes. Für Fachleute vermutlich gut kalkulierbar.

Wenn ich mich recht entsinne, berichtet der Film „Percy Schmeiser - David gegen Monsanto“ davon, dass ein kleiner Farmer keine Chance hat, gegen einen Konzern zu gewinnen. Erst die finanzielle Unterstützung machte ein Klage aussichtsreich.

In dem Film geht es aber nicht um Glyphosat, sondern um die Frage, ob es eine Patentverletzung ist, wenn genmanipulierte Pollen, vom Winde verweht, die eigenen Pflanzen heimsucht und „verseucht“. Monsanto hat Strafanzeige gestellt und vor Gericht (zunächst) Recht bekommen.

Zulässig sicher. Meine Vermutung ist: Die Firma Bayer hat es versäumt, im Kaufvertrag Monsanto eventuelle Risiken von Klagen im Zusammenhang mit Glyphosat auszuschließen und die Last solcher Risiken dem früheren Eigentümer Monsanto zuzuweisen. Diese vertraglichen Schwächen haben clevere Anwaltskanzleien erkannt und sehen ihre Chance. Die Chancen sind auch deshalb gewachsen, weil durch den Besitzerwechsel traditionell sehr viel Personal wechselt. Bayer hat womöglich nicht sehr viele Fachleute, die bei den gerichtlichen Befragungen noch kompetent und sicher antworten können. Da gibt es ja wahre Kreuzverhöre und unsichere Fachleute werden schnell von den gegnerischen Anwälten aufs Kreuz gelegt. Ich habe selbst Befragungen durch amerikanische Anwälte mitgemacht wenn auch nur solchen, die von der eigenen Firma beauftragt waren, aber selbst das Üben der Ernstsituation hat mir den Schweiß auf die Stirne getrieben und das obwohl in meiner Firma alles sauber gelaufen war.
Udo Becker

2 Like