Begrüßungsrituale in der Schule

HalLo!

Das hat bei mir und meinen Klassen eher damit zu tun, dass die
Begrüßung der offizielle Übergang von der Pause in den
Unterricht ist. Meiner Erfahrung nach werden die Klassen
deutlich ruhiger, wenn man Frei- und Lernzeit durch ein Ritual
voneinander trennt.

das ist in der Tat mal eine einleuchtende Erklärung. :smile:

So lernt man es ja auch in der Referendarausbildung.
Allerdings funktioniert es nicht, wenn man den Gruß ins Gebrüll hineinbrüllt. Erst muss Ruhe herrschen, und nach dem Gruß kann man leicht den dadurch erreichten Kontakt aufrechterhalten und - man verzeihe das Wort - „schlagartig“ mit dem Unterricht beginnen.
Das Grußritual kann also tatsächlich dem Gelingen der Stunde dienen.
H.

Freundschaft! :smile:

Einheitsschule in der DDR, 1950er und 190er

Vor der Stunde

2 Minuten vor Stundenbeginn ertönte das Vorklingeln. Die Schüler begaben sich auf ihre Plätze, packten ihre Sachen aus und beendeten so langsam ihre Gespräche.

Anfang der Unterrichtsstunde

Mit dem Klingeln stand der Lehrer immer (!!) pünktlich und ordentlich angezogen auf der Türschwelle. Die Zimmerlautstärke verstummte schlagartig, die Klasse erhob sich. Gerader Rücken, Körperspannung, Blick zur Tafel.

Der Lehrer trat ein, legte seine Sachen auf seinen Schreibtisch nieder, stellte sich mittig vor die Klasse und begrüßte uns preußisch-diszipliniert. Die konkrete Art der Begrüßung variierte unter den Lehrern und hatte in den 50ern politische Untertöne.

Die älteren, traditionellen Lehrer bevorzugten

„Guten Morgen Klasse!“ - Erwiderung „Guten Morgen, Herr/Fräulein/Frau Müller!“

Der Unterschied Fräulein-Frau spielte noch eine große Rolle. Nach um 10 morgens hieß es „Guten Tag!“. Einige Lehrer nannten auch die Stufe der Klasse oder begrüßten uns mit „Klassenkollektiv“.

Die jüngeren Lehrer und Neulehrer benutzen sozialistische Grußformeln: „Freundschaft!“ - „Freundschaft, Genosse Müller“. Auch hier wurde manchmal die preußische Tradition mit dem Sozialismus verbunden und dem „Genosse“ ein „Herr“, „Fräulein“ oder „Frau“ vorgestellt.

Die Klasse setzte sich nach Erlaubnis (!) des Lehrers („Setzt euch.“, „Setzen.“, „Nehmt Platz.“, „Laßt euch nieder.“) und der Unterricht begann. Wer etwas vergessen hatte, blieb stehen und berichtete dem Lehrer. Darauf möchte ich hier jetzt aber nicht eingehen.

Im Musikunterricht wurde zum Stundenanfang oftmals gesungen. Volkslieder, in den letzten Stunden kennengelernte Lieder, thematische Lieder, z.B. ein Frühlingslied wenn Frühlingsanfang war, und zu meiner Zeit durften wir noch hin und wieder die Nationalhymne der Deutschen Demokratischen Republik singen, und zwar alle 3 Stophen. (http://www.youtube.com/watch?v=DTV92wqYjfA)

Wir hatten in der 6. Klasse außerdem eine Musiklehrerin aus der Oberlausitz und die pflegte ihren Lokalpatriotismus, so daß wir oft die Hymne der Oberlausitz („Oberlausitz, geliebtes Heimatlied“, http://www.hollmann-olbersdorf.de/oberlausitz/) sangen. Zur Unterstützung des Russischunterrichts sangen wir auch manchmal die Nationalhymne der Sajus Sawjetskich Sozialistitscheskich Respubik. (http://www.youtube.com/watch?v=f3aDPF30TLM)

Von irgendwelchen ideologischen Kampfliedern blieben wir in der Oberschule eigentlich verschont.

Im Sportunterricht hieß es „Angetreten!“ und nach Vollendung der Formation „Guten Morgen und ein kräftiges Sport!“ - Entgegnung der Klasse ein lautes „Frei!!“ - „Abzählen!“. - „Eins, zwei, …“. Die Beendingung der Stunde erfolgte auf ähnliche Weise.

Im Geschichtsunterricht und besonders im Staatsbürgerkundeunterricht (ab Klasse 9) fand ein politischer Gruß statt. Beim Vorklingeln ging der Schüler, der in der entsprechenden Woche Tafel-, Karten- und Ordnungdienst hatte, nach vorne. Trat der Lehrer ein, wurde gemeldet „Genosse Müller, Schüler/Genosse Wagenknecht meldet, die Klasse ist zum Unterricht bereit. Die Schüler/Genossen Schandt und Hoffmann fehlen auf Grund von Krankheit und Sportverletzung.“ - „Danke. Klasse! Für Frieden und Sozialismus! Seid bereit.“ - „Immer bereit!“.

Der Flaggenappell, den es einige wenige Male im Jahr gab, war das Förmlichste in der Schule der DDR und lief ausschließlich formell und politisch ab.

Nach der Jugendweihe mit 14 Jahren änderten sich sämtliche Grußformeln der Lehrer zu den Schülern ausnahmslos vom Du zum Sie. Des weiteren wurden die Lehrer und der Direktor im Schulhaus immer höflich gegrüßt, z.B. mit „Freundschaft.“ oder „Guten Tag, Herr Müller.“ usw.

Wer nicht grüßte, bekam einen Heidenärger, da niemand solche Unhöflichkeiten duldete, wie z.B. ein Kind, das stumm an einem vorbeiläuft. Je nach Lehrer und Reputation des Schülers fiel die Standpauke unterschiedlich heftig aus. Häufte sich dieses Fehlverhalten, brachte es der Klassenleiter in den Elternabenden vor oder es erschien auf den Zeugnissen in der geschriebenen Gesamteinschätzung. Die Zensur für Betragen konnte ebenfalls betroffen sein.

Trat man in den Speisesaal der Schule ein, grüßte man die Köchinnen an der Durchreiche vor dem Entgegennehmen des Tellers mit „Mahlzeit.“ und sagte selbstverständlich „Danke.“.

Viele Grüße
reinerlein