Behinderung? Österr. erhöhte Familienbeihilfe

Hallo!

In Österreich kann eine erhöhte Familienbeihilfe beantragt werden, wenn ein Kind erheblich behindert ist.

Ist ein HIV+ Kind erheblich behindert und hat es Anspruch auf erhöhte Familienbeihilfe?
Ist zwingend ein ärztlich festgestellter Grad der Behinderung von 50% notwendig oder würden z.Bsp. auch … sagen wir mal… 40% reichen?

Wie (nicht von wem) wird in Ö überhaupt der Grad der Behinderung bestimmt? Hat jemand dazu einen hilfreichen Link?

Mit Grüßen
Simone

Hallo Simone,
als erheblich behindert gilt nach dem Wortlaut des Gesetzes (§ 8 Abs. 5 und 6 FLAG) ein Kind, bei dem eine nicht nur vorübergehende Funktionsbeeinträchtigung im körperlichen, geistigen oder psychischen Bereich oder in der Sinneswahrnehmung besteht. Als nicht nur vorübergehend gilt ein Zeitraum von voraussichtlich mehr als drei Jahren. Der Grad der Behinderung muss mindestens 50 vH betragen, soweit es sich nicht um ein Kind handelt, das voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen.
Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen Sachverständigengutachtens nachzuweisen. Die diesbezüglichen Kosten sind aus Mitteln des Ausgleichsfonds für Familienbeihilfen zu ersetzen. Ob ein HIV+ Kind erheblich behindert ist, wird daher in einem solchen Gutachten festzustellen sein.
Diese Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um eine Erhöhung der Kinderbeihilfe (um derzeit € 138,30, § 8 Abs. 4 FLAG) zu erlangen. Soviel ich weiss, wird diese 50%-Grenze strikt gehandhabt, eine „Toleranzgrenze“ wird nicht gewährt (es gibt dazu einschlägige Judikatur des Unabhängigen Finanzsenates).
Hier noch ein Link (samt Formular zum download): http://www.help.gv.at/Content.Node/122/Seite.1220300…
Grüße, Peter
PS: Für Kinder mit einem Grad der Behinderung unter 50% gibt es steuerliche Freibeträge und die Anerkennung außergewöhnlicher Belastungen ohne Selbstbehalt, das wäre im Zuge der Einkommensteuererklärung bzw. der Arbeitnehmerveranlagung geltend zu machen.
Grüße, Peter

Hallo Peter,

Der Grad der Behinderung oder die voraussichtlich dauernde
Unfähigkeit, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, ist
durch eine Bescheinigung des Bundesamtes für Soziales und
Behindertenwesen auf Grund eines ärztlichen
Sachverständigengutachtens nachzuweisen.

Nehmen wir einmal an so ein Sachverständigengutachten wäre erstellt worden.
Gesamtgrad der Behinderung 40%, voraussichtlich mehr als drei Jahre anhaltend, vorausichtlich nicht dauernd anhaltend außerstande sich den Unterhalt selbst zu verschaffen.

Es handelt sich bei HIV nach derzeitig medizinischen Stand um eine unheilbare, chronische Erkrankung. Eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes ist zu erwarten und wahrscheinlich.
Was mich irritieren würde (bei einem HIV+ Kind im Grundschulalter) ist dieser Satz:
„vorausichtlich nicht dauernd anhaltend außerstande, sich den Unterhalt selbst zu verschaffen.“

Angenommen, jemand wäre dauernd anhaltend außerstande, sich den Lebensunterhalt selbst zu verschaffen, hätte das Einfluss auf
a) den Grad der Behinderung?
b) den Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe?

  • Macht es Sinn und ist es überhaupt möglich den Grad der Behinderung innerhalb
    von 2 Monaten durch einen ärztlichen Sachverständigen neu begutachten zu lassen (mit neuen ärztlichen Befunden, z.Bsp. vom Kinder-und Jugendpsychiater)?
  • Würden für eine Mutter direkte Kosten anfallen?
  • Wenn die Berufungsfrist in z.Bsp. 17 Tagen ablaufen würde, sollte man Berufung jetzt schon einlegen mit der Begründung, dass der Grad der Behinderung neu begutachtet wird oder beantragt man die erhöhte Familienbeihilfe dann neu, wenn sich der Grad der Behinderung verändert hat?

PS: Für Kinder mit einem Grad der Behinderung unter 50% gibt
es steuerliche Freibeträge und die Anerkennung
außergewöhnlicher Belastungen ohne Selbstbehalt, das wäre im
Zuge der Einkommensteuererklärung bzw. der
Arbeitnehmerveranlagung geltend zu machen.

Sorry, ich muss einmal ganz dumm nachfragen: Eine Arbeitnehmerveranlagung wird aber nur von Berufstätigen gemacht, oder? Eine z. Bsp. in Trennung lebende Mutter ohne Arbeitsverhältnis macht normalerweise keine? Somit könnte diese auch keine steuerlichen Freibeträge geltend machen (wie z.Bsp. Kosten für Diätverpflegung.)

Vielen Dank!
Simone

Hallo Simone!

Nehmen wir einmal an so ein Sachverständigengutachten wäre
erstellt worden.
Gesamtgrad der Behinderung 40%, voraussichtlich mehr als drei
Jahre anhaltend, vorausichtlich nicht dauernd anhaltend
außerstande sich den Unterhalt selbst zu verschaffen.

Dann liegt meines Erachtens keine erhebliche Behinderung im Sinne des § 8 FLAG vor.

Angenommen, jemand wäre dauernd anhaltend außerstande, sich
den Lebensunterhalt selbst zu verschaffen, hätte das Einfluss
auf
a) den Grad der Behinderung?
b) den Antrag auf erhöhte Familienbeihilfe?

Wenn das Kind voraussichtlich dauernd außerstande ist, sich selbst den Unterhalt zu verschaffen, kommt es auf den Grad der Behinderung nicht an.

  • Macht es Sinn und ist es überhaupt möglich den Grad der
    Behinderung innerhalb
    von 2 Monaten durch einen ärztlichen Sachverständigen neu
    begutachten zu lassen (mit neuen ärztlichen Befunden,
    z.Bsp. vom Kinder-und Jugendpsychiater)?

Möglich müsste es sein. Ob es Sinn macht, lässt sich hier ohne genaue Kenntnis des konkreten Falles nicht seriös beantworten. Letztlich müsste der Arzt abschätzen können, ob eine neuerliche Begutachtung voraussichtlich eine Änderung der Beurteilung mit sich bringt.

  • Wenn die Berufungsfrist in z.Bsp. 17 Tagen ablaufen würde,
    sollte man Berufung jetzt schon einlegen mit der Begründung,
    dass der Grad der Behinderung neu begutachtet wird oder
    beantragt man die erhöhte Familienbeihilfe dann neu, wenn sich
    der Grad der Behinderung verändert hat?

Auch das lässt sich so allgemein nicht sagen. Es wird aber vermutlich nicht viel bringen, jetzt eine Berufung einzubringen, wenn ein neuerliches Gutachten (das eine relevante Änderung des festgestellten Grades der Behinderung ergeben muss) erst in ein paar Jahren sinnvoll ist.

Sorry, ich muss einmal ganz dumm nachfragen: Eine
Arbeitnehmerveranlagung wird aber nur von Berufstätigen
gemacht, oder? Eine z. Bsp. in Trennung lebende Mutter ohne
Arbeitsverhältnis macht normalerweise keine? Somit könnte
diese auch keine steuerlichen Freibeträge geltend machen (wie
z.Bsp. Kosten für Diätverpflegung.)

Würde ich auch so sehen. Die Mutter könnte aber unter Umständen die „Negativsteuer“ in Anspruch nehmen: besteht bei Bezug von Familienbeihilfe für mindestens ein Kind Anspruch auf den Alleinverdiener- oder den Alleinerzieherabsetzbetrag, wird die errechnete „Negativsteuer“ bis zur Höhe des Absetzbetrages ausgezahlt. Die Auszahlung der „Negativsteuer“ ist auch dann möglich, wenn keine steuerpflichtigen Einkünfte bezogen wurden.
http://formulare.bmf.gv.at/service/formulare/Inter-S…
Man sollte sich mit solchen steuerlichen Angelegenheiten aber jedenfalls an das zuständige Finanzamt oder an die jeweilige Landesstelle des Bundesamtes für Soziales und Behindertenwesen wenden, vielleicht gibt es noch weitere Möglichkeiten.
http://bmf.gv.at
http://www.bundessozialamt.gv.at/
Grüße, Peter
PS: Ich bin kein Experte für dieses Rechtsgebiet, ich kann hier nur nach bestem Wissen und Gewissen meine Privatmeinung zum Besten geben.

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