Beileidsbrief formulieren

Moin,
zwei meiner Schüler haben ihre Eltern innerhalb weniger Wochen verloren.
Ich würde den beiden gerne privaten Nachhilfeunterricht anbieten, aber mir fehlen die Worte.
Ich sitze vor dem leeren Blatt des Briefes. Wer kann mir helfen?

Tilli
P.S. Wer spenden möchte: https://www.gofundme.com/f/unterstutzung-fur-lenja-und-sebastian?lang=de_DE&utm_campaign=fp_sharesheet&utm_medium=customer&utm_source=whatsapp

Darf ich fragen, bist du ihr Lehrer und möchtest ihnen Nachhilfe in deinen Fächern anbieten?

Zu deiner Frage:
Ja, das ist nicht leicht. Schreib ihnen etwas Freundliches, Kurzes, ohne sie zu bedrängen. Keine Ratschläge, kein billigen Trost, eher sachlich als zu emotional.

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Ja, genau. Es hat sich nicht ergeben, dass ich sie weiter unterrichten konnte. Aber ich kann es halt gut und sie verstehen, was ich erkläre.

Wenn sie weiter in deine Schule gehen, würde ich damit sehr vorsichtig sein. Man könnte annehmen, dass du sie bevorteilst (weil du vielleicht weißt, was der Kollege in seiner Klassenarbeit abfragt).
Ich weiß, dass du so gar nicht denkst, aber es könnten Probleme entstehen. Besser wäre das im Rahmen einer offiziellen Nachhilfestunde in der Schule.

Ansonsten: Wollen die beiden Nachhilfe? Haben sie überhaupt gerade den Kopf dafür? Werden sie gerade bombadiert von gutgemeinten Anfragen?
Gibt es einen Erziehungsberechtigten, dem du schreiben könntest?
In jedem Fall: Nur anbieten, nicht drängen!

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Ich bin nicht mehr an der Schule.

Ich kann mir vorstellen, dass sie das Angebot annehmen. Wenn nicht, ist es auch okay. Aber danke für den Rat- ich werde explizit schreiben, dass ich als Freundin helfe.

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Dein Impuls ist ja super. Vielleicht unterstützt es sie!
Wir Lehrer - bin auch einer - müssen halt gut aufpassen, privates und berufliches nicht zu mischen. Aber das ehrliche Engagement sollte auch nicht drunter leiden.

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Ja, Mist.
Ich habe selber bereits Formulierungshilfen von ChatGTP bekommen können, hier einmal das, was diese KI vorschlägt. Bitte, nur eine Anregung, nur eine Hilfe.

Liebe [Namen der Kinder]

mit großer Betroffenheit habe ich vom tragischen Verlust Eurer Eltern erfahren. In dieser schweren Zeit fehlen oft die richtigen Worte, um auszudrücken, was man fühlt. Ich möchte Euch jedoch wissen lassen, dass ich in Gedanken bei Euch bin und Euch von Herzen mein tiefes Mitgefühl ausspreche.

Es ist sicherlich eine sehr schwierige Zeit für Euch, und ich kann mir vorstellen, dass viele Herausforderungen auf Euch zukommen. Neben all dem Schmerz, den Ihr jetzt durchlebt, möchte ich Euch eine kleine Unterstützung anbieten, wo ich kann.

Falls Ihr in der kommenden Zeit Hilfe bei Euren schulischen Aufgaben benötigt, stehe ich Euch gerne zur Seite. Ich würde Euch gerne Nachhilfe anbieten – wann immer Ihr sie braucht und in welchem Fach auch immer Unterstützung notwendig ist. Diese Unterstützung soll Euch dabei helfen, den schulischen Alltag ein Stück weit leichter zu bewältigen.

Ihr könnt Euch jederzeit bei mir melden, wenn Ihr meine Hilfe benötigt. Ich möchte für Euch da sein, nicht nur als Nachhilfelehrer, sondern auch als Mensch, der in dieser schweren Zeit an Eurer Seite steht.

Ich wünsche Euch viel Kraft und hoffe, dass Ihr Menschen um Euch habt, die Euch unterstützen und Trost spenden.

Mit stillem Gruß,
[Dein Name]

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Zunächst einmal Hochachtung, dass Du die wirklich schwierige Herausforderung annimmst und nicht einfach eine vorgedrungen Karte mit dem üblichen Bla Bla schicken willst, das gerade Kindern und Jugendlichen ganz sicher nicht gerecht wird. Insbesondere nicht in einer so furchtbar dramatischen Situation. Es geht hier ja nicht nur um einen Todesfall in der Familie, sondern um existentielle und unmittelbare, lebensverändernde Folgen für die Betroffenen. Insoweit noch mehr Hochachtung, dass Du hier ganz persönlich helfen möchtest. Du musst Dir aber im Klaren sein, dass es in so einer Situation nicht bei Nachhilfe bleiben kann und wird. Das persönliche Drama der Kinder wird gerade im Anfang immer in allem und jedem mitschwingen, egal wen es da sonst noch geben mag, der den Kindern ggf. persönlich näher steht, und dass so eine Sache sehr langwierig werden kann. Sowohl im Sinne von zu leistender Unterstützung als auch im Sinne von sehr befriedigender und schöner, bleibender Freundschaft.
Man sagt mir nach, dass ich ganz gut darin wäre, Trauerbriefe und -reden zu schreiben (habe für meine Frau früher einige geschrieben). Aber das Drama hier, ist wirklich herausfordernd. Daher will ich Dir hier auch nichts vorschreiben. Das muss aus Deinem Herzen kommen und Du musst da selbst mit ganzem Herzen hinter stehen. Aber ich kann Dir natürlich Ansatzpunkte geben, mit denen ich auch immer beginnen, mit so einem Thema zu nähern. Welche persönlichen Erinnerungen hast Du an die Eltern, gerade auch in Bezug auf ihr Verhältnis zu ihren Kinder? Man kann dann gut aus der Ich-Perspektive schreiben, wie positiv man die Eltern und ihr Verhältnis zu den Kindern wahrgenommen hat, und was für eine wertvolle Erfahrung und Erinnerung dies für Dich ist und auch für die Kinder ist und sein wird. Da kann man gut mit konkreten Beispielen arbeiten. Dann kann man auf die Dramatik der aktuellen Situation eingehen, Verständnis und Mitleid dafür zeigen, was dies für die Kinder bedeutet und welche Unsicherheiten, Ängste und Lebensveränderungen dies mit sich bringt, die langfristige Auswirkungen haben werden. Und dann kann man zum persönlichen Angebot konkreter Unterstützung kommen, bei dem man nicht vergessen sollte, dass man sich der Tatsache bewusst ist, dass diese Hilfe nur ein kleines Puzzleteil ist. Dann kann noch darauf hinweisen, dass sich die Kinder nicht verpflichtet fühlen sollen dieses Angebot anzunehmen, selbst bestimmen können, welche konkrete Unterstützung sie haben wollen, und eine telefonische Kontaktaufnahme in zwei Wochen ankündigen.

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Der Brief ist ganz ordentlich. Aber ich finde die Vorstellung ganz entsetzlich, als Trauender lauter ChatGPT-Briefe von meinem Umfeld zu bekommen, also nichts wirklich Persönliches (auch wenn da und dort Sätze gestrichen oder einzelne Wörter geändert wären). Tausendmal lieber selbst geschriebene Briefe mit etwas ungelenk geschriebenen Zeilen aus dem persönlichen Wortschatz des jeweiligen Individuums, kein reingewaschenes Maschinen-Mischmasch!

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Ja, unbedingt richtig.
Daher schrieb ich auch, dass man das nur als Anregung betrachten solle. Vielleicht mag man darin eine Formulierung finden, die man um- und einbauen möchte.

Ich finde es legitim, sowas als „Starter“ zu benutzen, wenn man in so einer Situation ist:

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Als ich ein Kind verloren habe, hat mir jemand geschrieben: „There is no armour against fate“.
Das fand ich damals tröstlich.

Aber ich habe ja noch Zeit. Ich denke, ich werde in ein paar Wochen schreiben. Aktuell wird bestimmt keiner einen Kopf für Schule haben.

Vielen Dank erstmal.

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Vielleicht so.

„Vor etwa 20 Jahren habe ich ein Baby verloren. Gestorben noch im Mutterbauch.
Daraufhin erhielt ich eine Reihe von Briefen und Karten und in einer stand: „There ist no armour against fate“. Gegen das Schicksal gibt es keine Rüstung.
Die Zeile kommt aus einem Gedicht namens „The Glories of Our Blood and State“ von James Shirley, aber das tut eigentlich nichts zur Sache.
Für mich war das damals der tröstlichste Satz. Der Preis der Liebe ist der Schmerz bei Verlust. Da beißt die Maus keinen Faden ab.
Aber jede Medaille hat zwei Seiten, das ist mir damals auch klar geworden. Unter anderem: Ich war nicht alleine. Nicht mit dem Schicksal und auch sonst nicht.
So wie ich es aus der Ferne sehe, seid auch ihr trotz allem behütet und getragen.
Als ehemalige Lehrerin kann ich euch als kleinen eigenen Beitrag anbieten, euch Fragen zu Chemie und Biologie bzw. Abschlussarbeiten zu helfen. Als Freundin, nicht als Lehrerin.
Wann immer ihr mögt: schreibt mir einfach unter
. Auch wenn ihr erst in einem Jahr oder später eine Frage habt: Ich werde versuchen, sie zu beantworten.“

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Ich auch. Aber ich befürchte, dass viele Menschen (nicht du) dann doch denken „Ach, klingt doch super, selber denken ist anstrengend, ich lass es einfach so“. Ich traue den Menschen so im allgemeinen inzwischen nicht mehr viel zu…

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und das ist ohne Weiteres daran zu erkennen, dass es mit etwa zwanzig Prozent des Volumens der Wortwolken auskommt, die ChatGTP in den Raum bläst. Die klingen so falsch und verlogen wie eine Trauerrede am Grab eines Honoratioren, bei dem letztlich jeder froh ist, dass er nicht mehr ist, und bei dem man nur so tun muss, als sei sein Tod ein Verlust, weil es sich eben so gehört-

Für diese Art von Falschheit hat man im zweiten Lebensjahrzehnt eine sehr gute Antenne!

Schöne Grüße

MM

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Hallo,

also ich möchte dir eigentlich nicht reinreden, hätte aber doch ein paar Anmerkungen zu deinem Brief:

Bei der Aufteilung mit den Absätzen bin ich mir nicht ganz sicher, vielleicht liegt das aber auch nur an der Darstellung im Forum.

"Vor etwa 20 Jahren habe ich ein Baby verloren. Gestorben noch im Mutterbauch."
Das tut mir sehr leid für dich. Dennoch geht es nicht um dich und deine Trauer und je nach Leser könnte das so aufgefasst werden als ob du beide Situation miteinander vergleichst und nun meinst zu wissen wie sie sich fühlen. Ich würde das aber auch nicht komplett weglassen, sondern eher oberflächlich schreiben, also eher sowas wie:
„Vor einiger Zeit erlitt auch ich einen schweren Verlust.“
Ich denke damit wird das was du ausdrücken wolltest klar, ohne dass es zu sehr heraussticht.

", aber das tut eigentlich nichts zur Sache."
Wenn du als Schreiber das so siehst und auch noch reinschreibst, würde ich mich als Leser wundern warum du es dann nicht einfach weglässt. Wenn du der Meinung bist dass der restliche Satz da stehen sollte dann lass ihn stehen und lass das Ende weg. Wobei ich allerdings denke dass das Gedicht selber weniger von Interesse ist aber auf jeden Fall der Autor erwähnt werden sollte. Du könntest ihn auch z.B. etwas dezenter im vorherigen Absatz unterbringen:
„Daraufhin erhielt ich eine Reihe von Briefen und Karten und in einer stand ein Zitat von James Shirley:“
oder
„Daraufhin erhielt ich eine Reihe von Briefen und Karten und in einer stand ein Satz aus einem Gedicht von James Shirley:“

"Da beißt die Maus keinen Faden ab."
Puh, das ist schwierig. Je nach Personenkreis bzw. regionalem Sprachgebrauch kann ich mir vorstellen dass solche Floskeln absolut normal sind. Falls das so sein sollte, ignorier einfach den Rest den ich schreibe.
Das soll auf keinen Fall gegen dich gehen und es trifft auch nicht ganz exakt das was ich meine, ich weiß aber leider nicht wie ich das besser begründen/ausdrücken soll: Die Floskel macht für mich, vor allem in Kombination mit der vorherigen, meiner Meinung nach melancholischen Aussage, den Eindruck als ob die Aussage relativiert werden soll indem die Situation mit einem blöden Witz aufgelockert wird.
Wie gesagt ist das nur mein persönlicher Eindruck wenn ich das lese und ich weiß nicht ob das in deinem Umfeld anders aufgefasst wird.

Gruß
Tobias

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Mache ich ja auch. Es waren meine SuS. Ich unterrichte Bio; die Mutter hat ihre Krankheit nie tabuisiert. Dein Vorschlag ist sicher gut, aber in dieser Situation nicht passend. Denn ein mythisches „schwerer Verlust“ lenkt die Aufmerksamkeit zu sehr zu mir.

Das ergibt sich daraus, dass ich sie nicht in Deutsch unterrichtet habe und wir da unsere Scherze hatten.

Nein. Ich finde es sehr aufschlußreich und interessant. Vielen Dank.

Servus,

es gibt auch Liebe gratis, ohne Preis.

Grade eben hab ich gegenüber meiner Gattin die Verse zitiert, die meiner Großmutter wunschgemäß auf den Grabstein geschrieben wurden (nicht im Wortlaut, bloß die Stelle) - ausgerechnet der große Schulmeister Paulus, der sonst nicht müde wurde, gestrenge Anweisungen zu geben, wer wann was zu tun und zu lassen habe, schreibt am Ende seines Briefs an die Gemeinde zu Rom etwas, was ich recht oft in Beileidsschreiben zitiert habe - auch wenn sämtliche Empfänger wussten, dass ich mit dem Christentum insgesamt nicht mehr so schrecklich viel am Hut habe:

Röm 8, 38-39 in der Fassung der Elberfelder:

38 Denn ich bin überzeugt, dass weder Tod noch Leben, weder Engel noch Gewalten, weder Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch Mächte,
39 weder Höhe noch Tiefe, noch irgendein anderes Geschöpf uns wird scheiden können von der Liebe Gottes, die in Christus Jesus ist, unserem Herrn.

Schöne Grüße

MM

Ich denke, dass sind zwei Paar Schuhe. Die beiden wissen sicherlich, dass ihre Eltern sie für immer lieben (gehe ich mal von aus), aber das mildert wohl kaum den Schmerz, jetzt alleine zu sein.
Meinst du, Christen gelingt es, diese Worte derart zur verinnerlichen, dass sie nicht traurig sind, wenn jemand stirbt? Oder habe ich das falsch verstanden?

Servus,

ich meine, dass es allen lebenden Liebenden gelingen kann, Liebe (gegebene und genommene - falls diese Kategorien überhaupt einen Sinn haben) als etwas zu erleben, das keinen Preis hat.

Wenn man sich auf sie verlässt, besteht Liebe immer weiter, und sie verschwindet auch nicht mit dem Tod eines geliebten Menschen.

Schöne Grüße

MM

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