Wenn einer den Schluss zieht: „Mein Präsident spricht so und so, also darf ich XY töten“, dann ist das schon ein ziemlich unlogischer Schluss.
Logisch wäre doch wohl: „Mein Präsident spricht so und so, also spreche ich auch so und so“.
ich finde diese Erklärungen wie die unten zitierte („he was carrying out marching orders“) einfach arg läppisch.
Unbestritten trägt ein Trump neben anderen massiv bei zu diesem Klima, in denen eine Tat wie die von El Paso (und auch die kleineren Anschläge ähnlichen Hintergrunds) stattfindet.
Aber dieses „alles wegen Trump“ hat keinen Erklärungswert.
Da könnte man genauso sagen, Obamas formvollendeter Drohnenkrieg habe den US-Amerikanern gezeigt, wie man Feinde gezielt und cool tötet - der Präsident als unser oberster real-life Ego-Shooter quasi.
Zu billig.
Erstens behauptet keiner, das Trump alleine Schuld hätte. Ich gebe ihm aber eine gewisse Teilschuld, die dadurch noch schwerer wirkt, dass er eben nicht einfach irgendeine Berühmtheit oder Politiker sondern als POTUS der mächtigste Mann der Welt ist. Die einfache Wahrheit, dass seine Worte Menschen beeinflussen und er dadurch eine direkte Mitschuld trägt, ist ihm zuzumuten. Die weltweite Kritik an ihm an seiner Rhetorik kommt nicht von ungefähr…
Zweitens sehe ich überhaupt kein Problem dabei, einerseits die Verantwortung einzelner Personen aufzuzeigen und gleichzeitig die Ursache(n) zu suchen. Die Republikaner stürzen sich ja jetzt auf die Computerspiele, weil der Schütze „Call of Duty“ in seinem Manifest erwähnt hat. Dass er DT ebenfalls erwähnt hat, scheinen sie bequemerweise auszublenden.
Ich kann mich nur wiederholen: um zu verstehen, wovon die Rede ist, wenn Trump von immer mehr Leuten als Mitverursacher solcher Amokläufe bezeichnet wird, hilft es ungemein, sich die Tweets des Mannes regelmäßig durchzulesen und auch die Kommentare dazu.
Einfachste Botschaften, Herabsetzung, Beschimpfung und Beleidigung von Personen und Institutionen, die nicht seiner Meinung oder gar gegen ihn sind, die permanente Glorifizierung seiner Person, Verdrehung von Sachverhalten (so feierte er sich jüngst dafür, daß die Zahl der Lebensmittelmarkenempfänger auf einem 10 Jahres-Tiefststand liegt, was aber darauf zurückgeht, daß er 750.000 Menschen von diesen abgeklemmt hat), Beleidigungen als Tatsachenbehauptungen über Mexikaner, Schwarze, Moslems, das Leugnen der Kompetenz aller Institutionen und Politiker, die nicht seiner Meinung oder gar gegen ihn sind - 30% Selbstbeweihräucherung, 50% Lügen und 50% Haß (es gibt Überschneidungen). Das ist das, was der Präsident der Vereinigten Staaten von sich gibt. Und das ist es, was von knapp 63 Millionen Menschen gelesen wird.
Und was dort auch implizit steht:
keine Kompromisse bzw. nur wer bei seiner Position verharrt, gewinnt
das Recht liegt beim Stärksten
Hartes Durchgreifen, auch unter Zuhilfenahme von Gewalt, ist in allen Lebenslagen das Mittel der Wahl.
Jeder, der seine Interessen nicht hart und entschlossen vertritt (auch gerne mit Gewalt, siehe oben), ist ein Schwächling, der verlieren - ja untergehen - wird.
Diese Verrohung der politischen Sprache und Kultur bleibt nicht ohne Folgen. Neulich las ich von einer Untersuchung, daß sich die Sprache Politiker aller politischen Richtungen in den letzten drei Jahren verändert hat. Es wäre schon erstaunlich, wenn diese Entwicklung auf die politische Kaste beschränkt geblieben wäre.
Du hast an sich recht, hier zu differenzieren.
Ich glaube aber, dass wir bei den meisten Anschlägen immer diese „Mischformen“ feststellen müssen.
Ich meine, eine Neurechter, der eine „ethnisch homogene Gesellschaft“ herbeimorden will (da kann man jetzt wohl ganz grob die im UP Genannten einordnen), bei dem sind das doch genauso „gesellschaftliche motivierte Taten“ wie bei der RAF, und ein entsprechendes gesellschaftliches Umfeld (dieses aufgehetzt Klima, an dem Trump mitwirkt) ist auch vorhanden.
Ähnlich bei den „islamistischen Anschlägen“, die nur teilweise mit Religion zu tun haben.
Ja, das finde ich sehr einleuchtend.
Ich glaube aber, dass es recht komplex ist zu benennen, auf welcher Welle wir gerade treiben.
Auf einer recht gespalteten Welle jedenfalls aus meiner Sicht.
Und wohl nicht klar und deutlich auf einer rechten oder einer linken Welle, selbst wenn man der links/rechts-Differenzierung noch was abgewinnen will.
Wobei es einfach nicht stimmt, dass AfD, FPÖ, Lega, FN usw. Parteien der Dummen und schlecht Ausgebildeten sind.
Die haben andere Raster, die viel mehr im Vordergrund stehen: männlich, ländlich, mittleres Alter.
Da will ich gar nicht widersprechen. Aber so ganz grundsätzlich sind die Linken (wenn man jetzt mal von den „Autonomen“ absieht, die m.E. i.W. auf Krawall aus sind und weniger konkrete Ziele haben) tendenziell menschenliebend; selbst die Morde der RAF geschahen ja mit der Idee, den Menschen eine bessere Gesellschaft bescheren zu wollen und die Mordopfer waren allesamt das personifizierte Hindernis auf diesem Weg. Für organisierte linke Gewalt gegen Personengruppen (außer Polizei) scheint derzeit aber nicht die Zeit zu sein. Kommt vielleicht aber auch wieder (siehe Klimademagogen).
Das stimmt wohl, aber die Frage ist ja, wo die Gewaltbereiten gesellschaftlich und wirtschaftlich stehen und das sind eben nicht die Euroskeptiker und die Leute, die rational zu nach einer Partei jenseits der schwarz-rot-gelben Mitte suchen.
Sehr gern; hat Spaß gemacht, sich dazu ein paar Gedanken zu machen.
Ich kenne diese Stoßrichtung seiner Tweets an sich schon (und hab im anderen Thread übrigens auch klar geschrieben, dass sich Trump oft faschistischer Sprachmuster bedient; es ist also nicht so, dass ich das ständig kleinreden würde).
Der Punkt ist aber der, dass dieser Übergang Sprache->Tat nicht so simpel ist.
Mit ganz gleichem Recht wie „der Täter wurde von Trump inspiriert“ könnte man mutmaßen, er hat es gemacht, weil er nicht mehr daran geglaubt hat, dass seine politische Hoffnung Trump die Mauer- und Rückführungspläne umsetzen und der Hispanisierung der USA etwas entgegen setzen können, weil ihm alles blockiert wird.
Ergo müss er es nun selbst in die Hand nehmen …
Implizit steht auch bei jedem Klimaaktivisten, der in Foren darüber phantasiert, dass die Erde ja ohne Menschen ganz viel besser dran wäre, ein Aufruf, ein paar Menschen abzuknallen.
Tut aber keiner.
Oder die Deutschland-verrecke-Sager.
Keiner setzt sie in eine Mordtat um.
Und das ist eben meine Frage, ob - und ggfalls. warum- die Rechtsextremen (und die Islamisten) besonders anfällig für diesen Übergang extreme Sprache bzw. Hass -> Gewalt sind?
(Meine These: ja, sind sie, weil sie reaktionär sind, d.h. „auf verlorenem Posten“ stehen)
Das behauptet ja auch niemand. Menschliches Verhalten ist selten einfach so, daß auf eine Aktion unausweichlich eine bestimmte Reaktion folgt. Der eine denkt sich bei Trumps Tweets „was für ein Idiot“ und kehrt dann an seine Tagesverrichtungen zurück, ein anderer twittert einen Kommentar und der nächste macht wieder etwas anderes. Auf manche wirken diese Tweets aber eben so, daß sie nach und nach Schranken einreißen und am Ende etwas höchst unerfreuliches dabei herauskommt.
Am ehesten erschließen sich die Ungeheuerlichkeit seines Verhaltens und die möglichen Auswirkungen auf die Gesellschaft und Einzelpersonen vielleicht, wenn man sich im Vergleich dazu mal die Tweets von Obama anschaut. Eigenlob, Haß, Zwietracht, Abwertung von anderen, die die eigene Meinung und Ansicht nicht teilen vs. Positivismus, Dankbarkeit, Lob und Wertschätzung andererseits. Bei Obama käme man nie auf den Gedanken, daß der andere zu Wahnsinnstaten anstachelt, bei Trump hat man das Gefühl, man ist Zuschauer eines Irren, der nur Negatives (mal abgesehen von seiner Sicht auf sich selbst) in sich trägt und auf andere ausstrahlt.
Aber so ähnlich vereinfacht (nicht ganz so sehr, denn dass „unausweichlich“ daneben ist, leuchtet ja jedem ein) wirds doch politisch gebraucht. Ob jetzt von den Demokraten im Wahlkampf gegen Trump oder von den deutschen Parteien bis weit in die CDU hinein nach der Ermordung Lübckes gegen die AfD.
Stets die Phantasie, da draußen wären irgendwelchen hirnlosen Zombies, die tun, was Politiker sagen.
Stimmt natürlich.
Der Professor-Politiker Obama hat sein Amt von vorn herein völlig anders angelegt als der Unternehmer-Entertainer-Politiker Trump.
Bei ihm klafften Sprechen und Tun meilenweit auseinander (übrigens auch was sein Tun an der Grenze zu Mexiko betrifft).
Ein Ergebnis: nach ihm wurde ein totaler Außenseiter Trump mit seinem radikalen anti-Washington-Programm Präsident und beinahe hätte er sich sich dabei im presidential race mit dem Partei-Außenseiter Sanders darin überbieten müssen, wer stärker anti-Washington ist
Eine politische Bankrott-Situation.
Obama war eine Station dieser Polarisierung, die wir heute vorfinden, und die wir lächerlicherweise Trump anlasten, obwohl er v.a. deren Symptom ist.
Ich finde, dass Trumps größere Kongruenz zwischen Sprechen und Tun (ungeachtet seiner furchtbaren Großmauligkeit) ein Schritt aus der Krise sein könnte.
(Das alles heißt übrigens nicht, dass ich Obama nicht mögen würde. Im Gegenteil, ich würde mir wünschen, dass er wieder etwas präsenter wäre in der öffentlichen Diskussion.)
Imho war Obama wirkte Obama für diese Polarisierung wie ein Brandbeschleuniger. Die GOP ist noch immer einer Partei der alten, reichen, weißen Männer und so ziemlich alle Präsidenten vor Obama entsprachen diesem Bild, egal von welcher Partei. Obamas Präsidentschaft führte dazu, dass Rassismus in den höchsten Kreisen mehr oder weniger salonfähig gemacht wurde (Birther) und der GOP hat es gezeigt, dass die demographische Entwicklung gegen sie läuft. Jetzt sucht man halt das Heil in der Flucht und versucht um jeden Preis die eigene Wählerschaft zu mobilisieren. Dass die übrige Wählerschaft dabei auf der Strecke bleibt, wird billigend in Kauf genommen.
Den größten Unterschied zwischen Trump und Obama hat man ja jetzt nach den Schießereien gesehen. Von Obama kommt ein langer FB Text, in dem er an die besten Eigenschaften Amerikas appelliert.
Trump geht am selben Tag golfen, nutzt die Anschläge für Angriffe auf die Medien und spricht der falschen Stadt sein Beileid aus.
Yepp.
Das ist ein beträchtlicher Teil der Wahrheit, aber diese gesellschaftliche Polarisierung ist sicher nicht nur das „Projekt“ der Republikaner, und die „rassistische“ Bruchlinie ist nur eine von mehreren.
Ein Teil liegt auch in Obamas Präsidentschaft selbst begründet, d.h. ist durchaus auch politischer Natur:: https://www.washingtonpost.com/opinions/why-is-obama-worsening-our-nations-polarization/2011/10/13/gIQA3cfViL_story.html
Obama ist es auch inhaltlich nicht gelungen, auf die republikanischen Wähler zuzugehen, sondern hat sich von denen entfernt wie noch kein Präsident vor ihm in der jüngeren Geschichte. Ob er eine Chance gehabt hätte, ist für mich sehr fraglich, aber es bleibt halt, dass er das glatte Gegenteil eines Versöhners war:
Ja, der Unterschied im Stil ist so dermaßen groß wie wahrscheinlich noch bei keinem Vorgänger-Nachfolger-Paar.
Auch das zeigt m.E. gut, wie tief der Riss des Landes ist.
Die Frage ist hier aber schon, wer sich von wem entfernte. Klar stand Obama für eine Politik, die in Vielem der GOP diametral entgegenstand. Aber es blieb eben (meistens) bei der Politik (zumindest von seiner Seite). Trump hingegen greift Widersacher auf einer persönlichen Ebene an und das in einer Frequenz und Art und Weise, die es so noch nie gegeben hat. Obama mag auf seine Gegner nicht zugekommen sein, Trump tut aber dafür alles, damit die Distanz möglichst groß wird. Das ist imho ein wichtiger Unterschied.
Imho ist das mehr als nur die Frage des ‚Stils‘ (wobei ich Trump grundsätzlich so etwas wie ‚Stil‘ abspreche). Trump ist ein Egomane der imho gar nicht in der Lage ist, sich in jemand anderen zu versetzen. Es ist ihm völlig egal, wie seine Worte oder Handlungen ankommen und dass er jetzt genau das (eigentlich mehr!) tut, was er zuvor an Obama massiv kritisierte. Wir sprechen hier von dem Mann, der am Tag von 9/11 öffentlich damit angab, dass sein Trump Tower jetzt wieder das höchste Gebäude in New York war und sich jetzt zum Ersthelfer stilisiert. Ich halte ihm aber zugute, dass er es vermutlich selber glaubt.
Du hast an anderer Stelle geschrieben, dass du hier keinen Irren siehst. Das liegt aber imho eher daran, dass es im seinen Umfeld immer wieder Leute gibt, die sich ihm direkt widersetzen. Mir ist das, was ich von ihm sehe und höre eigentlich irre genug.
Prinzipiell ja, aber ich fürchte, das wirds nur schwierige Antworten darauf geben.
Völlig klar, das ist ein fundamentaler Unterschied.
Der Effekt ist aber so ziemlich der gleiche, denn viel weiter kann die verlinkte Schere auch unter Trump nicht mehr auseinander gehen.