Hallo Jörg!
Je weniger Jacken abgesetzt werden, desto exclusiverer dürfte
das Produkt sein.
Das erscheint mir aber betriebswirtschaftlich nicht sinnvoll
Die Strategie kann sehr erfolgreich sein. Dir würde es sicherlich auch viel mehr Spaß machen, eine Jacke für 1.000 € zu verkaufen, statt Dich mit 10 Kunden abzusabbeln, um jedem eine Jacke für 100 € über den Tresen zu reichen. Der Witz ist doch der: Bei Massenware wird am Einzelstück nicht viel verdient. Dagegen ist der hohe Preis bei Edelsachen gerade eines der (unausgesprochenen) Verkaufsargumente. Da wird schon mal ganz hart mit 5, manchmal auch mit 10 kalkuliert. Aber nicht etwa 5% oder 10%, sondern Faktor 5 oder 10 auf den Einkaufspreis. Muss man auch haben. Schließlich muss das Wasser für den Kaffee bezahlt werden, den die Leute während ihres Edel-Shoppings gereicht bekommen.
Würde Porsche seine Verkaufspreise wie Opel kalkulieren, könnten sie den Laden bald schließen. Wer will schon so ein schrecklich unpraktisches Auto haben. Das ist verkäuflich, weil es so teuer ist, dass es sich nicht jeder leisten kann. Nur ganz am Rand steht dabei das Auto als Fortbewegungsmittel. Verkauft wird Image. Das ist mit vielen Produkten ähnlich. Was will man mit einer Rolex? Die Zeit zeigt jede billige Quarzzwiebel aus Fernost viel genauer an. Aber die kostet nur einen Zehner und taugt deshalb so gar nicht als Statussymbol.
Ein Erlebnis, an dem man erkennt, wie Menschen ticken, wie Verkauf funktioniert: Als junger Ingenieur entwickelte ich ein Messgerät, das mit seinen Daten, seinem hochwertigem Aufbau, im Design und im Bedienungskomfort einsame Spitze war. Es gab mehrere kleine, aber nur einen einzigen ernst zu nehmenden Wettbewerber, einen Platzhirschen aus den USA, der aber meinem Gerät technisch nicht das Wasser reichen konnte. Ich hatte ganz naiv kalkuliert und kam mit 2.000 DM Verkaufspreis gut zurecht. Das Gerät aus den USA kostete 20.000 DM! Zu meinem Entsetzen verkaufte ich kein einziges Gerät. Es kostete mich wirtschaftlich nur deshalb nicht Kopf und Kragen, weil mich ein branchenfremder Kaufmann gerade noch rechtzeitig auf meinen Fehler aufmerksam machte. Er riet mir, die Preise drastisch zu erhöhen und teurer als der technisch schlechtere Wettbewerber zu verkaufen. Ich hatte nichts mehr zu verlieren und folgte dem Rat. Von da an lief der Verkauf! Die Lehre werde ich nie vergessen. Und im Existenzgründerbrett schreibe ich immer wieder: Weg von der Billigschiene! Sei gut und verkaufe teuer!
Gruß
Wolfgang