Berechnung Urlaub für unterjährig eingestellte

Hallo zusammen,

mir raucht der Kopf, weil ich es irgendwie nicht schaffe, folgenden Sachverhalt eindeutig beantwortet im Netz zu finden.

Es geht um den Anspruch auf Urlaubstage.
Gegeben sei: AG unterliegt keinem Tarifvertrag. Für die AN gelten „nur“ die gesetzlichen Bestimmungen. Kein AN hat eine Teilzeitstelle, alle arbeiten 5 Tage pro Woche. Zur Einfachheit sei angenommen, dass die AN 30 Tage Urlaubsanspruch pro Jahr laut Arbeitsvertrag haben.

Frage: Unter welchen Umständen erwerben die AN welchen Urlaubsanspruch?

Klar ist: jemand, der vom 01.01.2024 im Unternehmen ist und bis zum 31.12.2024 bleibt, hat den vollen Anspruch auf die 30 Tage.

Wie sieht es aus, wenn jemand am 01.03.2024 anfängt?

Oder am 15.03.2024?

Oder am 01.07.2024?

Oder am 01.09.2024?

Zu viele Erklärer im Internet lassen sich über die üblichen Regelungen in Tarifverträgen aus. Oder sie beschäftigen sich ellenlang mit Teilzeitbeschäftigten. Aber sowas schnödes wie Vollzeitbeschäftigte, die unterjährig ins Unternehmen kommen, werden (für mich) nicht deutlich genug behandelt. Und die Formulierungen im BUrlG sind für mich zu sehr verklausuliert. (Ja, es liegt an mir.)

Mein konkretes Problem: mal heißt es, man erwirbt für jeden vollen Monat ein Zwölftel des Gesamturlaubes. Also der Einsteiger vom 01.03. 10/12. Der Einsteiger vom 15.03. aber nur 9/12. Richtig? Aber mal verstehe ich die Ausführungen aus so, dass, wer vor dem 01.07.2024 eintritt den gesamten Urlaubsanspruch nach einer Wartezeit von einem halben Jahr erwirbt. Demnach hätten der Einsteiger vom 01.03. 30 Tage Anspruch ab dem 01.09. und der Einsteiger vom 15.03. ab dem 01.10…

Was habe ich richtig verstanden, was falsch? Ich hoffe auf eine eindeutige, zweifelsausräumende Erklärung.

Vielen Dank im Voraus
Pierre

Hallo @Pierre,

ich gebe Dir recht, daß einige wichtige Passagen im BUrlG sehr unglücklich formuliert sind und deswegen zu Mißverständnissen führen können.
Alle Berechnungen im Urlaubsrecht basieren auf Tagen - unabhängig von der täglichen Stundenzahl.
Außerdem gehe ich davon aus, daß sich Deine Frage auf ein unbefristetes Arbeitsverhältnis bezieht

Im Prinzip hast Du mit der Interpretation von § 4 und § 5 Abs. 1 Lit a) BUrlG recht:
https://www.gesetze-im-internet.de/burlg/__4.html
https://www.gesetze-im-internet.de/burlg/__5.html

Wird das Arbeitsverhältnis vor dem 01.07. eines Jahres begonnen, entsteht mit Ablauf der Wartezeit der volle Urlaubsanspruch für das gesamte Kalenderjahr (ErfK, Gallner, § 5 BUrlG Rn 6). Dann spielt die Frage

keine Rolle

Falsch

Wird das Arbeitsverhältnis ab dem 01.07. begonnen, wird gezwölftelt. Dabei spielt die genaue Formulierung des Arbeitsbeginns schon eine Rolle. Überschlaue AG lassen ein Arbeitsverhältnis nicht allgemein am Monatsersten (= in der Regel 0:00 Uhr) beginnen, sondern evtl. am ersten Arbeitstag (der zB wegen Wochenende oder Feiertag nicht zwingend der Monatserste sein muß) oder aber am Monatsersten, aber erst zur Uhrzeit der Arbeitsaufnahme. In all diesen Fällen spart ein AG schon einen vollen Monat iSd § 5 Abs. 1 BUrlG

„Wartezeit“ iSd § 4 bedeutet auch, daß ein AG in dieser Zeit keinen Urlaub gewähren muß (ErfK, Gallner, § 4 BUrlG Rn 1)

Die Aufrundungsregel des § 5 Abs. 2 BUrlG ist zwingend. Viele AG übersehen aber, daß der Gesetzgeber keine Abrundungsregel erlassen hat. Deswegen müssen Bruchteile kleiner als 0,5 „spitz“ als frei gewährt werden, sie dürfen auch ausnahmsweise abgegolten werden. (ErfK, Gallner, § 5 Rn 21 mit Verweis auf BAG vom 26.1.1989).

Der Zusatzurlaub für Schwerbehinderte gem. § 208 SGB IX berechnet sich bei unterjährigem Beginn des Arbeitsverhältnisses nach denselben Regeln wie der gesetzliche Anspruch (BAG vom 21.2.1995).
Zu beachten ist allerdings, daß zum einen bei einer unterjährig festgestellten Schwerbehinderteneigenschaft immer gezwölftelt wird gem. § 208 Abs. 2 SGB IX.
Zum anderen sind bei Zwölftelung beide Ansprüche immer getrennt zu berechnen und ggfs. zu runden.

Alle Klarheiten beseitigt?

&tschüß
Wolfgang

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Fast. Ich danke Dir für Deine sehr guten Ausführungen. Einen Satz würde ich gern aber ganz sicher verstehen wollen:

Was meinst Du mit „‚spitz‘ als frei gewährt werden“? Würdest Du einem AG „zur Sicherheit“ stets zum Aufrunden raten?

Und vielleicht darf ich eine Bonusfrage stellen: sehe ich das richtig, dass es die beiden Tage rund um den 1.7. eines Jahres in sich haben?

  • Vertragsbeginn am 30.06. und am 31.12. ist die Wartezeit um, man hat also ab diesem Tag meine beispielhaften 30 Tage Urlaub.
  • Vertragsbeginn am 01.07.; Wartezeit erst am 01.01. des Folgejahres um; es wird gezwölftelt (6/12, also 15 Tage Urlaub)
  • Vertragsbeginn am 02.07.; es werden keine vollen 6 Monate erreicht, also nur 5/12 Urlaub

Vielen dank nochmal und schon im Voraus

Hallo,

der Bruchteil unter 0,5 (es kann zB 0,33 herauskommen) muß in der errechneten Höhe gewährt werden.

Auch wenn das die betroffenen AN sicher freuen würde, ist das nicht nötig, da es ja auch ausnahmsweise vergütet werden darf.

Zu Deinen weiteren Fragen:

Ja

Ja

Ja

&tschüß

Wolfgang

1 Like

Nachmals danke für die sehr gut verständliche Aufklärung.

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