Lieber Andreas,
meiner Meinung nach, gibt es „den Berliner/ die Berlinerin“ nicht. Sogar die
„Berliner“ heißen hier „Pfannkuchen“.
Berlin ist eine riesige, weitläufige Metropole, die in jeder Hinsicht bemerkenswert
ist: geschichtlich, politisch, künstlerisch und symbolisch.
Sie vereinigt ca. 3,4 Millionen Menschen verschiedenster Menschengruppen, vom
Obdachlosen bis zur Bundeskanzlerin.
Marktforschung ist an der Tagesordnung, um das Marktsegment zu erreichen, das
man mit der Akquise anvisiert hat.
Dann kann man sich auf die jeweilige Gruppe einstellen. Und Berlin hat viele
davon. Es ist auch eine Stadt der Zugereisten, also große Gruppen ausländischer
Mitbürger mit eigenen Zirkeln, Wohngegenden oder Aufenthaltsdauer.
Es ist die internationalste Stadt Deutschlands und vereinigt kurz Menschen aus
verschiedensten Erdteilen.
Das macht Berlin zu einer Metropole. Deswegen sind Berliner (falls es Ur-Berliner
sind), Leute, die meistens schon viel gesehen haben- in ihrer eigenen Stadt. Das
macht sie oft schroff und arrogant, aber mit Herz. Sie lachen gern über’n guten
Witz (wer nicht?), sehen vieles gelassener und lassen sich nicht von der Hetze der
Metropole anstecken. Berlin ist immer eine proletarische Stadt gewesen. Viele
leben (besonders im Ostteil der Stadt) relativ prekär,
wenn es um ehemalige Arbeiter der nach der Wende zusammengebrochenen
Industrien Berlins geht. Die haben eher weniger Interesse an Telefonakquise.
Die Westberliner sahen sich immer als Nabel der Welt und sind dementsprechend
von sich und ihrer Meinung überzeugt.
Das sind jetzt globale Allgemeinplätze über „den Berliner“, den es eigentlich gar
nicht gibt.
Wie geht ihr da vor? Nach Alphabet, Stadtbezirk o. ä. Datenbank?
Wenn du dich auf „den Berliner“ einstellen musst, sei überwältigend gut,
unterhaltsam, flirty und habe ein tolles Produkt. Ansonsten wird man dich fallen
lassen. Außerdem sind Telefonverkaufsanrufe auch nicht ähem, jedermanns Sache.
In Berlin ist man einiges an Werbung gewöhnt, nur mit Höflichkeit ist beim
mittelalten Publikum nichts zu gewinnen.
Alte Leute hingegen erzählen sich gern was und ich glaube, dass es eine
erschreckend hohe Anzahl von einsamen alten Menschen in Berlin gibt.
Hoffe dir mit diesen polemischen Fetzen nicht zu sehr das Gemüt verhagelt zu
haben.
Gruß aus Amsterdam,
André
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