Berufesterben Statistiken

Guten Tag zusammen,

ich möchte für einen Vortrag Beispiele zeigen, wie sich verschiedene Berufe seit den Fünfzigern zurück entwickelt haben. Dazu möchte ich gerne Diagramme zeigen, wie z.B. die Zahl der Beschäftigten in der Landwirtschaft seitdem zurück gegangen ist.
Oder auch andere Berufe wie
Berufsmusiker
Bergleute
Stahlarbeiter
Bauarbeiter
Beschäftigte in der Uhrenindustrie etc.

Vielleicht kennt noch jemand andere interessante Beispiele. Die Diagramme, die ich gefunden habe, zeigen immer nur einen sehr viel kürzeren Zeitraum - 10 Jahre oder so.
Mich interessiert die Entwicklung seit den Fuffzigern.
Kann mir da jemand die richtige Seite nennen wo ich das finden kann?

Schöne Grüße

Schrella

Das ist wahrscheinlich schon deshalb schwierig, weil sich die Bezugssysteme mit der Zeit änderten, z.B. BRD * DDR = heutiges Deutschland.
Du müsstest in historischen Zeitreihen recherchieren.

Vielleicht gibt das was her:
http://www.deutschland-in-daten.de/datensatz/

https://histat.gesis.org/histat/

Beatrix

Hallo!

Zunächst sollten die Begrifflichkeiten genauer gefasst werden. Es beginnt schon in der Überschrift mit „Berufesterben“. Berufsbilder unterliegen stetem Wandel, aber kaum ein Beruf stirbt aus. Dabei kommt es vor, dass einzelne Berufsbezeichnungen entfallen, die Tätigkeit aber von anderen Berufsbildern abgedeckt wird. In manchen Fällen, etwa in der Landwirtschaft, wurden in den 50ern weit mehr Menschen als heute beschäftigt, aber überwiegend waren es mitnichten Landwirte, sondern Hilfskräfte, zwar oft auf bestimmte Tätigkeiten spezialisiert, die aber von Landwirtschaft kaum eine Ahnung hatten.

Vermutlich meinst Du die Beschäftigtenzahlen. Die Berufe/Berufsbilder entwickelten sich nämlich nicht zurück, wurden vielmehr im Laufe der Zeit anspruchsvoller. Um beim Beispiel Landwirt zu bleiben: Das sind heute nicht selten Leute mit akademischem Abschluss.

Zu den wenigen Berufen, die weitgehend ausgestorben sind, gehören die von Dir erwähnten Bauarbeiter, auch Hafenarbeiter. Die Leute, die früher Nägel gerade klopften und Mörtel aus einer Schaufel Zement und 4 Schaufeln Sand mischten, ansonsten Steine Leitern hochschleppten und stets dafür zu sorgen hatten, dass genug Bier zum Frühstück bereit stand, werden nicht mehr gebraucht. Gilt ebenso für Hafenarbeiter, die nur gesund, kräftig und bei Schichtbeginn halbwegs nüchtern sein mussten, um mit der Sackkarre nicht über 'n Kai zu fahren und im Wasser zu landen, wurden in den 50ern massenhaft gebraucht. Ähnliches gilt auch für Beschäftigte im Straßenbau, wo früher viele Leute beschäftigt wurden, die eine Schaufel halten konnten, aber viel mehr nicht.

In allen Bereichen wurden auch früher Fachleute gebraucht, die ihren Beruf gelernt hatten. Daran hat sich bis heute nichts geändert. Nur die Anzahl der beliebig austauschbaren Hilfskräfte, die im Winter Kohlen und in der frostfreien Zeit Steine schleppen, ist dramatisch bis nahe Null zurück gegangen.

Was Du unter xyz-Arbeiter subsumierst, sind heute Menschen mit zumeist mittlerem Schulabschluss (gar nicht so selten Abitur) und Gesellen- bzw. Facharbeiterausbildung von 3 bis 3,5 Jahren. Was früher dem Dümmsten im Dorf vorbehalten war, etwa Schafe zu hüten, erfordert heute eine 3-jährige Ausbildung zum Tierwirt-Schäferei. Wer sich in einer modernen Schäferei umsieht, merkt schnell, dass es sich um keinen Job für Minderbemittelte handelt. Siebenstelliger Umsatz und achtstelliges Anlagevermögen werden nicht von Idioten gehandhabt. Die heutige Realität verträgt keinen Vergleich mit den 50ern.

Ein anderes Beispiel sind Schuhmacher, die früher in jeder Gemeinde zu den größten Zünften gehörten. Ist seit Jahrhunderten ein Lehrberuf, aber weitgehend abgelöst durch industrielle Fertigung. Aber eben nur weitgehend. Wer eine orthopädische Sonderanfertigung, den speziellen Laufschuh oder das maßgefertigte Paar Schuhe haben will, muss sogar als Spitzenpolitiker um einen Termin nachsuchen und für das Paar Galoschen einen hohen vierstelligen Preis berappen. Ähnliches gilt für den maßgefertigten Zwirn, der kleine, aber feine Unterschiede zum Kreti & Pleti-Anzug von der Stange aufweist, u. a. eine satte Zehnerpotenz beim Preis.

Mit solcher Aufgabenstellung wird man zu unbrauchbaren Aussagen kommen. weil die heutigen Strukturen vieler Berufe und Branchen mit denen der 50er nicht vergleichbar sind. Zudem kann von Zurückentwicklung von Berufen keine Rede sein. Es gibt fast alle Berufe nach wie vor, nur mit veränderten Profilen und i. d. R. höheren Ansprüchen. Hinzu kommt in vielen Bereichen ein Strukturwandel vom Handwerk zur industriellen Fertigung für die Ansprüche bei Massenartikeln.

Zurück zur Überschrift: Berufesterben hat weder stattgefunden, noch ist es absehbar. Die auf schierem Körpereinsatz oder Routine ohne nennenswerten Einsatz von Intellekt beruhenden Tätigkeiten werden zunehmend durch Maschinen ersetzt. Aber das ist eine seit Beginn des Einsatzes von Dampfkraft zu beobachtende Entwicklung und nicht wert, die arme, längst altersschwache Sau durchs Dorf zu treiben.

Gruß
Wolfgang

Statista

Servus,

beim Buddhistischen Standesamt in Wiesbaden wirst Du leicht jemanden ans Teflon bekommen, der Dir erklärt, wie Du die dortigen Schätze abfragen kannst. Viele der Mitarbeiter dort begeistern sich für das, was sie tun, und freuen sich sehr, wenn sich mal jemand dafür interessiert.

Schöne Grüße

MM

Hallo,
ja, vielen Dank für die Antwort. Genau das oben zitierte möchte ich zeigen, aber nach Möglichkeit mit Zahlen.
Gunter Dueck sagt, dass in der Fünfzigern noch (40% ?) der Arbeiter in der Landwirtschaft tätig waren und heute sind es noch … 3% ? oder so ähnlich.

Und es geht mir hier um Berufe wie Dreher, Fräser, Schleifer, die eine gute Ausbildung bekommen haben aber nur dann eine Chance auf dem Arbeitsmarkt haben, wenn sie diese Ausbildung als Grundlage benutzen, um diese Grundkenntnisse kombinieren mit z.B. Programmieren solcher Maschinen und Roboter.

Früher stand an jeder Maschine jemand, der die zu bearbeitenden Teile einlegt und auch mal umrüstet, wenn ein anderes Teil gefertigt werden muss.

Heute ist es so, dass die Maschinen das andere Teil am Maschineneingang über ein Lesegerät erkennen können und sich dann automatisch umrüsten. Ein Maschinenführer betreut so gleich eine ganze Gruppe von Maschinen, wo früher an jeder Maschine jemand stand und Teile auflegte.

Oder als meine Eltern zum Tanz gingen, spielte da eine Kombo und machte Musik. Das waren oft Profis an der Geige oder Trompete, die nach der Einführung der Schallplatte im Hüttenwerk Rheinhausen Eisenbahnschienen umgedreht haben, damit der Abnehmer von der Bahn die Schienen begutachten konnten. Nebenbei haben die dann Kindern wie mir noch versucht Trompete beizubringen.
Heute gibt es im Vergleich zu vor der Schallplatte viel weniger Berufsmusiker. Aber man muss Weltklasse sein, um beim Stuttgarter Radio Sinfonieorchester mitspielen zu können und die Auswahl eines Tubisten geht über viele Monate, bis der gefunden ist, der in das Orchester passt.

Hier ist wohl auch die Kombination von einer Ausbildung in Musik mit Pädagogik … Tontechnik oder so erforderlich, damit man sich einen Beruf strickt, von dem man leben kann.

Meine Frage mit Sterben der Berufe war so falsch und missverständlich. Es gibt weiter Geiger, die so als Geiger nicht arbeiten können. Entweder Weltspitze oder nichts bzw. eine gefragte Kombination mit etwas anderem.

Und so ist es bei vielem. Bauarbeiter mit Schüppe gibt es nicht mehr. Fährt man auf der Autobahn von Stuttgart nach Ulm, passiert man eine riesige Baustelle aber man sieht so gut wie keine Arbeiter. Es sind wohl alles Spezialisten, die wertvolle Maschinen bedienen.

Die Entwicklung geht schon seit der Erfindung der Dampfmaschine so und genau das möchte ich sagen: nicht die Industrie 4.0 macht die Jobs kaputt, sondern jetzt kommt diese Entwicklung ziemlich krass auf dem Maschinenbau zu. Die Maschinenbauer, der Cut Above der deutschen Industrie muss sich darauf einstellen, dass mit der E-Mobilität ein schmerzhafter Einschnitt bevorstehen könnte. Und dass das Festhalten an den alten Strukturen uns nicht hilft und dass es gut sein kann, dass wir demnächst von Asien gezeigt bekommen, wie es weiter geht, während wir hier in Deutschland noch Testergebnisse der Abgaswerte fälschen, damit sich bei uns nichts ändert.

In diesem Sinne noch einmal meine Frage: Wer kann mir Zahlen geben, die solche Entwicklungen, wie Rückgang der Beschäftigung in der Landwirtschaft, auf Baustellen, Uhrenindustrie usw. zeigen können?

Schöne Grüße
Schrella

Einen besonderen Dank an Aprilfrisch für seinen Kommentar. Das Beispiel mit den Eisenbahnschienen ist Dir gewidmet.