Berufswahl Sozialpädagogik ? Passt das zu mir ?

Hallo zusammen,

ich studiere bereits Soziale Arbeit , hauptsächlich weil ich mich sehr für die Möglichkeiten und Grenzen interessiere, wie durch therapeutische Maßnahmen Menschen geholfen werden kann ein Selbstbestimmtes Leben zu führen.
Unterschwellig ist auch der Wunsch vorhanden selbst in seiner persönlichen Entwicklung weiterzukommen. Jetzt muss ich allerdings sagen das ich nach mehreren Semestern und zwei Praktika zweifel hab, ob ich der richtige bin um anderen Menschen professionelle Hilfe anzubieten. Klar ein paar Vorlesungen geben echt interessante Gedankenanstöße durch Fragestellungen was ist überhaupt Gesundheit und Krankheit oder wie ist unsere heutige Gesellschaft aufgebaut (hier fand ich vor allem die Individualisierungstheorie von Ulrich Beck ganz interessant). Mit neuen Ansätzen wie der Systemtheorie kann ich allerdings wenig anfangen und ich mich manchmal Frage ob es eine einheitliche Richtung in dem Studiengang gibt.Soweit so gut.
Soziale Arbeit sieht in der Praxis dann auch schon mal ganz anderes aus. Wie man mit Aggressiven , Gewaltbereiten , Verhaltensauffälligen Kindern umgeht ist überhaupt nicht Gegenstand gewesen . Deswegen hier an dieser Stelle auch noch die Frage, wie man mit diesen Kindern am besten umgeht, ohne selbst Gewalt anzuwenden ?. Ich weiß dass das mittlerweile sehr verpönt ist Gewalt mit Gewalt zu bekämpfen. Allerdings haben die Kinder überhaupt kein Respekt . Die kleinste Schwäche wird ausgenutzt , die Kinder horten sich zusammen und gehen , wenn Sie nicht gegenseitig aufeinander losgehen , auf die Erzieher und Sozialpädagogen los. In der Einrichtung wurden zwar vom Anleiten z.b härte beim Fußballspielen Befürwortet. Das heißt intensivem mit Körperkontakt ball kämpfe austragen . Damit Sie schon spüren wer hier eigentlich das sagen hat.
Selbst eine Erzieherin hat auch schon mal erwogen, die Konflikte und Übergriffen mehr mit körperlichen Auseinandersetzungen zu klären.
In Lehrbüchern findet man darüber nicht viel. Die Kinder wissen ganz genau das Sie keine Gewalt zu fürchten haben und auch das Sie nicht großartig sanktioniert werden können , wenn Sie Gewalt anwende.
Also wie soll man sich Respekt verschaffen ? Das Praktikum hat fast dazu geführt das ich mich umorientiere. Ich bin mir manchmal ehrlich gesagt zu schade mich beschimpfen verspotten zu lassen und ggf. mit Gewalt auf meine Person rechnen zu müssen, wobei wir den Kindern ja eigentlich etwas Gutes mitgeben wollen, das Sie für das Leben gebrauchen können und in der Gesellschaft Fußfassen. Mit diesen Verhalten sind Sie doch glatt die zukünftigen Hartz 4 Empfänger.

Es gibt natürlich auch Kinder die Angebote dankbar annehmen , wie ich es festellen konnte ,bei einem vorhergehenden Praktikum mit „normalen“ Kindern in einem Kinder und Jugendzentrum. Trotzdem halte ich den Beruf für sehr schwierig. Man hat eine Vielzahl an Meinungen Theorien Methoden . Wenn man sich nicht eine eigene Linie ausarbeitet geht man in dem Beruf doch unter ? Gerade das letzte Praktikum hat meine zweifel an der Sinnhaftigkeit , gerade bei undankbaren Kindern, verstärkt.
Das Problem ich bin im Fortgeschrittenen Semester und nun zu merken das es nicht das Richtige wäre schon Problematisch für mich.
Kennt Ihr vielleicht Bereiche die weniger Intensiv sind . Ich hab mir schon überlegt von der eigentlichen Materie der Sozialen Arbeit etwas Abstand zu nehmen und lieber in Richtung Sozialmanagement oder Rechtsberatung für Hilfebedürftige zu machen . Oder ggf Therapie für Erwachsene anzubieten . Welche Möglichkeiten gibt es ? Was habt Ihr für Erfahrungen in dem Bereich gemacht. Systemische Therapieansätze glaubt Ihr an die Wirksamkeit solcher Therapien.
Ja das war es eigentlich soweit.

Wäre toll wenn ich Anregungen von euch bekomme und ich hab immer noch die Hoffnung das ich hoffentlich an einer Umschulung oder einer Neuorientierung vorbeikomme und den Beruf bejahen kann.

Viele Grüße

Hallo Uliii,

wie lustig ich bin auch Erzieherin und wollte Soziale Arbeit studieren, bin dann bei der Bildung und Erziehung im Kindes- und Jugendalter gelandet…

Naja. Ich werde keinen sozialen Beruf mehr ausführen…habe zum Glück noch einen anderen Beruf.

Es liegt an dem System. Ich bin auch sehr idealistisch an meinen Job gegangen, habe mich total verausgabt und letztlich habe ich mich selbst verloren / zerstört… hört sich dramatisch an ich weiß… :wink:

Theorie und Praxis sind 2 komplett verschiedene paar Schuhe… und wenn man in dieser sozialen Sparte kein dickes Fell hat, geht man unter.

Richtig, man lernt nur Theorie, Psychologie usw…ist alles schön, aber wie man letztlich mit aggressiven Kindern umgeht, wird nicht erwähnt…

Okay es gibt ja die klassische Konditionierung, aber auch damit kommt man nicht weiter.

Gutes Zureden…Ich Botschaften usw. sind alle schön und gut, aber bei verhaltengestörten Kindern ist es fast nicht möglich, etwas zu erreichen, also mit diesen Methoden… leider… -_-

Ich kenn viele Einrichtungen die mit Festhaltetherapie arbeiten, Kinder in extra Räume kurzzeitig verwahren oder kleine Kinder zur Strafe in Hochstühle setzen… für mich ist das sehr schlimm… aber wie soll man diesen ganzen Kindern begegnen, es sind zu viele und zu wenig Personal…

Ich kam damit nicht klar.

Ich möchte dir diesen Beruf nicht ausreden, sondern nur meine Erfahrungen schildern…

:wink:

Glg norma

Achso wie bist du denn von deiner Persönlichkeit her? Das spielt auch eine große Rolle, ob das der richtige Beruf für dich ist. :wink:

Wenn du dich durchsetzen kannst und eine stabile, in sich ruhende Person bist, ist es möglich. Solltest du aber wie ich, hypersensibel und eher schüchtern sein, ist es sehr schwierig denke ich.

Und was glaube ich nach hinten losgeht, ist wenn man sich selbst therapieren möchte… bei mir ging das biografische Arbeiten nach hinten los, wurde sehr getriggert bis gar nichts.mehr ging.

Fazit: da ich selbst Hilfe brauche, kann ich niemandem helfen. Auch wenn ich bei den Kindern sehr, sehr beliebt war und sehr gute Noten hatte…aber es passt nicht…

Lg norma

Hi,

Jeder erzieherische, pädagogische oder sozialpädagogische Beruf verlangt viel Kraft.
Kraft, um die Situationen auszuhalten, die man erlebt. Aber auch Kraft, um zu ertragen, dass man Erfolge nie sofort sieht, oft nur viel viel später, und oft gar nicht oder nicht dauerhaft. Dafür sind auch die allerkleinsten Erfolge mit einem wahnsinnigen glücksgefühl verbunden. Aber man muss lernen, diese Situation zu akzeptieren, sonst sieht man seine Erfolge nicht.
Und 8n all diesen berufen kann man im Studium nur die Theorie lernen. Das praktische arbeiten ist etwas ganz anderes. Niemand kann dir in einem Hörsaal oder Klassenzimmer oder deinem Wohnzimmer beibringen, wie du dich in bestimmten Situationen verhältst. Dafür sind wir Menschen zu verschieden, sowohl wir Erzieher als auch unsere Schützlinge. Da helfen nur Empathie, Geduld und der Mut zum probieren. Und fragen, fragen, fragen.
Mach noch mehr Praktika, in verschiedenen Einrichtungen, und entscheide dich dann - nicht auf Grund von möglichst vielen bereits vorhandenen praktischen Fähigkeiten, sondern danach, wo du mehr Licht siehst, mehr Chance für dich, das praktische zu lernen.

Die Franzi

Hallo, als Mama eines förderbedürftigen Kindes versuche ich mal, deinen Blickwinkel zu erweitern…
Mit deiner Einleitung hast du schon mal erkennen lassen, dass du ein Ziel hast.
Gott sei Dank ist es verpönt, Kinder mit Gewalt erziehen und in rechte Bahnen zu führen! Bestimmt kennst du den Satz: Wir haben sie früher auch auf den Hintern bekommen und uns hat das auch nicht geschadet…
Das war eine einfache Methode, Kinder klein zu machen und Widerworte zu ersticken.
Natürlich sollen Kinder nicht agressiv gegeneinander und gegen die Betreuer werden.
Wie du es benennst, nutzen die Kids die kleinste Schwäche aus.
Und da liegt meiner Meinung nach der Knackpunkt:
Als Betreuer hast du keine Schwächen zu haben! Du musst permanent den Überblick haben und spüren, wenn eine Situation sich hochgeschaukelt.
Du musst jedes Kind wie ein Buch lesen und Stimmungen erkennen. Das lernt man nur in der Praxis.
Übertragen tun Polizisten nichts anderes.
Als Rennreiterin habe ich meine gerittenen Pferde analysiert, aber gleichzeitig habe ich die anderen Pferde und deren Reiter beobachtet ( gelesen).
Wenn es ins Rennen ging, konnte ich mein Pferd auf den Punkt genau einsetzen. Ziel ist es, am Ende die Nase vorne zu haben.
Habe ich es verständlich verbildlicht?

Es gibt Kinder, die trotzdem überfordert sind.
Bei einem Schüler in der Förderschule meiner Tochter war die Reizgrenze so niedrig, dass er handgreiflich gegen die Pädagogen wurde, von der Polizei abgeholt wurde und danach als nicht beschulbar galt. Nach längerer Auszeit ( vermutlich eingehender ärztlicher und psychatrische Untersuchung) durfte er später als Gastschüler wiederkommen. Das wurde stündlich ausgeweitet.

Jetzt weiß ich nicht, in welcher Einrichtung du zuletzt gearbeitet hast, aber Deine Ansage: "Das werden bestimmt die nächsten Hartz-IV -Empfänger " klingt für mich sehr unmotiviert, verachtend, respektlos, abwertend.
Ich bin keine Berufsberatung, aber vielleicht hilft mein Vers dabei zu überlegen, ob du das so möchtest, oder ob du das Metier verwirfst und was anderes dir eher liegt.
Mao

Dann lernen die Kinder: Der Stärkere hat Recht. nun überlege mal, wie sie sich verhalten werden, wenn sie selber die Stärkeren sind…

Zum Umgang mit aggressiven Kindern gibt es tatsächlich keine Patentrezepte, die man in Büchern lernt.
Und viele Probleme verstärken sich durch fehlerhafte Strukturen: Kinder ohne Perspektiven, viele Kinder mit Problemen sind zusammen, zu wenige und überforderte Betreuer, Betreuer, die Kindern negativ gegenübertreten (wie du?). Daran kannst du allein oft tatsächlich nichts ändern.
Wenn dir zu so einer Arbeit die Kraft fehlt, lass es lieber.

Vielleicht kannst du auf Soziologie umsatteln und dann eher in der Verwaltung oder Forschung arbeiten?

klar wäre wohl das Ideal ihnen klar zu machen das in einer Demokratie die Konflikte durch Wort und Schrift ausgetragen werden und dass das Privileg des Stärkeren eigentlich kein Privileg ist , das ergibt sich schon daraus das ich ebenfalls durch List und Tücke jmd schaden kann ohne körperlich überlegen zu sein. Die Kinder sind in dem Alter aber einfach strukturiert der Stärkere hat das sagen . Das ist nicht was ich Ihnen vermitteln will sondern das sind Ihre Regeln . Das einzige was wir gemacht haben ist versucht ihnen bewußt zu machen das Sie einfluss auf die Gruppe haben und somit auch eine gewisse Verantwortung haben teilweise ist es sogar bei den älteren Kindern angekommen.
Aber ich denke du hast Recht ich überleg mir tatsächlich was mit empirischer Sozialforschung zu machen… ich denke die Ansätze waren vielleicht gar nicht so schlecht die wir damals verfolgt haben . Aber man braucht einfach ein besseres „Standing“ wie ich es hatte…

Ja, das ist wohl besser für Dich geeignet!