Beschränkung der Regierungszeit ?

Hallo,

sollte das Amt des Bundeskanzlers (bzw. der -in) auf zwei Legislaturperioden des Bundestages zeitlich beschränkt werden ?

So wie es das Amt des Bundespräsidenten (bzw. der -in) bereits gem Artikel 54(2) ist. Zwar geht eine lt. Wiki überwiegende Mehrzahl der Staatsrechtler davon aus, dass ein Bundespräsi nach 10 Jahren und einem Zwischenpräsi wieder gewählt werden könnte. Aber das würde wohl letztlich erst vom BVerfG abschließend entschieden werden, wenn es denn mal dazu käme (was eher unwahrscheinlich ist).

Sollten die Amtszeiten der Landesmiminsterpräsidenten (bzw. -innen) (die „Bürgermeister“ der Länder analog behandelt) ebenfalls auf zwei Wahlperioden beschränkt werden ? Oder gibt es bereits sogar ein Bundesland in D, dass dies getan hat ?

Ich persönlich bin für eine entsprechende Beschränkung (ohne, flapsig formuliert, „Putin-Klausel“). Meine Intention ist die Verhinderung einer stagnativen Machterhaltungspolitik durch eine Einzelperson. Vgl. die Vita Kohl oder auch Merkels Umgang mit parteiinternen Widersachern. Und so etwas gibts auch bei den anderen Parteien. Man stelle sich nur mal Frau Roth von den Grünen/Bündnis 90 vor. Die würde auch am Stuhl kleben. Oder XY von der Partei Z.

Gruß
vdmaster

It’s the economy, stupid. Alles steht und fällt mit der Wirtschaftspolititk. Und gerade in der Wirtschaftspolitik sind kurzfristige Maßnahmen sehr verlockend. Siehe zum Beispiel die Abwrackprämie. Ein kurzer Erguss und den Bundeshaushalt belastet es über Jahrzehnte.

Wären wichtige politische Ämter wie das des Bundeskanzlers zeitlich beschränkt, würde die Tendenz, erhebliche finanzielle Lasten auf die Zukunft zu verschieben, vermutlich noch mehr zunehmen. Hinzu kommt, dass sinnvolle Maßnahmen oft erst nach Jahren oder Jahrzehnten Früchte tragen, siehe etwa die Agenda 2010. Daher hat es Vorteile, wenn die Politiker die Aussicht auf eine verlängerbare Regierungszeit haben.

Hallo,

Politker benötigen keinen bequemen Sessel, um die „Früchte ihrer Arbeit“ nach Jahrzehnten zu genießen. Außerdem habe ich nichts dagegen, wenn sie dies von ihrem hart gepolstertem Abgeordnetenplatz aus tun :smile: . Oder von ihrem Ohrensessel im Club der elder statesmen ( oder women).
Deine Antwort ist mir doch ein wenig zu simpel.

Gruß
vdmaster

sollte das Amt des Bundeskanzlers (bzw. der -in) auf zwei
Legislaturperioden des Bundestages zeitlich beschränkt werden

http://www.tagesspiegel.de/politik/lame-duck-effekt-…

Gruß
Tyll

P.S.: Wer diskutieren will (/t/loeschgrund-verweise-links-sind-keine-antwort/725…

Hallo,

naja, der amerikanische Effekt wäre hier in D wohl eher nicht gegeben, da die politischen Strukturen der Parteiendemokratie sich in den USA und D extrem unterscheiden.

Es würde, wenn Partei XY sich vom Kanzler Z nach zwei Legislaturperioden verabschiedet, bei einer erneuten Mehrheit für die Partei XY kaum der gesamte Ministerladen ausgetauscht werden, wie es in den USA usus ist.

Die Stellung des Präsidenten, aber auch seine Ohnmacht gegenüber Senat und Repräsentantenhaus, ist mit der, nach wie vor in eine Partei eingebundenen Position eines Bundeskanzlers, kaum vergleichbar.
Letzerer kann durch einfaches Mißtrauensvotum gestürzt werden. Für den US-Präsidenten ist das ausgeschlossen. Hier hilft nur das impeachment genannte Amtsenthebungsverfahren.

Ergo ist der Arbeitsdruck auf einen Bundeskanzler auch in der zweiten Amtszeit gegeben, da seine Partei/Koalitionsfreunde ihn bei der Stange halten können. Die haben ja die Mehrheit und die eigentlichte Macht in der Hand.

Gruß
vdmaster

Hallo!

naja, der amerikanische Effekt wäre hier in D wohl eher nicht
gegeben, da die politischen Strukturen der Parteiendemokratie
sich in den USA und D extrem unterscheiden.

Das stimmt natürlich.

Ich meinte auch nur einen ganz generellen lame-duck-Effekt, der immer und überall (auch in der Wirtschaft oder im Sport) da auftauchen kann, wo eine Person in leitender Funktion nur noch der künftige Ex sein kann.

Verbunden damit, dass gerade in einer so starken Parteiendemokratie wie hier in Deutschland die Gefahr besteht, dass die zweite Legislaturperiode regelmäßig aus wahltaktischen Gründen auch nochmal „aufgespalten“ wird, damit rechtzeitig ein Nachfolger aufgebaut wird, der bereits mit dem ‚Kanzlerbonus‘ in den Wahlkampf gehen kann.

Gruß
Tyll

Mahlzeit! (der Magen ruft :wink:

Ich meinte auch nur einen ganz generellen lame-duck-Effekt,
der immer und überall (auch in der Wirtschaft oder im Sport)
da auftauchen kann, wo eine Person in leitender Funktion nur
noch der künftige Ex sein kann.

Da mag etwas dran sein. Aber der jetzige Zustand ist auch nicht bejubelnswert. Da gab/gibt es Parteipotentaten, die systematisch die nachrückenden Parteifreunde klein halten, um die dritte und vierte Legislaturperiode noch auf dem Stuhl zu sitzen. Und der Drang, aktuelle Probleme anzupacken, verkümmert. Siehe 16 Jahre Kohl. Zum Schluss hab ich sogar den käuflichen Brioni-„Demokraten“ gewählt, nur um die Birne nicht noch 4 Jahre ertragen zu müssen.

…damit
rechtzeitig ein Nachfolger aufgebaut wird, der bereits mit dem
‚Kanzlerbonus‘ in den Wahlkampf gehen kann.

Wäre gar nicht nötig, weil der Kanzler seinen Wunschnachfolger bereits 2 Jahre vorher nur zu benennen brauchte. Dann wäre der Wahlkampf und die Medien schon geeicht.

Mir geht es bei dem Ursprungsgedanken hauptsächlich um erneuernde Impulse. Alles andere führt zu Verkrustungen im System.

Gruß
Matthias

Hallo,

jede Sache hat ihre zwei Seiten.

Ungünstig wird es dann, wenn Kontinuität zu Lethargie und Machterhalt verfällt. Das Problem haben wir bei Merkel eigentlich nicht, denn da ging es immer nur um Lethargie zum Zwecke des Machterhaltes. Wenn man es so betrachtet, war Schröder in den letzten knapp 20 Jahren der einzige, der wirklich etwas verändert hat (vom Ergebnis mag man halten, was man will).

Es gibt eigentlich zwei grundsätzliche Probleme in der Politik, die mit der Zahl oder Länge der Legislaturperioden eigentlich nur wenig zu tun haben:
Nicht alles, was gut und richtig ist/wäre, ist populär.
Vieles, das gut und richtig wäre, wirkt langfristig, aber kurzfristig nicht oder sogar negativ.

Diese beiden Umstände führen dazu, daß man entweder als Politiker nach seiner Überzeugung langfristig handelt und nicht wiedergewählt wird, oder aber kurzfristig der öffentlichen Meinung entsprechend handelt und sich von Wahl hangelt (mit der Geschwindigkeit eines Faultiers).

Für den ersten Teil ist Schröder das Musterexemplar, für den zweiten Merkel.

Ohne mutigere Politiker und ein klügeres Volk helfen auch Begrenzungen bei Zahl und Länge der Legislaturperioden nicht.

Gruß
C.

Hallo,

jede Sache hat ihre zwei Seiten.

Ungünstig wird es dann, wenn Kontinuität zu Lethargie und
Machterhalt verfällt. Das Problem haben wir bei Merkel
eigentlich nicht, denn da ging es immer nur um Lethargie zum
Zwecke des Machterhaltes. Wenn man es so betrachtet, war
Schröder in den letzten knapp 20 Jahren der einzige, der
wirklich etwas verändert hat (vom Ergebnis mag man halten, was
man will).

na das ist ja der größte Unsinn! Kohl hat nach der Wende eine Menge Reformen angestoßen, nur wurden ja fast alle im Bundesrat von Schröder un Lafontain behindert. Außerdem waren viele Teile der Sozialreformen von Schröder schon unter Kohl gemacht wurden, allerdings wurden 1998/99 fast alles wieder zurück gedreht von Schröder. Bestes Beispiel: Demografischer Faktor.

Auch 1982-1989 hat Kohl viel getan, in Deutschland sind über 2 Mio Arbeitsplätze in der zeit entstanden. Die Schuldenstandsquote ist um 20% (oder 10%-Punkte) gesunken (von ca. 50% auf ca.40%)

Es gibt eigentlich zwei grundsätzliche Probleme in der
Politik, die mit der Zahl oder Länge der Legislaturperioden
eigentlich nur wenig zu tun haben:
Nicht alles, was gut und richtig ist/wäre, ist populär.
Vieles, das gut und richtig wäre, wirkt langfristig, aber
kurzfristig nicht oder sogar negativ.

Diese beiden Umstände führen dazu, daß man entweder als
Politiker nach seiner Überzeugung langfristig handelt und
nicht wiedergewählt wird, oder aber kurzfristig der
öffentlichen Meinung entsprechend handelt und sich von Wahl
hangelt (mit der Geschwindigkeit eines Faultiers).

Für den ersten Teil ist Schröder das Musterexemplar, für den
zweiten Merkel.

So pauschal ist es auch Unsinn. Aber man merkt welchem Parteibuch du Abends huldigst. :wink:

Schröders Amtszeit ist zweischneidig zu sehen. Einerseits war er der größte Lobyist den das Kanzleramt je gesehen hat. Millardengeschenke an die Stromkonzerne, Rekordexportgenhemigungen für die Rüstungsindustrie u.s.w. Das war so die erste Legislaturperiode.

In der zweiten legislaturperiode hat er dann gemekrt, die Karre fährt vor die Wand, und hat Reformen angestoßen die Gut und richtig waren. Allerdings muss man auch ehrlicherweise sagen, dass dies nur ein SPD-Kanzler machen konnte, denn die selben Reformen hätte(und hat auch) die SPD im Bundesrat verhindert. So gesehen konnte es nur eine SPD durchsetzen, welche ihre Jahrzehnte lange Blockadepolitik aufgab.

Was bei Frau Merkel interessant ist, sie ist Machtpolitikerin. Im Grunde macht sie genau das, was viele Leute immer fordern. Sie macht, was das Volk will. Man sieht oft, dass sie öffentliche Diskusionen laufen läßt und sich erst positioniert, wenn eine Mehrheit abzusehen ist. Allerdings wird dies in den oft eher links orientierten Medienschaffenden im Staatsfersehen (öffentlich rechtlich) intellektuell nicht ganz reflektiert. Mir fällt dazu immer der alte Witz über Helmut Kohl ein.

Bei einer Dampferfahrt mit Journalisten über dem Rhein fällt ein Journalist über Bord und droht zu ertrinken. Helmut Kohl steigt über die Reeling, schwebt trockenen Fußes über das Wasser und rettet den Journalisten so das Leben. Am nächstehn Tag steht in der Zeitung:
„SKANDAL, Helmut Kohl kann nicht schwimmen!“

P.S.: Hier kann man jeden Politiker einsetzen! :smile:

Ohne mutigere Politiker und ein klügeres Volk helfen auch
Begrenzungen bei Zahl und Länge der Legislaturperioden nicht.

Gruß
C.

viele Grüße

Für den ersten Teil ist Schröder das Musterexemplar, für den
zweiten Merkel.

So pauschal ist es auch Unsinn. Aber man merkt welchem
Parteibuch du Abends huldigst. :wink:

Tja, und das ist der große Irrtum. Daran merkt man lediglich, wie enttäuscht ich von der „Politik“ der aktuellen Koalition (und auch der großen Koalition) bin.

Gruß
C.

Hallo,

wer würde Dir nicht im Grunde zustimmen ?

Das Urteil über Merkel finde ich jedoch etwas hart. Ist ja nicht so, dass die den ganzen Tag nur tatenlos rumsitzt. Sie ist halt nicht so aktionistisch und schillernd wie Schröder. Klar war die Agenda 2010 „seine“ Großtat.

Mit einer Beschränkung der Amtszeiten ließe sich aber völlige Bewegungslosigkeit zumindest zeitlich begrenzen. Es fällt mir einfach kein sinnvoller Grund ein, warum eine Einzelperson länger im Amt bleiben sollte. Aber ein guter Grund, warum nicht.

Gruß
vdmaster

Hi,

Erstmal möchte ich vdmaster einen, meines Erachtens, triftigen Grund für mehr mögliche Legislaturperioden geben.
In erster Linie wählen wir natürlich das Parlament, da aber die Spitzenkandidaten natürlich schon vor der Wahl offiziell sind, kann man also behaupten, dass viele Leute nach den Spitzenkandidaten wählen, die grundlegend die Ideen von einer Partei vertreten. Worauf ich hinaus will: Für mich wäre es eine fundamentale demokratische Einschränkung, wenn der Staat nicht den Bürger entscheiden ließe, wieviele Legislaturperioden ein Kanzler durchlaufen darf. Denn ich bin auch der Meinung, dass der Bürger im indirektem Wege die Aufstellung der Spitzenkandidaten beeinflussen (wobei es auch Ausnahmen gibt: Die SPD hat den Popularitätsgedanken offensichtlich nicht ganz verstanden). Womit ich sagen will, dass ein Spitzenkandidat der sich keiner Beliebheit erfreut, wahrscheinlich nicht nochmal aufgestellt werden wird.

Um das ganze nochmal zusammen zu fassen: Erfreut sich ein Kanzler der beliebtheit des Volkes, sollte er nicht von einem Gesetz abgesetzt werden, sondern von der Bevölkerung, denn das ist Demokratie.

Außerdem möchte ich auf den Vergleich von Schröder und Merkel eingehen.

Ich halte das für Unfug. In erster Linie ist die Politik die Schröder betrieben hat und die die Merkel betreibt nicht zu vergleichen. Merkel durchläuft primär Krisenzeiten, Wirtschafts und Finanzkrisen, schnelles Handeln ist gefragt. Dazu kommt noch, das Merkel weit beschäftigter ist mit der Außenpolitik (EU) als mit der Innenpolitik. Ich bin der Meinung, dass die Merkelregierung uns sehr erfolgreich durch die Krisenjahre gebracht hat und das ist mit Sicherheit eine enorme Aufgabe gewesen. Eine grundlegende Unzufriedenheit mit der derzeitigen Koalition ist für mich also nicht ganz nachvollziehbar.

Außerdem finde ich es absolut unverständlich zu behaupten, dass man Schröder sein Wagnis zur Veränderung positiv anrechnen müsse. Bei aller Liebe, Veränderung ist kein Privileg und auch keine Tugend. In der Politik geht es primär darum, die Gesellschaft und Wirtschaft voran zu treiben und daran ist Schröder gnadenlos gescheitert, um das noch nett auszudrücken.

Grüße

Tja, und das ist der große Irrtum. Daran merkt man lediglich,
wie enttäuscht ich von der „Politik“ der aktuellen Koalition
(und auch der großen Koalition) bin.

Da sieht man mal, dass Regierungen weithin überschätzt werden. Belgien hat das ja mal eindrucksvoll bewiesen. Da ging es auch ein Jahr ganz ohne.
Man könnte sich nun fragen, was Wahlen eigentlich bringen, ausser dass eben andere Leute an den Versorgungstöpfen sitzen.

Gruß
T.

Außerdem möchte ich auf den Vergleich von Schröder und Merkel
eingehen.

Ich halte das für Unfug. In erster Linie ist die Politik die
Schröder betrieben hat und die die Merkel betreibt nicht zu
vergleichen. Merkel durchläuft primär Krisenzeiten,
Wirtschafts und Finanzkrisen, schnelles Handeln ist gefragt.

Und warum handelt sie dann nicht, sondern wartet, bis sich in der Bevölkerung bzw. international ein Konsens herauskristallisiert? Und zum Thema Krisen:
1998/1999: Kosovo-Krise/-Krieg
2001: Platzen der Dotcom-Blase
2002: Hochwasser Ostdeutschland

Das, was landläufig Eurokrise genannt wird, schwärt doch nur schon so lange vor sich hin, weil Deutschland so zögerlich agierte und dann immer wieder nachgab. Das ganze vor dem Hintergrund der LügePrämisse, daß Euro den Bach runtergeht, wenn Griechenland die Grätsche macht, die dann später auf „wenn der Euro vor die Wand fährt, ist Europa am Ende“ erweitert wurde, was am Ende nichts anderes heißt, als daß man Griechenland um jeden Preis zahlungsfähig halten will und zwar ohne das jemals zu begründen. Alternativlos halt.

Anders formuliert: nur, weil in die Amtszeit Merkels ein paar Probleme gefallen sind, heißt das nicht, daß sie auch nur ansatzweise zu deren Lösung beigetragen hat. Sie hat durch ihr beschriebenes Verhalten vielmehr dazu beigetragen, daß die Lösung verschleppt wurde und das Problem noch größer ist als vorher - nur daß kaum jemand darüber spricht.

Dazu kommt noch, das Merkel weit beschäftigter ist mit der
Außenpolitik (EU) als mit der Innenpolitik. Ich bin der
Meinung, dass die Merkelregierung uns sehr erfolgreich durch
die Krisenjahre gebracht hat und das ist mit Sicherheit eine
enorme Aufgabe gewesen.

Ich bin der Ansicht, daß das ganze Rumgeeiere eine totale Katastrophe war, die uns noch viel Geld kosten wird und den Euro auf eine Weise beschädigt hat bzw. beschädigen wird, gegen die der Austritt Griechenlands aus dem Euro ein Witz gewesen wäre.

Die einzigen Dinge, bei denen die Regierung tatsächlich eine Art Handlungsfähigkeit an den Tag gelegt war, war die Änderung des KWG im Hinblick auf die Abwicklung von Kreditinstituten und das Finanzmarktstabilisierungsgesetz. Ob letzteres am Ende so sinnvoll gewesen ist und ob es nicht besser gewesen wäre, ersteres vor letzterem in Kraft zu setzen, ist wieder eine ganz andere Frage.

So oder so: die vorstehenden Maßnahmen sind auf Steinbrücks Mist gewachsen. Merkels Beitrag bestand darin, ohne jegliche rechtliche Grundlage der Bevölkerung zu erzählen, daß die Einlagen in Deutschland sicher seien.

Außerdem finde ich es absolut unverständlich zu behaupten,
dass man Schröder sein Wagnis zur Veränderung positiv
anrechnen müsse. Bei aller Liebe, Veränderung ist kein
Privileg und auch keine Tugend. In der Politik geht es primär
darum, die Gesellschaft und Wirtschaft voran zu treiben und
daran ist Schröder gnadenlos gescheitert, um das noch nett
auszudrücken.

Da gehen unsere Meinungen wohl auseinander, um das noch nett auszudrücken. Und um das mal klarzustellen: ich habe mit der SPD nichts am Hut und würde die vermutlich (Stand heute) noch nicht einmal mit einer Waffe am Schädel wählen (gilt übrigens für alles, was aus der Abteilung grün-rot-dunkelrot kommt). Schröder selbst ist mir höchst unsympathisch, ich halte viele seiner Auftritte gerade zu Beginn und zum Ende seiner Amtszeit für höchst peinlich und seine Zweitverwendung nach der Politik für höchst zweifelhaft.

Dennoch hat er etwas getan, was seit Jahrzehnten in der deutschen Politik außer Mode war: das zu tun, was man für richtig hält und dabei nicht an die nächste Wahl zu denken. Frau Merkel denkt nicht einmal an die nächste Wahl, sondern an die nächste Umfrage und das führt dazu, daß sich in diesem Lande genau gar nichts tut. Die FDP, zuletzt unter Westerwelle und nun unter Rösler zur totalen Nutzlosigkeit verkommen, ist in der Hinsicht natürlich auch keine große Hilfe.

Das Problem ist letzten Endes, daß die Parteien in ihrem Handeln nicht dem entsprechen, was ihr eigener Anspruch an sich selbst ist (sprich: nicht ihrem Programm nach handeln). Ob sich nun der Anspruch überholt hat oder das Handeln falsch, steht auf einem anderen Blatt.

C.

Hi,

ich habe den Eindruck, dass fällt dann wohl einfach in die Sparte „Politikverdrossenheit“ die möglicherweise auch zu einer generellen unzufriedenheit führt?!

Und das Euro-Griechenland Problem wage ich mich nicht zu beurteilen, weil mir dazu einfach das Ökonomische Wissen fehlt, als VWLler kannst du das sicherlich anders beurteilen. Aber ich weiß auch, dass die Meinungen unter den Ökonomen in dem Thema auseinander gehen.

Grüße

Moin auch,

ich habe den Eindruck, dass fällt dann wohl einfach in die
Sparte „Politikverdrossenheit“ die möglicherweise auch zu
einer generellen unzufriedenheit führt?!

Nein, nein und nochmals nein. Das ist keine Politikverdrossenheit, das ist Politik er verdrossenheit!
Christian hat völlig recht: Wenn ich nur das tue, was laut letzter Umfrage Konsenz ist, werden nie irgendwelche Probleme gelöst, weil dafür in den meisten Fällen langfristiges Denken und Planen nötig ist. Die Wendehalspolitik von Frau Merkel schadet mehr als das sie nützt.

Ralph

Hallo,

ich habe den Eindruck, dass fällt dann wohl einfach in die
Sparte „Politikverdrossenheit“ die möglicherweise auch zu
einer generellen unzufriedenheit führt?!

Politikverdrossenheit ist ein Wort, daß Politiker in die Welt gesetzt haben, um davon abzulenken, daß es eigentlich die Politiker sind, derer man überdrüssig ist.

Mal ein paar Beispiele:
Die Grünen: Zustimmung zur Teilnahme am Kosovo-Krieg.
Die SPD: Agenda 2010
Die CDU: Ausstieg Kernenergie
Die FDP: gebrochene Wahlversprechen ohne Ende

Das sind nur vier Beispiele, anhand derer man erkennen kann, daß die Parteien sich selbst in ihren Grundfesten erschüttert haben (wobei eben, wie erwähnt, Schröder der einzige ist, der das aus seiner Überzeugung heraus tat, mit den Maßnahmen mittel- und langfristig Deutschland etwas gutes getan zu haben; die Ergebnisse geben ihm heute recht) und zwar aus zwei Gründen: Populismus und Sachzwänge (bei der FDP waren es wohl beide: erst aus Populismus Steuersenkunge und ein einfachereres Steuersystem versprechen und dann feststellen, daß die Kassen leer und das Durchsetzungsvermögen nur rudimentär ausgeprägt ist).

Damit tritt das Problem zutage: nur weil man den wählt, der das verspricht oder für das steht, das man will, heißt das auch bei einem Wahlsieg nicht, daß man bekommt, was man erwartet. Und das hängt mit den Gründen zusammen, die ich weiter oben in diesem Artikelbaum nannte: Politiker wollen wiedergewählt und das Volk will beschissen werden. Mit kürzeren Legislaturperioden bzw. häufigerem Wechsel des obersten Vorturners wird man daran auch nichts ändern können.

Gruß
C.

Hi,

ich kann euch voll und ganz folgen und verstehe absolut was ihr meint. Unsere Politik ist kurzlebig… Wobei ich die Ursache dafür aber nur indirekt bei den Partein und Personen sehe, denn heutzutage ist Politik ein Beruf. Z.B für Bundestagsabgeordnete ist es die Lebensgrundlage wiedergewählt zu werden. Populistisch zu handeln ist also wichtig für die Politiker um ihren Beruf zu sichern ( und ich heiße das nicht gut, aber populistisches Handeln zu leugnen wäre Unsinn), früher war das anders. Im Bundestag saßen Ökonomen, Journalisten etc. Damit sehe ich aber auch das System selber in der Verantwortung und nicht zwigend die Partein. Um das vorweg zu nehmen: Man kann natürlich argumentieren, dass ein Kanzler, nach der Kanzlerschaft sowieso eine gute Position in der Wirtschaft ein nimmt, so geht es aber sicher nicht allen und es ist auch nicht nur die Regierung die populistisch handelt, sondern auch der Bundestag, Landtag, Landratsämter etc…

Grüße
Basti

Hallo Baboon,

Für mich wäre es
eine fundamentale demokratische Einschränkung, wenn der Staat
nicht den Bürger entscheiden ließe, wieviele
Legislaturperioden ein Kanzler durchlaufen darf.

Dann sind Deine fundamentalen Rechte aber bereits bei der Wahl des Bundespräsidenten eingeschränkt. Der wird ja auch indirekt vom Volk gewählt.

Zu Merkel/Schröder: So recht Du mit Deiner Einschätzung der Merkel hast, wenn es um internationale Politik geht, so falsch liegst Du mit Deiner Kritik zu Schröder. Er hat mit seiner unpopulären Agenda 2010 die Wettbewerbsfähigkeit Deutschlands für die kommenden Jahre entscheidend mitgesichert. Eine schmerzhafte, aber nötige Reformpolitik. Sehr viele Staaten in der EU hätten sich eine ganz, ganz dicke Scheibe davon abschneiden sollen. Allen voran Frankreich, welches sich als bislang reformunfähig oder hoffentlich nur vorübergehend reformunwillig zeigt. Und es sind die Bürger, die dort den Hemmschuh bilden.

Gruß
vdmaster

Hallo,

Es ist eine allgemeine Politikverdrossenheit, als auch eine Politikerverdrossenheit. Das eine wird eben hauptsächlich von den anderen betrieben. Letzlich ist das eine auch das andere.

Die Gründe sind vielfältig. Ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

  1. Gebrochene Wahlversprechen
  2. Wendehalspolitik
  3. Immer komplexer werdende Entscheidungsprozesse
  4. Sich vergrößernde, programmatische Kongruenz
  5. Austauschbare, kantenlose Charaktere

Aber auch der Bürger ist nicht schuldlos.

  1. Mangelndes Interesse an Politik aus Bildungsmangel
  2. Simplifizierung („die da oben machen doch was sie wollen“) in Verbindung mit Ablehnung einer eigenen Verpflichtung an der Mitwirkung.
  3. Vollkaskomentalität im Anspruch an die Versorgung durch den Staat
  4. Bereitschaft sich durch Trash-Medien verblöden zu lassen, selbst wenn es um Politk geht (vgl. Stefan Raab mit seiner neuen Sendung oder blödbirnige Berichterstattung über „society-events“.) Mich interessiert es einen feuchten Sch…dreck, ob eine Politikergattin ein Tatoo hat und schon gar nicht wo. Genausowenig welcher Politiker seine Partnerin betrügt oder wo er Urlaub macht. Letzeres natürlich solange er seine Rechnung selbst zahlt.

Letzlich haben wir doch genau die Politiker, die wir verdient haben, weil es uns als Gesellschaft nicht gelingt, bessere zu „erzeugen“. Durch Partizipation am Entscheidungsprozess innerhalb der Parteien.

Gruß
vdmaster