Beschreibt Goethes 'Heideröslein' Vergewaltigung?

Hallo und Guten Tag,

stimmt es eigentlich, dass das - später vertonte - Gedicht „Heideröslein“ von Johann Wolfgang von Goethe mit poetischer Symbolik eine Vergewaltigung beschreibt?

Hier nochmal der Text:

Johann Wolfgang von Goethe

_ Heideröslein

Sah ein Knab’ ein Röslein stehn,
Röslein auf der Heiden,
war so jung und morgenschön,
lief er schnell, es nah zu sehn,
sah’s mit vielen Freuden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.

Knabe sprach: „Ich breche dich,
Röslein auf der Heiden!“
Röslein sprach: „Ich steche dich,
dass du ewig denkst an mich,
und ich will’s nicht leiden.“
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden.

Und der wilde Knabe brach
‚s Röslein auf der Heiden;
Röslein wehrte sich und stach,
half ihm doch kein Weh und Ach,
musst‘ es eben leiden.
Röslein, Röslein, Röslein rot,
Röslein auf der Heiden._

Ist da was dran, dass das im Grunde um erzwungenen Sex geht?

Vielen Dank im Voraus für Antworten und Meinungsäußerungen,

Jasper.

Hallo,

Kurzantwort: Ja.
Längere Antwort: Gibts im Archiv.

Gruß
Elke

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Hallo!

stimmt es eigentlich, dass das - später vertonte - Gedicht
„Heideröslein“ von Johann Wolfgang von Goethe mit poetischer
Symbolik eine Vergewaltigung beschreibt?

Es stimmt zumindest, dass es in der modernen Goetheforschung einen Strang gibt, der das ‚Heideröslein‘ so interpretiert - was nicht heißt, dass andere es nicht anders tun würden bzw. ganz anders getan haben.

http://www.uni-kassel.de/frau-bib/publikationen/aria…

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

Hallo Jasper,

diese Strophen

und ich will’s nicht leiden."

Röslein wehrte sich und stach,
half ihm doch kein Weh und Ach,
musst’ es eben leiden.

sind für mich schon der Beleg für eine Vergewaltigung und nicht für eine liebevolle Verführung bei scheinbarem Geziere.

Lieben Gruß

Günter

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Hallo,
bestimmte Dinge liegen wie man so schön sagt im Auge des Betrachters.

Ein krankes Hirn wird selbst in einem unschuldigen Wort wie Fahrradschlauch das erkennen, woran es glaubt.

Insofern von mir ein klares NEIN.
Wirkliche Aufklärung kann da nur der alte Geheimrat selbst betreiben.

Solange man den aber nicht reanimieren kann, wird es noch millionenmal diese und ähnliche Fragen geben.
Gruß
Rumburak

auch hallo,

Es stimmt zumindest, dass es in der modernen Goetheforschung
einen Strang gibt, der das ‚Heideröslein‘ so interpretiert -
was nicht heißt, dass andere es nicht anders tun würden bzw.
ganz anders getan haben.

http://www.uni-kassel.de/frau-bib/publikationen/aria…

und das führst du als gegenbeweis an? hilf mal, mein hirn klemmt.

schöne grüße
ann

1 Like

hallo,

Ein krankes Hirn wird selbst in einem unschuldigen Wort wie
Fahrradschlauch das erkennen, woran es glaubt.

najanu, ganz so unschuldig sind die heideröslein-zeilen ja nun nicht. die verwendete symbolik weist jedenfalls zu goethes zeiten ganz klar auf vergewaltigung hin.

Insofern von mir ein klares NEIN.

in sofern ein klares JA.

Wirkliche Aufklärung kann da nur der alte Geheimrat selbst
betreiben.

ne, muss er nicht. man weiß sicher, dass er nicht geschrieben hätte: „mit diesem gedicht möchte ich ein stück weit den versuch unternehmen, die nichtachtung der weiblichen sexuellen selbstbestimmung zu thematisieren.“

schönste grüße
ann

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Servus, Ann:smile:

najanu, ganz so unschuldig sind die heideröslein-zeilen ja nun
nicht. die verwendete symbolik weist jedenfalls zu goethes
zeiten ganz klar auf vergewaltigung hin.

da streiten sich die Leut’ herum:smile:) Ich kann die Vergewaltigungstheorie gut nachvollziehen!

Ich gebe nur zu Bedenken, dass gerade in dieser Zeit „brechen“ durchaus auch üblich war für „sterben“ - gebrochen steht für „getötet“ oder gestorben. Man denke an die gebrochenen Herzen, Augen, etc. und Emilia sagt: „Eine Rose gebrochen, ehe der Sturm sie entblättert - lassen Sie mich sie küssen, diese väterliche Hand.“ kurz nachdem sie erstochen wurde (aber noch am Leben ist…*g*).

Und der Geheimrat verwendet das Bild ja nochmal in:
http://www.staff.uni-mainz.de/pommeren/Gedichte/gefu…

und da pflanzt er das Röslein in den Garten ein.

Also nach der Vergewaltigung Heirat???:smile:)

Lieben Gruß, jenny

huhu jenny :smile:

Also nach der Vergewaltigung Heirat???:smile:)

vor der ehe war die vergewaltigung in einigen deutschen gegenden bis in die 1970er hinein (wenn nicht noch länger) nicht selten ein vorwegnehmen eines vermeintlichen rechts. also nicht soooo ungewöhnlich.

blödes thema. sag jetzt lieber schnell was literarischen :wink:

liebe grüße
ann

Auch huhu:smile:)

vor der ehe war die vergewaltigung in einigen deutschen
gegenden bis in die 1970er hinein (wenn nicht noch länger)
nicht selten ein vorwegnehmen eines vermeintlichen rechts.
also nicht soooo ungewöhnlich.

Dessen bin ich mir aber sowas von bewußt!! Und auch heute noch!!!
Immerhin ist die Vergewaltigung in der Ehe erst seit 1997 in D strafbar - in Ö (soviel ich weiß) erst seit 2004 (!!)
Und bis heute muss die Rose beweisen, dass sie gebrochen wurde!

blödes thema. sag jetzt lieber schnell was literarischen :wink:

Hab ich doch schon:smile:))

Selbstverständlich ist die Vergewaltigungstheorie nachvollziehbar - aber sie ist - im Kontext der damaligen Sprache in meinen Augen nicht zwingend.

Lieben Gruß, jenny

Es stimmt zumindest, dass es in der modernen Goetheforschung
einen Strang gibt, der das ‚Heideröslein‘ so interpretiert -
was nicht heißt, dass andere es nicht anders tun würden bzw.
ganz anders getan haben.

http://www.uni-kassel.de/frau-bib/publikationen/aria…

und das führst du als gegenbeweis an? hilf mal, mein
hirn klemmt.

Doch nicht als Gegenbeweis, liebe Ann, sondern als längere Ausführung des von mir Gesagten. (Bzw. auch als Literaturempfehlung.)

_ ℂ Λ ℕ Ð I Ð € _

ok, danke.

einen schönen sonnabend wünscht
ann

liebe jenny,

Selbstverständlich ist die Vergewaltigungstheorie
nachvollziehbar - aber sie ist - im Kontext der damaligen
Sprache in meinen Augen nicht zwingend.

ich hätte gar nichts dagegen, das heideröslein wieder so zu verstehen, wie ich es noch als unschuldiges junges mädchen konnte :wink:

liebe grüße und schönes WE wünscht
ann

hallo Ann,

najanu, ganz so unschuldig sind die heideröslein-zeilen ja nun
nicht. die verwendete symbolik weist jedenfalls zu goethes
zeiten ganz klar auf vergewaltigung hin.

Ich schrieb ja, jeder erkennt das was er erkennen will.

Gruß Rumburak.

hallo Ann,

najanu, ganz so unschuldig sind die heideröslein-zeilen ja nun
nicht. die verwendete symbolik weist jedenfalls zu goethes
zeiten ganz klar auf vergewaltigung hin.

Ich schrieb ja, jeder erkennt das was er erkennen will.

So isses,

Rumburak!

Z. B. hat auch Herder

jedenfalls zu goethes zeiten ganz klar

in seiner Borniertheit das Gedicht auch nicht begriffen. Er veröffentlichte es in Unkenntnis der Verfasserschaft Goethes mehrmals als Volksliedtext, zum ersten Mal 1773, und schreibt:
„[…] zu unsern Zeiten wird so viel von Liedern für Kinder gesprochen: wollen Sie ein älteres deutsches hören? Es enthält zwar keine transzendente Weisheit und Moral, mit der die Kinder zeitig genug überhäuft werden - es ist nichts als ein kindisches Fabelliedchen. [Folgt unter der Überschrift „Fabelliedchen“ der Heideröslein-Text. Nach Strophe 1:] […] und nun folgt das kindische Ritornell bei jeder Strophe: ‚Röslein, Röslein, Röslein rot, / Röslein auf der Heiden!‘ [Folgen Strophen 2 und 3; dann:] Ist das nicht Kinderton?“
(Zitiert nach: Goethe, Berliner Ausgabe Bd. 1, S. 781 f (=Anm. zu S. 16).
Muss man wissen, dass Goethe der Autor ist, um es richtig verstehen zu können?
Schönen Gruß!
Hannes

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Daran besteht nicht der geringste Zweifel. Die Metapher vom „Brechen des Rösleins“ bedeutet im Klartext nichts anderes als die gewaltätige Defloration eines Mädchens. Manche behaupten Goethe hätte ein eigenes Erlebnis verarbeitet. Ob das wahr ist, weiß ich nicht.
Fakt ist allerdings, dass dieses Gedicht (und zwangsläufig auch das Lied) garantiert verboten wären, wenn es irgendein heute lebender Autor geschrieben hätte, und nicht der „Dichterfürst“.

hi,

Fakt ist allerdings, dass dieses Gedicht (und zwangsläufig
auch das Lied) garantiert verboten wären, wenn es irgendein
heute lebender Autor geschrieben hätte, und nicht der
„Dichterfürst“.

kannst du das bitte belegen?

gruß
ann

‚Deflorieren‘=‚die Blume pflücken‘?
Hallo marc-man,

Daran besteht nicht der geringste Zweifel. Die Metapher vom
„Brechen des Rösleins“ bedeutet im Klartext nichts anderes als
die gewaltätige Defloration eines Mädchens.

Bedeutet nicht sowieso „Deflorieren“ wortwörtlich sowas wie „die Blume pflücken“?

Gruß Jasper

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Auch wenn das Thema / der Thread alt ist - rund 11 Jahre (heute 2020) - kann ich nicht umhin auch etwas dazu zu schreiben. Ich bitte alle um Verzeihung, die itso benachrichtigt werden.
Das Gedicht ist aber auch um vieles älter und zeitlos.
Mir fehlt in diesem Diskurs das Element, dass Goethe in allen (mir bekannten) Werken subtil bis offensichtlich kritisiert.
Und mir ist auch wichtig, hervorzuheben, dass eine 4. Strophe (ich versuche nicht zu dichten)
„er brachte das Röslein der Geliebten …“ fehlt. Goethe machte keine halben Sachen.
Ich plädiere daher eindeutig für die Beschreibung einer Vergewaltigung - und dass Goethe das auch so beschreiben wollte - als Anklage, ich denke aber auch nicht, dass er sich selbst beschreibt.
Dass das seine Zeitgenossen nicht erkannten, verwundert mich nicht.
Als ich den Text vor rund 40 Jahren das erste Mal bewusst hörte, war mir klar, dass es um eine Vergewaltigung oder gewaltsames Brechen einer Frau geht. Und da wusste ich noch nicht mal, dass das von Goethe ist.
Ich bin 40 Jahre später wieder auf den Text gestoßen und erstaunt, dass man das auch anders interpretieren könnte, wenn gleich ich keine andere Interpretation gefunden habe.
Ich bin eben wieder auf den Text gestoßen, weil jemand eine Veränderung des Gedichts vorgenommen hat, die ich aber, um niemandes religiöse Gefühle zu verletzen, hier nicht poste. In der Veränderung wird der Knabe gebrochen.
Jedenfalls bin ich bass erstaunt, dass es auch andere Interpretationen des Gedichts geben könnte.