Besuch auf Intensivstation?

Hallo,
meine Frage ist die:
Wer bestimmt den Besuch auf einer Intensivstation?
Meine Schwester liegt mit Gehirnblutung, nicht bei
Bewußtsein auf der Intensiv, ich möchte sie sehen.
Mein Schwager verbietet mir den Besuch., nur er und
seine beiden Kinder dürfen sie besuchen.
Hat er das Recht dazu mir als Schwester den Besuch zu verbieten?

Danke und Grüße
Eva

Hat er das Recht dazu mir als Schwester den Besuch zu
verbieten?

Rein rechtlich leider ja, weil er als Ehemann Deiner Schwester quasi ihr vorübergehender Vormund ist.

Benni

Hallo,

da gibt es jetzt den großen Unterschied zwischen Theorie und Praxis. Tatsächlich ist es so, dass nur die Ärzte/Klinkleitung entsprechende Regelungen erlassen und durchsetzen können. Ganz praktisch sieht es aber so aus, dass in dem Fall, dass der Ehegatte mit nachvollziehbarer Begründung gegenüber dem Personal den Ausschluss eigentlich nach allgemeinen Regelungen zulässiger Personen wünscht, dem auch Rechnung getragen werden dürfte, weil man dann eben aus medizinischen Gründen die Sache nicht weiter belasten würde. Ist das „Verbot“ einfach nur privat ausgesprochen, weiß das Krankenhaus also nichts davon, wird man sich rein rechtlich problemlos hierüber hinweg setzen können, solange das Krankenhaus mitspielt.

Ich gebe aber abseits aller juristischen Betrachtungen zu Bedenken, dass in einer solchen Situation die Nerven bei allen Beteiligten blank liegen dürften. Ob man die Sache dann noch verschärfen muss? Du kannst in dieser Situation für deine Schwester ohnehin am Krankenbett nicht viel tun, so traurig und schwer zu akzeptieren dies auch sein mag.

Gruß vom Wiz

[Bei dieser Antwort wurde das Vollzitat nachträglich automatisiert entfernt]

Hallo,

Rein rechtlich leider ja, weil er als Ehemann Deiner Schwester
quasi ihr vorübergehender Vormund ist.

Wo steht das? Der § 1353 BGB gibt zwar eine so genannte Beistandspflicht auch in persönlichen Angelegenheit her. Allein „Beistand“ heißt noch nicht Vormundschaft.

Solange kein Betreuungsverfahren in Gang gesetzt ist, von dem hier nichts steht, gibt es keinen Betreuer, und soweit keine entsprechende Vorsorgevollmacht existiert, von der hier auch nichts geschrieben wurde, gibt es auch keinen Bevollmächtigten.

Rein faktisch wird man in solch einer Situation dem Ehemann üblicherweise zubilligen, gewisse Entscheidungen zu treffen, rechtlich ist er aber nicht automatisch so etwas wie ein Betreuer oder Bevollmächtigter, der tatsächlich etwas zu sagen hätte. Das wird immer dann deutlich, wenn Entscheidungen von Gewicht gefällt werden müssen, und Ärzte und Angehörige dummerweise mal nicht einer Meinung sind. Dann muss in Wege einstweiligen Rechtsschutzes schnell ein Betreuer her und oft gibt es ein wahres Wettrennen, wer den Antrag stellt und seinen Wunschkandidaten dabei durchbringt. Noch nie von den Fällen gehört, wo Betreuungsverfahren von Ärzten an Angehörigen vorbei initiiert worden sind, um endlich den blöden Ehegatten los zu werden, der doch tatsächlich wagt, einer weiteren Behandlung zu widersprechen?

Gruß vom Wiz

Rein faktisch wird man in solch einer Situation dem Ehemann
üblicherweise zubilligen, gewisse Entscheidungen zu treffen,
rechtlich ist er aber nicht automatisch so etwas wie ein
Betreuer oder Bevollmächtigter, der tatsächlich etwas zu sagen
hätte.

Das meinte ich auch nicht. Dennoch kann der Ehemann bis zu einem förmlichen Vormundschaftsverfahren erst mal alle Angelegenheiten der bewußtlosen Ehefrau regeln. Dazu zählt auch der Umgang, sprich Besuche und ähnliches. Wenn Die Angehörigen dies nicht akzeptieren, müßten sie ein Betreuungsverfahren vor Gericht anstrengen. Das Gericht wird aber dem Ehemann das Betreuungsrecht zusprechen und die Angehörigen haben dann außer Spesen nichts davon.

Deshalb ist es praktisch (wenn auch theoretisch) nicht möglich, sich gegen den Ehemann durchzusetzen. Da müßte man den Richter schon überzeugen, daß der Ehemann nicht zum Wohle der Ehefrau handelt, was kaum gelingen dürfte.

Benni

Hallo,

Das meinte ich auch nicht. Dennoch kann der Ehemann bis zu
einem förmlichen Vormundschaftsverfahren erst mal alle
Angelegenheiten der bewußtlosen Ehefrau regeln.

Nein, dass kann er definitiv nicht. Alles was über „Geschäfte des täglichen Lebens“ hinausgeht, würde einer Vollmacht oder Betreuereigenschaft bedürfen. Rein faktisch wird zumindest im Krankenhaus nach dieser so lange nicht gefragt, wie „alles in Butter“ ist, aber wenn ein Dritter die Vorlage der entsprechenden Vollmacht verlangen würde, … So rein rechtlich gesprochen sind das dann alles schwebend unwirksame Rechtsgeschäfte.

Dazu zählt
auch der Umgang, sprich Besuche und ähnliches. Wenn Die
Angehörigen dies nicht akzeptieren, müßten sie ein
Betreuungsverfahren vor Gericht anstrengen. Das Gericht wird
aber dem Ehemann das Betreuungsrecht zusprechen und die
Angehörigen haben dann außer Spesen nichts davon.

Wie kommst Du darauf, dass der Ehemann automatisch Betreuer würde? Es gibt genug Gegenbeispiele. Teilweise sachlich begründet, z.B. weil der Ehegatte selbst gebrechlich ist, teilweise auch, dass man sich wirklich an den Kopf fassen muss.

Deshalb ist es praktisch (wenn auch theoretisch) nicht
möglich, sich gegen den Ehemann durchzusetzen. Da müßte man
den Richter schon überzeugen, daß der Ehemann nicht zum Wohle
der Ehefrau handelt, was kaum gelingen dürfte.

Wie gesagt, da muss man sich gar nicht gegenüber dem Ehemann durchsetzen. Solange es keine Betreuung/Vollmacht zu seinen Gunsten gibt, hat der Ehemann rein rechtlich keine Handhabe. Wenn Ärzte sich seiner Meinung anschließen OK, wenn nicht, kann er Zeter und Mordio schreien. Ohne gerichtlichen Beschluss steht er dann ziemlich dumm da.

Gruß vom Wiz

Nein, dass kann er definitiv nicht. Alles was über „Geschäfte
des täglichen Lebens“ hinausgeht, würde einer Vollmacht oder
Betreuereigenschaft bedürfen.

Richtig, und zu den „Geschäften des täglichen Lebens“ gehört natürlich auch die Frage, wem ich die Tür öffne oder mit wem ich spreche. Das entscheidet der Ehemann für die Ehefrau.

aber wenn ein Dritter die Vorlage der
entsprechenden Vollmacht verlangen würde,

Dann müßten sie ggf. zum Gericht und einen entsprechenden Antrag stellen.

Wie kommst Du darauf, dass der Ehemann automatisch Betreuer
würde? Es gibt genug Gegenbeispiele. Teilweise sachlich
begründet, z.B. weil der Ehegatte selbst gebrechlich ist,
teilweise auch, dass man sich wirklich an den Kopf fassen
muss.

Die Gegenbeispiele kann man an einem Finger abzählen. Ist der Ehemann gesund, in der Lage die Betreuung zu übernehmen und ist für den Richter nicht ersichtlich, daß der Ehemann grob gegen den vermeintlichen Willen der Ehefrau handeln wird, bekommt er die entsprechende Vollmacht. Das ist tägliche Praxis.

Wie gesagt, da muss man sich gar nicht gegenüber dem Ehemann
durchsetzen. Solange es keine Betreuung/Vollmacht zu seinen
Gunsten gibt, hat der Ehemann rein rechtlich keine Handhabe.
Wenn Ärzte sich seiner Meinung anschließen OK, wenn nicht,
kann er Zeter und Mordio schreien. Ohne gerichtlichen
Beschluss steht er dann ziemlich dumm da.

Die Ärzte haben keinerlei Befugnisse über die Ehefrau. Sie können auch nicht bestimmen, wen sie sehen darf oder nicht. Selbst medizinische Entscheidungen dürfen sie nur treffen, wenn kein Ehemann vorhanden ist. Dann müssen sie im vermeintlichen Interesse des Patienten handeln. Wenn der Ehemann also den Besuch der Schwester verhindern will, müßte die Schwester schon vor Gericht ziehen.

Benni

Hi!

Meist wird auf Intensivstationen der Besuch nur zwei Personen gestattet. Das hat so seine Gründe (die ich im übrigen auch nicht so ganz nochvollziehen kann, aber naja :wink:).
Aber andererseits ist eine ganze Traube von Verwandten, die um den Pat. herumstehen auch nicht das Wahre. Schließlich wird der Pat. intensiv überwacht und auch betreut - daher auch der Name. Das heißt, der Arzt, Pfleger steht teilweise alle paar Minuten am Bett und wenn mehrere Besucher da sind, wird der Ablauf schon gestört (und die Ruhe sowieso).

Daher erlaubt man den Besuch nur wenigen Personen. Und dies sind dann eben die allernächsten Angehörigen, in dem Falle der Ehemann und hier eben die Kinder. Die Regelung sagt aber nicht, daß es immer dieselben Personen sein müssen!

Vielleicht kannst du dich also mit deinem Schwager absprechen, sodaß er halt mit den Kindern vormittags vorbeigeht und du (ev. mit den Eltern oder so) nachmittags. Oder ihr trefft euch vor der Intensivstation und geht abwechselnd rein.

Wirklich verbieten kann er dir den Besuch sicher nicht. Allerdings würde ich mir über seine Beweggründe dazu Gedanken machen. Vielleicht fürchtet er z.b. daß du mit dem Anblick deiner Schwester (oder der „Gerätemedizin“) überfordert sein könntest. Hast du ihn denn mal gefragt, wieso er nicht möchte, daß du deine Schwester besuchst?

Gruß,
Sharon

Hallo Eva,

Mein Schwager verbietet mir den Besuch.

unabhängig von Recht oder nicht.
Vielleicht ist es wirklich so, daß er glaubt, daß der Anblick Dich überfordern würde.
Ich habe zwar nur kurze Zeit auf einer Intensivstation gearbeitet, aber selbst in dieser kurzen Zeit einige Verwandte miterlebt, die beim Anblick ihrer Liebsten fast oder wirklich zusammengeklappt sind.

Gandalf

Hallo,

danke euch allen.

Gruß
Eva

Hallo,

Richtig, und zu den „Geschäften des täglichen Lebens“ gehört
natürlich auch die Frage, wem ich die Tür öffne oder mit wem
ich spreche. Das entscheidet der Ehemann für die Ehefrau.

Aber nicht in Deutschland. Das ist eine Frage der Personensorge und eine tatsächliche Handlung und damit gerade kein „Geschäft des täglichen Lebens“. „Geschäfte des täglichen Lebens“ sind Vertragsschlüsse, die dem gemeinsamen ehelichen Unterhalt und Leben dienen, also der Einkauf im Supermarkt, …

aber wenn ein Dritter die Vorlage der
entsprechenden Vollmacht verlangen würde,

Dann müßten sie ggf. zum Gericht und einen entsprechenden
Antrag stellen.

Sage ich doch!

Wie kommst Du darauf, dass der Ehemann automatisch Betreuer
würde? Es gibt genug Gegenbeispiele. Teilweise sachlich
begründet, z.B. weil der Ehegatte selbst gebrechlich ist,
teilweise auch, dass man sich wirklich an den Kopf fassen
muss.

Die Gegenbeispiele kann man an einem Finger abzählen. Ist der
Ehemann gesund, in der Lage die Betreuung zu übernehmen und
ist für den Richter nicht ersichtlich, daß der Ehemann grob
gegen den vermeintlichen Willen der Ehefrau handeln wird,
bekommt er die entsprechende Vollmacht. Das ist tägliche
Praxis.

Dir ist die Problematik der Betreuerbestellung eines potentiellen Erben bei finanziellen Aufgabenkreis schon bewusst?

Die Ärzte haben keinerlei Befugnisse über die Ehefrau. Sie
können auch nicht bestimmen, wen sie sehen darf oder nicht.

Schon mal vom Hausrecht gehört? Selbstverständlich kann jeder Mitarbeiter eines Krankenhauses ein ihm vom Verwaltungschef übertragenes Hausrecht wahrnehmen und Leute des Hauses und des Grundstücks verweisen. Das hat dann nicht mal was mit der Frage zu tun, ob Herr X Frau Y sehen darf, sondern geht sogar ganz grundsätzlich. Und wenn Herr X an der Tür zur Intensivstation den Lauten macht um Frau Y zu sehen, obwohl das Personal etwas dagegen hat, dann wird Herr X einfach vor die Tür gesetzt.

Selbst medizinische Entscheidungen dürfen sie nur treffen,
wenn kein Ehemann vorhanden ist. Dann müssen sie im
vermeintlichen Interesse des Patienten handeln. Wenn der
Ehemann also den Besuch der Schwester verhindern will, müßte
die Schwester schon vor Gericht ziehen.

Das ist sogar doppelt falsch. Wenn niemand erreichbar ist, und Eile geboten ist, dann muss selbstverständlich im vermuteten Interesse des Patienten gehandelt werden. Das heißt aber nicht, dass umgekehrt nach den Weisungen eines Ehemannes (oder sonstigen Angehörigen) gehandelt werden müsste, nur weil der gerade greifbar ist. Wie schon geschrieben: In der Praxis alles so lange kein Problem, wenn sich alle einig sind, weil der Arzt dann ja nur die Rückendeckung für sein ohnehin im vermuteten Einverständnis geplantes Handeln bekommt, will der Ehemann aber etwas anderes, wird er sofort feststellen, dass ihm seine Stellung als Ehemann alleine eben gerade überhaupt nichts nützt. Die ganzen Vorsorgevollmachten werden doch nicht umsonst geschrieben und die BNotK macht sich doch nicht zum Spaß das Vergnügen eine entsprechende Datenbank zu betreiben, wo man nachsehen kann, ob es einen Bevollmächtigten gibt, und wer das im Zweifelsfall ist. Und es soll durchaus Verfügungen geben, wo gerade nicht der Ehepartner, sondern ein Dritter genannt ist. In der Haut des Arztes möchte ich nicht stecken, der bei Möglichkeit der Kenntnis des wahren Bevollmächtigten einfach blank weg treudoof dem Ehepartner gefolgt ist.

Noch einmal: Das in den Fällen, wo sich alle einig sind, mit dem Ehepartner Rücksprache genommen wird und dann gemäß gemeinsamer Überzeugung agiert wird hat nichts mit der rechtlichen Seite zu tun, die ganz eindeutig ist und eine ausdrückliche Bevollmächtigung (durch Vorsorgevollmacht/Betreuerbestellung/im Wege einstweiligen Rechtsschutzes) verlangen würde. Mediziner sehen solche Dinge zwar immer wieder gerne anders als Juristen, aber das macht nichts. Bei der Frage der Bedeutung von Patientenverfügungen haben wir uns schließlich auch durchgesetzt :wink:

Gruß vom Wiz