Bewertung der Masterarbeit rechtens / anfechtbar?

Hallo,

Lernt man das nicht in den zig Semestern vorher?

Nun, zumindest bei uns ist das ein Riesenschritt von
Mini-Laborberichten oder mal nem Bericht über ein Praktikum
zur Bachelor-Arbeit. Das muss man - auch von der Zeitplanung
her - ja ganz anders angehen als so Mini-Teile :smile:

Gut, aber das ist ja vermutlich in allen Fächern so. Die Abschlussarbeit sollte ja schon von Umfang, Aufwand und Anspruch her den Höhepunkt des Studiums darstellen, in dem man halt das, was man vorher so alles gelernt hat, im großen Stil anzuwenden versucht.

wenn ein Student in seinem Studium
überhaupt mal bis zur Bachelor-Arbeit gekommen ist, dann wird
er dabei im Normalfall auch nicht mehr durchfallen. Das wäre
ja auch für die Hochschule ein Armutszeugnis, dass die diese
eklatanten Mängel vorher nicht bemerkt hat :wink:

Ja eben, man sollte es nach mehreren Semestern erfolgreichen Studiums auch schaffen, ohne dass man alles schon vorher korrigiert bekommt.

Und ich glaub, da ist der Denkfehler. Denn wenn jemand 2-3
Wochen vor dem Abgabetermin nen Haufen Sch**** abliefert, dann
wird daraus beim allerbesten Willen keine „gute“ oder „sehr
gute“ Arbeit mehr. Da werden allenfalls die allergröbsten
Klöpse noch ausgefeilt.

Das heißt, das vorherige Korrigieren wird eher dazu verwendet, jemandem, der sonst durchgefallen wäre, noch auf eine glatte vier zu helfen? Ich hatte das jetzt eher so verstanden, dass jemand, dessen Erstwerk eine drei ist, durchaus auch noch ein paar Tipps bekommt und mit denen dann auch die Chance auf eine bessere Note hat.

ganz normalen Unis und habe ganz normale Fächer studiert.

Was ist „ganz normal“?

Ganz normal heißt: zwei Fächer, die regelmäßig in den Top 20 der Studiengänge mit den meisten Studenten auftauchen :smile:. Deswegen bin ich immer davon ausgegangen, dass das so, wie es bei mir gehandhabt wird, nicht total unüblich sein kann. Manche sehr speziellen Fächer haben ja vielleicht Sonderregelungen.

Immerhin habe ich jetzt herausgefunden, dass es offenbar ein Gegensatz zwischen Ingenieurs- bzw. vielleicht auch allgemeinen Naturwissenschaften und dem Rest ist. Ich habe eher den Rest studiert, aber hätte gedacht, dass sich die Modalitäten der Abschlusserlangung nicht so arg unterscheiden.

Der TE ist ja vermutlich auch kein Ingenieur o. ä. , also finde ich es nachvollziehbar, dass seine Arbeit nicht so engmaschig betreut wurde und man ihm daraus nicht auch noch einen Vorwurf machen muss :smile:

Grüße
Sonja

Hi

Ich habe das bei BA und MA sehr widersprüchlich erlebt und auch den direkten Vergleich zu den NaWis gehabt, weil viele in meinem Freundeskreis etwa zeitgleich geschrieben haben. Daher mal meine Erlebnisse in einer Geisteswissenschaft und die mitbekommenen in Bio und Mathe:

Bachelorarbeit

GeWi: Keinerlei inhaltliche Hilfestellung. Ich bekam Beratung von meinen Betreuern und konnte jeder Zeit per Mail oder in der Sprechstunde Fragen stellen. Keiner der Betreuer hat die Arbeit vorher gesehen oder Übersetzungen geprüft. Später bekam ich beide Gutachten zu lesen und es wurde ein „Korrekturgespräch“ geführt, damit zukünftige Arbeiten besser verlaufen würden, was aber deutlich als ungewöhnlich betont wurde.

Bio: Hier fand eine starke Betreuung statt, Kapitel wurden durchgelesen und inhaltlich geprüft, Versuche begleitet und noch einmal vorab-gelesen.

Mathe: Die Arbeit wurde bereits ein halbes Jahr vor offizieller Anmeldung angefangen, was dort üblich erschien. Das fand ich schon ein wenig unfair, ich hatte ein dickes Thema in 6 Wochen zu bearbeiten und dann hört man sowas… war aber noch nicht das Ende: Hilfestellung gabs von vorne bis hinten, die Arbeit wurde mehrfach inhaltlich und formal Korrektur unterzogen, der Betreuer war im Prinzip auch Lektor.

Masterarbeit:
in Bio und Mathe lief es genauso ab, bei Bio wurden die Versuche weniger intensiv betreut.

GeWi: Einzelne Kapitel wurden gelesen und auf wissenschaftliche Standards überprüft - damit meine ich nicht die Formalia, sondern eher ob man sich mit Inhalten in die Nesseln setzt und wie gut sich das auf dem aktuellen Markt verkaufen lässt. Es wurde nie die komplette Arbeit durchgelesen, weil diese auch gar nicht linear angefertigt wurde. Sprachliche Mängel wurden nur angesprochen wenn sie auffällig waren. Korrekturen waren nicht zwanghaft zu befolgen sondern lagen in meiner Verantwortung und einige habe ich auch abgelehnt, was mir nicht geschadet hat. Es gab noch eine Abschlussbesprechung die auf einzelne Stichwörter zurückging. Übersetzungen wurden intensiv betreut, da diese auch einem sehr hohen Schwierigkeitsgrad entsprachen - aber auch nur zu einem gewissen Grad, ich glaub vier Korrekturgänge gab es bei einzelnen Übersetzungen und dann musste ich selber klar kommen. (Beide Betreuer sind sich bis heute nicht einig, wie die Stelle richtig übersetzt gehört).
Mir war das viel lieber. ich bin zwar ein Eigenbrötler und mag es überhaupt nicht, wenn in meiner Arbeit rumgepfuscht wird - aber da wo nötig habe ich auch gerne Hilfe und nehme Kritik gerne an. Diesmal hatte ich alle nötige Unterstützung, auch die, um die nicht gebeten wurde - ein Arschtritt hilft ja auch manchmal - und trotzdem konnte ich selbstständig arbeiten.
So eine komplett fremdaufgesetzte Arbeit wie bei den Mathematikern hätte mich mit tiefster Unzufriedenheit erfüllt.

lg
Kate

Ergänzung:

Da du vom Expose sprachst… so etwas gab es bei mir nicht. Mein Betreuer der MA hätte gerne eines gehabt, aber das entspricht nicht meinem Arbeitsstil und auch nicht dem (sehr forschungsintensiven) Thema in dem ich arbeite, manchmal kommt am Ende halt was ganz anderes raus. Trotzdem fällt es mir heute noch schwer Abstracts ungeschriebener Texte zu schreiben.

lg
Kate

Hallo,

Das ist ein wenig so wie Butterbrot schmieren oder ein
Spiegelein braten im Vergleich zu einem viergängigen Menue.

Ja klar, aber das ist ja der Grundgedanke, dass man die Methoden vorher lernt und im kleinen übt und die Abschlussarbeit dann eine eher einmalige Geschichte ist. Ich glaube, das ist in allen Fächern so.

Klar geht das. Wenn die Schlüsse völlig daneben sind oder
falsch, dann ginge das durchaus.

Ah, okay.

Wenn da vom BC die eine oder andere relevante Arbeit nicht
gefunden wird gibt es eine (strenge) Bemerkung, bei einem
Doktoranden kann so was übel enden. Nun sind die Zeiträume
natürlich auch völlig andere. Ein BC dauert kein halbes Jahr,
eine Promotion locker drei und mehr Jahre. Zudem hat man auch
schon die Erfahrung von einer oder zwei Abschlussarbeiten.

Logisch. Meine Masterarbeit war um Längen besser als meine Bachelorarbeit, aber sie hat trotzdem die schlechtere Note. Offensichtlich sind die Ansprüche noch steiler gestiegen als meine Fähigkeiten :wink: Aber auf den Grad, in dem der Betreuer hilft, muss das ja keinen Einfluss haben.

Grüße
Sonja

Moin,

Das heißt, zwei Monate vor der Abgabe hat dein Betreuer die
Diplomarbeit schon gelesen? Bis dahin finde ich alles völlig
normal bzw. besser als es bei mir war. Aber hier hätte dir,
wenn deine Arbeit schlecht gewesen wäre, der Betreuer gesagt,
was du ändern musst, damit es besser ist? Oder hast du dir
einfach selbst Zeit genommen, noch mal über das Ganze
nachzudenken, Korrektur lesen zu lassen und am Layout zu
frickeln?

Ja, ca. 2 Monate vor Abgabe wurde die Arbeit quasi schon gelesen (vom Betreuer aka Erstgutachter, der Zweitgutachter hat sie am offiziellen Abgabetermin in die Hand gekriegt). Wie es nun gewesen waere, wenn sie fuer die Katz waere, kann ich nicht wirklich beantworten, da dieser Fall nicht eingetreten ist, und ich denke Mal, wenn man sich als Diplomand an die Abmachungen haelt, ist dieser Fall aeusserst selten (wobei es in meinem Fach durchaus Abschlussarbeiten mit einer Vier als Endnote gibt, da muss schon Einiges schiefgegangen sein). Die Vorgehensweise ist bei uns eigentlich so ganz normal gewesen, es sei denn es tritt die unglueckliche Situation ein, dass der Betreuer eben alle 4 Wochen sich keine Zeit fuers Querlesen und anschliessendes Gespraech nehmen kann oder will.

Am Anfang waren durchaus auch groessere Diskussionen noetig, weil ich einerseits ein praxisnahes Thema hatte, andererseits sollte es aber schon eine Abschlussarbeit in Mathematik werden und nicht in Physik oder so, d.h. darueber, wo man Akzente setzt, haben wir zu Beginn etwas ausgiebiger geredet, ich haette es gern etwas angewandter geschrieben, als es geworden ist, man hat mir aber nahe gelegt mich mehr auf die theoretische Seite zu konzentrieren, diese Akzente mit Inhalt zu fuellen war aber dann meine Aufgabe und da wurde mir auch nicht mehr grossartig hineingeredet.

Fuer die geforderte Eile zu Beginn und dafuer etwas mehr Zeit am Ende war ich aber so oder so sehr dankbar, man muss (IMHO natuerlich…) auch Zeit haben, die Arbeit fuer eine Woche oder so ruhen zu lassen und sie danach selbst nochmal lesen, da fallen einem einige Ungereimtheiten und Fehler auf, fuer die man dann aber auch Zeit hat bei dieser Arbeitsweise.

So arbeite ich im Prinzip auch jetzt im Berufsleben auch, ich versuche immer „vorzuarbeiten“, damit vor irgendwelchen Deadlines noch Zeit da ist, ueber das Paper/den Vortrag/whatever nochmal nachzudenken mit ein wenig Abstand.

Gruss
Paul

Moin,

Mathe: Die Arbeit wurde bereits ein halbes Jahr vor
offizieller Anmeldung angefangen, was dort üblich erschien.
Das fand ich schon ein wenig unfair, ich hatte ein dickes
Thema in 6 Wochen zu bearbeiten und dann hört man sowas

ich moechte da ganz kurz was klaeren. Bei und gab es den folgenden Ablauf:

Nach dem der Kandidat scheinfrei ist, kann er sich ein Thema suchen und einen entsprechenden Betreuer dafuer. Dann meldet man das Thema an und damit beginnt die so genannte „Einarbeitungszeit“ fuer die Dauer von maximal 6 Monaten. In dieser Zeit macht man sich mit dem Thema „bekannt“, sucht Literatur dazu, kann einmalig noch zuruecktreten und sich ein komplett anderes Thema suchen, oder, ohne zurueckzutreten, mit seinem Betreuer gemeinsam das Thema geringfuegig aendern (wenn man z.B. feststellt, dass man sich zu viel vorgenommen hat), muss aber auch die Diplomfachpruefungen in 4 Faechern absolvieren, dazu gehoert aber natuerlich auch sich darauf vorzubereiten, vulgo lernen (meiner Erfahrung nach so 3 Wochen pro Fach sind gut geschaetzt im Schnitt). Nach diesen 6 Monaten muss man nun die eigentliche Bearbeitungszeit anmelden, die wiederum 6 Monate dauert, danach darf sich das Thema nicht mehr aendern.

Insofern steht das Thema im Prinzip schon 12 Monate vor dem Abgabetermin fest, kann in den ersten 6 Monaten durchaus auch schon Mal was schreiben, hat aber eben auch die Fachpruefungen vor sich mit insgesamt recht viel Vorbereitungsaufwand.

Natuerlich kann man unter der Hand sich ein Thema ueberlegen, einen Betreuer suchen, orentlich was schreiben und erst danach die ganze Suppe anmelden, kenne aber ehrlich gesagt niemanden, der das so gemacht hat.

Gruss
Paul

Hi Kate,

es scheint ja wirklich ein Unterschied zwischen (im weitesten Sinne) Geistes- und Naturwissenschaften zu sein. Warum auch immer.

Bio: Hier fand eine starke Betreuung statt, Kapitel wurden
durchgelesen und inhaltlich geprüft, Versuche begleitet und
noch einmal vorab-gelesen.

Das finde ich noch nachvollziehbar, wenn es um Versuche geht - man will vermutlich vermeiden, dass ein ahnungsloser Student teure Apparate beschädigt, massenhaft Laborratten killt oder Viren freilässt :wink:

Mathe: Die Arbeit wurde bereits ein halbes Jahr vor
offizieller Anmeldung angefangen, was dort üblich erschien.
Das fand ich schon ein wenig unfair,

Das war bei uns im Master ebenfalls üblich, während es bei der Bachelorarbeit auch exakt an dem Tag losging, an dem ich zum ersten Mal mit der Betreuerin über mein Thema gesprochen habe.

Hilfestellung gabs von vorne bis
hinten, die Arbeit wurde mehrfach inhaltlich und formal
Korrektur unterzogen, der Betreuer war im Prinzip auch Lektor.

Ja, das ist es, wo ich den Sinn nicht sehe, weder vom Standpunkt der Uni noch von dem des Studenten. Bei der Bachelorarbeit in Elektrotechnik, die ich mitbekommen habe, war es auch so.

Ohne Exposé wärst du bei uns übrigens nicht durchgekommen; die Präsentation desselben gab nämlich Pflichtcredits :smiley: Ob das nun die klügste Idee ist, weiß ich auch nicht, aber mir hat’s geholfen. Das kommt vermutlich auch sehr auf’s Thema an.

Grüße
Sonja

Salve!

Im Ingenieurwesen ist umfassende Betreuung eine bewährte Tradition:

Der Betreuer soll einerseits den Studenten begleiten und andererseits die Qualität des akademischen Erzeugnisses garantieren. Studenten sind keine erfahrenen Akademiker, sondern stehen mit der Abschlußprüfung erst am Anfang des Weges. Eine schlecht bewertete Diplomarbeit heißt daher in 9 von 10 Fällen, daß der Student keine oder höchstens mangelhafte Unterstützung erfuhr - d.h. Gepfusche!

Ich lese z.B. eine Diplomarbeit mehrmals, ehe ich die Abgabe zulasse.

Der Student wurde mir anvertraut und als Betreuer habe ich die Verantwortung - und den Ehrgeiz -, daß am Ende zufriedenstellende, perfekte Resultate entstehen. Der Anspruch ist, daß jeder einzelne, der bei mir diplomiert, das ihm mögliche Optimum aus der Arbeit herausholt. Daher erfolgt bis zur letzten Minute Kritik; es werden Verbesserungen diskutiert und es wird auf Feinschliff geachtet. Gut gelaufen ist es dann, wenn die Diplomarbeit den Stempel am offiziellen Abgabetag 15.55 Uhr erhält, keine Sekunde eher. Das Prüfungsamt schließt 16.00 Uhr. :smile:

Es kommt bei mir eigentlich immer vor, daß ich am Abgabetag noch um 15 Uhr spontan auf Feintuning einiger Kleinigkeiten dränge, obwohl das Prüfungsamt um 16 Uhr schließt. Oder der Student ist von der Kategorie „fauler Hund“, der nicht aus dem Tee, und wo alles immer auf die letzte Sekunde gemacht wird.

Viertel 4 wird dann gedruckt, 10 vor halb 4 renne ich mit dem Studenten schräg gegenüber in den Kopierladen, wo die geforderten drei Exemplare gebunden werden. Nach der halbe Stunde, die der Buchbinder braucht, geht es kurz nach dreiviertel 4 schräg gegenüber ins Prüfungsamt, so daß es ungefähr 5 vor um 4 den ersehnten Stempel gibt. Wenn der Student aus dem Zimmer der Prüfungstante kommt, gibt man sich erleichtert und freudig die Hand und weiß, daß unter den gegebenen Randbedingungen und in der begrenzten Zeit mit harter, guter Arbeit das Maximum herausgeholt wurde.

Die enge Zusammenarbeit mit dem Studenten ermöglicht es zudem, die notwendigen objektiven Eindrücke zu bekommen, die zur Einschätzung der Leistung und zur Erstellung eines profunden Gutachtens gebraucht werden. Ich z.B. versuche, pro Woche ein Treffen von 30 Minuten bis maximal 2 Stunden zu machen. Man sieht schnell in den ersten Treffen, ob der Student organisiert ist, oder ein Chaot, ob er zu Fache kommt, wie er Kritik aufnimmt, wie seine Herangehensweise aussieht, wieviel Eigeninitiative er zeigt. Manchmal lasse ich den Studenten vor der Doktorandenrunde referieren, wenn ein erster guter Zwischenstand vorliegt, so daß er sich im offenen Kolloquium behaupten muß.

Daß man keinen falschen Eindruck bekommt: Es herrscht der Anspruch der Universität – universitas magistrorum et scholarium, die Gemeinschaft der Lehrenden und Lernenden. Ein Student, der bei mir diplomiert, muß weitestgehend eigenständig, zielstrebig, sorgfältig und insbesondere fachlich solide arbeiten. Ich biete im Gegenzug meinen Erfahrungsschatz.

Die Praxis lehrt, daß Studenten sehr, sehr viel lernen, wenn sie intensiv betreut werden. Die angesprochene Kritikwütigkeit und der exzessive Feinschliff von Ecken und Kanten prägen den Studenten für die Zukunft, zeigen ihm Verbesserungsstrategien und geben ihm ein Vorbild, wie ein qualitativ hochwertiges akademisches Erzeugnis aussehen sollte - im Prinzipp. Man darf es bloß nicht übertreiben, sonst geht die Selbständigkeit des Studenten verloren. Konstruktive Kommunikation ist wichtig, die schlichte Korrektur mit dem Rotstift hilft selten. Ich versuche, den Studenten ins Fachgespräch zu verwickeln und ihm Wege aufzuzeigen. Was der Student davon letztlich aufgreift, ist seine Sache.

Im Ingenieurwesen ist enge Betreuung gleichzeitig die Qualitätskontrolle. Qualitätskontrolle, die es z.B. in den Geisteswissenschaften eher nicht gibt. Der hier im Forum bekannte Karl Theordor Maria von und zum Guttenberg :wink: ist das perfekte Beispiel für das Versagen der Geisteswissenschaften. Man soll nie nie sagen, doch im Ingenieurwesen wäre Guttenberg nie durchgekommen, sondern höchstwahrscheinlich aufgeflogen. Die Hürde zum Betrug wächst exponentiell mit dem Grade der Mathematisierung. Es ist bezeichnend, daß die Betrügereien der Politiker bisher ausschließlich in Fächern geschahen, die sich durch Salbadern und stumpfsinniges Auswendiglernen definieren. (Im Übrigen ironisch und höchstamüsant auch, daß es ausgerechnet die rechtskonservativ-bürgerlichen Parteien schwer trifft – dort, wo sich die selbsterklärten Leistungsträger und Hüter unserer Werte jeden zweiten Tag rhetorisch an Arbeitslosen, Gesellschaftskritikern etc. vergehen und von Ehrlichkeit, Fleiß, Gerechtigkeit, Leistungsauslese usf. schwadronieren. Ganz großes Kino.)

Nicht vergessen werden darf in der Diskussion: Eine Diplomarbeit ist keine Forschungsleistung, sondern dient dem Nachweis, daß der Student unter vorgegebenen Randbedingungen ein Thema des Studienfaches mit ihm bekannten Methoden, Werkzeugen usf. untersuchen kann. Und eine Bachelorarbeit steht deutlich unter einer Diplomarbeit.

Die Konsequenz dieses Betreuungssystems ist leider Gottes Noteninflation, eine schwerwiegende Mangelerscheinung des deutschen Hochschulwesesns. Man kann sich als Betreuer kaum distanzieren, und wenn man es tut, führt dies unweigerlich zur ungerechten Bestrafung des einzelnen. Inoffiziell gilt: 1.0 = extrem selten, denn alles muß perfekt sein, einschließlich Verteidigung und Laune des Profs – oder der Prof ist ne Lusche; 1,3 und 1,7 = Standardnoten für gute und sehr gute Diplomarbeiten; 2.0 = okay, gute Arbeit, aber irgendwas muß gewesen sein; 2,3 und schlechter = Pfusch etc.

In Insiderkreisen kursiert teilweise der Ansatz 1,0 = 1,0; 1,3 = 2,0; 1,7 = 3,0; 2,0 = 4,0; 2,3 = 5,0, eigentlich durchgefallen, Mist etc.

Das heißt, muß jemand z.B. ne 3,0 fressen, ist das nicht nur ein heftiger Tiefschlag für den Studenten sondern auch für den Betreuer. Da fragt man sich: Hat der Betreuer gesoffen und die ganze Zeit zugelötet in der Ecke gefläzt?!?!

Wie will man begründen, daß für ähnliche Leistungen viel bessere Noten gegeben wurden, weil der Prof an dem Tag bessere Laune hatte, weil der Professor den anderen Studenten wiedererkannte, leiden konnte, was auch immer?

Ich hatte deswegen mit dem Professor und seinen teilweise absurden Sichtweisen schon einmal handfesten Streit. Eine Riesenauseinandersetzung hinter verschlossenen Türen, die aber vermutlich die ganze Fakultät hören konnte. Mein Gutachten lautete 1,3, aber dem Professor paßte das Gesicht und das Arbeitsverhalten des Studenten nicht. Die Note, die der Professor festlegte (ich habe keine Entscheidungsgewalt, doch in der Regel folgt der Professor dem Gutachten des Betreuers, insbesondere wenn der Professor die Arbeit vor der Verteidigung nicht gelesen hat), lautete 2,0, die Note der Verteidigung noch massiv schlechter, obschon es eine Spitzenverteidigung war. Der Student beherrschte sein Fach und sein Thema, ließ sich nicht unterbuttern und konnte auf Grund seiner Klasse dem Professor Kontra geben. Das Resultat war die blanke Katastrophe. Der einzige wirklich herausragende Student seit langem bekommt die in Jahren schlechteste Note der Professur. Auch ein Schlag in mein Gesicht.

Selbstverständlich kam der Student hinterher zu mir ins Büro und dann ging es mit nächsten Auseinandersetzung weiter, zwischen mir und dem Studenten, der mir ordentlich Zunder gab.

Es geht bei der Diplomarbeit/Masterarbeit nicht um eine einfache Prüfung oder um eine Abschlußarbeit in den (brotlosen :stuck_out_tongue:) Geisteswissenschaften. Die Unternehmen schauen sehr genau auf die Diplomarbeit/Diplomarbeitsnote bzw. die Diplomendnote. In diese Sachen wird sehr viel hineingedeutet, insbesondere von Personalern in Großunternehmen.

Die Universitäten geben dieses Problem hinter verschlossenen Türen offen zu. In den Beratungsgesprächen zur Notenfestlegung, in Fakultätsratssitzungen und in Sitzungen des Prüfungsausschusses heißt es: „Man kann niemanden nach 10 Semestern durchfallen lassen.“, „Andere Unis bewerten weniger streng und die Abschlußnoten unserer Absolventen müssen konkurrenzfähig sein.“, „Jeder kann mal nen schlechten Tag haben und die Verteidigung versieben.“.

Ich habe diesbezüglich die Professorenschaft schon mehrfach provoziert mit der Frage, warum überhaupt Noten vergeben werden für die Abschlußarbeit. Typisch deutsch: Alles muß normiert werden.

Man sollte auf die Benotung generell verzichten; die Arbeit wird „angenommen“ oder „zurückgewiesen“. Schluß, Aus, Ende der Diskussion! Und in das Diplomzeugnis kommt das ausführliche Gutachten (2 Seiten).

Viele Grüße

Reiner

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Hallo Sonja,

leider kenne ich mich bei den Standards von Diplomarbeiten anderer Fachbereiche gar nicht aus - aber zwischen Deinen Zeilen lese ich ein „boah, das ist ja einfach“ :smile:

Das heißt, das vorherige Korrigieren wird eher dazu verwendet,
jemandem, der sonst durchgefallen wäre, noch auf eine glatte
vier zu helfen?

Nein, so ist das nicht gemeint. Sondern es ist - wie ja schon einige hier erwähnt haben - in diesen technisch-naturwissenschaftlichen Bereichen einfach so, dass der Standard recht hoch ist. Zum einen was das fachliche angeht (aber das ist ja bei allen so, nehme ich an), zum zweiten was den Umgang mit den potentiell aufwendigen Aufbauten angehet und zum dritten weil halt - wie ja hier im Thread auch bestätigt wurde - eine (mehr oder weniger) intensive Betreuung einfach üblich ist.

Stell Dir das so vor: hättest Du vor 30 Jahren Deine (damals vermutlich noch) Diplomarbeit geschrieben, wäre ein handgeschriebenes Exemplar noch okay, hättest Du das mit Schreibmaschine und ner Korrektur hier oder da getippt wärest recht fix der König gewesen :wink: Und die ersten nadelgedruckten Arbeiten - ja Himmel, jetzt biste aber wer. Und nun reich mal heutzutage ein Maschinengeschriebenes Exemplar, korrigierten Tippfehlern ein. Du verstehst was ich meine?

Ähnlich ist das so. Aus den obigen Gründen kann man Ingenieure nicht einfach so auf ihre Arbeit „loslassen“ wie man das etwa bei einer Literaturrecherche tun kann. Und daraus ergibt sich, dass die Betreuung enger ist - und damit steigen halt die Ansprüche.

Und eine Sache, die Du auch nicht vergessen darfst: die allermeisten Techniker sind nicht der begnadesten Textakrobaten :smile: Da ist’s dann schon auch klug, wenn mal jemand das Werk als gesamtes anguckt und dann die allerlustigsten Anekdoten (einige lass ich dem Cheffe ja noch drin, der freut sich auch immer *g*) korrigiert.

jemand, dessen Erstwerk eine drei ist, durchaus auch noch ein
paar Tipps bekommt und mit denen dann auch die Chance auf eine
bessere Note hat.

Nö, nicht wirklich. Denn wie gesagt, die Standards sind so, dass der Chef eine „vorkorrigierte“ Version bekommt. Würde ich dem eine unkorrigierte Arbeit vorlegen, dann wäre die Note doch recht schlecht.

Und nochmal: eine schlechte Arbeit wird auch durch 2-3 Korrekturdurchgänge niemals zu einer „guten“ oder gar einer „sehr guten“ Arbeit werden. Und eine bei der Korrektur durchgefallene Arbeit lässt sich unter Umständen auch nimmer rechtzeitig retten.

Und - Du wirst staunen - es kommen mir immer wieder Leute unter, die jegliche Unterstützung verweigern und dann lauthals heulen, wenn die Arbeit nicht oder grad noch so eben bestanden ist *g*

Ganz normal heißt: zwei Fächer, die regelmäßig in den Top 20
der Studiengänge mit den meisten Studenten auftauchen :smile:.

Da würde ich wetten dass da die Intschinöhre auch drin sind *g*

Der TE ist ja vermutlich auch kein Ingenieur o. ä.

Das wäre in der Tat interessant zu erfahren :wink:

*wink*

Petzi

Moin,

Nein, so ist das nicht gemeint. Sondern es ist - wie ja schon
einige hier erwähnt haben - in diesen
technisch-naturwissenschaftlichen Bereichen einfach so, dass
der Standard recht hoch ist. Zum einen was das fachliche
angeht (aber das ist ja bei allen so, nehme ich an), zum
zweiten was den Umgang mit den potentiell aufwendigen
Aufbauten angehet und zum dritten weil halt - wie ja hier im
Thread auch bestätigt wurde - eine (mehr oder weniger)
intensive Betreuung einfach üblich ist.

hinzu kommt auch, zumindest bei angewandten Arbeiten, dass die Abschlussarbeit als ein mehr oder weniger grosses Kapitelchen eines laufenden Forschungsprojekts konzipiert wird. Das ist ja auch so gewollt von den Foerderstellen wie die DFG und aehnliche. D.h. ich als Betreuer bin gleichzeitig auch Projektbearbeiter und habe ein vitales Interesse daran, die Fruechte der Abschlussarbeit fuer das Projekt zu nutzen.

Dafuer muss ich aber auch sicher stellen, dass die Abschlussarbeit gewissen inhaltlichen und formalen Kriterien genuegt. Der Institusleiter, der dann als Zweitgutachter auftritt, hat 100 solcher Hansels wie mich unter sich und kennt von dem laufenden Projekt hoechstens den Namen, wenn jeder zweite von uns kleinen Wichten ihm ein Mal im Jahr eine inhaltsleere und unserioese Diplomarbeit auf den Tisch knallt, haben wir ganz schnell ein Problem.

Ähnlich ist das so. Aus den obigen Gründen kann man Ingenieure
nicht einfach so auf ihre Arbeit „loslassen“ wie man das etwa
bei einer Literaturrecherche tun kann. Und daraus ergibt sich,
dass die Betreuung enger ist - und damit steigen halt die
Ansprüche.

Eben. Was aber fast noch wichtiger ist, ist gerade bei Abschlussarbeiten, die aus laufenden Forschungsvorhaben entwachsen, auch ganz klar eine Grenze zu ziehen, auf welche Themenbereiche der Student sich konzentrieren muss. Wenn man, z.B. so wie wir bei uns Strukturmechanik und Fluiddynamik „betreibt“, kommen da Physik (Thermodynamik, Festkoerperphysik, Kontinuumsmechanik, evtl. noch Elektrodynamik, Licht-Materie-Wechselwirkung), Materialwissenschaften (Mikrostruktur), ganz viel Mathematik (Funktionalanalysis, Modellierung, Theorie und Numerik Partieller Differentialgleichungen, numerische lineare Algebra, Optimierung, Dimensionsanalyse) und vllt. noch eine gehoerige Portion Laborarbeit (Versuchsentwurf, -durchfuehrung, -auswertung) zusammen. Da muss man mit Augenmass rangehen und Akzente setzen, weil inhaltlich zu jedem dieser Teiltehemen ganze Buecherregale gefuellt werden koennen. Ich habe da mittlerweile die Erfahrung gemacht, dass man die Studenten eher ausbremsen muss bzw. auch flexibel sein muss, manchmal stellt sich im Laufe des Schreibens heraus, dass bestimmte Aspekte eher in Vordergrund treten, als andere, die man sich vllt. vorher als wichtig notiert hat.

Und - Du wirst staunen - es kommen mir immer wieder Leute
unter, die jegliche Unterstützung verweigern und dann lauthals
heulen, wenn die Arbeit nicht oder grad noch so eben bestanden
ist *g*

Wobei das eine zweischneidige Sache ist. Ich habe Studenten erlebt, die jeden guten Rat, Mal ein klein wenig kuerzer zu treten, mit „ich will aber!“ quittiert haben, und sich dann hoffnungslos verzettelten (weil es z.B. keine gute Idee ist, 4 Wochen vor der Abgabe der Abschlussarbeit eine neue Programmiersprache lernen zu wollen, mit der dies und jenes vllt. einfacher geht, als man es bisher gemacht hat), es gab aber auch welche, die ihr Ding gemacht haben und uns ueberzeugt haben, dass deren Weg ein guter war. Manchmal zaubert ein Student auch Mal eine Veroeffentlichung hervor, die man selbst noch nicht kennt, und sagt „hey, guck, so kann man es doch auch machen“. Solange man als Betreuer an der Stelle eben nicht im Elfenbeinturm sitzt und alle Meinungen ausser der eigenen sofort verwirft, ist das eigentlich ein Grund, sich zu freuen.

Es gibt aber natuerlich auch genuegend Gegenbeispiele, leider. Habe auch schon haeufiger Abschlussarbeiten gelesen, die eigentlich etwas ausgedehnte Versuchsprotokolle waren (ich hab die und die Versuche gemacht und das und das dabei gemessen), eine Auseinandersetzung mit den Ergebnissen (was lernen wir daraus?) erfolgte dann trotz mehrfacher Ermahnung nicht. Aber so was passiert auch in Dissertationen, habe ich mit Erschrecken festgestellt…

Gruss
Paul

Hallo,

aber zwischen Deinen
Zeilen lese ich ein „boah, das ist ja einfach“ :smile:

da muss ich jetzt aber doch noch mal differenzieren. Ich finde schon, dass das Schreiben einer guten Abschlussarbeit einfacher ist, wenn man vor der Abgabe auf Fehler aufmerksam gemacht wird, als wenn man bis zuletzt die Chance hat, totalen Schrott zu produzieren, ohne dass einen jemand davon abhält oder es auch nur mitbekommt. Ein Kommilitone bei mir im Bachelor hatte ein sehr schlechte Note, weil er, grob gesagt, falsch zitiert hat. Der Bachelorand, bei dem ich mitbekommen habe, dass er sehr intensiv betreut wurde, hatte auch falsch zitiert, aber dann hat sein Betreuer ihm gesagt, wie er es stattdessen machen soll, und er hatte am Ende eine gute Note. Klar hatte es Letzterer da „leichter“, was das Verfassen der Arbeit angeht!
Andererseits hat der aber auch im Vorfeld etwas Konkretes entwickelt und programmiert, was jetzt funktioniert und Prozesse verbessert und so. Beim theoretischen Untermauern und Beschreiben dieses Prozesses wurde es ihm meiner Meinung nach tatsächlich eher leicht gemacht, aber ich gehe davon aus, dass dafür der Teil vorher - Entwickeln, Programmieren, Testen, Fehlersuchen, Verbessern, bla - kein Spaziergang war. *Das* ist die Leistung, mit der ich als Nicht-Ingenieurin leicht zu beeindrucken bin und gerne glaube, dass man sich das nicht aus dem Ärmel schüttelt.

Der TE ist ja vermutlich auch kein Ingenieur o. ä.

Das wäre in der Tat interessant zu erfahren :wink:

Anhand der Vika tippe ich auf ein pädagogisches Fach oder generell einen Master of Education. Vermutlich ist es da dann noch mal ganz anders :wink:

Grüße
Sonja

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Hi,

alles in allem stimme ich Dir zu. Nur zwei Punkte habe ich:

  1. Meiner Meinung nach muss nicht in der letzten Minute abgegeben werden. Mein Betreuer meinte damals, dass zu einem guten Ingenieur auch eine gute Zeitplanung gehört. Dementsprechend war ich auch sage und schreibe einen Tag vor Abgabe fertig…

  2. Wenn es eines Tages wirklich keine Noten mehr für die Abschlussarbeit geben würde, dann finden die Bürokraten sicher einen Weg, das Gutachten zur Arbeit derart zu vergewaltigen, dass man einen Anwalt braucht, um das Gutachten zu verstehen.

Gruss,
Herb

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