Bibel -> 2 Sintflutgeschichten?

Hallo,
unser Lehrer meinte, wir sollen uns über die zwiespaltigkeit der Sintflutgeschichte um Noah informieren.
Er sagte, dass sie im Grunde aus 2 zusammengesetzten geschichten bestehen würde, stimmt das?
Das könnte man unteranderem daran sehen, dass verschiedene Gottesnamen hintereinander verwendet werden.
Ich versteh das nicht, kann mir da bitte jemand weiterhelfen?
Welche indizen gibt es dafür, dass es zwei geschichten sind?

PS: Muss das als Vorbereitung auf meine Klausur wissen!

2 Sintflutgeschichten?
Hi,

Er sagte, dass sie im Grunde aus 2 zusammengesetzten geschichten bestehen würde, stimmt das? Das könnte man unteranderem daran sehen, dass verschiedene Gottesnamen hintereinander verwendet werden.

Welche indizen gibt es dafür, dass es zwei geschichten sind?

Keine Ahnung, wo dein Lehrer das herhat. Vielleicht verwechselt er (oder du selbst?) das mit der allerdings zweifellosen Tatsache, daß der Anfang der Genesis zwei unterschidliche Schöpfungsmythen enthält (1.Mo 1.1.-2.3 und 1.Mo 2.4ff). Die unterscheiden sich unter anderem auch dadurch, daß in der ersten (= der jüngeren, das 6-Tage-Werk) der Gott אלהים (elohim) genannt wird, wogegen in der zweiten (= der älteren, der Eden-Mythos) יהוה אלהים (jahwe elohim). Beide Mythen haben auch unterschiedliche Vorgänger bzw. Prototypen in Ägypten und in Babylon/Akkad.

Dieser Unterschied in den Gottesbenennungen (jahwe, elohim, jahwe-elohim) war im 19.Jhdt der Ausgangspunkt für die Theorie, daß die Mosesbücher von 3 (bzw 4) unterschiedlichen Redaktionen verfaßt wurden: Jahwist, Elohist und Priesterschrift. Die Theorie wird heute weitgehend bestritten.

In der Noah-Erzählung wird der Gott durchgehend „Elohim“ genannt, mit wenigen Ausnahmen, wo er „Jahwe“ (JHWH) geschrieben wird. Der Erzählungsfaden ist aber einheitlich und es gibt keinen triftigen Grund, dort eine Kompilation aus unterschiedlichen Erzählungen zu vermuten.

Gruß
Metapher

Hallo Sven Hutzler,

Neben den beiden hebräischen Bezeichnungen für Gott (die meistens in eigenständigen Abschnitten stehen) gibt es weitere Anzeichen; das wichtigste ist wohl, dass Noah im einen Abschnitt „zwei Tiere“ von jeder Tierart mitnehmen soll, „ein Männchen und ein Weibchen“ (Gen 6,19), im andern Abschnitt wird das aber etwas genauer gesagt: Noah solle von den „reinen“ Tierarten je sieben Paare, von den „unreinen“ je ein Paar mitnehmen (Gen 7,2; 8,20). Man mag darin eine Verfeinerung sehen, dennoch ist es gut möglich, dass hier eine andere Variante der Geschichte mit ins Boot geholt wird oder wenigstens eine Interpretation der Geschichte in streng jüdischem Sinn getroffen wird.

(Du weisst vermutlich schon, dass Juden reine und unreine Tiere unterscheiden, wie es Moses in den anschliessenden Büchern nach dem Buch Genesis vorschreibt. Reine Tiere sind solche, die man essen, berühren und von denen man ungehemmt sprechen darf, unreine sind solche, deren Namen man in religiösen Zusammenhängen nicht einmal erwähnen soll. „Rein“ sind z. B. das Rind und viele andere mehr, „unrein“ der Hase und viele andere mehr.)

Eine weitere Besonderheit ist, dass die Geschichte von genauen Zeitangaben (40 Tage, 150 Tage) spricht, aber dass nicht ganz klar ist, was diese bedeuten. Regnete es 40 Tage lang oder stieg das Wasser 150 Tage lang? Beides ist möglich, aber es fällt schon auf, dass mit so genauen Angaben davon gesprochen wird und ohne nähere Erklärungen. Es könnte sein, dass Varianten der Geschichte auch hier verwoben sind.

Es können also eine, zwei oder mehr Geschichten sein. Angenommen wird im allgemeinen:

  1. eine Verwandtschaft der Sintflutgeschichte mit dem Gilgamesch-Epos aus dem babylonischen Raum, also ist möglich, dass eine eigenständige Überschwemmungsgeschichte darin verwoben ist
  2. die Gegenwart der jüdischen Religion/jüdischer Riten, welche aber nicht allgegenwärtig sind (siehe oben die Stelle mit den „zwei“ bzw. „sieben“ Tierpaaren)
  3. die eigenständige Geschichte in Gen 9 (Sem, Ham und Jafet im Zelt)
  4. Mehr als ein Stil: Der Stil dieser Zelt-Geschichte kommt im übrigen Teil der Noahgeschichte bisweilen auch vor und wechselt sich mit dem übrigen Schreibstil ab; dem Stil der Zeltgeschichte wird der Gottesname Jahwe und werden genaue Zahlenangaben zugeordnet, dem übrigen der Gottesname Elohim und etwas allgemeinere Zahlenangaben; mehrere Teile der Bibel zeigen diese beiden Arten des Schreibens.

Das ist aber alles nur Theorie. Man hat seit dem 18. Jahrhundert in reformierten Kreisen immer wieder versucht, in der ganzen Bibel „Erzählstränge“ zu finden, also z. B. einen, der von Gott als „Jahwe“, einen andern, der von Gott als „Elohim“ redet und weitere mehr. Ganz auseinanderhalten kann man sie bis heute nicht; die Forschung ist auch von diesen Unterscheidungen wieder weggekommen. Das gilt auch für die Sintflutgeschichte: Obwohl es Indizien gibt, ist die Sache für die Wissenschaftler längst nicht geklärt.

Gruss,
Mike

OT-Nachtrag: Einprägen
Hallo Sven Hutzler,

hier noch die Eselsleiter (wir sind zwar kein Hausaufgabenforum):

Einprägen würde ich mir die vier Punkte:

  • Gilgamesch-Geschichte
  • Anzahl Tiere
  • neue Geschichte am Ende
  • Zählung der Tage
    (ergibt aus den Anfangsbuchstaben das Wörtchen „ganz“ - könnt’ja eine Gedächtnisstütze sein…)

Gruss,
Mike

Ich korrigier mich: Die 2-Quellen-These
Im Kontext der historisch-kritischen Forschung wird tatsächlich eine Zwei-Quellen-Kompilation des (biblischen) Sintflut-Mythos diskutiert.

Die Grundlage bildet die Untersuchung von
Lutz Schrader: Kommentierende Redaktion im Noah-Sintflut-Komplex der Genesis"
In: Zeitschrift für die Alttestamentliche Wissenschaft. 1998, Bd. 110, Heft 4
Siehe
http://www.reference-global.com/doi/abs/10.1515/zatw…

Und hier hast du eine ausführliche Zusammenstellung der Argumente:
http://www.fb1.uni-siegen.de/evantheo/mitarbeiter/na…

Gruß
Metapher

4 Like

Wow,
Danke für die ausführlichen Antworten Mike und Metapher!
Ihr habt mir wirklich geholfen, mich besser auf meine Klausur nächste Woche vorzubereiten.
Gruß Sven

Guten Tag,

dein „lehrperson“ hat nur teilweise recht.
es sind mehrere erzählungen, die wiederum von religionen abgewandelt wurden. die tage, die „herr Noah“ mit seiner familie auf hoher see gewesen sein soll, weicht von der erzählung aus dem geneses und gilgameschtafel 11 (http://www.lyrik.ch/lyrik/spur1/gilgame/gilgam11.htm) wesentlich ab. zudem ist die erzählung im koran eine andere, denn im islamlehre geht ein sohn nicht mit an bord und ertrinkt in den fluten.
da das original in hethitische sprache schlecht erhalten war, kann man die geschichte nicht entschlüsseln. wie wiedersprüchlich die eine geschichte aufgearbeitet wurde, kann man am landungsgebirge sehen. die bibel schreibt von berg ararat, wehrend die keilschrifttafel von gebirge erzählt. noah heisst im sumerischen utnapischtim. da die tafeln in hethitischen keilschrift verfasst wurden und keilschrift nun mal hethitische schrift war, wird die geschichte nicht entschlüsselt werden. das die warscheinlischkeit, das diese geschichte sich in „atlantis“ abgespielt haben muss, ist relativ gross, denn es gibt viele paralelen zur erzählung von platon.
die kirchen sind inzwische von der geschichte abgekommen und erklärt, das die „sinn“ flut eine geistige abhandlung sein soll.
das kapitel ist nicht abgeschlossen.

viel spass bei der lösung.

tinaz o.

Hallo
@ARFINDA 1 Ist diese Aussage ein Jux?

…die kirchen sind inzwische von der geschichte abgekommen und erklärt, das die „sinn“ flut eine geistige abhandlung sein soll. das kapitel ist nicht abgeschlossen…

Nein, wird es auch nie sein, da u.a. immer mehr archäologische korrekte Beweise vorliegen dass die Sintflut sehr wohl war, es gibt genug davon. Den sichersten Beweis aber liefert die Bibel, da auch Jesus davon gesprochen hat in Matth.24,38,39 Luk.17,27,2.Petr.2,5…Schlachter 2000 wenn jetzt eine Kirche die Sintflut als „geistige Abhandlung“ bezeichnet, dann muss sie wohl auch Jesus als Märchenerzähler einstufen… Die Sintflut war das Gericht Gottes über die damalige gewalttätige Welt …speedytwo