Biegeradius bestimmen

Hallo Matheexperten,

dieses Thema hatte ich gestern schon im Physik-Brett veröffentlicht. Da es sich aber im Grunde um ein rein geometrisches Problem handelt, habe ich es dort wieder gelöscht und nun hier reingesetzt. Es geht um ein Problem mit einem elastischen Körper, bei dem ihr mir evtl. helfen könnt. Die Situation ist in dieser Abbildung skizziert. Ein Stab (genau genommen ist es in meine…

Hallo,

dieses Thema hatte ich gestern schon im Physik-Brett
veröffentlicht. Da es sich aber im Grunde um ein rein
geometrisches Problem handelt,

wirklich ?
Hattest Du da nicht eine Frage an den Statiker ?

(genau genommen ist es in meinem Fall eine Polyesterfolie)

Eben, diese nimmt wohl kaum Kräfte auf so daß sie „gestaucht“ würde
also eine elastische (plastische ?) Verkürzung erfahren würde- oder?

um die Länge e gestaucht.

Nur die Distanz der sonst (fast) unveränderten Länge des Gebildes.

Hierzu habe ich aus der Literatur folgende Formeln rausgekramt:

Zur Physik oder Geometrie ?

die gerechneten Ergebnisse sind zu klein.

Dies würde tatsächlich zutreffen, wenn die geometrische Länge durch
stauchen verkürzt würde.Sehr geringe Unterschiede dieser Länge
bringen relativ stärkere Auswirkungen auf die"Ausbeulung".
Außerdem - hast Du die volle Endeinspannung der „Folie“ an den Enden
im Experiment auch 100%ig realisiert ?

Irgend etwas stimmt also offenbar noch nicht.

Die Formeln gelten eventuell auch nur für kleine Auslenkungen.

…den Krümmungsradius R in der Mitte des Stabes.

Die Radien der „Krümmungen“ entlang des Stabes sind fortlaufend
veränderlich und entsprechen für einen statisch beanspruchten
Druckstab im elastischen Beanspruchungsbereich genau dem dort
auftretenden Biegemoment (im Vergleich).
Ich kann jetzt auch nicht sagen, wie dies auf die Schnelle zu
rechen ist.Wahrscheinlich geht dies nur über iterative Methoden.

Gruß VIKTOR

Hallo Viktor,

mich interessieren keine Kräfte oder Biegemomente sondern nur der Biegeradius (und zwar in der Mitte der Anordnung). Die Länge der Folie selbst bleibt auch konstant (es findet keine Streckung o. ä. statt). Der Begriff Stauchung war von mir wohl etwas unglücklich gewählt. Ich meinte damit eine Verkürzung der Distanz zwischen den Lagern. Daher sollte das Problem meines Erachtens rein mathematisch, ohne Kenntnisse der Statik/Mechanik, lösbar sein. Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren. Dann ziehe ich eben wieder ins andere Forum um :smile:
Und bei den Lagern handelt es sich definitiv um eine feste Einspannung (wird in meinem Fall mit Metallklemmen realisiert) und KEINE gelenkige Lagerung.
Der Fall ist im Grunde ganz einfach nachzuvollziehen. Legt ein Blatt Papier vor euch, drückt mit den Fingern links und rechts auf die Kanten und schiebt es ein Stück zusammen. Dann hat man exakt den Fall, der mir gerade vorliegt.

Die Formeln habe ich aus dieser Veröffentlichung: http://dx.doi.org/10.1016/j.tsf.2011.07.056 (wird vermutlich für viele hier nicht einsehbar sein).

Demzufolge passen die Formeln gerade für kleine Auslenkungen sehr gut und werden zu größeren Auslenkungen schlechter. Ferner wird dort auf das Buch „The stability of elastic systems“ von Britvec verwiesen. Mittlerweile liegt mir das Buch auch vor. Demnach scheint

k = sin(a/2)

zu sein. Dabei ist a der Winkel an den beiden Wendepunkten der durch die Folie beschriebenen Kurve gegenüber der Verbindungsachse durch die Lager (also der größte Winkel, der auftritt). Wie man diesen Winkel aber bestimmt, konnte ich leider noch nicht herausfinden…

Hallo Tim.

der Distanz zwischen den Lagern. Daher sollte das Problem
meines Erachtens rein mathematisch, ohne Kenntnisse der
Statik/Mechanik, lösbar sein. Ich lasse mich aber gerne eines
Besseren belehren. Dann ziehe ich eben wieder ins andere Forum
um :smile:

Die Folie hat mathematisch gesehen viele Möglichkeiten, wie die Form verändert werden könnte. Z. B. könnte sie sich dreieckig aufstellen mit einer scharfen Spitze, oder auch rechteckig, also direkt senkrecht aus den Lagern aufsteigen. Das tut sie aber nicht, sondern statt dessen nimmt sie diejenige Form an, in der die gespeicherte Energie minimal ist. Diese wiederum setzt sich aus der potentiellen Energie (Lageenergie, wenn die Folie angehoben wird) und der Spannenergie im Inneren der Folie zusammen. Je stärker man die Folie verbiegt, desto mehr Energie muss man aufwenden. Deswegen ist die reale Lösung wahrscheinlich in irgendeiner noch zu präzisierenden Form diejenige Kurve, welche über die gesamte Länge summiert die geringste Krümmung aufweist. Ich kann diese Gedanken aus dem Stand nicht formalisieren. Aber dennoch sollte klar werden, dass es sich hier um ein mathematisches Problem mit physikalischen Randbedingungen handelt.

Die Formeln habe ich aus dieser Veröffentlichung:
http://dx.doi.org/10.1016/j.tsf.2011.07.056 (wird vermutlich
für viele hier nicht einsehbar sein).

Das ist sehr einsehbar, aber für mich wenig erhellend. Du benutzt offenkundig die Formeln (1), (2) und (3), hast nur die Buchstaben ausgetauscht, also e statt \delta_a und h statt \delta_d und k statt \eta. Mir scheint, dass Du Ergebnisse wie die aus Fig. 3. produzieren möchtest. Dabei fehlt aber wohl im Paper eine Erklärung, wie der Parameter \eta bestimmt wird. Wenn das in der referierten Literatur [33], dem von Dir schon genannten Fachbuch, nicht erläutert wird, dann kann ich auch nicht helfen.

Demzufolge passen die Formeln gerade für kleine Auslenkungen
sehr gut und werden zu größeren Auslenkungen schlechter.

So zeigt es die Graphik.

Ferner wird dort auf das Buch „The stability of elastic
systems“ von Britvec verwiesen. Mittlerweile liegt mir das
Buch auch vor. Demnach scheint

k = sin(a/2)

zu sein. Dabei ist a der Winkel an den beiden Wendepunkten der
durch die Folie beschriebenen Kurve gegenüber der
Verbindungsachse durch die Lager (also der größte Winkel, der
auftritt).

Na, dann ist doch alles klar. Mache ein Foto von Deinem Experiment, zeichne von Hand die Wendetangenten ein und miss die Winkel aus. Das ist zwar nicht besonders genau, aber sollte für den nächsten Schritt Vergleichswerte liefern. Wenn Du das Foto einmal hast, dann kannst Du auch den berechneten Krümmungskreis einzeichnen und inspizieren.

Liebe Grüße,

TN

Hallo Tim,

dieses Thema hatte ich gestern schon im Physik-Brett
veröffentlicht. Da es sich aber im Grunde um ein rein
geometrisches Problem handelt, habe ich es dort wieder
gelöscht und nun hier reingesetzt.

Physik wäre wohl schon passend gewesen.

Deine Formel geht von einem homogenen Mateial aus, das passt aber in der Praxis nicht so ganz.

  1. Die Folie wird Dickenschwankungen aufweisen.
  2. Die Polymerketten liegen nicht überall gleich Dicht und mit der selben Orientierung.

Mit zunehmeder Stauchung nehmen auch die lokalen Minima und Maxima durch diese Unterschiede zu.

MfG Peter(TOO)

Hallo Tim,

mich interessieren keine Kräfte oder Biegemomente sondern nur
der Biegeradius (und zwar in der Mitte der Anordnung).

die Formeln, welche Du aus der Literatur entnommen hast beruhen auf
empirischen Ermittlungen.
Wenn Du aber eine exakte Berechnung erstrebst,dann mußt Du auch
die physikalischen Randbedingen berücksichtigen.

Daher sollte das Problem meines Erachtens rein mathematisch, ohne
Kenntnisse der Statik/Mechanik, lösbar sein.

Die Formgebung der „gestauchten“ Folie hängt aber nur von den
physikalischen (statischen !) Parametern ab.
Mathematisch, also geometrisch sind unendlich viele Formgebungen
möglich.

Ich lasse mich aber gerne eines Besseren belehren.
Dann ziehe ich eben wieder ins andere Forum um.

Ja, mach mal.

Demzufolge passen die Formeln gerade für kleine Auslenkungen
sehr gut

Deutete ich ja schon an.

und werden zu größeren Auslenkungen schlechter.

Also eindeutig eine Formel aufgrund empirischer Ermittlungen.
Mathematik(allein)kannst Du Dir dann schenken.

Ferner wird dort auf das Buch „The stability of elastic
systems“ von Britvec verwiesen.

Nun denn, was willst Du dann hier ?
Gruß VIKTOR

Hallo Tim,
eines der Probleme könnte auch der Einfluss des Eigengewichtes der Folie auf ihre Durchbiegung sein. Die Eulerschen KnickFälle gehen meines Wissens von vernachlässigbar kleinen EigenGewichten ( im Vergleich zur Steifigkeit ) aus.
Wie sieht Deine Folie denn aus, wenn die Wölbung statt nach oben nach unten herausbeult?
Freundliche Grüße
Thomas

Hallo zusammen,

ich denke das Eigengewicht bzw. Gravitation allgemein kann man in diesem Fall getrost vernachlässigen. Die Probenfläche beträgt lediglich wenige cm^2. Ich habe in meinem Versuchsaufbau jetzt auch gleichzeitig Polyimid- und Kupferfolie untersucht. Beide verformen sich auf absolut identische Weise, obwohl sich das Gewicht um etwa eine Größenordnung und die E-Module um zwei Größenordnungen unterscheiden. Zweiflern lasse ich gerne ein Beweisfoto zukommen.
Ich halte es außerdem für zulässig davon auszugehen, dass die Proben überall gleich dick sind und die Querschnittsfläche über die gesamte Probenlänge konstant ist. Theoretisch mögen Anisotropien und Inhomogenitäten sicher eine Rolle spielen. Ich denke aber, dass man das hier locker und den Tisch fallen lassen kann. Es geht mir auch nur um moderate Biegeradien. Eine extreme Stauchung der Proben sollte also nicht auftreten. In einem Freihandversuch mit Papierstreifen gab es augenscheinlich auch keinen Unterschied, ob sich der Körper nach oben oder unten wölbt. Sogar zur Seite hin (also bei vertikaler Positionierung der Probe) war die Verformung gleichartig. Ein Einfluss des Eigengewichtes sollte damit endgültig auszuschließen sein.

Meines Erachtens sollte es also prinzipiell egal sein, ob ich einen Stahlträger oder ein Blatt Papier vor mit habe. In erster Näherung muss nur gelten, dass der körper ideal elastisch und masselos ist.
Als geometrische Randbedingung sind wohl noch die Winkel an den Lagern wichtig, die 0 bzw. pi betragen.

Das präzisiert man wie folgt:

Lageenergie = 0 :wink:
Krümmenergie: Man kann sich überlegen, dass das infinitesimale Energieelement kappa^2 ds ist, wobei ds das Bogenlängenelement und kappa die lokale Krümmung ist. (Bis auf eine dimensionsbehaftete Konstante). Es ist also diejenige Kurve zu suchen, die
\int \kappa^2 ds minimiert. Was mit Stadardmethoden der Variationsrechnung auf eine Differentialgleichung führt, die etwas aufwendig zu bearbeiten ist. Man stößt aber tatsächlich auf die besagten elliptischen Integrale.
Ich habe mich in letzter Zeit aus Spaß ein wenig für dieses Problem interessiert (mein Handbeispiel war tatsächlich das erwähnte Blatt Papier). Komplett ohne Näherungen das auszurechnen, was gebraucht wird, scheint mir nur numerisch möglich. Eine komplette Rechnung habe ich auch noch nirgendwo gesehen (daher mein Interesse).

w.bars

So, um diesen Beitrag zum Abschluss zu bringen, möchte ich kurz die Lösung angeben, die ich mittlerweile gefunden habe.

Das von mir gesuchte Modul k ist k = sin(a/2). Was der Winkel a ist, habe ich ja weiter unten schon mal erwähnt. Berechnet wird dieser Winkel nun mit a = sqrt(e/(0,238*L)).
Die 0,238 ergibt sich aus einem üppigen Term voller Winkel und trigonometrischer Funktion, dessen Herleitung ich noch nicht ganz nachvollziehen konnte.
Aber das ist erst mal zweitrangig. Jedenfalls bin ich jetzt in der Lage Werte zu berechnen, die sich mit meinen experimentellen Daten sehr gut decken :smile: