Überhaupt nicht seltsam, die Problematik ist schon seit langem
bekannt, nur traut sich kein Politiker, dagegen ernsthaft
vorzugehen, die Gewerkschaften und die Grünen heulen ja mal
wieder unisono auf, klar, war ja zu erwarten, außerdem sind
das Wählerstimmen.
Das stimmt doch gar nicht, Rainer. Als hätte man just in diesen Tagen erkannt, welch ein grosser Leistungsbetrug sich durch die Ämter zieht. Und: Die Bevölkerung scheint das schon lange gewusst zu haben, wie sonst käme sie dazu, die Leistungsbezieher als „Schmarotzer“ und ähnliches zu titulieren. Selbstverständlich gehen die Politiker dagegen an, nur tun sie dies stets nicht konstruktiv, sondern in einer herabwürdigenden Weise. Die Sache mit „Arbeitslose statt Arbeitslosigkeit bekämpfen“ ist doch schon ein alter Spruch.
Dass Gewerkschaften und Gründe aufheulen, ist mir neu. Ich vernahm nur, dass die Gewerkschaften ihre Mitglieder in den vergangenen Jahren mehr (furchtbar) schlecht als recht vertreten haben. (Kenne ich aus eigener Anschauung; war in der IG Chemie.) Und mit den Arbeitslosen haben sie herzlich wenig zu tun, denn sie vertreten in erster Linie die noch Arbeitenden, wobei sie sich mit fadenscheinigen Argumenten von der Gegenseite über den Tisch ziehen liessen. Da wundert es mich nicht mehr, wenn ihnen die Mitglieder davonlaufen, weshalb sie sich zu einer grossen Gewerkschaft zusammenschliessen müssen, um noch halbwegs ein Machtpotential darzustellen.
Und die Grünen heulen schon lange nicht mehr auf, denn „grüne Rebellen beissen nicht“ (Volker Pispers). Im Gegenteil: Am Tage der „Faulheits-Aussage“ hat sich Oswald Metzger (Landesgeschäftsführer) gleich mit Schröder identifizieren können, denn man konnte in dem Interview mit Metzger wahrlich nicht entnehmen, dass hier ein Aufheulen stattfand. Hätte man nicht gewusst, welcher Partei er angehört, man hätte ihn ebenso für einen FDP- oder CDUler halten können.
Solange man mit Sozialhilfe und ein bißchen Schwarzarbeit
genau so viel verdient, wie mit Vollzeitarbeit, wird sich da
nichts ändern.
Das Arbeitsamt kann nur Vorgaben der Politik umsetzen, glaub
mal bloß nicht, daß denen das gefällt.
Die würden ganz anders rangehen, wenn sie dürften.
Dein erster Satz ist eine Aussage, die man permanent vor allem von Konservativen hört. (Wobei ich mir schon lange nicht mehr sicher bin, ob zu dieser Gruppierung allein CDU/CDU und FDP gehören.) Und in den letzten Tagen haben solche Aussagen Saison. Dabei wird allerdings die kleine Feinheit übersehen, dass nicht etwa Sozialhilfe so hoch angemessen ist, dass sich davon gut leben lässt und an die Gehälter heranrückt, sondern dass die Gehälter real verloren haben. Gleichzeitig ist zu bedenken, dass vor allem Familien und Sozialhilfeempfänger wenig von Steuerreformen haben, die ja eigentlich entlasten sollen. Familien deshalb, weil andere Steuern wiederum zugeschlagen werden, z. B. Ökosteuer; Sozialempfänger deshalb, weil sie keine Steuererklärung abgeben können/müssen, jedoch ebenfalls Steuern zu haben. (Kannst Du im Archiv von MONITOR nachlesen: http://www.wdr.de/tv/monitor/archiv.phtml)
Arbeitsämter haben die Druckmittel in der Hand, und wie bereits geschrieben, gibt es Gesetze, die sie anwenden könnten. Wenn sie das nicht tun, dann sollte man die Bediensteten vielleicht einmal umbesetzen. Dann kämen wir diesem Leistungsprinzip „Leistung soll sich lohnen“, das ja gerne die Konservativen aussprechen, ein Stückchen näher. Und die Bediensteten, die das nicht erfüllen, müssten sich mit einer weniger qualifizierten Arbeit zufrieden geben. Dann geschähe ihnen genau das, was von den Arbeitslosen stets gefordert wird.
Hierbei muss man natürlich zugestehen, dass sich die Bediensteten wie überall und anderswo verhalten: Die Verantwortung wird nach oben abgegeben, denn man ist ja nur Befehlsempfänger.
Last but not least sei noch einmal festgehalten - man kann es auch nicht oft genug sagen! -, dass eben eine solche Verantwortung auch auf die Leistungsbezieher abgewälzt wird, die man zudem stigmatisiert. Wenn in diesem Lande Unternehmen Rekordgewinne einfahren, das BIP steigt, Personalabbau betrieben wird, Gewerkschaften Arbeitnehmerrechte abgeben, dann stimmt etwas ganz gewaltig nicht! Man kann von den Entlassenen noch so lange fordern, mobil und flexibel zu sein, wenn es keine anständige Arbeit gibt, gibt es eben keine Möglichkeit, eine zu finden. Und wenn die Arbeitgeberseite weiterhin durchsetzt, Löhne zu drücken, werden immer mehr Leute zu staatlichen Leistungsbeziehern, weil das verdiente Geld nicht mehr für den Lebensunterhalt ausreicht. Somit hätte die Wirtschaft einmal mehr erreicht, dass Gewinne privatisiert und Kosten sozialisiert werden. Und es kann Dir doch auch nicht recht sein, dass Deine Steuergelder für Leistungsbezüge draufgehen, nur weil die Wirtschaft sich nicht um staatliche sowie Deine und meine Interessen schert, sondern allein nach Möglichkeiten der Gewinnmaximierung sucht. Würde dies endlich einmal erkannt werden, würde sich sich die Frage nach den wirklichen „Schmarotzern“ stellen.