Bin ich im Buddhismus auf mich alleine gestellt?

Weder - noch.

Es sind schlicht erhebliche Zweifel daran, dass es für einen Buddhisten irgendeine Rolle spielt, ob ihn jemand behütet. Schon allein deswegen, weil der Gegenstand dieser Behütung (‚ihn‘) ein Irrtum ist.

Ob der Buddhismus ‚persönliche Führer‘ kennt, hängt davon ab, wie man diesen sehr vagen Begriff konkret fasst. Deswegen habe ich nachgefragt, was Du damit meinst.

Schöne Grüße

MM

Du bist sehr streng. Ich mache mir heute abend nicht mehr die Mühe, herauszufinden, ob Du bloß mit mir so streng bist. Egal.
Ich habe meine Darstellung aus dem Gedächtnis bezogen. Meine letzten literarischen Kontakte zum Buddhismus liegen ca. 20 Jahre zurück,
Sorry sollte ich was durcheinander gebracht haben. Aprilfisch, Du hast es geschafft, mich zu verwirren.

Vielleicht bin ich wirklich verwirrt,

Ich meine die Boddisatvas

Nein, im Buddhismus bist Du nicht auf Dich allein gestellt Im Buddhismus hast Du geistige Helfer

Mir wird es im Traum nicht einfallen, einem fundierten Buddhismus-Kenner wie @Tychiades in dieser Frage vorzugreifen. Daher nur kurz aus meiner Perspektive:

Es gibt im Buddhismus weder

noch

Bodisatvas

Auch nicht vor 20 Jahren, als du „mal etwas über Buddhismus gelesen“ hast.

Die Bodhisattvas (sic!), die du jedoch meinst, haben mit „Engeln“ aus der christlichen Volksmythologie nichts, aber auch gar nichts an Ähnlichkeit, weder in ihrem Wesen noch in ihrer Rolle, die sie ggf. für Menschen spielen. Das kann man btw. allein schon an ihrer Bezeichnung erkennen. Denn der Begriff „bodhi“ ist religionshistorisch ein Alleinstellungsmerkmal des Buddhismus! Und das auch bzgl. unterschiedlicher, vom Mahayana abweichender Konzeptionen/Schulen/Richtungen wie z.B. Theravada, Vajrayana usw.

Die christliche Angelologie, systematisiert zuerst von Pseudo-Dionysius Areapagita in seiner Schrift „Über die himmlischen Hierarchien“ (περι της ουρανιας ιεραρχιας, ca. 5. Jhdt n.Chr.), ist lediglich ein christianisierter Nachschlag der nachexilischen vorchristlichen Fassung der jüdischen mal’achim (מלאכים), vorzüglich im apokalyptischen und apokryphen Schrifttum, die ihrerseits eine Adaption der altiranischen yazata bzw ameša spenta waren. Im Unterschied zu diesen awestischen Vorläufern, die tatsächlich Bedeutung auch für die Lebensführung der Menschen hatten, sind die hebräischen Wesen, wie ihr Name sagt (ebenso wie ihr griech. Analogon αγγελοι, aggeloi) „Botschafter“ und Auftragausführer Gottes, teilweise auch Beschützer, aber weniger Helfer für die Gläubigen.

Die sog. „Schutzengel“, in der Hierarchie des Areopagita die unterste Kategorie, in ihrer Funktion als je persönliche Begleiter, sind derweil ein Abkömmling christlicher Volkmythologie. Sie haben aber durchaus auch Analoga in fast allen Religionen, auch in Nicht-Buch-Religionen. Auch die vorbuddhistische dakini in hinduistischen Religionen, oder die avestische daena des Zarathustrismus können als Beispiele gelten.

freundlichen Gruß
Metapher

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Mir liegt die Übersetzung und Kommentierung des „Tibetischen Totenbuches“ durch Robert F. Thurman vor. Da ist von vier Gebeten die Rede. Das erste Gebet ist die Anrufung der Buddhas und Bodhisattvas um Hilfe.

Es ist also nicht so weit hergeholt, die Buddhas und Bodhisattvas mit Engeln und Schutzheiligen zu vergleichen.
Du bist gut beraten, wenn Du Dir die Literatur selber beschaffst, anstatt Dich von der Klugscheißerei hier verwirren zu lassen.

Hallo,
zunächst einmal Danke an Metapher für die Verdeutlichung und Erweiterung des geistesgeschichtlichen Rahmens, in dem wir uns hier bewegen (und auch für die Vorschusslorbeeren).

Ich hatte in meinem letzten Posting in diesem Thread etwas von zur Beantwortung tiefergehenderer Fragen notwendigem Verständnis bestimmter grundlegender Konzepte im Buddhismus gesprochen. Der, um den es hier geht, ist die trikāya-Doktrin, eine buddhistische (und damit, wie schon angemerkt, atheistische) ‚Dreifaltigkeitslehre‘, die lediglich im Mahāyana vertreten wird. Die frühesten literarisch belegten Spuren dieser Lehre finden sich im Saddharma Puṇḍarīka Sūtra (dem ‚Lotossutra‘) - das allerdings noch keine ‚Dreikörperlehre‘ (so die wörtliche Übersetzung von ‚trikāya‘) vertritt, sondern als ‚Vorstufe‘ eine Zweikörperlehre.

Ausgangspunkt dieser Lehre(n) war die Frage, was der vollständig Erwachte (Buddha) nach seinem endgültigen Erlöschen (parinirvāṇa) und damit der Aufgabe noch der letzten personalen Qualitäten eigentlich ist. Es gibt da mehrere mögliche (und notwendig spekulative) Antworten - z.B. 1.) die nihilistische (er ist ‚aus der Welt‘), 2.) die ‚überweltliche‘ (lokottara - die Lokottaravāda waren eine frühe Schule des Buddhismus), d.h. er ist ‚jenseits der Welt‘ und 3. die, die sich im Mahāyāna durchsetzte - er ist ‚in der Welt‘. Wobei ‚Welt‘ hier als Platzhalter für das von einem ‚Ich‘-Subjekt erfahrene Objekt schlechthin steht.

Trotzdem setzt das Mahāyāna auch ‚überweltliche‘ Prämissen: dieses ‚Buddha‘ (wie oben gesagt, ohne insbesondere personale Qualitäten) ist die Aufhebung der Subjekt-Objekt-Dualität (und daher auf diese Art auch nicht erfahrbar) und es ist ‚zeichenlos‘ (animitta) - also ohne Attribute. Trotzdem ‚wirkt‘ es in die dual erfahrene ‚Welt‘ hinein, es emaniert (hier gibt es Parallelen zur gnostischen Christologie, manche sprechen gar von einem buddhistischen Doketismus). Das zeichenlose ‚Zentrum‘ dieses Emanierens wird in der trikāya-Lehre als Dharmakāya bezeichnet. Die erste Emanationsstufe ist dann der Sambhogakāya (‚Genusskörper‘), eine rein geistige Emanation - und schließlich als zweite Emanationsstufe der Nirmanakana, der materielle Körper. Nebenbei angemerkt liegt hier der Ansatzpunkt monistischer Auffassungen im Buddhismus.

Der historische Buddha Gautama Śākyamuni wird somit als Nirmanakāya gedeutet, als materielle (und zeitgebundene) Emanation des Dharmakāya. Nun gibt es verschiedene Systeme, die dieses Drei-Stufen-Modell z.T. äußerst detailliert systematisch ausgestalten, vor allem im Vajrayāna. Von besonderem Interesse ist dabei der Sambhogakāya. Dieser ist nicht attributlos, wobei die Attribute als heilsame Formen des Geistes begriffen werden, die der Praktizierende einzunehmen sich übt (daher rührt das Interesse). On oberster Stelle stehen hier die in westlicher Literatur gerne als ‚transzendente Buddhas‘ bezeichneten Geistesqualitäten. Diese ‚transzendenten Buddhas‘ (oder ‚Dhyānibuddhas‘, da sie nur in geistiger Versenkung, dhyāna, erfahren werden) emanieren wiederum als eine weitere ‚Unterstufe‘ des Sambhogakāya die sog. ‚Großen Bodhisattvas‘ oder Mahāsattvas. Der (oder die) bekannteste und mit Abstand populärste ‚Große Bodhisattva‘ ist Avalokiteśvara (in China Guanyin, in Japan Kannon); das ‚Zeichen‘ (Attribut) unbegrenzten Mitgefühls (Mahākaruṇa).

Der Vollständigkeit halber sei angefügt, dass diese Mahāsattvas (die zumeist gemeint sind, wenn von Bodhisattvas gesprochen wird) selbst weiter in den Nirmanakāya emanieren und sich so im Geist derjenigen manifestieren, die die Bodhisattva-Gelübde auf sich nehmen und sie verwirklichen.

Soweit und so oberflächlich, wie es der Kürze eines Postings geschuldet ist, die Doktrin. Nun sind - wie in anderen Weltreligionen auch - die im wesentlichen nur den religiösen Spezialisten vertraute Doktrin einerseits und die Volksreligion andererseits nicht notwendig dasselbe Paar Stiefel. Insbesondere Avalokiteśvara (aber auch eine große Zahl anderer Bodhisattvas) wurde und wird in der Volksreligion hypostasiert und als solches (als Verkörperung tätigen Mitgefühls) verehrt und auch um Hilfe angerufen. Die entsprechenden Formen der Verehrung wurzeln stark in lokalem Substrat und sind daher auch sehr unterschiedlich. Von ‚persönlichen Bodhisattvas‘ allerdings habe zumindest ich noch nichts gehört oder gelesen. Eine Anrufung Guanyins ist nicht mehr und nicht weniger ‚persönlich‘ als das an Maria gerichtete Fürbittgebet eines gläubigen Katholiken. Der Vergleich mit (Schutz-)Engeln ist da schon etwas daneben, nichts für ungut.

Freundliche Grüße,
Ralf

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Servus,

mit der Gleichsetzung ‚Lamaismus‘ - ‚Buddhismus‘ bist Du ja jetzt recht geschickt zurückgerudert. Und das, obwohl ich von Dir noch nichts Greifbares gelesen habe zu

Schöne Grüße

MM

Was sollte falsch daran sein wenn ich mich auf den Lamaismus, die tibetische Ausprägung des Buddhismus beziehe.
Da ist kein Trick dabei. Ich habe extra meine Literatur durchstöbert, um dem Fragesteller meine Antwort fundieren zu können, die ich zuvor nur aus dem Gedächtnis bezog…

(Wieder und wieder muss ich Deine Feindseligkeit bemerken.)

Das Problem bei deinen Einwürfen (generell hier in den Religionsbrettern) ist, dass sie religionswissenschaftlich durchgängig hanebüchen danebenliegen, sogar regelrecht falsch sind, und dass du dich darüberhinaus als penetrant unbelehrbar zeigst.

Die Frage im UP lautete:

und die Antwort lautet nun mal „soetwas gibt es im Buddhismus nicht“. Du hast sehr umfangreiche Erklärungen von Tychiades bekommen, auch von mir, von Aprilfisch jede Menge Zaunpfahlwinke, und beharrst immer noch auf etwas, was du mal vor 20 Jahren gelesen hast (und offensichtlich nicht recht verstanden hast).

Die Textsammlung Bardo Thödol aus dem tantrischen Vajrayana, zum ersten Mal ins engl. übersetzt 1927 von Kazi Dawi Samdup (hrg. Evans-Wentz, von dem auch der nicht ganz unproblematische Titel „Book of the Dead“ stammt) enthält (zumindest in einer der zahlreichen Versionen) einen Zusatz „Pfad der guten Wünsche“, in dem u.a. Buddhas und Bodhisattvas als Helfer angerufen werden … und zwar für den Toten! Auf dass dieser sorgfältig beim Vortrag des Textes zuzuhören imstande sei. Außerdem, wenn du den Text tatsächlich kennen würdest, werden devas (Götter) und dakinis (ich erwähnte sie oben bereits und viele andere Gestalten angerufen. Alles Hinweise genug für dich, dass diese speziellen Konzeptionen des tibetischen Tantrismus keineswegs dem Buddhismus generell zuzuordnen sind. Es sind Synkretismen aus vor-buddhistischen Traditionen, ebenso wie das gesamte Szenarium des Bardo Thödol überhaupt.

Und dass diese hier vorliegende Ansprache an „Bodhisattvas“ keine Analogiesierung mit nachexilisch-jüdischen mal’achim zulassen, mit frühmittelalterlich-christlichen volksmythologischen Engeln (persönlich zuständige „Schutzengel“) erst recht nicht, weder in ihrem Wesen noch in ihrer Funktion, ist dir ebenfalls von mir und von Tychiades deutlich erklärt worden.

Und mit der Fragestellung des UP (siehe oben: Anrufung Gottes bzw Jesu) wäre jeder Ansatz eines Vergleichs ganz besonders absurd.

Gruß
Metapher

Es geht nicht nur um die Toten, sondern um die Sterbenden, wobei bemerkt werden darf, dass das Sterben im tibetischen Buddhismus bereits mit der Geburt beginnt.
Vom Autor des von mir erwähnten Werkes wird außerdem das Gebet für einen selbst auch als Ziel genannt.

meine natürlich als Zweck

Es ist sehr sehr bedauerlich, dass sich im Schatten vo

und diese Antwort ist falsch

Das genau ist untypisch für den Buddhismus. Sie verzichten gewissermaßen auf die alles regulierende Macht (weil es die im Glauben der Buddhisten nicht gibt) und sind entweder ganz auf sich gestellt oder sie bedienen sich der geistigen Helfer (Buddhas und Bodhisatvas).
Letzteres ist aber möglich und das betrifft ja den Kern Deiner Frage. Man muss als Buddhist nicht ganz auf sich allein gestellt sein.