Am Sonntag, d. 16. Dezember ist eine Biogasanlage explodiert:
http://www.n-tv.de/893389.html
Ich habe daraufhin recherchiert, wie es zu so einer Explosion kommen
kann, was sich in einer Biogasanlage und bei der Verwendung von Gülle
an chemischen Prozessen abspielt und was bei einem evtl. Unfall für
Stoffe in die Umwelt entlassen werden. Ich bin entsetzt und wütend,
dass diese Gefahren bislang nicht öffentlich diskutiert worden ist.
Roma
Die Produktion einer Biogasanlage:
„Normale“ Gülle:
Die Geruchsbelästigung durch „normale“ Gülle ist ursächlich vor allem
auf schwefel- und stickstoffhaltige Verbindungen zurückzuführen. Es
handelt sich dabei um Amine (*3), Thiole (*1) und auch um
entsprechende aromatische Verbindungen. Eine zum Beispiel ist das
Skatol (*2), ein Abbauprodukt der Aminosäure Tryptophan, riecht
eindeutig nach Sch… (daher auch der Name).
Den Geruch an einzelnen Stoffen festzumachen gelingt nicht so
einfach, da es sich hierbei um eine Vielzahl von Substanzen handelt,
die erst durch nervöse Überlagerung den Geruchseffekt auslösen.
Man kann den Geruch ändern durch Futterwahl. Auch sind Bio-
Abluftfilter oder einfach nur Oxidationsmittel wie Wasserstoffperoxid
(auch Gesteinsmehl) nützlich.
Die Geruchsbelästigung ließe sich somit mit einfachsten und billigen
Mitteln ganz deutlich reduzieren – wenn man es denn wollte.
(http://www.chemieunterricht.de/dc2/fragen/kf-ka-130.htm)
Die Gülle setzt vor allem Ammoniak (NH3), Amine (*3) und
Kohlenstoffdioxyd (CO2) frei.
Ammoniak wirkt ätzend, ist leichter als Luft und verteilt sich rasch
in der Umgebungsluft, ist aber in der Gülle sehr gut löslich und
liegt dort angereichert vor.
Ähnliches gilt für die Amine (wirken ätzend, liegen in der Gülle
angereichert vor).
CO2 ist schwerer als Luft und bei > 16 Vol% auch toxisch (da es als
physiologischer Nervenwirkstoff quasi die Atmung abstellt).
Kommt es in der Gülle zur Gärung, dann stellen sich eine Reihe
weiterer Stoffe ein:
Brennbares und erstickendes Methan (CH4), hochgiftiger
Schwefelwasserstoff (H2S), sehr giftiges und an der Luft spontan
entzündliches Phosphin (*4), etc.
In Güllelagerbehältern findet stets ein anaerober mikrobieller Abbau
organischer Substanz statt. Werden diese Güllebehälter aufgerührt,
setzt dies schlagartig große Mengen an Schwefelwasserstoff frei.
Tödliche Konzentrationen über 2.000 ppm in der unmittelbaren Umgebung
dieser Güllelager sind dann keine Seltenheit.(Q: Dr. sc. agr. habil.
Thomas Hügle). Landwirten wird deshalb auch empfohlen, bei Beginn des
Rührens sich nicht in unmittelbarer Nähe des Rührwerks aufzuhalten.
Durch die Anbringung von entsprechenden Schildern muss auf die Gefahr
hingewiesen werden.
(http://www.chemieunterricht.de/dc2/fragen/kf-ka-97.htm)
(*1) Thiole sind organische Schwefelverbindungen. Die Thiogruppe R-SH
ist das Schwefelanalogon zur Alkohol-Gruppe R-OH. (http://
de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:Thiol)
Ethanthiol C2H6S ist eine giftige und außerordentlich übelriechende
Flüssigkeit (steht deshalb sogar im Guinness-Buch der Rekorde)
http://de.wikipedia.org/wiki/Ethanthiol
(*2) Skatol (von griechisch ???, Gen. ??? „Kot, Mist“) ist eine
sehr intensiv und unangenehm riechende Indolverbindung. (http://
de.wikipedia.org/wiki/Skatol)
(*3) Als Amine bezeichnet man organische Abkömmlinge (Derivate) des
Ammoniaks (NH3)
Man teilt die Amine, je nachdem wie viele Wasserstoff-Atome des
Ammoniaks gegen organische Molekülgruppen ausgetauscht wurden, in
folgende Gruppen ein:
Die Alkylgruppen sekundärer oder tertiärer Amine können zu einem Ring
geschlossen sein. Es liegen dann cyclische sekundäre oder tertiäre
Amine vor, wie z. B. Piperidin. (Q: http://de.wikipedia.org/wiki/
Amine).
(*4) Phosphin (die Begriffe Phosphane und Phosphine werden synonym
verwendet) ist der ältere und gängigere Name, der aber nicht mehr
IUPAC-konform ist. Der IUPAC Name ist Phosphan.
Dieses ist eine ganze Gruppe von Phosphor-Wasserstoff-Verbindungen,
bei denen der Phosphor dreiwertig ist. Die einfachste Verbindung aus
dieser Gruppe ist Monophosphan (PH3)
Weitere Beispiele: Triphosphan(5) für P3H5 oder Heptaphosphan(3) für
P7H3.
*Die Ziffer in der Klammer gibt dabei die Anzahl der Wasserstoff-
Atome an.
Phosphane sind aber auch alle organischen Derivate, in denen ein
Wasserstoffatom durch einen organischen Rest R ersetzt ist (oder
mehrere wasserstoffatome durch organische Restev ersetzt sind). Je
nachdem, ob Phosphane ein (PH2R), zwei (PHR2) oder drei (PR3)
organische Reste tragen, spricht man wie bei den Aminen von primären,
sekundären bzw. tertiären Phosphanen.
Phosphane, die kurze Alkylgruppen tragen, wie Trimethylphosphin
((H3C)3P) sind unangenehm riechende Flüssigkeiten. Sie sind sehr
reaktionsfähig und neigen zur Selbstentzündung.
Triarylphosphine wie (H5C6)3P sind Festsubstanzen, die schwache
basische Eigenschaften aufweisen. Sie reagieren leicht unter Aufnahme
eines weiteren organischen Restes zu Phosphoniumsalzen.
Organophosphorverbindungen, die drei Bindungseinheiten P-O-C
enthalten, nennt man Phosphite (Formel: P(OR)3)
Phosphane sind extrem giftige Substanzen. Die niedrigen Phosphane
sind gasförmig, die höheren fest. Phosphane sind sehr reaktionsfähig.
Selbst Monophosphan PH3, dass sich in reiner Form nicht von selbst
entzündet, ist nie rein. Es enthält regelmäßig auch höhere Phosphane
(v. a. Diphosphan). Daher muss selbst bei der Verwendung von
kommerziell erhältlichem oder im Labor zubereiteten Monophosphan
immer mit Selbstentzündung gerechnet werden. Monophosphan ist also
neben der Giftwirkung auch in dieser Hinsicht ein extrem heikel zu
handhabendes Gas.
Diese Phosphorverbindungen haben einen extrem durchdringenden
knoblauchartigen Geruch, der schon in geringsten Konzentrationen
wahrnehmbar ist.
Organische Phosphane mit kurzen Alkylgruppen sind flüssig und sehr
luftempfindlich, z. T. auch lichtempfindlich. Auch sie haben einen
durchdringenden Geruch – knoblauchartig ist nicht ganz die richtige
Bezeichnung, aber es gibt ansonsten wenig Gerüche im Alltag, die
diesem extrem unangenehmen Eindruck auch nur nahe kommen.
(http://de.wikipedia.org/wiki/Phosphan)