Biologie

Hallo,
ich würde gerne mit Agar arbeiten (etwas ausprobieren). Speziell möchte ich das Substrat dazu verwenden um aus einem Wurzel- oder Triebstück einen Baum wachsen zu lassen (von einem alten Wildapfelbaum, der es nicht mehr lange machen wird :wink: Gibt es da generelle Empfehlungen zu Agar? Ich hab mal gehört, dass ein Wurzelstück besser sein soll, wegen der Zellen oder so. Hatte bisher übrigens nichts mit Biologie zu tun. Hab nur gesehen, dass es das Zeug bei Ebay gibt. Außerdem schreibt Wikipedia: „dass diese Mittel bei der Kultivierung keineswegs inert sind, sondern die Physiologie von zum Beispiel Pflanzenzellkulturen beeinflussen“. Was bedeutet in diesem Zusammenhang „inert“ ? Verändert sich da was an der Pflanze? Ich möchte eigentlich einen genauen „Klon“ haben. Das sind jetzt viele Fragen aber ich bendanke mich schonmal im Voraus und bin gespannt, was da kommt :smile:

Gruß

Thomas

Hallo Thomas,
ich bin jetzt zwar kein Pflanzenbiologe, sondern eher in der Mikrobiologie tätig, weswegen ich dir jetzt leider keine genaue Angabe machen kann, welcher Agar sich gut eignen würde, aber ich habe mich ein wenig bei Google umgesehen und einige Tipps gefunden, die meist auf eine gute alte Nährstofftablette aus dem Blumenladen (die man dann im Agar auflöst) und Nährsalzen etc bestehen sollte (denke wenn man ein paar Anhaltspunkte hat, was man am besten einsetzt (Florist) dann wird man sich da schon was mixen können) :smile:
(Falls noch Fragen zur Arbeit mit Agar bestehen, frag ruhig nochmal nach, vielleicht kann ich helfen)

Zu dem Wurzelstück als Ausgangspunkt kann ich jetzt generell nicht sagen, ob es besser oder schlechter ist, vermute aber auf Grund des üblichen Pflanzenwachstums, dass man damit auf der guten Seite ist (Samen des Baums wären natürlich das non plus ultra) :wink:

Zu deiner Frage des „inert“ Seins des Agars musst du dir so weit keine Gedanken machen, die Pflanze an sich wird dadurch nicht verändert, aber man greift natürlich in den natürlichen Zellstoffwechsel ein wenig ein (zumindest, wenn man einzelne Zellen einer Pflanze züchten möchte). Bei deiner „groben“ Anzuchtmethode wird sich das aber nicht im großen Maße auswirken, da du ja schon eine Wurzel einsetzt, die ja ein riesiger Haufen aus vielen vielen Pflanzenzellen darstellt und im Normalfall sind die Pflanzenwurzelzellen „schlau“ genug die Ihnen angebotenen Nährstoffe zu nutzen.
So, ich hoffe ich konnte dir an der Stelle schon etwas weiterhelfen, als kleinen Tip kann ich noch sagen, achte drauf, die natürlichen Umgebungen einer Wurzel gut nachzuspielen (Temperatur, Licht etc., vielleicht auch aufpassen mit Sauerstoff und CO2 Anteilen in der Luft, bin da nicht ganz sicher, ob sich sowas nicht vielleicht auch positiv/negativ auswirken könnte).

Wenn du Zeit hast, halte mich ruhig mal auf dem Laufenden über den Versuch, klingt schon sehr interessant und es würde mich interessieren ob es funktioniert.

Lieben Gruß

Dominik

Super :smile: Vielen Dank für deine ausführlichen Antworten. Allerdings wird’s wohl noch etwas dauern bis ich alles zusammen hab und der Boden aufgetaut ist um ein Wurzelstück zu entnehmen (Oberfranken!). Das mit dem Samen hab ich als Kind schon probiert und musste dann nach einigen Jahren feststellen, dass ich keinen reinen Wildapfelbaum mehr hatte - Früchte waren wesentlich größer. Da hat sich dann wohl ein Zuchtbaum aus Nachbars Garten mit eingemischt! Aber mit der Agar-Methode bin ich recht zuversichtlich, da kann sowas nicht passieren!! Vielen Dank nochmal :smile:

Lieber Thomas,

Agar ist sicher kein Problem. Er dient in der Regel nur als Träger eines Nährmediums. Du kannst einen Steckling mit bestimmten Pflanzenhormonen behandeln und so z.B. die Wurzelbildung zu fördern versuchen. Soche Dinge müsstest Du auch im Gärtnereibedarfshandel bekommen. Auch bei der realen Pflanze wird die Wurzel- oder Sprossbildung so gesteuert.
Die Angst, dass sich die Pflanze dabei genetisch verändert, brauchst Du dabei grundsätzlich nicht haben.
Die Vermehrung von Kultur- oder Zierpflanzen durch Klonierung (= im Grunde die Stecklingsvermehrung) ist eigentlich Routine.
Wieweit das beim Apfel angewendet wird, und funktioniert, weiß ich nicht. Wahrscheinlich gibt es auch Pasten, die die Bewurzelung fördern und Phytohormone in entsprechenden Verhältnissen enthalten. Genetische Veränderungen werden normalerweise durch chemische Mutagene oder UV-Licht oder radioaktive Strahlung verursacht, aber kommen auch spontan vor bzw. bei der sexuellen Vermehrung werden die Karten immer neu gemischt, Agar bewirkt in dieser Richtung nichts. Inert bedeutet eigentlich, dass eine Substanz besonders reaktionsträge ist. Und in ein Reaktiongeschehen nicht oder sehr wenig eingreift.
Liebe Grüße

Peter.

Alles klar! Vielen Dank für deine ausführlichen Antworten :smile: Ich werde mal versuchen so ein Nährmedium zu bekommen.

vegetative Vermehrung
Hallo,

wenn ich das richtig verstanden habe, geht es Dir darum, den alten Wildapfel zu vermehren, und nicht um das Arbeiten mit Agar, oder? Agar ist ja nur ein Mittel zum andicken einer Nährlösung, so wie die Gelatine, wenn Du einen Wackelpudding kochst. Tatsächlich könnte man auch Gelatine für diesen Zweck nehmen, die Biologen nehmen aber lieber Agar, weil Gelatine von wesentlich mehr Organismen abgebaut werden kann. Außerdem wird Agarose bei viel höheren Temperaturen flüssig als fest, was einige Vorteile hat, wenn das Medium Komponeneten enthält, die nicht besonders hitzestabil sind.
So, dann brauchst du aber vor allem noch ein geeignetes Medium, dass du verfestigen willst, da kann ich dir leider nicht weiter helfen.
Ich würde aber für dieses Vorhaben lieber auf gute alte Gärtnermethoden zurückgreifen, also Stecklingsvermehrung oder Veredeln. Die Anzucht eines ganzen Bäumchens aus einer Zellkultur auf Agar, ich denke, dafür muss man einiges an Wissen und Erfahrung mitbringen und auch in der Lage sein, halbwegs steril zu arbeiten (fast jede Alge aus der Luft könnte auf deinem Pflanzenmedium wachsen, und auch wenn Du sie nicht siehst, sie sind in der Luft). Mit einem simplen Steckling oder Edelreis hast du ja aber dein Ziel genauso erreicht, den alten Apfelbaum zu retten.
Veredeln klingt jetzt vielleicht paradox, da es sich ja um einen Wildapfel handelt, aber es sollte genauso funktionieren wie mit einer Edelsorte. Der Technik ist es egal.
Welches Pflanzenteil man zur Vermehrung nehmen sollte, weiß ich auch nicht genau, wenn es denn Agar sein soll. Nur eins ist klar: Samen, wie hier vorgeschlagen, natürlich nicht, die tragen ja die Erbanlagen beider Elternteile in sich, wie Du ja selbst schon beobachtet hast. Darum vermehrt man ja Obstbäume in Baumschulen vegetativ, über Stecklinge oder Veredelungen, weil man sonst Zufallsprodukte statt der gewünschten Sorten bekommen würde.

Viel Erfolg bei deinem Vorhaben

PS: Wenn man es nicht selbst rantraut kann man in Baumschulen auch veredeln lassen.