Bisphenol A in Klarsichtfolie?

Hallo,
in der letzten ZEIT, Dossier, wird im Zusammenhang mit dem z.Zt. ausgehandelten Freihandelsabkommen mit den USA über Forschungen berichtet, in welchen Kunststoff-
Gegenständen z.B.Biphenol A vorkommt.Dieser Stoff hat ähnliche Wirkungen wie Geschlechts-Hormone. Er lässt z.B. männliche Frösche Eier statt Samen produzieren.
Meine Frage: Kommt Biphenol A auch in Klarsichtfolie (PET-Folie), wie man sie zum Abdecken von Lebensmittel verwendet, vor? Ich las auf einer Folienpackung den Hinweis, dass die Folie nicht mit fetthaltigen Lebensmitteln in Berührung kommen sollte; ich vermute, weil sonst fettlösliche, evtl. giftige Bestandteile aus der Folie in das Nahrungsmittel übergehen könnten. Ich bin jetzt ziemlich verunsichert, zumal ich Klarsichtfolie häufig benutze und sogar damit abgedeckte Lebensmittel in der Mikrowelle wärme. Das sollte ich vielleicht lieber lassen.
Gibt es hier oder sonst im Internet zu diesem Bereich kompetente Meinungen? Für Hinweise wäre ich dankbar.
Viele Grüße von Ph33

Meine Frage: Kommt Biphenol A auch in Klarsichtfolie
(PET-Folie), wie man sie zum Abdecken von Lebensmittel
verwendet, vor? Ich las auf einer Folienpackung den Hinweis,
dass die Folie nicht mit fetthaltigen Lebensmitteln in
Berührung kommen sollte; ich vermute, weil sonst fettlösliche,
evtl. giftige Bestandteile aus der Folie in das Nahrungsmittel
übergehen könnten.

Hallo

Entweder das, oder die Eigenschaften der Folie werden sich verändern. Wenn der Hersteller es schon draufschreibt, würde ich es aber wirklich beachten!

Ich bin jetzt ziemlich verunsichert, zumal
ich Klarsichtfolie häufig benutze und sogar damit abgedeckte
Lebensmittel in der Mikrowelle wärme. Das sollte ich
vielleicht lieber lassen.

Das Problem an der Sache mit dem Plastik ist, du weißt oft nicht, mit welcher Sorte du es genau zu tun hast, und noch weniger, welche Weichmacher dann genau drin sein könnten. Es gibt viele Plastiksorten, die kommen gänzlich ohne Weichmacher aus. Bei manchen sind aber wiederum nicht die Weichmacher das Problem, sondern, dass das Polymer sich zersetzt und die Zersetzungsprodukte gefährlich oder zumindest geschmacksbeeinträchtigend sein können.

Man kann Kunststoffe halt nicht generell verteufeln. Polyethylen zum Beispiel ist meines Erachtens nach so harmlos wie Kerzenwachs oder Vaseline (ist im Prinzip auch nix anderes).

Früher waren diese ganzen Klarsicht- und Frischhaltefolien meistens PVC, PVC hat die eigenschaft betonhart und sehr spröde zu sein, wenn man es nicht mit Weichmachern versetzt (in normalem Fußboden ist der Anteil an Weichmacher höher, als an PVC selbst). Gefährlich wirds erst dann, wenn der Weichmacher rauskommt, wie du schon sagtest, zum Beispiel durch Fett. Daher kam man irgendwann auf die Idee, zum Beispiel Fleisch nicht mehr in PVC-Folien einzuwickeln.

Noch ein Beispiel: Melamin. Daraus sind diese meist farbenfrohen Kinder-Essgeschirre hergestellt, die sich fast so anfühlen und klinen wie Porzellan, kühl, sehr hart, aber zäh genug um nicht kaputtzugehen. Die Hersteller geben meistens irgendwo an, dass das Geschirr nicht geeignet ist, um darauf Speisen zu erwärmen (Stichwort Mikrowelle) - aber mal im Ernst, wer achtet den schon darauf. Natürlich, es entstehen nur Spuren der Zersetzungsprodukte, denn das Melamin ist an sich thermisch stabil. Aber meines Erachtens sind wir schon mit viel zu vielen „Spuren“ von irgendetwas giftigem umgeben…

Es ist ein bisschen wie mit dem Impfen und dem Impfrisiko - persönliche Meinung, persönliches Gefühl. Meins dazu ist: Je weniger Plastik mein Essen berührt hat, desto besser. Ich verteufele Plastik nicht generell, aber gemeinsam mit der Umweltproblematik versuche ich es überall zu vermeiden, wo es geht. Ich oute mich damit als „Mit-Stoffbeutel-Einkaufen-Geher“ :wink:

Plastik-Aufbewahrungsdosen (aka Tupperware) kommt mir gar nicht ins Haus - denn dort weiß man nichtmal die Grundzusammensetzung des Plastiks.

Grüße

karana

Hallo Karana,
vielen Dank für Deine ausführliche Stellungnahme. Ich habe mal bei Wikipedia nach Biphenol A geschaut. Das ist ja ein Teufelszeug! Und das wird tonnenweise hergestellt.
Man fühlt sich so hilflos, wenn man sieht, wieviel Zeit sich zuständige Regierungsstellen lassen, um gewisse Produkte zu verbieten (z.B.Babyflaschen, -schnuller). Da wird in Studien festgestellt, dass das Zeug schädlich ist. Daraufhin werden „unbedenkliche“ Grenzwerte für den Eintrag in den menschlichen Körper festgesetzt. Wer entscheidet, was unbedenklich ist? Es kommt auch vor, dass Grenzwerte auf Grund von anderen Studien herauf oder heruntergesetzt werden (um den Faktor 10)! Warum wird es nicht ganz verboten, wenn es schädlich ist? Weil dann Arbeitsplätze in der chemischen Industrie verloren gehen würden…
Immerhin scheint es so zu sein, dass Biphenol A in PET-Folie nicht verwendet wird, in
Polycarbonat-Geräten dagen schon. Aber woher weiß ein Laie, dass es sich um Gegen-
stände aus Polycarbonat handelt, wenn es nicht draufsteht?
Bei diesem ganzen Gerangel um Zulassung oder Verbot von Produkten, sowie Festsetzung von zulässigen Grenzwerten geht mir ein Sprichwort nicht aus den Sinn:
„Wenn das Kind in den Brunnen gefallen ist, wird er zugedeckt“.
Übrigens habe ich nicht feststellen können, ob Tupperware Biphenol A enthält. Wahrscheinlich ist es drin, sonst würden die Hersteller es draufschreiben.
Viele Grüße von Ph33

Hi

Das Problem bei neuartigen Stoffen und Materialien ist, dass sie so lange verwendet werden dürfen, bis deren Schädlichkeit eindeutig bewiesen ist - davor gibts noch einige Jahre oder Jahrzehnte, in denen versucht wird, das Problem herunterzuspielen. Asbest ist so ein Kandidat.

Ich bin kein Fan von Verschwörungstheorien oder Panikmache. Aber den Vorwurf kriegt man dann häufiger mal, wenn man anmerkt, wie gefährlich die Sachen sein könnten und erst häppchenweise herauskommt, dass es wirklich so ist.

Eine sinnvolle Änderung in der Unbedenklichkeitsprüfung von Stoffen wäre eine umgekehrte Vorgehensweise:
Bisher wird Versuchstieren so lange immer weniger der Substanz verabreicht, bis nur noch die Hälfe der Tiere stirbt bzw. den negativen Effekt zeigt. Dann wird nach einem meiner Meinung nach ziemlich willkürlichen Faktor das so weit heruntergerechnet und festgelegt, dass ab diesem Wert nichts mehr passieren kann.

Bei endokrinen Disruptoren ist es aber so, dass sie in hoher Konzentration meistens gar nichts machen, aber in Spuren sehr wohl. Daher wäre das umgekehrte vorgehen besser: man gibt den Tieren so lange immer mehr Substanz, bis ein Effekt bemerkt wird.

Paracelsus Spruch mit der Dosis und dem Gift müsste also theoretisch eine Ergänzung erhalten…

Grüße

Karana

Tierversuche…
Hei!

Wer entscheidet, was unbedenklich ist?

Das wird i.A. in Tierversuchen bestimmt. Das Zeug wird in verschiedenen Konzentrationen an Ratten verfüttert. Nach einer gewissen Zeit kontrolliert man, ab welcher Konzentration irgendwelche „Nebenwirkungen“ auftreten.
Von dieser Konzentration nimmt man ein hunderstel als Sicherheitspuffer (weil man diese Nebenwirkungen ja gerade nicht haben will) und davon dann nochmal ein Zehntel - weil Menschen nun mal keine Ratten sind. Das wiederum wird dann umgerechnet auf das Körpergewicht, weil man i.A davon ausgeht, das es Konzentrationseffekte sind.

Uber Sinn und Unsinn dieser Vorgehensweise kann man trefflich streiten - aber es ist immerhin eine standardisierte und reproduzierbare Vorgehensweise, und bisher hat man noch nichts besseres gefunden. Schließlich können wir das nicht an Menschen testen.

Es kommt auch vor, dass Grenzwerte auf Grund von anderen Studien herauf oder heruntergesetzt werden (um den Faktor 10)!

Ja, natürlich. Solche Studien können natürlich zunächst mal nur begrenzt laufen (schließlich ist dem „Erfinder“ solcher Substanzen nicht geholfen, wenn ein Ergebnis erst nach 50 Jahren vorliegt), bei Langzeittests kann sich das Ergebnis ggf. ändern.

Und das größte Manko ist halt, das man so nur einzelne Substanzen prüfen kann, bereits eine simple Wechselwirkung mit einer einzigen Substanz lässt sich im Laborversuch kaum nachstellen (denn da kämen ja Millionen Kandiaten in Frage), bei tertiären Systemen geht die Zahl fast gegen unendlich… soviel Ratten können wir gar nicht züchten.
Wenn man dann aber zufällig über eine potentielle Wechselwirkung stolpert, wird eine solche Studie natürlich wiederholt.

Warum wird es nicht ganz verboten, wenn es schädlich ist?

Tja, das ist die Abwägung zwischen Pest und Cholera.
Ohne Weichmacher funktionieren die meisten Kunststoffe nicht, ohne die meisten Kunststoffe bricht unsere Zivilisation zusammen.

Einfaches Beispiel sind Glas- und Dosen-Verpackungen in der Lebensmittel-Industrie: In dem kleinen Falz an der Dose und am Innenrand des Glasverschlusses sind geringe Mengen Kunststoff zum abdichten. Ohne geht’s nicht, schließlich soll das Füllgut ja luft- und vor allem Bakteriendicht abgeschlossen sein.

Da Dosen und Gläser nach dem Befüllen pasteurisiert oder sterilisiert werden, muss dieser Kunststoff schon einiges an Temperatur und Druck aushalten (bis zu 121°C bei 3 bar Druck). Heisst derzeit im Klartext: PVC. Und PVC ist ohne Weichmacher steinhart und spröde, das kann man nicht als Dichtungsmaterial verwenden. Genau hier wurde übrigends bis von drei oder vier Jahren Bisphenol A auf breiter Front verwendet.

Und jedem war klar, das Bisphenol A nicht die optimale Lösung ist, aber weil ein Verbot de facto auf ein komplettes Verbot der Produktgruppe Konserven hinausgelaufen wäre, hat man halt eine Risikoabschätzung vorgenommen, mit dem Ergebniss, das die möglichen (ist ja noch nicht mal erwiesen, das es bei den geringen Konzentrationen wie im obigen Rattenversuch ermittel, irgendeine Auswirkung auf den Menschen hat!) Nachteile die Vorteile der sicheren Versorgung der Bevölkerung nicht aufwiegen.

Natürlich geht die Forschung bei den Weichmachern immer weiter, und so wie jetzt Bisphenol A durch etwas mit geringeren Nebenwirkungen ersetzt wurde (keine Ahnung, was genau da im Moment als Ersatz benutzt wird), so wird in 10 oder 20 Jahren auch dieser Weichmacher durch etwas noch ungefährlicheres ersetzt werden.

Weil dann Arbeitsplätze in der chemischen Industrie verloren gehen würden…

Nein, weil wir Weichmacher schlicht und ergreifend brauchen, ohne geht es nicht.

Mal vergleichsweise:
Es ist wissenschaftlich unbetritten erwiesen, das Nitritpökelslaz krebserregend ist (okay, Nitirtpäkelsalz selber erst mal nicht, aber die Nitrosamine, die beim erhitzen und besonders beim Grillen entstehen).
Frage: Warum wird es dann nicht verboten?
Ganz einfach, weil es das einzige Mittel ist, mit dem die Vermehrung von Clostridium botulinum (wer das Vieh nicht kennt: Bakterie. Produzent eines der tödlichsten Nervengifte auf unserem Planeten) in roh-Produkten verhindert.
Auch hier: geringe Wahrscheinlichkeit auf Krebserkrankeung gegen nahezu sichere Todesfälle durch Botulismus. Alternative: Salami, Bauchspeck, Kassler etc. vollständig verbieten…

Es ist leider nicht immer so einfach, wie man glauben möchte…

Mal knallhart formuliert: Es ist erwiesen, das jedes Jahr in Deutschland hunderte Menschen im Strassenverkehr sterben. Wieso verbieten wir die Autos nicht einfach? Bus und Bahn tun’s doch auch? Wegen der Arbeitsplätze? Von wegen - freie Fahrt für freie Bürger heisst der Schlachtruf. Und wenn dabei ein paar hundert Menschen jedes Jahr bei draufgehen, dann ist das halt Flurschaden.
Aber eine mögliche hormonelle Wirkung bei Weichmachern, das ist ein Skandal, eine Verschwörung der Lebensmittelbranche, der Chemie-Mafia und der Illuminaten…

lg, mabuse