Hi!
Ich hab gerade nen Beitrag gelesen in dem stand „Jugend-Satanisten“.
Satanismus ist doch auch eine Religion, oder?
Ist nicht jeder Glaube eine Religion?
Viele Grüße
Nicht zu widerlegen
Ist nicht jeder Glaube eine Religion?
Als ich am Goethe-Institut in Murnau, Oberbayern war, sagte einer der Lehrer:
„Religion heißt Rückbindung!“
In meinem Frendwörter-Duden steht: „Religion = Gottesfurcht, Gottesverehrung, Glaubensbekenntnis, innere Frömmigkeit.“ Das ist ein Unterschied!
Wenn jeder Glaube eine Religion ist, dann ist der Glaube zum Beispiel an meine Frau oder Katze auch eine Religion? Und der Glaube an einen Fußballverein, wie ihn Millionen Fans zelebrieren oder an einen Popstar, wäre dann auch eine Religion? Und wie ist es mit dem Glauben an die Politik und mit dem Glauben an die Wissenschaft? Immer geht es um die Identifikation mit etwas, was einen intellektuell emotional und körperlich anzieht. Der englische Philosoph David Hume sagt zum Glauben Folgendes:
„Fassen wir also diese Kehre in ihrem vollen Umfang zusammen und nehmen wir an, dass das Gefühl des Glaubens nur ein Vorstellungsbild von größerer Intensität und mehr Beständig ist…“
Dass der Glaube an irgendetwas genauso leidenschaftlich sein kann, wie an eine Religion, das dürfte nicht zu widerlegen sein, auch nicht von Popper.
Gruß
C.
Tippfehler
Im Zitat von David Hume muss es heißen „Lehre“ und nicht „Kehre“.
D. O.
Hi
Schwer zu sagen, da wir nicht genau wissen was Religion ist
Glauben kannst du zunächst mal alles, was du in jenem Moment nicht beweisen also wissen kannst.
Für eine Religion braucht es aber erstmal mehr als ein Individuum, ich würde sogar sagen es braucht mindestens einen Kult (andersrum ist nicht jeder Kult eine Religion).
Es gibt nämlich auch Religionen die kein Glaubenskonzept haben, wie es z.B. die Christen tun.
lg
Kate
Hi Claus.
Wenn die Gemeinde eine bestimmte kritische Masse erreicht hat sollen wir, denke ich, von Reli sprechen.
Die Gründer wussten das bewusst oder unbewusst.
Die Zutaten haben sich in der Zeit herauskristallisiert.
Beispiel Josif Wissarionowitsch Dshugaschwilli. Er als Pristerlerling wusste was zu einer erfolgreichen Reli unerlässlich ist. Alle Instrumentalien der kat. Kirche fanden sich unter anderen Nahmen aber mit der gleichen Aufgaben in seinem System. Der Glaube, Verheißungen, Überlegenheit, Heilige, Episkopat, Priesterschaft, sogar die Inquisition durfte als die wichtigste nicht fehlen.
Erstaunlich schnell war er dadurch mit der Bekehrung der Massen erfolgreich.
Allerdings sah er richtig voraus wie lange das halten wird.
Teilnehmer einer Politbürositzung berichteten was er darüber sagte: Genossen, wenn ich nicht mehr bin werden die euch ertrinken wie junge Katzen.
Gruß.
Balázs
Hallo,
Ist nicht jeder Glaube eine Religion?
Als ich am Goethe-Institut in Murnau, Oberbayern war, sagte
einer der Lehrer:„Religion heißt Rückbindung!“
Das ist ja auch richtig. Und eigentlich, wenn ich mir’s so überlege, auch sehr treffend: Ich binde mich an etwas „zurück“, setze also voraus, dass es etwas gibt, ohne das ich nicht wäre, und von dem ich dann in Konsequenz auch in Abhängigkeit stehe.
Gruß eiawell
Hallo allerseits
Als ich am Goethe-Institut in Murnau, Oberbayern war, sagte
einer der Lehrer:„Religion heißt Rückbindung!“
wenn ich mich mal hier einschalten darf - nein , heisst es nicht. Das ist eine von mehreren möglichen Etymologien, wobei diese speziell auf Lactantius zurückgeht. Aus diesem Grund ist sie auch bei Christen so beliebt - sie stammt von einem Kirchenvater, der das Verb ‚religare‘ (= ‚wieder (an)binden‘) christlich-theologisch zu einem (semantisch eigentlich unsinnigen) ‚zurückbinden‘ verbiegt, um dies dann im Sinne des Christentums zu interpretieren.
Nun ist der Begriff ‚religio‘ allerdings deutlich älter als das Christentum und er ist in einer Kultur entstanden, die keinen monotheistischen Schöpfergott kannte und für die daher eine solche Wortbildung (im Sinne von ‚zurück binden‘ - ‚Rückbindung‘) gar nicht möglich gewesen wäre. Aus diesem Grund deutet Cicero, der das Pech hatte, sich für seine Eytymologie von ‚religio‘ ohne christliche Theologie behelfen zu müssen, religio auch als von ‚relegere‘ (‚wieder lesen‘, ‚wieder vergegenwärtigen‘) abgeleitet. Bei ihm (und auch beim älteren Cato) ist ‚religio‘ stark auf den Kult bezogen. Kultische Handlungen waren äußerst kompliziert und sie mussten zwingend absolut korrekt ausgeführt werden, um die ihnen zugedachte Wirksamkeit zu entfalten. Deswegen mussten die mit den kultischen Handlungen Beauftragten die einschlägigen Vorschriften der speziellen gerade anstehenden Zeremonie ‚wieder lesen‘ bzw. (wenn diese nicht schriftlich fixiert waren) sich ‚wieder vergegenwärtigen‘. Religion ist daher das ‚Wieder-Vergegenwärtigte‘. Ob Ciceros Etymologie nun die richtige ist, ist letzlich nicht entscheidbar. Sinnvoller als die von Lactantius ist sie allemal.
Langer Rede kurzer Sinn: Religion heisst nicht ‚Rückbindung‘, das Wort wird lediglich von Christen gerne so verstanden. Aber die Zeiten, wo Christen die Deutungshoheit für Begriffe hatten, ist auch in der Religionswissenschaft längst Vergangenheit.
Im Sinne der Eingangsfrage ist es meines Erachtens nicht hilfreich, Religion als christlich-theologisch ausgedeuteten und/oder auf zweifelhafte Weise etymologisch abgeleiteten Begriff zu verstehen, sondern er ist als soziologische Kategorie aufzufassen. Und da wiederum stellt sich die Frage, wie man Religion definiert - nicht wie man diesen Begriff deutet.
Ich greife hier der Einfachheit halber auf die klassische Definition Emile Durkheims zurück:
Eine Religion ist ein solidarisches System von Überzeugungen und Praktiken, die sich auf heilige, d.h. abgesonderte und verbotene Dinge, Überzeugungen und Praktiken beziehen, die in einer und derselben moralischen Gemeinschaft, die man Kirche nennt, alle vereinen, die ihr angehören.
- und in diesem Sinne ist die Frage
Satanismus ist doch auch eine Religion, oder?
mit ‚Ja‘ zu beantworten - wenn man unter ‚Satanismus‘ nicht die modische Attitüde von Fluffy Bunnies, sondern die von Kollektiven wie der ‚Church of Satan‘ oder der Wicca-Bewegung vertretene Ideologie versteht. Die folgende Frage jedoch
Ist nicht jeder Glaube eine Religion?
ist mit ‚Nein‘ zu beantworten. Um nochmals Durkheim zu zitieren:
wenn man zeigt, dass die Idee der Religion von der Idee der Kirche nicht zu trennen ist, dann kann man ahnen, dass die Religion eine im wesentlichen kollektive Angelegenheit ist.
Selbstverständlich ist auch ‚Kirche‘ hier nicht im spezifisch christlichen oder theologischen Sinn zu verstehen, sondern einfach im Sinne eines Kollektivs, einer „moralischen Gemeinschaft“, wie es Durkheim nennt.
Natürlich ist der Religionsbegriff sehr viel vielschichtiger, als das hier in Kürze angerissen werden kann. Weiterführend möchte ich dazu auf dieses schon etwas ältere Posting der hier (zumindest von mir) oft vermissten Taju verweisen:
/t/religion-seit-wann-entstehung-kriege/1849037/34
Freundliche Grüße,
Ralf
Eine seltsame emotionale Tiefe…
Ich greife hier der Einfachheit halber auf die klassische Definition :Emile Durkheims zurück:
Sorry, aber das mag nur aus der Perspektive der Soziologie stimmig sein, aus der Perspektive der Philosophie ist diese Definition des von mir sehr geschätzten französischen Soziologen und Pädagogen Professor Emile Durkheim nicht befriedigend erklärt, denn Soziologen sind schon von ihrer Weltsicht immer auch, um es mit Absicht bewusst radikal zu formulieren „Trittbrettfahrer“. Sie untersuchen einen Forschungsgegenstand, wie er ihnen oberflächlich gesehen „erscheint“ und fragen selten nach den tieferen psychologischen Ursachen.
Die Frage wäre für mich Folgende: Was ist überhaupt die Ursache von Religion bzw. eines Glaubens? Jedenfalls nicht die Gemeinschaft, die erst später aus einem „Unternehmer“ hervorgeht, aber nur dann, wenn sich „Manager“ als Nachfolger finden (wie im Christentum vor allem Paulus), die dann diese Gemeinschaft bewusst anstreben und zusammenführen, in einem unerlässlichen Bemühen. Somit wären die Christen die besten Werbefachleute der Welt und erfolgreicher als alle Wirtschaftsmanager…
Ursache für jede Religion und auch jeden anderen Glauben ist irgendwie etwas Emotionales, das von der Oberfläche irgendeine seltsame Tiefe berührt. Und die SPRACHE ist es dann, die dies in geeignete gesellschaftliche Funktionen und Strukturen hineintreibt, um diese seltsame emotionale Tiefe wieder auf eine „anschauliche“ Oberfläche zu bringen. Ich denke, dass es immer um Identifikation und um Identität geht. Und aus dieser Betrachtungsweise wäre dann auch jeder GLAUBE eine „Religion“.
Aber das muss nicht so heißen, man könnte auch von Selbstgefühl und Selbstbewusstsein im psychologischen Sinne sprechen, um das Phänomen zu beschreiben.
Gruß
C
Hi Claus.
Die Frage wäre für mich Folgende: Was ist überhaupt die
Ursache von Religion bzw. eines Glaubens?
Ursache für jede Religion und auch jeden anderen Glauben ist
irgendwie etwas Emotionales, das von der Oberfläche irgendeine
seltsame Tiefe berührt.
Wenn man die feste Bestandteile monotheistischer Religionen untersucht verschwindet die Seltsamkeit schnell.
Und aus dieser
Betrachtungsweise wäre dann auch jeder GLAUBE eine „Religion“.
Nur die theistisch religiöse.
Gruß
Balázs
aus der Perspektive der Philosophie ist diese
Definition des von mir sehr geschätzten französischen
Soziologen und Pädagogen Professor Emile Durkheim nicht
befriedigend
nicht nur aus dieser Perspektive. Diese Definition weist zahlreiche Mängel und Defizite auf, aber - und das ist der entscheidende Punkt - sie reicht zur Beantwortung der Ausgangsfrage völlig aus. Hinweise zur Vertiefung des Religionsbegriffs und vor allem zu einem etwas aktuelleren Stand der Diskussion finden sich in dem von mir verlinkten Artikel von Taju.
Die Frage wäre für mich Folgende: Was ist überhaupt die
Ursache von Religion bzw. eines Glaubens? Jedenfalls nicht die
Gemeinschaft, die erst später aus einem „Unternehmer“
hervorgeht
Nirgendwo war gesagt, dass diese ‚Gemeinschaft‘ Ursache der Religion ist - die Gemeinschaft definiert sich durch ein gemeinsames System von nicht-profanen Überzeugungen und Praktiken (Durkheim nennt die so definierte „moralische Gemeinschaft“ ‚Kirche‘) und ein System von nicht-profanen Überzeugungen und Praktiken, das von einer Gemeinschaft geteilt wird, nennt Durkheim Religion. Hier besteht keine Ursache-Wirkungsbeziehung, sondern eine Wechselbeziehung. In einer solchen Wechselbeziehung entstehen und entwickeln sich ‚Kirchen‘ und Religionen als kulturelle Phänomene.
Das ist rein deskriptiv - die Frage nach der Ursache der nicht-profanen Überzeugungen und Praktiken wird hier gar nicht berührt. Ihre Klärung ist auch nicht notwendig zur Beantwortung der Frage, ob „Jugend-Satanisten“ einer Religion zuzurechnen sind oder ob Satanismus eine Religion ist. Wie ich schon schrieb, hängt es von der Fragestellung ab, welcher Religionsbegriff zu ihrer Beantwortung zweckmäßig ist.
Die Frage wäre für mich
Deine Frage ist eine völlig andere als die des UP und bedarf daher auch eines anderen Religionsbegriffes. In dieser Hinsicht verweise ich gerne (auch hier schon wiederholt) auf Keiji Nishitani:
„Erstens: Religion ist stets etwas, das jeden Einzelnen persönlich angeht. Darin ist sie anders als die Kultur. Kultur betrifft zwar jeden einzelnen, aber nicht jeder einzelne muß sie auch zu seinem persönlichen Anliegen magen. Was Religion ist, läßt sich demnach nicht von außen verstehen. Das heißt: Allein das religiöse Bedürfnis ist der Schlüssel zum Verständnis dessen, was Religion ist. Einen anderen Weg gibt es nicht. Hinsichtlich der Frage nach dem Wesen der Religion ist dies der wichtigste Punkt. Zweitens: Wenn vom Wesen der Religion die Rede ist, so befindet sich die Frage: „Welchen Zweck hat Religion für uns?“ bereits als Frage im Irrtum. Aus ihr spricht eine Haltung, welche Religion ohne religiöses Bedürfnis zu verstehen sucht. Diese Frage wird daher von einer anderen Frage durchbrochen, die aus dem Fragenden selbst kommen muß. Einen anderen richtigen Weg zum Verständnis dessen, was Religion ist oder welchem Zweck sie dient, gibt es nicht. Die Frage, welche die erste Frage durchbricht, ist die Gegenfrage: „Wozu existieren wir?“ Hinsichtlich alles anderen können wir fragen, welchen Sinn seine Existenz für uns habe. An die Religion lässt sich diese Frage jedoch nicht richten. In Hinblick auf alle anderen Dinge können wir uns selbst (oder die Menschheit) zum telos ihrer Beziehung zu uns machen und demgemäß ihren Wert für unser Leben und unsere Existenz bestimmen. Wir können uns (oder die Menschheit) zum Mittelpunkt machen und uns ausrechnen, welche Bedeutung ihnen als Inhalte in unserem Leben (oder im Leben der Menschheit) zukommt. Wenn diese Daseins- und Denkweise, in der wir uns zum telos aller anderen Dinge machen, erschüttert wird und die dieser Haltung entgegengesetzte Frage auftaucht: „Wozu existieren wir selbst denn?“, dann tut sich erst der eigentliche Ort auf, von dem aus Religion in Sicht kommt.“
Selbstverständlich hat auch dieser Ansatz seine Grenzen und Beschränkungen. Damit lässt sich z.B. vielleicht Deine Frage sinnvoll beantworten - aber nicht die des UP.
Freundliche Grüße,
Ralf
Allein das religiöse Bedürfnis ist der Schlüssel zum Verständnis dessen, was Religion ist.
Aus meiner Sicht ist das der zentrale Kern zum Verständnis des Phänomens „Religion“, wobei ich den Begriff „Identität“ schon erwähnt habe: „Wer bin ich?“ oder wie in religiösen Gemeinschaften auch „wer wollen wir sein?“ Meines Erachtens steckt das noch hinter dem Bedürfnis derjenigen, die dieses religiöse Bedürfnis haben bzw. konkret fühlen und konstruktiv befriedigen.
Gruß
C.
Ich entschuldige mich für die Einmischung und möchte nur ergänzen:
Aus diesem
Grund deutet Cicero
religio auch als von ‚relegere‘ (‚wieder lesen‘,
‚wieder vergegenwärtigen‘) abgeleitet. Bei ihm […] ist
‚religio‘ stark auf den Kult bezogen.
Sie ist an der Stelle, an die du hier vermutlich denkst (de nat. deor. 2,72) sogar ausschließlich auf den Kult bezogen. Cicero unterscheidet hier Religio (mit der von dir beschriebenen Etymologie, in der relegere ausdrücklich als eine Art Synonym von retractare/sich-wieder-vornehmen aufgefasst ist) von superstitio/Aberglauben, indem er Menschen mit privaten Gebetsanliegen als abergläubisch (superstitiosi) bezeichnet: „Denn nicht nur Philosophen, sondern auch unsere Vorfahren unterschieden superstitio (Aberglauben) und religio. Denn Menschen, die alle Tage beteten und opferten, dass ihnen ihre Kinder am Leben bleiben sollten (superstites seien), nannten sie superstitiosi (abergläubisch).“
Es geht mir hier nicht um die Tragfähigkeit dieser Etymologie, sondern um den Hinweis auf die ausschließliche Wichtigkeit des gemeinsamen Kultes in der römischen Vorstellung von Religion. Bei den Griechen war es ja genauso: Die dem Sokrates vorgeworfene Asebie bestand darin, dass er die Götter nicht verehre, die die Stadt verehrt. Dafür verwenden wir dann das Wort „Glaube“.
Im Sinne der Eingangsfrage ist es meines Erachtens nicht
hilfreich, Religion als christlich-theologisch ausgedeuteten
und/oder auf zweifelhafte Weise etymologisch abgeleiteten
Begriff zu verstehen, sondern er ist als soziologische
Kategorie aufzufassen.
Auch das zeigt sich m. E. schön am Sokrates-Prozess: Der behauptete „Unglaube“ des S. bestand darin, die Götter der Stadt nicht zu verehren.
Beste Grüße!
Hannes
Satanismus ist Religion
Satanismus ist doch auch eine Religion, oder?
Ja, denn der Begriff Satan stammt aus der Religion.
Ist nicht jeder Glaube eine Religion?
Nein, aber jede Religion ist ein Glaube.
Gruß
C.
Atheismus als Religion
Zu unrecht werden Atheisten von Christen als Satanisten bezeichnet. Man glaubt, es gibt keinen Gott. Naturreligionen haben entweder mehrere oder gar keine Götter.