Ich muss sagen, derartige Diskussionen, was einer Frau angemessen ist und was nicht, finde ich ziemlich unwürdig, da vollkommen unrealistisch.
Ich werde Eva Hermans Buch nicht lesen, sonst habe ich garantiert für eine Woche schlechte Laune.
Gesetzt der Fall, eine Frau hat einen treusorgenden Mann „ergattert“ der wirklich alle Klisches der alten Rolle als Versorger, Zugpferd der Familie, Beschützer etc erfüllt und in 100 Jahren nicht auf die Idee kommt andere Frauen anzuschauen - dann wäre es berechtigt darüber zu diskutieren ob die Frau nicht den entgegengesetzten Pol verkörpern sollte: mehr nach innen gerichtet, konzentriert auf Kinder und Haushalt, dem Mann den Rücken freihaltend.
Dann würde ich sagen: Persönlich gefällt mir das zwar nicht, aber es handelt sich um echte Arbeitsteilung, die funktioniert, und wer es so möchte, der soll es so machen. Nichts Verwerfliches dran.
Das Problem ist aber, dass unsere Gesellschaft so nicht gestrickt ist.
Möchte wissen, welchem Mann die Vorstellung behagt, dass er wahrhaftig seiner Frau verpflichtet ist „bis dass der Tod ihn von ihr scheidet“. Auch, wenn sie ihn nervt, wenn sie im Alter hässlich wird, wenn man sich nicht mehr viel zu sagen hat…
In einer Zeit, in der es mehr Scheidungen und allein erziehende Mütter gibt als je zuvor wird von den Frauen GEFORDERT, dass sie auf eigenen Füßen stehen können. Eine Heirat bedeutet keine garantierte Sicherheit mehr, das ist einfach so, ganz egal, wie man nun dazu steht.
Und wie sehr wird auf Frauen geschimpft, die nach einer Scheidung ewig Unterhalt vom Mann beziehen wollen !
Ich selber finde das zwar auch nicht gut, muss aber sagen: Das entspricht doch nun wirklich der klassischen Vorstellung von Weiblichkeit - finanziell abhängig sein und vom Mann versorgt werden. Also sollte man dieses Verhalten eigentlich loben. Tut man (Mann) aber nicht - was für ein Wunder…
Hat eine Frau die Kinder großgezogen, dabei auf Beruf und Weiterbildung verzichtet, hat sie einfach so gut wie keine Chancen mehr, auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen. Kommt es dann aber zu einer Trennung von ihrem Mann wird ganz automatisch verlangt, dass sie mir-nichts-dir-nichts einen Job findet und auf eigenen Füßen steht um nicht ewig wie eine Bleikugel am Hacken des Mannes zu hängen.
Wie soll denn das funktionieren ???
Die Lösung kann doch nicht sein, dass alle jungen Frauen nur noch Arzthelferinnen, Sekretärinnen, Krankengymnastinnen und wenns hochkommt Lehrerinnen werden - lauter Berufe, bei denen man nicht wirklich viel verdient, bei denen man aber relativ gut nach längerem Ausstieg auch wieder einsteigen kann.
Damit die Idee erfüllt ist: Hast du einen Mann, dann „konkurrier“ nicht mit ihm und lass die Finger weg von der Eigenständigkeit - hast du ihn nicht mehr, dann wage es nicht, NICHT eigenständig zu sein…
Auch so Aussagen, was in der „Natur“ einer Frau liegt und was nicht, kommen bevorzugt von biologisch völlig unterbelichteten Menschen - Frau Herman sollte sich mal ein anständiges Bio-Buch zum Geburtstag wünschen (Aber nein, sie hat bestimmt ein derartig fettes Gehalt, dass sie es sich selber kaufen kann - bäh, wie unweiblich…
In der menschlichen Natur liegt es zu essen, zu schlafen, Pipi zu machen, zu scheißen, sich fortzupflanzen und irgendwann zu sterben. Das ist bei Männern nicht viel anders als bei Frauen.
Vom wirklich biologischen Gesichtspunkt aus liegt es auch nicht in der Natur des Mannes, viel mehr als das zu tun.
Naja, und es liegt in unserer Natur, irgendetwas dafür zu tun, dass wir eher später als früher sterben, also das Streben nach Sicherheit. Aber auch das gilt für beide Geschlechter.
Gehe ich also davon aus, dass dieses Streben nach materieler Sicherheit (zur Erhaltung der Familie und der eigenen Person) in unserer Natur liegt, dann handeln Frauen heutzutage WAHRHAFTIG ganz im Sinne ihrer Natur, wenn sie sich eben NICHT vom Mann abhängig machen.
Ich könnte es ganz materialistisch und kalt sagen: Die Kinder sind die Gene der Frau in der nächsten Generation, nach DARWIN ist jedes Individuum bestrebt, möglichst viele seiner Gene in der nächsten Generation zu verankern - darum auch aufwendige Brutpflege.
In der ersten Hälfte des letzten Jahrhunderts war die Versorgung der Nachkommen optimal, wenn die Frau verheiratet war und ihren eigenen Beruf aufgegeben hat.
Heute ist die optimale Versorgung ganz erheblich gefärdet, wenn die Frau sich vom Mann abhängig macht.
Biologisch gesehen ist die Änderung des weiblichen Verhaltens also ganz leicht zu erklären.
Gruß, Bettina