Hallo!
Da hat sich die Bundeskanzlerin zu einem Sachverhalt geäußert, den sie nicht beurteilen kann. So lange kein Einfluss auf die derzeitige Hauptursache des Flüchtlingszustroms genommen wird, ist unbekannt, wie viele Flüchtlinge noch kommen werden. Es können auch plötzlich ein paar Millionen mehr werden.
Die Ursachen werden nicht einmal beim Namen genannt, statt dessen findet ein verbaler Eiertanz um den IS statt. Die paar Spinner, die nur Fuß fassen können, wo es keine funktionierenden staatlichen Strukturen mehr gibt, haben mit den Ursachen der Flüchtlingswelle überhaupt nichts zu tun. Die Wurzeln der aktuellen Situation liegen in der Destabilisierung des Irak durch amerikanisches Militär und über 20 europäischen Ländern, die dabei mitmachten. Die Situation der zerstörten staatlichen Infrastruktur nutzen verschiedene Gruppen, um in ihrer Region an die Macht zu kommen. Dabei spielte die Grenze zwischen Irak und Syrien keine Rolle, ist sie doch nur ein quer durch Ethnien von Besatzungsmächten gezogener Strich auf der Landkarte. Von daher war Syrien von Beginn an von der Destabilisierung des Irak und den damit ausgelösten Machtkämpfen unmittelbar betroffen.
Wie alle möglichen Gruppen, darunter auch der IS, Morgenluft schnupperten und gewaltsam Gebiete und Macht einzuheimsen suchen, betätigen sich auch andere, nicht minder gewalttätige Gruppen, die Machtverteilung neu zu mischen. Israel hat in Syrien und Jordanien Interessen an anderen Machthabern. Amerikanisches Militär wird’s schon richten. Die Russen haben in Syrien eigene Interessen durch einen Marinestützpunkt am Mittelmeer. Unsere lieben Waffenkunden, die Saudis, haben dort auch Interessen.
Die betroffenen flüchtenden Menschen gehen allen Beteiligten am Achtersteven vorbei. In Europa wird etwas vom Kampf gegen den IS erzählt, unkritische Presseleute glauben und verbreiten den Mist, während europäische Politiker zu den Vorgängen schweigen.
Syrien ist ein großes Land und mitnichten flächendeckend vom Krieg betroffen. Noch nicht. Ist aber nur eine Frage der Zeit, wie es aufgrund der angestrebten Veränderungen der Machtverhältnisse nur eine Frage der Zeit ist, bis der von Flüchtlingen schon hoffnungslos überforderte Libanon Kriegsschauplatz wird. Das sind Millionen Menschen. Aber wir schaffen das schon, glauben an die Mär vom Kampf gegen ein paar spätpubertierende Halbstarke und halten ansonsten die Klappe.
Ist natürlich alles Schicksal und sowieso alternativlos. Man müsste sich sonst von den Machtspielchen des Kalten Kriegs verabschieden und die Ausdehnung von Einflussbereichen beenden, müsste womöglich - daran auch nur zu denken, wäre Verrat an westlichen Werten - mit Russen zusammenarbeiten. In der EU müsste Außenpolitik betrieben werden. Aber dafür haben wir gar kein Personal. Wir haben nur Leute, die hinnehmen, was in Washington beschlossen wird und dann erzählen „wir schaffen das schon“.
Die Russen liefern Waffen und Personal und die andere Seite verfährt in gleicher Weise. Das ist der klassische Stellvertreterkrieg, der mit IS überhaupt nichts zu tun hat. Der Krieg ist von Menschen gemacht und lässt sich von Menschen beenden. Russen würden ganz sicher gerne reden, wollen als Macht auf Augenhöhe wahrgenommen werden. Und Amerikaner würden auch reden, würden sie aus Europa statt devotem Schweigen endlich deutliche Töne hören, wo es bitteschön langzugehen hat. Natürlich gibt es dann noch gewalttätige Gruppen aller Art. Die bekommt man mit noch so viel Bomberei nie in den Griff, aber sehr zügig mit einer Ordnungsmacht am Boden. Dafür braucht man „nur“ gemeinsames Vorgehen von Europäern, Amerikanern und Russen sowie die Zustimmung Assads, der aber im Fall der Einigkeit mit Russen keine andere Wahl hätte.
Ist aber alles viel zu einfach, weil dafür europäische Außenpolitik stattfinden und der schöne Stellvertreterkrieg zu Grabe getragen werden müsste. Selbst denken und Mund aufmachen, ist viel zu anstrengend. Das schaffen wir nicht. Die Amis Mist nach Gutdünken veranstalten zu lassen, das schaffen wir schon. Flüchtlinge in unbekannter Zahl, nötigenfalls die Bevölkerung ganzer Länder aufzunehmen, das schaffen wir schon.
Gruß
Wolfgang