Dass die Vorfälle von Silvester etwas besonderes waren oder so erstmals auftraten, scheinen ja auch die Politiker zu glauben, die nun in Massen Veränderungen einfordern. Tatsache ist aber, dass die Entwicklung seit fast 25 Jahren im Gange ist und nun - wieder einmal - einen vorläufigen Höhepunkt erreicht hat.
Schauen wir nur zwei Jahre in die Vergangenheit und da nach Stuttgart (Juni) oder Dietzenbach (Mai). Nehmen wir die Chaos-Tage oder die regelmäßigen „Feierlichkeiten“ zum 1. Mai. Nehmen die Angriffe auf Einsatzkräfte beim G7-Gipfel oder lesen wir einfach mal nach, was ein DGL zu den Verhältnissen an einem ganz normalen Wochenende im Jahre des Herrn 2008 in Düsseldorf zu sagen hatte:
Brandbrief/Polizei Düsseldorf:„Höchste Aggression und Gewaltbereitschaft“ (wz.de)
Die Erlebnisorientierung junger Altstadtbesucher ist schon seit Mitte der 90er im Gange. Ein Freund von mir tat viele Jahre Dienst in wechselnden Funktionen in eben jener Altstadtwache. Spätestens von 2004 an hat er mir von Vorfällen berichtet, bei denen Einsatzkräfte der Feuerwehr angegriffen wurden und von Polizisten beschützt werden mussten. Auch zu echten Hinterhalten kam es zu der Zeit schon. Der oben verlinkte Brandbrief ist letztlich ja auch Ergebnis einer langjährigen und anhaltenden Entwicklung.
Über einzelne Vorfälle wird berichtet, die Politik ist empört und verlangt Änderungen, aber es fehlt an konkreten Ansätzen bzw. am Willen zum Handeln. Für Düsseldorf und NRW kann ich sagen, dass die Politik und eben auch die Behördenleitungen, die ja auch politisch besetzt werden, einem harten Durchgreifen ggü. bestimmten Personengruppen und in bestimmten Brennpunkten wiederholt im Weg gestanden haben.
Aus den ganzen Vorkommnissen kann man viele Schlussfolgerungen ziehen und man kann daraus auch Handlungsempfehlungen ableiten.
Eine davon lautet - und da wird sich Rakete wahrscheinlich vor Freude ins Höschen manchen -, dass man bei Personengruppen, deren Handeln und Denken in hohem Maße von Dingen wie Ehre und Respekt beeinflusst wird, nicht weit damit kommt, wenn man ihnen in einem Gesetzbuch des deutschen Staates Strafe androht. Es verspricht einen Zuwachs an Ehre bei den Kumpanen, wenn man sich gegen die deutsche Polizei stellt. Man verdient sich keinen Respekt dadurch, dass man deeskaliert, sich aus Situationen zurückzieht, um die Wahrscheinlichkeit für Schäden an Vermögen und Gesundheit zu reduzieren.
Konkret heißt das, dass es absolut nicht hilfreich ist, wenn man sich mit einem handelsüblichen Trupp von drei bis fünf Leuten zurückziehen muss, weil man mit so wenig Leuten zwei Gruppen von jeweils 30 gewaltbereiten und durch Drogen, Alkohol und Adrenalin aufgeputschten jungen Männern gegenübersteht und sich aus Gründen des Selbstschutzes zurückziehen muss. Das führt nämlich zu zweierlei: wer die Polizei vertrieben hat, gewinnt an Ehre und Ansehen und die Polizei verliert wieder ein wenig Respekt.
Richtig wäre es, in Großgruppen von 10-20 Leuten (was als Konsequenz von diversen Vorfällen ab ungefähr 2015 zum Teil auch gemacht wurde; u.a. mit dem Einsatztrupp Prios, der zwar für andere Zwecke gedacht war, aber gerade am WE häufig als eine Art Verstärkung für die Altstadtwache missbraucht wurde) aufzutreten und jeden Versuch von Widerstand oder Gewalttätigkeit mit Handschellen und einer Nacht in der Zelle zu belohnen. Mir wurde mehr als einmal berichtet, wie selbst die coolsten Typen ganz kleinlaut ans Jammern geraten, wenn ihnen klar ist, dass sie für die Nacht einfahren und Anzeigen wegen Widerstands und Beleidigung und ggfs. noch Landfriedensbruch geschrieben werden.
Aber das ist natürlich nur der erste Schritt. Dann muss hintenraus auch die Justiz mitspielen, aber das ist dann wieder eine ganz andere Geschichte.
Der Punkt ist, dass man seitens der Politik jetzt wieder einmal mehr Respekt ggü. den Einsatzkräften fordert und verlangt, wobei man aber völlig übersieht, dass das so nicht funktioniert. Respekt muss man sich - gerade in diesen Kreisen - verdienen und das geht halt eher nicht dadurch, dass man unverrichteter Dinge wieder abzieht, sondern dadurch, dass man robust und konsequent auftritt und die Rädelsführer, Mitläufer und anderen Sackgesichter einfach mal für das zur Verantwortung zieht, was sie getan haben, anstatt sie feiernd, johlend und mit viel Vorfreude auf die nächste Party davon kommen zu lassen.
Ende des Vortrags.