Borderline - wann hört der Terror auf? Erfahrungen

Hallo!

Ich bin auf der Suche nach Leuten unter Euch, die mir einen Tip geben können bzw. von eigenen Erfahrungen berichten, damit ich wieder ein wenig Hoffnung schöpfen kann.

Ich lebe mit einem Mann zusammen, den ich vor über einem Jahr kennengelernt habe. Er hat einen 13-jährigen Sohn mit seiner Exfrau. Anfangs, als ich ihn und in weiterer Folge natürlich sie und ihre Methoden noch nicht so gut kannte, konnte ich mir ihr unlogisches, meist sehr bedrohliches Verhalten nicht erklären. Nun nach einem Jahr Terror kenn ich mich ganz gut aus damit und ich halte es manchmal einfach nicht mehr aus.

Das gemeinsame Kind lebte seit der Trennung abwechselnd eine Woche bei der Mutter und eine Woche beim Vater. Die Mutter hat den Vater verlassen, jedoch in all den 8 Jahren seit damals niemals losgelassen. Wann immer er einen Schritt in die Autonomie gewagt hat, waren schreckliche Wutausbrüche, Racheaktionen und vor allem die omnipräsente Drohung, dass sie ihm das Kind wegnehmen würde, die Folge. Übersetzt in die Praxis heißt das, er durfte keine neue Lebenspartnerin haben. Solange er sich daran hielt, war sie zwar trotzdem in ihrem Verhalten ihm und dem Kind gegenüber äußerst schwankend - aggressiv, impulsiv, abgelöst von traurig, kindlich und auch wieder sehr herzlich, es kam jedoch nur selten zu extremen Wutausbrüchen. Ihr Forderungskatalog war in diesen Zeiten relativ übersichtlich. Er musste mit ihr und dem gemeinsamen Kind, ihrem neuen Mann und dessen Kind einmal im Jahr auf Urlaub fahren. Wenn er mit dem Sohn irgendwohin fuhr, musste es okay sein, dass sie und ihr Mann jederzeit nachkommen konnte. Er musste akzeptieren, dass sie den Sohn sehr oft auch außerhalb der Betreuungswoche spontan vorbei brachte. Er musste Weihnachten, Ostern, etc. bei ihr mit ihnen feiern. Es musste ihr weiterhin erlaubt sein, dass sie die Urlaubshäuser der Ex-Schwiegereltern gemeinsam mit dem Sohn und dem neuen Mann benützen kann. Und noch vieles mehr. Es ging dabei immer so vor sich, dass sie diese Dinge einfach einforderte, dabei mit der unterschwelligen Drohung spielte, dass das Kind sonst traurig wäre, wenn er das der Mutter verweigern würde und mein Freund war damals noch nicht der Typ, der kämpfte. Er nahm alles relativ lethargisch hin, weil er schlicht Angst vor ihren Ausbrüchen hatte. Persönliche Grenzen gab es nicht.

Vor drei Jahren hatte er die erste ernsthafte Beziehung nach der Trennung. Ein unglaublicher Terror war die Folge. Er baute sich ganz langsam auf und wurde am Schluß so unerträglich, dass seine damalige Freundin ihn verließ und noch heute mit Grauen über diese Zeit spricht. Seine Exfrau hat die Neue gehasst, ohne sie jemals richtig kennengelernt zu haben. Ich habe sie selbst über sie sprechen gehört und mir ist das Blut in den Adern gefroren. Sie hat zunächst nur schlecht über sie gesprochen, dann gings los mit Verleumdungen übelster Sorte. Sie hat ihm dauernd gedroht, ihm das Kind wegzunehmen, weil es unter der neuen Freundin so leiden würde und dauernd unglücklich sei. (Der Sohn mochte die Neue sehr gerne und hat gerne mit ihr gespielt.) Sie hat verboten, dass die Neue mit ihm Kontakt hat. Sie hat ständig angerufen und wenn mein Freund nicht sofort abgehoben hat, weil es spät war, gewütet, dass sie ihm das gemeinsame Sorgerecht wegnehmen würde, weil er den Kontakt zu ihr nicht in ihrem Sinne aufrecht erhalten würde. Sie hat alles getan, um diese Beziehung zu stören und es am Ende geschafft, dass sie sich getrennt haben. Weil seine damalige Freundin den ständigen Konflikt - Kind oder sie - nicht mehr ausgehalten hat.

Dann kam ich in sein Leben. Als ich ihn kennelernte, hatte er ständige Schwindelanfälle. Ich hab ihn dann, weil ich selbst gute Therapieerfahrungen hatte, geraten, eine Therapie zu machen. Er hat eine sehr gute Therapeutin gefunden, die ihn wieder aufgebaut hat. Er nimmt seit damals Antidepressiva und es geht im generell besser, weil sie mit ihm daran arbeitet, diesen Terror loszuwerden. Sie hat bereits nach ein paar Stunde und nachdem er ihr E-Mails von der Exfrau zu lesen gegeben hat. vermutet, dass sie eine Borderline-Persönlichkeitsstörung hat. Diese Vermutung schien sich in den nächsten Monaten zu bestätigen. Nachdem er einen totalen Zusammenbruch hatte, hat sie ihm geraten, das Kind eine Zeit lang zur Mutter zu geben und es nur noch am Wochenende zu sehen. Das ist ihm sehr schwer gefallen. Aber er hat es gemacht und es wurde noch ärger. Sie war zunächst einverstanden, hat dann jedoch gleich wieder begonnen mit ihren Hasstiraden, Terroranrufen, Beschimpfungsmails. Sie wollte das Kind nicht ganz, sie war wütend, dass er es zu ihr gegeben hat und dass er durch die Therapie begonnen hat, seine persönlichen Grenzen abzustecken. Das hieß, keine Besuche mehr in den Häusern der Eltern, eine fixe Besuchsregel für das Kind mit Zeiten und Wochentagen, der Kontakt wurde von seiner Seite auf Informationen das Kind betreffend reduziert.

Doch was auch immer er festzulegen versucht, sie kann es nur schwer akzeptieren und wehrt sich mit aller Kraft dagegen. Es ist wahnsinnig anstrengend, das durchzuhalten, weil ihr auch immer neue Schikanen einfallen. Sie unterbindet das Besuchsrecht und verschiebt es ständig. Er muss dann mit ihr Kontakt aufnehmen und nach einem Streit und langem hin und her gestattet sie es großzügig, dass er seinen Sohn zur ausgemachten Zeit doch sehen darf. E-Mails mit persönlichen Beschimpfungen, Vorwürfen und diffusen Drohungen sind an der Tagesordnung. Meistens beziehen sie sich auf die Alimente oder die Besuchszeit. Nun ist das Kind bald 14 und er versucht auch, es insofern zu stärken, als dass es sich mittlerweile selbst via Handy mit ihm etwas ausmacht und das klappt auch ganz gut. Doch jetzt, da der Sohn sich in ihren Augen sozusagen autonom gegen sie stellt und der Kontakt zu meinem Freund abgeschnitten ist, fängt sie an, ihn zu quälen. Sie ruft ihn ständig an, wenn er bei uns ist und macht ihm ein schlechtes Gewissen. Sie geht sehr willkürlich mit seiner Freizeit um, gerade jetzt in den Ferien. Sie fragt ihn aus, was ihm sehr unangenehm ist, weil er ohnehin ein sehr verstocktes Kind ist, das unter der Situation zwischen den Eltern sehr leidet.

Ich bin mittlerweile auch schon ein kleines Nervenbündel. Bin selbst wieder in Therapie, weil ich das alles irgendwann nicht mehr ertragen habe und ich hoffe immer genauso wie mein Freund, dass das alles irgendwann besser wird. Deshalb wollte ich einfach mal fragen, ob jemand anderer auch solche Erfahrungen mit Borderlinern gemacht hat? Mir würde es wahnsinnig helfen, zu wissen, dass ich nicht allein bin mit diesen Gefühlen.
Vielen Dank im Vorhinein und sorry, dass es so lange geworden ist.

Anna

hallo,
mal eine ganz „blöde“ Frage: Warum hat sich dein Freund noch keinen Anwalt genommen um das Kind ganz zu sich zu nehmen?
Gruss Backs

Hallo Anna,

das was Du schreibst ist für alle Beteiligten eine unerträgliche Situation. Du scheinst im Moment die meiste Kraft zu haben und den Überblick behalten. Auch wenn Du die Exfreundin Deines Freundes beschreibst verfällst Du nicht in Spekulationen oder subjektive Urteile. Das ist gut und daran solltest Du festhalten. Deinen Freund möchtet Du bestimmt mal.

Viel als selbständigen und selbstbewussten, ja sogar humorvollen Menschen sehen. Wie geht es denn dem Jungen? Mit 14 Jahren kann er schon selbst entscheiden wo er bleiben möchte - allerdings wird er sehr beeinflusst sein von seiner Mutter, die ihm ein schlechtes Gewissen einreden möchte.

Ich finde die Frage von dem Vorposter gar nicht blöd - warum bemüht sich Dein Freund nicht um das Sorgerecht? Sollte die Mutter unter einer Persönlichkeitsstörung leiden, so trägt das Kind das Leiden weiter. Geht das ohne Schlammschlacht? Das Kind wird Gewissenskonflikte haben und die solltet ihr möglichst behutsam abbauen. Seine Mutter bleibt seine Mutter, also ein Teil von ihm.

hallo,
mal eine ganz „blöde“ Frage: Warum hat sich dein Freund noch
keinen Anwalt genommen um das Kind ganz zu sich zu nehmen?
Gruss Backs

Hallo Backs,

ist keine blöde Frage, sondern das erste, das einem durch den Kopf geht, wenn man mit der Situation konfrontiert wird in dieser „Familie“. Ich hab mit ihm schon oft darüber geredet, aber eher, um ihn wegen seiner Verzweiflung deshalb zu trösten.
Er hat natürlich schon Anwälte kontaktiert, mehrfach. Es ist aber einfach sehr aussichtslos, der Mutter eines Kindes das Sorgerecht wegzunehmen. Sie würde es niemals hergeben, weil es ja in ihrem System ein ganz wichtiges Mittel ist, um Beziehung aufrecht zu erhalten und Aufmerksamkeit zu bekommen, sei es auch nur negative, da wird bei dieser Persönlichkeitsstörung nicht viel unterschieden.
Die Anwälte und auch die Beratungsstellen haben alle unisono das gleiche gesagt: solange sie das Kind nicht körperlich schwer misshandelt, kann man nix machen. Es ist wie gesagt, sehr ungewöhnlich und kommt kaum vor, dass man einer Mutter überhaupt das Sorgerecht ganz weg nimmt. Weil ja die Mutter nach den meisten Trennungen als hauptsächliche Bezugsperson fungiert. Dass das hier nicht so war, ist eine Ausnahme und nützt auch nix. Die seelischen Verletzungen vor Gericht zu beweisen, wäre auch unschaffbar. Für das Kind wäre das eine unzumutbare Situation, die ihn sicherlich völlig überfordern würde und komplett aus dem Gleichgewicht bringen. Gleichzeitg wäre er aber der einzige Zeuge, dessen Aussage Gewicht hat. Weder ich noch die Exfreundin noch andere Bekannte von meinem Freund, die den Genuß hatten, die Exfrau in „action“ zu erleben, wären maßgeblich, wenn es um die Beurteilung des Verhältnisses von Mutter und Kind ginge.
Deshalb klappt das leider nicht.

Hallo!

Dem Jungen geht es jetzt gerade nicht so gut. Seit er sich selbst Termine mit dem Vater ausmacht, ist er zwar einerseits stolz auf seine Autonomie, das merkt man ihm auch an. Aber das Problem ist, dass er bis jetzt von seinem Vater bewusst aus allem rausgehalten wurde und erst in den letzten Wochen realisiert hat was da vor sich geht und dass die Konsequenz der Forderungen seiner Mutter ist, dass er den Vater noch weniger sieht.

Das heißt, er hat sozusagen erstmals richtig begriffen, dass die Mutter etwas tut, das ihm nicht gut tut. Weil ihm das bis jetzt noch nicht so stark aufgefallen ist. Außerdem fängt sie jetzt ganz leicht an, ihn zu terrorisieren und ich habe das Gefüh, das kennt er auch noch nicht, dass sie ihn dauernd anruft, wenn er bei uns ist und nachfragt, was er jetzt genau tut. Das nervt ihn einerseits, auf der anderen Seite reagiert er doch ein wenig veriwrrt.

Meine Vermutung, dass es ihm nicht so gut geht, basiert auf seinem aktuellen Verhalten. Er ist wahnsinnig kindlich momentan und sehr sehr anlehnungsbedürftig. Er verfällt beim Sprechen oft in so eine Kinderstimme und schaut einen so treuherzig an dabei. Er will auch nur gemeinsam Dinge tun, die ihm irgendwie Sicherheit geben: also ganz Banales, geborgenes wie gemeinsam kochen und essen, nette, unaufregende Serien im Fernsehen ansehen, gemeinsam Spazieren gehen. Eigentlich ist er nicht so sanftmütig. Ich kenn ihn auch anders, wenn es ihm besser geht. Da kann er ordentlich aufdrehen und ist für jeden Blödsinn zu haben. Er hatte schon von jeher eine Seite, wo er sehr verstockt sein sein, wenig erzählt, wenig spricht. Momentan ist eher die kindlich-verspielte dominant.

Die Gewissenskonflikte soll er auf jeden Fall abbauen. Daran hab ich von Anfang an gearbeitet, weil mir das auch eine Kindertherapeutin geraten hat, die ich gleich am Anfang getroffen habe. Ich wusste ja nix über Kinder und hab mir das halt so versucht anzueignen, damit ich ja nix falsch mache, über Bücher und diese Therapeutin, die hatte auch gute Tips für Patchwork-Situationen. Es ist ihm zum Beispiel irgendwie unangenehm, mit seinem Vater über die Mutter zu sprechen. Das vermeidet er komplett. Mit mir spricht er schon über das andere zu Hause, weil ich ihn immer ermuntert hab, mir zu erzählen, was er die ganze Woche über so macht und ich denke, er hat nicht das Gefühl, dass ich seine Mutter wirklich nicht mag, weil ich mich auf dieses Gefühl gar nicht erst einlasse, wenn er mit mir spricht. Ich will auf keinen Fall, dass er etwas tabuisieren muss vor uns bzw. mir. Das geht ganz gut. Natürlich bleibt es seine Mutter. Aber er hat schon manchmal ein recht differenziertes Verhältnis zu ihr. Er ist ein ziemlicher Gerechtigkeitsfanatiker und es ist ihm schon als Kleinkind immer wieder aufgefallen, hat mir mein Freund erzählt, dass seine Mutter oft lügt. Oder in ihren emotionale Reaktionen unfair ist und übertreibt. Er hat da doch ziemliche Verteidigungsreflexe, nicht nur was den Vater, sondern auch den neuen Mann von ihr betrifft. Der scheint auch ziemlich was abzubekommen.

Was ich sagen wollte, Du musst Dir keine Sorgen um den Kleinen machen, da passen wir schon gut auf. Wirklich. Bei aller Wut und aller Aggression auf die Mutter, er kann ja echt nix dafür und er ist echt ein lieber Knopf.

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Hallo!

Ich weiß nicht, inwieweit das schon geschehen ist, aber ich würde an seiner Stelle das Jugendamt einschalten.
Leider habe ich mit dem deutschen Jugendamt keine Erfahrung, weiß aber, dass es in Österreich in so einem Fall so gehandhabt wird, dass der Mutter eine „Familienhilfe“ zur Verfügung gestellt wird. Also ein Verein, von dem dann ein ausgebildeter Familienhelfer kommt und ihr Unterstützung in der Erziehung gibt und auch schaut, dass Besuchszeiten klar eingehalten werden.
Sollte sich in weiterer Folge zeigen, dass die Mutter nicht bereit ist, diese Abmachungen einzuhalten und sich womöglich auch dem Kind gegenüber psychisch gewalttätig erweist, ist es viel leichter, es vor Gericht zu beweisen, wenn dies durch offizielle Stelle bestätigt wird.

War so mein erster Gedanke dazu.

Viel Glück!

Sandra