Abram,
das, was Du schilderst, sind die klassischen Zeichen einer nicht (bzw. viel zu spät) erkannten Borreliose. Dabei ist „die Borreliose“ eigentlich eine ganze Gruppe von Krankheiten mit ca. 10 verschiedenen Einzelkrankheiten, die wiederum auf unterschiedliche aber ähnliche Erreger (meist Bakterien) zurück zu führen sind. Wie Du schon richtig bemerkt hast, wird diese sehr schlimmme Krankheit von den allermeisten Ärzten völlig verkannt, sie kennen sich schlicht damit nicht aus.
Im chronischen Stadium ist eine Therapie unendlich langwierig und aufwendig. Es gibt derzeit keine Therapie, mit der man die Krankheit heilen kann. Aber es gibt durchaus Therapien, mit denen sich die Symptome soweit lindern lassen, dass man damit gut leben kann (nicht mehr so wie ohne Borreliose, aber viel besser als ohne Behandlung). Und dieser Weg geht nur und aussschließlich über Antibiotika. Über Monate, nein, eigentlich über Jahre.
Vor einer AB-Therapie steht jedoch die genaue Diagnose: welche Erreger sind beteiligt? Dazu brauchst Du definitiv einen Spezialisten, der Dich daraufhin gezielt untersucht. Deutschlandweit gibt es etwa 10 Ärzte, die man wirklich als Spezialisten ansehen kann.
Um den für Dich naheliegendsten zu finden, bitte ich Dich, Dich in der Internet-Selbsthilfegruppe „Borreliose-Forum“
http://forum.bfbd.de/ucp.php?mode=login
anzumelden. Dort sind viele Betroffene, die Dir super Tipps geben können. Meine eigene Frau leidet seit ca. 5 Jahren an dieser Krankheit und bekommt seither fast ständig ABs. Aufgrund der sogenannten „Co-Erreger“ (von denen ich oben schon gesprochen habe), bekommt sie häufig Multi-Antibiosen, d.h. unterschiedliche ABs gleichzeitig. Damit diese sich nicht gegenseitig negativ beeinflussen muss zwischen den einzelnen Tabletten ein zeitlicher Abstand liegen. So nimmt meine Frau die erste morgens um 7 Uhr und die letzte nachts um 3.00 Uhr. Auch muss bei der Einnahme von ABs immer auf die Ernährung geachtet werden: z.B. Darf man Milchprodukte essen (Calzium!). Auch das sonstige Verhalten muss teilweise angepasst werden: Erlaubt das AB, in die Sonne zu gehen? (jetzt wird es Sommer - aber wenn ein entsprechendes Mittel genommen wird - dann muss man halt im Haus bleiben!)
ABs schaden dem Magen-Darm-System. Ja, das ist zwar richtig, aber es ist nicht so, wie viele Ärzte es hinstellen, dass dann alles kaputt gienge im Körperinneren. Selbst wenn man über Jahre hinweg ABs nimmt, ist die Verarbeitung der Speisen im Körper fast normal. Natürlich sollte man etwas zusätzlich für die Darmflora machen: Meine Frau nimmt z.B. spezielle Naturjoghurts und mischt diese mit Leinöl. Leinöl ist ein sehr gesundes und für die Darmflora hilfreiches Mittel.
Dosierung und Zyklusdauer: Diese hängt stark vom eingesetzten Medikament und der Therapie-Art ab. Beispielsweise sagt man für Doxycyclin, dass man im Anfangsstadium mindestens 5 mg Wirkstoff pro Tag und kg Körpergewicht braucht für mindestens 30 Tage. Das gilt aber nur für das Anfangsstadium der ersten 14 Tage. Tierärzte (die sich wesentlich besser mit dieser Krankheit auskennen) erachten sogar diese Menge als deutlich zu niedrig. Die Therapie-Art bezieht sich auf die Form der Wirkgabe: Infusion oder Tablettenform. Natürlich ist die Tablettenform deutlich einfacher und angenehmer, allerdings gibt es Aussagen von Experten, die sagen, dass durch den Prozess der Aufnahme über den Magen viel weniger Wirkstoff im Körper ankommt, als dies bei einer Infusionstherapie direkt ins Blut der Fall ist. Hier kann man immer mal wieder den Faktor 10 lesen, um den Infusionen wirksamer sind als Tabletten. Unsereins kann solche Zahlen natürlich nicht überprüfen, nur Gelesenes wiedergeben. Aber auch hier empfehle ich Dir dringend, die im Borreliose-Forum anzumelden, dort Deine an mich gerichtete Frage zu wiederholen und dann hast Du von einer Vielzahl von Betroffenen eine Vielzahl von Rückmeldungen, die es Dir dann auch erlauben, Dir ein eigenes Bild zu machen.
Voraussetzungen für eine sinnvolle Untersuchung bei einem Spezialisten (lange Wartezeiten!): Ein möglichst genaues Schmerz- und Beschwerde-Tagebuch:
- Was ist anders als früher / als bei Gesunden -> Beschreibung (es gibt ca. 100 verschiedene Symptome, die möglicherweise auf Borrreliose zurück gehen könnten - bis hin zum Bandscheibenvorfall oder Verschlechterung des Sehvermögens).
- wie lange? minutenweise, stundenweise, tageweise, nur bei bestimmten Bewegungen
- wie oft? minütlich bis 1 mal im Monat
- wo tritt es auf? in der Arbeit, im Garten/Natur, beim Autofahren, bei einer bestimmten Körperhaltung, z.B. vor dem Computer, beim Radfahren, beim Sex etc.
- wann tritt es auf? bestimmte Uhrzeit - nicht mehr durchschlafen können, Nachtschweiß, ungewöhnlicher Harndrang etc.
- sonstiges: Alles was auffällig ist: Beschwerden seit … mit einem besonderen Ereignis verbunden (Urlaub, Unfall, Umzug, Heirat - auch: Geburt eines Kindes, Scheidung, Tod der Eltern etc. -> psychologische Einflussgrößen, die den Körper in der Widerstandskraft schwächen - oder stärken - können)
Wenn Du dem Spezialisten eine möglichst vollständige Aufzeichnung diesbezüglich vorlegen kannst, dann tut er sich deutlich leichter die vorliegenden Co-Erreger zu identifizieren, da unterschiedliche Erreger für unterschiedliche Symptome/Bereiche zuständig sind. Bitte notiere wirklich alles, was bei Dir auftritt, bei Gesunden aber nicht bzw. bei Dir vor der Erkrankung ebenfalls nicht da war. Denke NIE: „Das brauche ich nicht aufschreiben, das ist eine Lapalie und stört mich kaum“ Auch das ist wichtig. Die Zusammenschau macht da dann das Gesamtbild. Denke NIE: „Das brauche ich nicht aufschreiben, das ist eine typische Alterserscheinung (z.B. nachlassende Sehkraft, nachts aufs Klo müssen, schlechter hören etc.)“. Diese „Alterserscheinungen“ werden durch eine Borreliose oft in ihrer Heftigkeit deutlich verstärkt.
Thema Blutuntersuchungen: Diese sind - je nach eingesetztem Testverfahren unzuverlässig bis sehr unzuverlässig: Der ELISA hat eine Fehlerquote von ca. 80% - somit kann man den fast weg lassen. LTT und Westernblot drücken die Fehlerquote schon mal auf ca. 30%, der ELISPOT kommt auf ca. 25% Fehler, der derzeit sicherste Test ist über Hautpartikel (PCR), der aber noch recht neu ist, so dass man da noch wenig Informationen über Fehlerquoten hat. Ich habe mal was von 15-20% Fehlerquote gehört. Natürlich wäre auch das noch nicht wirklich gut, aber besser wie der ELISA allemal. Bei jedem Test ist natürlich auch wichtig, was man testet. Es gibt tausende Messgrößen, man kann nie auf alle testen. Der CD57 ist ziemlich umstritten, weil es ein allgemeiner Indikator für das Immunsystem ist, aber nicht speziell auf die Borreliose abhebt. Andererseits kann man viele der Co-Erreger über die bisherigen Verfahren (PCR vielleicht ausgenommen, da weiß ich zu wenig drüber) noch überhaupt nicht testen.
Gegen die Blut- und auch die Likortests ist generell einzuwenden, dass diese sich auf ein Medium (Blut, Knochenmarksflüssigkeit) abzielen, welche von den Erregern eher selten „benutzt“ werden. Man kann sich das etwa so vorstellen: Du beauftragst einen Detektiv (= Test) und der soll herausfinden, ob auf der Autobahn (Blut, Knochenmarksflüssigkeit) der Alexander mit seinem schwarzen Auto (Erreger) rumfährt. Natürlich bin ich hin und wieder mit meinem Auto auf der Autobahn unterwegs. Aber eher selten. Also wird der Detektiv in den allermeisten Fällen zu dem Ergebnis kommen: Nein, der Alexander ist nicht auf der Autobahn zu finden. Daraus aber den Schluss zu ziehen, dass der Alexander kein schwarzes Auto hat, oder gar dass der Alexander gar nicht existiert, wäre fatal. Die Erreger halten sich nämlich überwiegend in den Zellen und in den Zellwänden auf (dadurch werden diese aufgebläht und die Blutbahnen verengt und es entstehen Sekundärsymptome wie Durchblutungsstörungen mit kalten Händen/Füßen oder Gliedmaßen, die einschlafen und sich dann wie 1000 Ameisen anfühlen - bis hin zu Thrombosen!) und benutzen das Blut und die Knochenmarksflüssigkeit nur, um sichfortzubewegen - ähnlich wie wir unsere Autobahnen verwenden. Daher kommen übrigens auch diese wechselnden Schmerzen. Mal hier mal dort. Somit ist ein wirklich viel versprechender Ansatz, Zellen zu untersuchen (Hautpartikel).
Prävention: Im Freien möglichst geschlossene Kleidung anhaben, möglichst nicht durch hohes Gras oder Farn (sehr beliebt von Zecken!) gehen. Autan oder ähnliche Chemie-Mittel verwenden, die aber nicht länger als eine bis max. 2 Stunden wirken. Im Wald möglichst auf den Wegen bleiben. Nach Aufenthalt in der Natur duschen und sich vom Partner überall absuchen lassen ( insbesondere Kopf, Zehenzwischenräume, Kniekehlen, Achseln, auch Pospalte). Eine Zecke, die sich noch nicht festgebissen hat, kann keinen Schaden anrichten! Aufklärung betreiben: Mit möglichst allen Bekannten möglichst ausführlich über die Krankheit reden - nicht im Sinne von jammern, sondern im Sinne von Information. Unkenntnis ist die größte Gefahr! Wenn sich die Zecke schon festgebissen hat, möglichst mit einer Zeckenkarte (ähnlich einer Scheckkarte mit einer Einkerbung um die Zecke von der Haut abzuheben, gibt es für ein paar Cent in der Apotheke; ich habge immer eine dabei, im Geldbeutel im Fach für die ganzen Karten) entfernen. Mit der sog. Zeckenschlinge komme ich persönlich nicht klar, von Zeckenzangen ist eher abzuraten, da bei denen meist der Kopf abgerissen wird.
Letzter Aspekt: Übertragungswege: In der Regel spricht man nur von Zecken als Überträger. Mittlerweile weiß man aber, dass auch die Pferdebremsen diese Erreger ebenfalls übertragen können. Aber wer von uns rennt denn schon wegen einem Mückenstich zum Arzt…
So, jetzt habe ich mal einen kleinen Rundumschlag zum Thema gemacht, ich hoffe, dass dieser so verständlich war, um Dir einen ersten kleinen Einblick in die Hintergründe dieser Krankheit zu geben.
Natürlich gäbe es noch tausende Dinge mehr zum Thema zu sagen. Erstens denkt man eh nicht an alles, zweitens bin ich als Partner einer Betroffenen zwar in das Thema etwas involviert, aber die tatsächlich Betroffenen wissen noch sehr viel mehr als ich.
daher: wende Dich an das Borreliose-Forum, da erhältst Du viel mehr Informationen als jetzt von mir.
Du wirst viel Geduld brauchen und einen guten Hausarzt, der dann die Therapie-Empfehlung des Spezialisten auch umsetzt. Daran scheitert es oft…
Viel Erfolg wünscht - und halt die Ohren steif!
Alexander
ich würde mich sehr freuen, wenn mir jemand ein bisschen
weiterhelfen. oder mir ein paar Empfehlungen/Ratschläge mit
auf dem weg geben könnte.
ich habe es zumindest versucht.
kopfschmerzen) der Borreliose auseinandersetzen bis man mich
irgendwann im Krankenhaus darauf hingewiesen (untersuchungen)
hat, dass ich irgendwann in der Vergangenheit von einer Zecke
gebissen wurde. Der durchgeführte Test war positiv.
Das ist sehr selten. die Krankenhäuser sind beim Thema Borreliose fast immer ein Totalausfall!
Mittlerweile war ich bei zahlreichen Ärzten doch ich habe
festgestellt, dass 1) Die meisten wenig Know-how auf diesem
Gebiet besitzen und
richtig. Jeder Betroffene weiß über die Krankheit mehr als die Ärzte (die echten Spezialisten natürlich ausgenommen) - sofern sich der Betroffene mit der Krankheit beschäftigt und sich über diese informiert
2) einen nicht wirklich ernst nehmen.
leider hast Du auch damit Recht
Bei mir besteht weiterhin das Problem, dass ich chronisch
erkrankt bin.
Nach 4 Wochen Borre ist man bereits im chronischen Stadium
Der Körper ist schwach und ich habe schon Antibiotika
genommen…
siehe oben: AB ist nicht gleich AB. Wichtig ist die Dauer und die Kombination verschiedener Präparate sowie die ausreichende Dauer und die richtige Dosierung.
- Wie kann ich wieder gesund werden? 6 Monate Antibiotika?
6 Monate werden wohl nicht reichen. Kommt natürlich auf die Erregerkombination an und wie lange Du das schon mit Dir rumschleppst. Rechne eher in Jahren.
Hat jemand Erfharung damit? Homoopatisch?
Homöopatie kann unterstützen aber keinesfalls eine Antibiose ersetzen. Zusätzlich ja - Allein nein.
- Kennt jemand sehr gute Ärzte auf diesen Gebiet in Raum
NRW/Ruhrgebiet?
Schau mal in Rheinbach bei Bonn…
Ferner arbeite ich noch im Einzelhandel und die Arbeit fällt
mir sehr schwer. Momentan bin ich krank geschrieben (vor
einigen monaten wurde noch die schulter und knie operiert)
Diese Operation war sicher überflüssig, weil Symptome aber nicht die Ursache behandelt wurden. Jede OP schwächt das Immunsystem weiter und die Narkosemittel bewirken oft einen deutlichen Verschlimmerungsschub der Borre - die Narkosemittel sind so etwas wie Schokolade für die Borre-Erreger, die lieben diese und wachsen dadurch und vermehren sich prächtig.
Bin für jeden Ratschlag dankbar!!! Ich will endlich wieder
ein gesundes Leben führen 
Du brauchst dazu einen Spezialisten. Siehe oben. Und einen Hausarzt, der bei der langwierigen Therapie mitspielt.
Viel Erfolg
Grüße