BP Nachforderung von SV-Beiträgen

Moin,

im Rahmen einer BP durch die RV wurde festgestellt, dass der PKW und die BAv falsch abgerechnet wurden (nicht von mir!). Die Nachzahlung beläuft sich auf mehrere Tausend Euro. Nun soll der AN seinen Anteil aus den letzten vier Jahren auch mit bezahlen. Das ist doch nicht richtig!?
Welcher Paragraph bzw. Gesetz kommt hier zur Anwendung?
Wir gehen mal davon aus, dass der AN richtige Angaben gemacht hat.

Soon

Pflichtversicherter AN?

Yep. Fünf Zeichen

Schuldner der Beiträge ist der Arbeitgeber, das ergibt sich aus § 28e SGB IV. Aber natürlich schuldet er den Gesamtsozialversicherungsbeitrag einschließlich der Arbeitnehmeranteile. Ob er sich das im Innenverhältnis durch Korrekturabrechnung vom Arbeitnehmer zurückholen kann, ist noch einmal eine andere Frage. Hier gilt normalerweise, dass drei Monate zurück Korrekturabrechnungen zulasten des Arbeitnehmers erstellt werden können, es sei denn, den Arbeitnehmer trifft eigenes Verschulden.

Soweit mein Kenntnisstand. Aber vielleicht kann einer unserer SV-Profis noch genauere Auskunft geben, denn wir aus dem Steuerfach können ja keinen Lohn.

Danke dir, meiner auch. Ich suche einen Beleg für die drei Monate oder auch zur Haftung des AN allgemein.
Die Sozialversicherungsmeldungen für den AN wurden korrigiert und das rv-pflichtige Brutto angepasst. Der AG ist nun der Ansicht, dass die nachgezahlten SV-Beiträge ja schließlich auch dem AN zugute kommen und er somit auch mitbezahlen muss.

@Secret_Eyes, Hülfe :wink:

Soon

Jaja, immer diese Arbeitgeber…

Aber SGB IV ist da ganz anderer Ansicht.

§ 28g Satz 3 SGB IV:

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Hallo,

ergänzend zu Rotalge:

Wenn die Schuld eindeutig beim AG liegt, kann er als Gesamtschuldner für die korrekte Beitragsabrechnung bzw. -zahlung den AN höchstens im Wege des Regreß an den nachgezahlten Beiträgen versuchen zu beteiligen.
das ist dann aber eine arbeitsrechtliche Frage, bei der sowohl formale (Anmeldung der Forderung) als auch inhaltliche (Einzelfallbezogene Billigkeitsprüfung, Vertauensschutz des AN) Bedingungen zu beachten sind. Ggfs. spielt auch, da es sich um zuviel gezahlten Arbeitslohn handelt, eine mögliche „Entreicherung“ eine Rolle.
Wenn Du Rechtsschutz im Arbeitsrecht hast, dann solltest du die Angelegenheit schnellstmöglichst durch einen Fachmenschen vor Ort prüfen lassen. Einfach aufrechnen darf der AG grundsätzlich nicht.

&Tschüß
Wolfgang

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Ergänzung 2:

das hier

ist so pauschal falsch.
Maßgeblich für eine Rückforderung von zuviel gezahltem Arbeitsentgelt ist die individuell vereinbarte „Ausschluß“- bzw. Verjährungsfrist. Die kann zwischen 3 Monaten und 3 Jahren liegen.

&Tschüß
Wolfgang

Hallöchen,

mehr hab ich dem an sich nicht hinzuzufügen.

Ich zitiere mal den § 28g SGB IV, da steht eigentlich alles drin:

„Der Arbeitgeber (…) hat gegen den Beschäftigten einen Anspruch auf den vom Beschäftigten zu tragenden Teil des Gesamtsozialversicherungsbeitrags. Dieser Anspruch kann nur durch Abzug vom Arbeitsentgelt geltend gemacht werden. Ein unterbliebener Abzug darf nur bei den drei nächsten Lohn- oder Gehaltszahlungen nachgeholt werden, danach nur dann, wenn der Abzug ohne Verschulden des Arbeitgebers unterblieben ist. Die Sätze 2 und 3 gelten nicht, wenn der Beschäftigte seinen Pflichten nach § 28o Absatz 1 vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachkommt oder er den Gesamtsozialversicherungsbeitrag allein trägt oder solange der Beschäftigte nur Sachbezüge erhält.“

Es ist tatsächlich so, dass der AN weitestgehend von Erstattungsansprüchen des AG geschützt wird, da dieser der alleinige Beitragsschuldner ist. Das Gesetz spricht von den nächsten 3 Abrechnungen, aber da mittlerweile fast nur noch monatsweise abgerechnet wird, kann man auch von 3 Monaten sprechen.

Das den AN ein Mitverschulden trifft und so der AG länger zurück auf ihn zugreifen könnte, seh ich an dem Sachverhalt nicht. Sonst müsste ja der AN schlauer sein als der AG :wink: Beispiel für seine Mithaftung wäre u. a. bei einem Minijob das Nichtmitteilen eines weitere Minijobs.

Die Nachforderung darf damit der AG selbst tragen. Falls eine Abrechnungstelle noch dahinter steckt, vielleicht mal mit denen reden, die haben eine Haftpflicht für sowas.

LG
S_E

Ergänzung:

Bei dem Thema bin ich nur Paragrafenreiter, live gesehen hab ich sowas noch nicht (vor Gericht oder so).

Ich kann nicht ausschließen, dass es möglicherweise aus dem Zivilrecht noch Rückgriffsmöglichkeiten gibt, würde aber das SGB diesbezüglich als lex specialis sehen. Zumindest passt es ins Bild des großen Schutzschirms, dass die SV über AN spannt.

LG
S_E

Ich habe gerade eine neue Lohnbuchhaltung übernommen. Da ist es tatsächlich so, dass dem AN jeden Monat 250€ vom Netto! abgezogen werden, um die zu wenig gezahlten AN-Anteile zurück zu bezahlen. Ich wollte dem AG und in diesem Fall auch Auftraggeber mit fundierten Argumenten entgegentreten. Dies ist nun der Fall. Ich danke euch allen für eure Antworten.
@Albarracin, der Arbeitsvertrag ist ein Standardvertrag. Spezielle Regelungen gibt es nicht.

Soon

Hallo Dr. Soon,

§ 28 SGB IV ist verbindlich.

Den Arbeitgeber trifft z.B. kein Verschulden, wenn es eine nachvollziehbare Falschberatung der Krankenkasse gegeben hat.

Nicht-Wissen, Vergessen und nicht qualifizierter Arbeitnehmer in der Personalabteilung oder beim Steuerberater sind immer ein Verschulden des Arbeitsgebers.

Gruß
RHW