Hallo liebe Experten,
am Montag werden meine Klasse und ich ein Rollenspiel spielen. Dabei muss ich der Freund der Angeklagten spielen, welche ihr Kind jeden Tag misshandelte, ohne dass jemand davon was wusste. Nun meine Frage : Was würdet ihr an meiner Stelle sagen, wenn ihr in den Zeugenstand gerufen werdet? Ich brauche dringend Ratschläge ! Danke
Hallo!
Wenn ich das Rollenspiel-Thema richtig verstanden habe, hat der Freund der Frau, den Sie darstellen sollen, den Misshandlungen des Kindes tatenlos zugesehen. Die Frage ist jetzt, ob er vor Gericht lediglich als Zeuge oder als möglicherweise Mitbeschuldigter auftritt, denn er ist ja ggf. Mitwisser einer Straftat und hat sich damit selbst strafbar gemacht.
Es ist jetzt von zentraler Bedeutung, wie man diesen Mann von der Rolle her anlegt (Persönlichkeit, Charakter). Zwei Muster:
- In der Beziehung dominierend, brutal bis gleichgültig, nur an Sex bzw. der Versorgung durch die Frau interessiert
In dieser Rolle wird er die Misshandlung des Kindes betreiten und dem Hinweis des Gerichts, dass er sich als möglicherweise Beschuldigter nicht selbst belasten müsse insofern folgen, als er zur Sache selbst eben dann auch nichts aussagt. - In der Beziehung unterlegen, schwach, skrupulös
In dieser Rolle würde der Mann die Misshandlungen nicht bestreiten, aber die eigene Ohnmacht betonen (ich hab’s versucht, konnte aber nichts machen, habe versucht, zwischen Mutter und Tochter zu vermitteln, habe versucht, die Härte der Mutter auszugleichen durch Trost, Geschenke, was auch immer).
Natürlich wäre der Mann auch in diesem Fall ein möglicher Mittäter durch Unterlassung der Hilfe, einer Strafanzeige, der Benachrichtigung des Jugendamts, der Einschaltung der Familienhilfe o.ä… Insofern müsste das Gericht ihn ebenfalls darauf hinweisen, dass er zur Tat nicht aussagen müsse, weil er sich hierdurch möglicherweise selbst belastet.
Er könnte sich jetzt den einfachen Weg suchen und schweigen. Unter Umständen hat er aber auch erhebliche Schuldgefühle und sagt deshalb aus, möglicherweise auch nur, um sein Verhalten zu rechtfertigen.
In der Praxis sind solche Fälle zumeist hochkomplex. Das Verhalten der misshandelnden Mutter kann durch ihre persönliche Lebenssituation (selbst misshandeltes Kind, Alkohol- und Drogenprobleme, erzieherische Überforderung, große finanzielle Sorgen, Überlastung durch Beruf, Haushalt, evtl. zu pflegende Angehörige usw.) mitbedingt sein. Der Freund könnte davon wissen und die Mutter insofern entlasten (siehe Muster 2). Er könnte aber auch gegenüber solchen Motiven der Mutter blind oder unsensibel sein (Muster 1).
Damit nicht ein simples Schwarz-Weiß-Schema mit dem üblichen Empörungs-Effekt entsteht, sollte das Rollenszenarium im Hinblick auf das „soziale Umfeld“ und die beteiligten Charaktere etwas deutlicher ausgearbeitet sein und nicht alles frei assoziiert bzw. den sponatnen Einfällen der Mitspieler überlassen werden. Zusätzlich sollte man bei der Gestaltung einer Gerichtsszene wenigstens die Grundzüge der Strafprozessordnung berücksichtigen, damit’s nicht zu irreal wird (siehe oben: Aussageverweigerungsrecht als möglicherweise Mitbeschuldigter).
Viele Grüße
Kann leider nicht helfen
Hallo,
sorry, zu spät gelesen.
Viel Glück,
BAE27