Brauche was auf Latein :-)

Hallo!
Wenn man im Scherz sagen will, jemand hat eine „Demenz“ in Bezug auf nur ein einziges Objekt, wie hieße das? Dementia …? Oder „demenzielles Syndrom Name einer Person“?
Gruß,
Eva

Hallo

Soll es wirklich auf Latein sein?
Dieser Ausdruck hier:

ist ja eindeutig nicht Latein, sondern Deutsch mit Fremdwörtern.

Dementia heißt in Latein auch nicht wirklich sowas wie extreme Vergesslichkeit, sondern Wahnsinn, Tollheit. Mit diesen Begriffen verbindet man ja nicht zwangsläufig die Vorstellung, dass jemand alles vergisst.

Vergesslichkeit heißt eher ‚oblivio‘. Wenn jedoch ein deutsches Publikum verstehen soll, wovon die Rede ist, und das Lateinische daran weniger wichtig sein soll, dann wäre ‚dementia‘ sicher der bessere Ausdruck.

Man könnte dann natürlich einfach einen Namen einfach lateinisch deklinieren, ihm unter Umständen eine Endung anhängen. Bei weiblichen Vornamen ist das einfach, die enden ja meistens mit a.
Wenn du also sagst ‚dementia Evae‘, dann würde das der Wahnsinn der Eva bedeuten, kann aber natürlich so umgedeutet werden, dass man eine Demenz betreffs Eva hat, das würden aber nur Leute tun, die überhaupt kein Latein können. Andere würden es vermutlich eher als Evas Vergesslichkeit verstehen.

Wenn du schreibst: oblivio quae attinet ad Evam, so bedeutet das: Vergesslichkeit, die Eva betrifft. Ebenso könnte man natürlich auch ‚dementia quae attinet ad Evam‘ sagen. - Eine Kurzform wie ‚betreffs‘ gibt es in Latein wohl nicht, denke ich.

Wenn es keinen weiblichen Vornamen auf -a betreffen soll, dann bitte mitteilen.

Viele Grüße

Du meinst sicher eher „Verdrängung“


Vielleicht kann man das scherzhaft als „partielle Amnesie“ bezeichnen, was du ausdrücken willst.

Gruß
rakete

Offenbar ist „Fremdwort“ und „medizinischer Fachbegriff“ gemeint.

Gruß
rakete

Hallo Eva,

Simsy Mone hat ja eigentlich schon den ganzen Zusammenhang erklärt.

Ich würde aber die Grenzen zwischen Ärztelatein, Möchslatein und Legionärslatein nicht so unüberwindlich setzen.

Dementia sicherlich nicht, wegen ihrer wörtlichen anderen Bedeutung.

Oblivio als „das Vergessen, die Vergessenheit“ im klassischen Latein zwar richtig, aber nicht sehr populär.

Obwohl es eine typische Chimäre aus dem Medizinerslang ist, halb Latein, halb Griechisch und nichts von beiden richtig, fände ich „Amnesia“ ganz passend.

Wegen des Bezuges: Ja, ein genaues Analog zu „betreffend“ gibt es im Lateinischen nicht, und obwohl der Ablativ sonst eigentlich für den Ausdruck fast jeder Art von Beziehung gut ist, hier funktioniert er wohl nicht. Es gibt aber eine (Neben)bedeutung des Verbs „pertinere“, die mit „ad“ soviel wie „betreffen“ heißt. Für den ganzen Ausdruck täte ich ergo „amnesia ad Evam pertinens“ vorschlagen.

Mehr „medizinisch“ klänge allerdings ein Begriff aus nur zwei Teilen zusammengesetzt, und möglichst mit noch mehr griechischen Irrläufern drin. Zum Beispiel „Amnesia evagenis“ = „Eine durch Eva hervorgerufene Gedächtnislücke“.

Schöne Grüße

MM

Hallo,

es gibt doch auch die retrograde Amnesie. Ließe sich nicht entsprechend auch eine evagrade Amnesie konstruieren? Bei anderen Namensenden evtl. noch hübscher: philippograde Amnesie.

Klanglich kann das allerdings nicht mit der Amnesia evagenis mithalten!

Ansonsten ist mir nicht ganz klar, warum der Genitiv ausscheidet - gab es nicht einen Genitivus obievtivus? Wenn also das Wort „Dementia“ wichtig ist, müsste dann nicht Dementia + Genitiv zumindest möglich sein?

Lateinkaumkundige Grüße,

Jule

(Latinograde Amnesie?)

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Hallo Jule,

ja, formal schon - aber die konkrete Bedeutung „Evas Gedächtnisschwäche“ überdeckte die andere wohl.

Das „grad“ in der retrograden Amnesie bezeichnet die Richtung, in der sie von dem ursächlichen Trauma aus ausgerichtet ist. Schwer zu sagen, was mir dabei an der philippograden Amnesie nicht schmeckt - bei Fotos an der Wand fällt mir das leichter. Ich glaube, es ist, dass hier implizit auch Philipp als das die Amnesie verursachende Trauma anzusehen ist, so dass nichts von ihm selber aus auf ihn gerichtet sein kann.

Aber schön ist der Begriff schon, finde ich.

Schöne Grüße

MM

Hallo!
Erst schon mal vielen Dank für die lebhafte Beteiligung​:+1::smiley:

„Dementia“ gibt es als „praecox“ , als „senilis“ und wahrscheinlich noch mit anderen Zusätzen.

Und ich fürchte, es ist ein Missverständnis entstanden: es geht darum, dass ein bestimmter Mensch von der ganzen Welt vergessen wird. Eine universelle Demenz sozusagen, aber nur diese eine Person betreffend. Ich dachte schon an singuläre Demenz oder demenzielle Singularität bezogen auf xy, aber das trifft es nicht.

Hallo Eva,

nach allem Hinundher der hiesigen Argumente läßt sich wohl zusammenfassen: Für deine gewünschte Konstruktion ist weder „Dementia“ noch „Amnesia“ geeignet. Dementia nicht, weil die primär gar nichts mit Amnesien zu tun hat, und Amnesia nicht, weil dieser Begriff sich nicht auf ein Objekt bezieht, sondern auf ein Subjekt, das sie erleidet. Was btw. erst recht auf Dementia zutrifft.

Ein Genitiv zu Amnesia ist daher immer nur ein Genitivus subjectivus: „Amnesia Evae“ (nach der Konvention der biologischen Nomenklatur von Linné: „Amnesia evae“) ist unzweideutig der Gedächtnisverlust der Eva.

Für das Gemeinte wäre zwar zutreffender die „Ignoratio“ geeignet (die „Ignorantia“ jedenfalls gar nicht. Wie oben.), aber die ist im lat. Sprachgebrauch als transitiver Begriff (das Ignorieren sc. von etwas) im vergleich zum intransitiven (das Nichtwissen) auch nicht eindeutig erkennbar.

Eindeutiger dagegen ist die „Repressio“. Engl. repression ist ja auch der psychoanalytische Fachterminus für die dt. „Verdrängung“. Und diese ist ja wohl von dir gemeint. Und hier ist auch das Genitivproblem nicht mehr vorhanden, denn der Genitiv ist hier immer ein objectivus: „Repressio alicuius“ ist eindeutig: Dass etwas oder jemand verdrängt/ignoriert wird. Daher wäre die „Repressio Evae“ am ehesten das Gewünschte. Der Nachteil ist dabei aber, dass die nicht-psychoanalytische Konnotation (die „Unterdrückung“) zu stark durchschimmert :frowning:

Schönen Gruß
Metapher

Angenommen, die vergessene Person würde Heidi Müller heißen, dann würde mir eigentlich am besten der Begriff Amnesia particularis Heidiensis Müllerensis o.ä. gefallen. - Und der Begriff ‚Amnesie‘ sagt etwas über das Subjekt aus. Gut, dann hat das Subjekt eben eine Teilamnesie, die was mit Heidi Müller zu tun hat.

Weil, z. B. dieser Homo Heidelbergensis, der hat doch nur irgendwas mit Heidelberg zu tun (wurde dort gefunden)? Oder sagt diese Endung ‚-ensis‘ etwas Spezifischeres aus?

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Servus,

ja, sie sagt „aus … stammend“ oder „räumlich zu … gehörend“.

Schöne Grüße

MM

Ich vermute stark, dass die Scherzansprache - wenn sie sich nicht an speziell fachmedizinisch geschultes Publikum richtet - in ihrer Suche nach Präzision unverständlich und damit unwitzig werden könnte.
Ich denke mal, dass hier genügend Anregungen gebracht wurden, aus denen sich die Fragestellerin etwas zusammenbasteln kann.

Gruß
rakete

Sehr erfreut über die vielen Kommentare und Anregungen, ich werde den Baum abspeichern, um evtl. später einmal Nutzen daraus zu ziehen :smile:

Ich denke, ich nehme kurz und bündig und allgemeinverständlich (Demenz ist derzeit das Thema, leider ist auch meine Schwester schwer davon betroffen :frowning: ) selektive Demenz, denn, wie gesagt, es handelt sich um das schleichende Vergessenwerden eines Menschen. Die sie nicht mehr kennen, leiden an Demenz, aber nur in Bezug auf diese eine Person. Der Ausdruck wird nur einmal gebraucht, um ein bissl Lockerheit in den Text zu bringen und weil ich einfach mehr Synonyme brauche, um in der Erzählung nicht zu langweilig zu werden …

Ich persönlich könnte mir aus meinem Bekanntenkreis durchaus vorstellen, dass einer, an dem ich grußlos vorbeigehe, weil ich grade in Gedanken bin und ihn nicht gesehen habe, scherzhaft zu mir sagt: „Hallo! Du leidest wohl an selektiver Demenz, dass du mich nicht erkennst …?“

Gruß,
Eva

Servus,

liegt hier nicht vor, sondern

Und diese ist bei jedem Witz wichtig - das lässt sich auch erklären, aber in die Theorie des Witzes möchte ich mich jetzt grade nicht weiter begeben.

Schöne Grüße

MM

Hm … eine partielle Amnesie, die räumlich zu einer bestimmten Person gehört …
Geht das nicht, mit ein bisschen gutem Willen?

Ja, aber wenn doch weder das Publikum noch der Witzeerzähler medizinisch geschult sind, und somit eine Erklärung nur aus zweiter Hand abgelesen werden könnte, würde zumindestens ich das nicht mehr witzig finden.

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