Bremsleistung bei PKW

Hi Leute,

bei Durchlesen diverser Autotests fällt mir auf, daß der Bremsweg von 100 km/h auf Null bei den meisten PKW ziemlich einheitlich um die 40 Meter beträgt, egal ob Billigkiste mit 50 PS oder Nobelhobel mit 500 - zwischen deren sonstigen Daten ja Welten liegen.

Ich könnte mir vorstellen, daß diese Übereinstimmung mit der Haftreibung der Reifen auf Asphalt zu tun hat, die immer nur eine bestimmte Maximal-Beschleunigung bzw.-verzögerung übertragen können (bei 40 Meter von 100 auf 0 km/h durchschnittlich etwa 9,6 m/sec²), egal wie schwer oder leicht der Wagen ist.

Nur Porsche schafft oft erheblich kürzere Bremswege als die Konkurrenz (Original-Slogan: „Die meisten hängt er beim Beschleunigen ab, den Rest beim Bremsen“).
Meine Frage: wie machen die das?? Können die die Physik irgendwie überlisten, oder verwenden sie Reifen mit Klebeschicht ?? :smile:

Gruß Ulf

MOD: Titel richtig abgeändert (DL)

. . . sollte es natürlich heißen, sorry
Das kommt davon, wenn man sich nur den eigentlichen Text auf Fehler durchliest, aber nicht die Überschrift :frowning:

Ulf

Hi Ulf,

hier http://www.nordbayern.de/themen/auto/keramikbremse.htm steht zwar was über die sagenhaften Porschebremsen, aber auch dazu daß diese den Bremsweg nicht grossartig verringern.

Des weiteren habe ich folgenden Artikel gefunden:

"BREMSWEG?
Das volle Potenzial zur Bremswegverkürzung kann allerdings (noch) nicht genutzt werden, die maximale Verzögerung hängt primär vom ABS-System, der Schwerpunktlage des Fahrzeugs sowie der Reibungszahl der Reifen-Fahrbahn-Kombination ab. Anders gesagt: Mehr als ein Blockieren der Räder ist bei unveränderter Fahrzeuggeometrie sowie Reifen- und Bodenbeschaffenheit nicht möglich.

Praktisch müsste sich trotzdem ein gewisser Bremsweggewinn feststellen lassen. Die verkürzte Ansprech-und Schwellzeit der Bremse, also die Zeit zwischen Pedalberührung und maximaler Bremswirkung, soll laut Porsche etwa 0,1 s betragen. Bei gleich bleibender maximaler Verzögerung ergäbe dies aus 100 km/h einen (theoretischen) Bremsweggewinn von rund 1,4 m."
http://www.automobilrevue.ch/de/artikel.asp?artikelI…

Eine technisch versierte Beschreibung gibt es noch hier:
http://www.mittelmotor.de/deutsch/technik-info/techn…

Viel Spass beim Schmökern
Rolf

Hallo Ulf,

soweit ich weis, wird die maximale Bremsverzögerung bei nicht ganz blockierenden Rädern, genauer, kurz vor der Blockiergrenze erreicht. Ein gut eingestelltes ABS regelt bei einer Vollbremsung jedes Rad im Schlupfbereich mit der maximalen Bremskraft. Dann hängt der gemessene Bremsweg noch von der Bodenbeschaffenheit, der Zusammensetung des Reifengummis und der Ausfstandsfläche, also Reifenbreite ab.
Gut zu studieren ist das bei Rennwagen. Die Fahrer dosieren die Bremse - ohne ABS - im maximalen Bremskraftbereich, kurz vor der Blockierung. Wird zu stark gebremst, blockiert das Rad, das Fahrzeug verzögert schlechter und wird zudem beim Einlenken in die Kurve unkontrollierbar.
Porsche-Bremsen sind auch in der Stahlausführung bei Bremstests führend. Das liegt, soweit ich weis, an der Größe der Bremsscheiben und der Bremsbeläge. Beim Bremsen muß die kinetische Energie der Bewegung in Wärme umgewandelt werden, und die muß abgeführt werden. Je größer die Bremsscheiben sind, desto besser funktioniert das.

Erwin

Hallo Ulf,

bei Durchlesen diverser Autotests fällt mir auf, daß der
Bremsweg von 100 km/h auf Null bei den meisten PKW ziemlich
einheitlich um die 40 Meter beträgt, egal ob Billigkiste mit
50 PS oder Nobelhobel mit 500 - zwischen deren sonstigen Daten
ja Welten liegen.

Ich könnte mir vorstellen, daß diese Übereinstimmung mit der
Haftreibung der Reifen auf Asphalt zu tun hat, die immer nur
eine bestimmte Maximal-Beschleunigung bzw.-verzögerung
übertragen können (bei 40 Meter von 100 auf 0 km/h
durchschnittlich etwa 9,6 m/sec²), egal wie schwer oder leicht
der Wagen ist.

absolut richtig. Ist die Bremse Leistungsfähig genug das jeweilige Fahrzeuggewicht abzubremsen, so ist der Reibwert zwischen Straße und Reifen (hauptsächlich) entscheident.

Es gibt aber leider immer noch einige Ausnahmen des Bremsweges nach oben, weil KFZ-Hersteller an den Bremsen sparen.

Nur Porsche schafft oft erheblich kürzere Bremswege als die
Konkurrenz (Original-Slogan: „Die meisten hängt er beim
Beschleunigen ab, den Rest beim Bremsen“).
Meine Frage: wie machen die das?? Können die die Physik
irgendwie überlisten,

selbstvertsändlich kann auch Porsche (bzw. Brembo) die Physik nicht überlisten.

oder verwenden sie Reifen mit
Klebeschicht ?? :smile:

  • Für einen möglichst kurzen Bremsweg sollte der Reifen kurz vor der Blockiergrenze gehalten werden, leider ist dies noch nicht serienreif; ein Ansatz dazu ist z.B. den Reifen 10% langsamer drehen zu lassen, als es der zurückgelegte Weg rechnerisch verlangen würde
  • in der Praxis bremst man derzeit die Räder möglichst stark herunter, bis sie jeweils blockieren, danach macht man die Bremse wieder auf
  • eine gute Bremse bremst das Rad schneller zum blockieren und macht auch schneller wieder auf
  • zusätzlich verbessert man den Reibwert zwischen Straße und Reifen; da sich die Straße nicht ändern läßt, muß am Reifen gearbeitet werden
  • Breitreifen mit spezieller Gummimischung verbessern den Reibwert auf TROCKENER UND WARMER (!) Fahrbahn.
    Ist es aber kalt, dann sind alle Hochgewindigkeitsreifen unterlegen !

Der Slogan „Die meisten hängt er beim Beschleunigen ab, den Rest beim Bremsen“ ist solange es trocken und warm meistens richtig.

Grüsse
Christian

PS: Etwas ganz anderes:
Was mich persönlich an Reifentests stört ist, daß immer nur NEU-Reifen verglichen werden. Die Eigenschaften bei 100%-Profil sind absolut uninteressant. Viel wichtiger in der täglichen Praxis wären die Eigenschaften bei schon etwas abgefahreneren Profil.
Ich werde dazu gleich mal einen Diskurs aufmachen.

Hallo Christian

Ist die Bremse Leistungsfähig genug das
jeweilige Fahrzeuggewicht abzubremsen, so ist der Reibwert
zwischen Straße und Reifen (hauptsächlich) entscheident.

Es gibt aber leider immer noch einige Ausnahmen des Bremsweges
nach oben, weil KFZ-Hersteller an den Bremsen sparen.

Heißt das, es gibt aktuelle Autos, deren Mickerbremsen es nicht schaffen, den / die Reifen zum Blockieren (bzw. mit ABS bis an die „Blockiergrenze“) zu bringen - egal wie feste man aufs Pedal tritt ??
Oder sind überlange Bremswege evtl. auch auf ultraschmale Sparreifen mit zu geringer Kontaktfläche zur Fahrbahn zurückzuführen?

Verwirrte Grüße

Ulf

Hallo Ulf,

Ist die Bremse Leistungsfähig genug das
jeweilige Fahrzeuggewicht abzubremsen, so ist der Reibwert
zwischen Straße und Reifen (hauptsächlich) entscheident.

Es gibt aber leider immer noch einige Ausnahmen des Bremsweges
nach oben, weil KFZ-Hersteller an den Bremsen sparen.

Heißt das, es gibt aktuelle Autos, deren Mickerbremsen es
nicht schaffen, den / die Reifen zum Blockieren (bzw. mit ABS
bis an die „Blockiergrenze“) zu bringen - egal wie feste man
aufs Pedal tritt ??

Leider ja.
Die Bremse muß das Rad zum blockieren bringen - je schneller desto besser. Danach wird die Bremse wieder gelöst und der Vorgang wiederholt sich auf Neue. Weniger leistungsfähige Bremsen brauchen länger (aber immer noch Bruchteile von Sekunden) bis das Rad blockiert.
Beim Bremsvorgang erhitzt sich die Bremse sehr stark, das führt dazu, daß die Bremsleistung deutlich nachläßt, im Extremfall sogar komplett ausfällt.

Heiße Bremsen von einigen KFz schaffen es dann erst gar nicht mehr bis zur Blockiergrenze.

Autos, die hauptsächlich für den Zielmarkt USA bestimmt sind, bremsen auch ein paar mal ganz gut von 100 km/h bis zum Stillstand.
Hier in Deutschalnd erwartet man (z.B. von einem Porsche), daß dieser ohne Probleme mehrmals aus 200 km/h bremst.

1 mal aus 100 km/h bremsen = 1 Energieeinheiten abbauen
1 mal aus 200 km/h bremsen = 4 Energieeinheiten abbauen !

==>
3 mal aus 100 km/h bremsen = 3 Energieeinheiten abbauen
3 mal aus 200 km/h bremsen = 12 Energieeinheiten abbauen ==> einfache Bremsen sind am Ende

Von einer Bremse wird übrigens sehr viel abverlagt.
Jeder kennt die Bilder von den total verwüsteten Autos, die mit 100 km/h gegen einen Baum gefahren sind. Die Bewegungsenergie hat das Auto total zerisssen. Was muß da für eine Gewalt dahinterstecken ?!
Eine Bremse muß die gleiche Bewegungsenergie aus 100km/h im Laufe Ihres Lebens unzählige Male auf wenigen quadratcentimetern abbauen !

Oder sind überlange Bremswege evtl. auch auf ultraschmale
Sparreifen mit zu geringer Kontaktfläche zur Fahrbahn
zurückzuführen?

Der Reibwert solcher Reifen ist natürlich etwas schlechter, was den Bremsweg ebenfalls ein klein wenig verlängert.

Grüsse
Christian

Hallo Christian

Beim Bremsvorgang erhitzt sich die Bremse sehr stark, das
führt dazu, daß die Bremsleistung deutlich nachläßt, im
Extremfall sogar komplett ausfällt.
Heiße Bremsen von einigen KFz schaffen es dann erst gar nicht
mehr bis zur Blockiergrenze.

Aha, also das „altbekannte“ Fadingproblen!

Von einer Bremse wird übrigens sehr viel abverlagt.
Jeder kennt die Bilder von den total verwüsteten Autos, die
mit 100 km/h gegen einen Baum gefahren sind. Die
Bewegungsenergie hat das Auto total zerisssen. Was muß da für
eine Gewalt dahinterstecken ?!

Das läßt sich „leicht“ ausrechnen: 0,5 mal Fahrzeugmasse mal v² (Quadrat der Geschwindigkeit).
Oder man stelle sich vor, man lasse ca. 100 Pferde etwa 10 Sekunden lang (= Beschleunigungszeit bis 100) mit aller Kraft einen PKW demolieren :smile:.
Bzw. 10 Pferde 100 Sekunden lang. Oder so ähnlich . . .

Eine Bremse muß die gleiche Bewegungsenergie aus 100km/h im
Laufe Ihres Lebens unzählige Male auf wenigen
quadratcentimetern abbauen !

Na ja, die hauptsächlich beanspruchten Teile (Beläge und meist Scheiben) werden ja irgendwann wegen Verschleiß ausgetauscht . . .

Gruß Ulf

Muß nicht!
Hi Christian!

Die Bremse muß das Rad zum blockieren bringen - je schneller
desto besser.

Fürs ABS sicher sinnvoll, der Gesetzgeber schreibt bisher aber immer noch „topaktuelle“ Mindestverzögerungswerte von 2,5 m/s² für die Hauptbremsanlage, und 1,5 m/s² für die Handbremse vor.(Quelle: Fahrschule)

Gruß

Markus

Hi Ulf
Die Lösung ist ganz einfach:beim Bremsen und Beschleunigen gibt
es eine sogenannte dynamische Achslastverlagerung (sichtbar beim
Anheben der Front beim Beschleunigen und Absenken beim Bremsen)
Deshalb kommt es nur auf die statische Achslast an (gleichwertige Bremsen vorausgesetzt),d.h.der Wagen mit dem
größerem Gewicht auf der Hinterachse bremst besser,weil die Hinterradbremsen ein größere Wirkung haben.
Vor ABS-Zeiten hatten die meisten Frontmotorwagen einen
Bremsdruckbegrenzer für die Hinterachse um ein Blockieren durch
Entlastung zu verhindern.
Im übrigen erreicht man die beste Verzögerung bei 30% Schlupf.
Falls noch Fragen offen sind.No problem.
Hans