Brezel als Symbol?

Hallo zusammen;

in einem Text, der im Jahr 1900 in einem Dorf auf der Schwäbischen Alb entstand, findet sich folgende Passage:

"Will jemand einer Frauensperson eine schwere Beleidigung zufügen, so malt er mit Kohle eine Brezel an die getünchte Wand des bestimmten Hauses. Dies ist ungefähr dieselbe Beleidigung, als wenn man jemand Spreu vor die Thüre streut. Die Leute die das thun, suchen die betreffenden Personen in
einen schlechten Ruf zu bringen."

Bislang konnte ich zur Bedeutung der Brezel in diesem Kontext nichts finden. Könnt Ihr mir weiterhelfen?

Danke im Voraus für Eure Mühe!

Es grüßt
Renardo

Leider sind Antworten bislang ausgeblieben.
Nach langem Suchen habe ich nun selbst ein paar Hinweise zu Tage gefördert:

In dem von mir oben erwähnten Text aus dem Jahr 1900 merkt der Autor zur Brezel an anderer Stelle an:

„Am Stephanusfeiertag [= 26. Dez.] […] verehren die jungen Burschen ihren Mädchen große Brezeln.“
„In der Nacht von Gründonnerstag auf Karfreitag erhalten die Mädchen von ihren Burschen Karfreitagsbrezeln.“

Quasi als Bestätigung habe ich bei
TOCKERT, Joseph: Romanische Lehnwörter in der Luxemburger Mundart. Etymologische und kulturhistorische Beiträge zum Luxemburger Wörterbuch. [T. 1]; Buchdr. Beffort 1910;
Folgendes gefunden:

„Die Brezel scheint gerade wegen dieser Gestalt (verschlungene Arme) als Symbol der Zuneigung geschenkt zu werden […]“

Eine schwarze, mit Kohle an die Wand des Hauses gemalte Brezel hat zwar die Gestalt einer Brezel, ist aber wertlos, nicht greifbar bzw. genießbar.
Symbolisiert die gemalte Brezel die Treulosigkeit / Falschheit des Mädchens?

Zur „Spreu“ fand ich Folgendes:

„[…] die Bedeutung ‘Geringstes, Wertloses, Vergängliches’ entwickelt sich bereits in mhd. Zeit unter dem Einfluß biblischen Gebrauchs; […]“
[ „Spreu“, in: Wolfgang Pfeifer et al., Etymologisches Wörterbuch des Deutschen (1993), digitalisierte und von Wolfgang Pfeifer überarbeitete Version im Digitalen Wörterbuch der deutschen Sprache.]

„[…] Kinderlosigkeit, die man mißbeliebten Brautpaaren anwünscht, wenn man ihnen […] Spreu ( Symbol der Unfruchtbarkeit) vor die Tür streut.“
[Eduard Hoffmann-Krayer, Hanns Bächtold-Stäubli: Handwörterbuch des deutschen Aberglaubens, Walter de Gruyter GmbH & Co KG, Dez. 2019]

"Ein Mädchen , das mehr als einen Freier hinhält , findet an manchen Orten Spreu […] vor ihre Tür gestreut . Spreu ist das Symbol der Torheit . […]"
[PEETERS, Karel Constant: Flämisches Brauchtum, 1943. S. 48]

Es grüßt
Renardo

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Such mal da: Die Hochzeitsbrezn, ein vergessener alter Brauch in cafeschoenleben.de
Udo Becker

Hallo zusammen;

ein neuer Fund zum Thema:

„[Osterbrezeln] hängt der Bursch im OA. Böblingen seinem Mädchen ans Kammerfenster; eine angebissene Osterbrezel am Fenster enthält eine boshafte Anspielung auf anrüchigen Lebenswandel, eine angemalte ist entweder sinnbildlicher Ersatz für eine wirkliche (so z. B. OA. Kirchheim) oder aber Rache für Abweisung (z. B. bei Böblingen. Einen noch ärgeren Vorwurf bedeutet eine Strohbrezel.“
[Bohnenberger, Karl (Bearbeiten.): Volksthümliche Überlieferungen in Württemberg. Silberburg-Verlag Stuttgart 1963, 2. Aufl.; S. 40]

Es grüßt
Renardo

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